Amtsgericht Osterholz-Scharmbeck
Beschl. v. 08.06.2007, Az.: 15 L 37/05
Voraussetzungen für die Überlassung unentbehrlicher Räume an den oder die Schuldner zum Zeitpunkt der Beschlagnahme des Grundstücks nach § 149 Abs. 1 Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG); Zulässigkeit des Antrags eines Zwangsverwalters auf Räumung eines Grundstücks gem. § 149 Abs. 2 ZVG wegen Gefährdung des Grundstücks durch massiven Widerstand der Schuldner bei der Besitzergreifung durch den Zwangsverwalter
Bibliographie
- Gericht
- AG Osterholz-Scharmbeck
- Datum
- 08.06.2007
- Aktenzeichen
- 15 L 37/05
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2007, 56514
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGOSTER:2007:0608.15L37.05.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- LG Verden - 04.09.2007 - AZ: 1 T 379/07
- LG Verden - 02.01.2008 - AZ: 1 T 379/07
- LG Verden - 02.01.2008 - AZ: 1 T 379/07
- BVerfG - 25.02.2008 - AZ: 1 BvR 312/08
- BVerfG - 19.08.2008 - AZ: 1 BvR 312/08
- BVerfG - 07.01.2009 - AZ: 1 BvR 312/08
Rechtsgrundlagen
- § 149 Abs. 1 ZVG
- § 149 Abs. 2 ZVG
Tenor:
...wird
- 1.)
der Antrag der Schuldnerin vom 02.03.2006 bzw. 20.02.2007 ... auf Überlassung der für sie und ihren Ehemann für ihren Hausstand unentbehrlichen Räume auf dem Grundstück ... zurückgewiesen.
- 2.)
Dem Antrag des Zwangsverwalters vom 12.04.2007 wird stattgegeben;
Den Schuldnern wird gem. § 149 Abs. 2 ZVG aufgegeben, das unter Zwangsverwaltung stehende Objekt ... zu räumen.
Den Schuldnern wird eine Räumungsfrist von 3 Monaten ab Rechtskraft dieses Beschlusses gewährt.
- 3.)
Der Antrag des Schuldnervertreters, Rechtsanwalt ... vom 05.05.2007 auf Aufhebung des Verfahrens wird zurückgewiesen.
- 4.)
Der Antrag des Schuldnervertreters, Rechtsanwalt ... vom 07.05.2007 auf Entlassung des Zwangsverwalters wird zurückgewiesen.
Dieser Beschluss entfaltet seine Wirksamkeit mit Rechtskraft.
Die Kosten dieses Beschlusses werden den Schuldnern auferlegt.
Gründe
zu 1.) und 2.):
Durch Beschluss vom 27.10.2005 wurde die Zwangsverwaltung des oben angegebenen Grundstücks auf Antrag der betreibenden Gläubigerin angeordnet. Zum Zwangsverwalter wurde Herr Rechtsanwalt ... bestellt.
Mit Schreiben vom 02.03.2006 bzw. 20.02.2007 und 07.05.2007 beantragt der Vertreter der Schuldnerin, Rechtsanwalt ...
die Räume, die für die Schuldnerin und ihren Ehemann unentbehrlich sind, denen zu überlassen.
Dem entgegen steht der Antrag des Zwangsverwalters vom 12.04.2007, wonach er beantragt,
den Schuldnern die Räumung des Grundstücks aufzugeben.
Der betreibenden Gläubigerin wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Stellungnahme ist nicht eingegangen.
Aus dem Inbesitznahmebericht des Zwangsverwalters vom 02.03.2007 ergibt sich, dass das unter Zwangsveraltung stehende Objekt erst am 28.02.2007 in Besitz genommen werden konnte, da die Schuldner dem Zwangsverwalter erst zu diesem Zeitpunkt den Zutritt zu dem Grundstück gewährten.
Gem. § 149 Abs. 1 ZVG wurden die im Inbesitznahmebericht unter Nr. I.1c) aufgeführten Räume (Blatt 293 d.A.) den Schuldnern überlassen.
Seinen Antrag auf Räumung des Grundstücks durch die Schuldner gem. § 149 Abs. 2 ZVG begründet der Zwangsverwalter damit, dass die Schuldner bei der Besitzergreifung massiven Widerstand geleistet haben. Weiterhin macht er geltend, dass die Schuldner zu Unrecht Mieten der Untermieter einziehen und eine Weitervermietung der geräumten Wohnungen verhindern.
Gem. § 149 Abs. 2 ZVG hat das Gericht den Schuldnern die Räumung des Grundstücks aufzugeben, wenn die Schuldner oder ein Mitglied des Hausstandes das Grundstück oder die Zwangsverwaltung gefährden.
Eine Gefährdung kann darin gesehen werden, dass die Schuldner dem Zwangsverwalter beharrlich Schwierigkeiten bereiten. Der Ertrag des Grundstücks muss durch das Schuldnerverhalten gefährdet werden. Eine wesentlich Erschwerung der Tätigkeit des Zwangsverwalters kann dazu beitragen (Stöber, ZVG, 17. Auflage, § 149 Rn. 3.2).
Das Gericht erachtet diese Voraussetzungen als gegeben.
Dem Zwangsverwalter wurde von Beginn der Zwangsverwaltung der Zutritt zu dem Grundstück verwehrt. Gegen die ... als Mieterin des Grundstücks musste der Zwangsverwalter Klage wegen des Betretens vor dem AG Osterholz-Scharmbeck (3 C 196/06) erheben. Erst als der Mieterin zur Durchsetzung der Gewährung des Zutritts ein Zwangsgeld von 500,00 EUR auferlegt wurde und das LG Verden auf die sofortige Beschwerde der Mieterin einen Ortstermin auf dem Grundstück am 28.02.2007 angeordnet hätte, konnte der Zwangsverwalter das Grundstück betreten und seinen Inbesitznahmebericht fertigen.
Um Wiederholungen bezüglich der Inbesitznahme zu vermeiden, wird auf das Schrieben des Zwangsverwalters vom 12.04.2007 Bezug genommen.
Weiterhin beendete der Zwangsverwalter das Mietverhältnis mit der ... durch die Kündigung vom 02.03.2006. Trotzdem zieht die Schuldnerin weiterhin die Mieten ein.
Dem Schuldnervertreter, ... sowie dem Insolvenzverwalter, ... wurde Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Antrag des Zwangsverwalters gegeben.
Der Schuldnervertreter beantragt,
den Antrag kostenpflichtig zurückzuweisen,
hilfsweise
den Schuldnern eine angemessene Räumungsfrist zu gewähren. Er bestreitet, dass die Schuldner massiven Widerstand bei der Besitzergreifung geleistet haben. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf den Schriftsatz vom 07.05.2007 Bezug genommen.
Der Insolvenzverwalter verzichtete auf eine Stellungnahme zu dem Räumungsantrag, da der Eigentumsanteil des Schuldners ... an dem Grundstück aus der Insolvenzmasse freigegeben wurde.
Da die Tätigkeit des Zwangsverwalters durch das Verhalten der Schuldner erheblich erschwert wird und auch der Ertrag des Grundstücks gefährdet wird, war dem Antrag des Zwangsverwalters auf Räumung des beschlagnahmten Objektes durch die Schuldner daher stattzugeben.
Das Gericht hält eine Räumungsfrist von 3 Monaten ab Rechtskraft dieses Beschlusses für angemessen.
zu 3.):
Mit Schreiben vom 05.05.2007 beantragt der Vertreter der Schuldnerin, Rechtsanwalt ...
die Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens, da die betreibende Gläubigerin befriedigt worden sei.
Die der Grundschuld zugrunde liegenden Darlehen seien durch eine abgetretene Lebensversicherung beglichen.
Der betreibenden Gläubigerin wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Sie beantragt,
den Antrag des Schuldnervertreters auf Verfahrensaufhebung zurückzuweisen.
Aus der vorzeitigen Verwertung einer Lebensversicherung erhielt die betreibende Gläubigerin durch den Insolvenzverwalter einen Betrag in Höhe von 128.091,50 EUR.
Laut dem Anordnungsbeschluss vom 27.10.2005 steht der Gläubigerin gegen die Schuldner ein dinglicher und persönlicher Anspruch aus dem im oben genannten Grundbuch in Abt. III unter Nr. 1 eingetragenem Recht zu, und zwar 255.645,94 EUR Grundschuldkapitalbetrag nebst 15 % Zinsen seit dem 02.06.1989.
Eine vollständige Befriedigung der Gläubigerin in Höhe der vollstreckten Forderung liegt somit nicht vor.
Die Zahlung aus der Lebensversicherung erfolgte laut Mitteilung der betreibenden Gläubigerin auf die persönliche Darlehnsschuld, so dass der Umfang der dinglichen Sicherung davon unberührt bleibt. Die Zwangsverwaltung konnte somit nicht aufgehoben werden.
zu 4.):
Der Vertreter der Schuldnerin, ... beantragt in seinem Schreiben vom 07.05.2007,
den Zwangsverwalter zu entlassen.
Er begründet seinen Antrag damit, dass eine Gefährdung des Grundstücks durch den Zwangsverwalter ausgehe.
Weiterhin macht er geltend, dass der Zwangsverwalter Mietzahlungen vereinnahmt, welche auch Zahlungen auf die Nebenkosten erfassen, obwohl ... die monatlichen Abschläge auf die Nebenkosten an die Versorgungsträger leistet.
Der Zwangsverwalter macht zu Recht geltend, dass er im Rahmen der Zwangsverwaltung nicht für die Kosten aufkommen muss, die die Schuldner durch ihren eigenen Verbrauch selbst verursachen.
Da dem Gericht keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, die belegen, dass der Zwangsverwalter seinen Aufgaben schuldhaft nicht gerecht wird oder durch Pflichtverletzungen dem Grundstück bzw. der Zwangsverwaltung schadet, konnte dem Antrag auf Entlassung des Zwangsverwalters nicht entsprochen werden.
Gegen diesen Beschluss ist die sofortige Beschwerde zulässig, die innerhalb zwei Wochen nach Zustellung schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim hiesigen Amtsgericht oder beim Landgericht Verden/Aller eingegangen sein muss.