Verwaltungsgericht Stade
Beschl. v. 30.08.2006, Az.: 1 B 1440/06
Genehmigungspflicht im Fall der Umbettung von Leichen vor Ablauf der Mindestruhezeit; Leichenumbettungsbescheinigung als Umbettungsgenehmigung; Bestimmungsrecht der zur Totenfürsorge berechtigten oder verpflichteten Person
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 30.08.2006
- Aktenzeichen
- 1 B 1440/06
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2006, 21535
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:2006:0830.1B1440.06.0A
Rechtsgrundlage
- § 15 BestattG vom 08.12.2005
Verfahrensgegenstand
Friedhofsrecht;
hier: Antrag nach § 123 VwGO
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Stade - 1. Kammer -
am 30. August 2006
beschlossen:
Tenor:
Zu dem Verfahren wird der Landkreis Cuxhaven beigeladen.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der am 4. Januar 1910 geborene Antragsteller hatte mit seiner Ehefrau bis zu deren Tode in Altenwalde gewohnt. Am 17. Januar 1991 wurde die Ehefrau auf dem von der Antragsgegnerin getragenen Friedhof in Altenwalde beerdigt. Bis zum Januar 2006 hatte der Antragsteller bei seiner Tochter E. in F. gelebt, mit der er auch einen Pflegevertrag abgeschlossen hatte. Mitte Januar 2006 ist der Antragsteller zu seinem Sohn in I. umgezogen. In einem Schreiben vom 4. Februar 2006 in einer von der Tochter eingeleiteten Betreuungssache, das an das Amtsgericht Otterndorf gerichtet war, schildert der Antragsteller die Umstände seines Lebens in den letzten Jahren. Insbesondere sei er von seinen Töchtern drangsaliert, schlecht behandelt und finanziell ausgebeutet worden. Das Amtsgericht Otterndorf stellte mit Beschluss vom 28. April 2006 fest, dass entgegen der Anregung der Frau G. auf Grund der medizinischen Sachverständigengutachten kein Anlass für eine Betreuerbestellung bestehe, weil der Antragsteller nicht an einer geistigen oder körperlichen Behinderung, welche die Einrichtung einer Betreuung als geboten erscheinen ließe, leide. Die allein vorhandene Altersgebrechlichkeit werde durch die Versorgung durch den Sohn aufgefangen.
Am 10. Februar 2006 beantragte das im Auftrag des Antragstellers handelnde Bestattungsunternehmen H., bei der Antragsgegnerin, die Umbettung der Ehefrau des Antragstellers zu gestatten. In dem Antrag schilderte das Unternehmen, in welcher Form die Umbettung vorgenommen werden solle und wies darauf hin, dass der Antragsteller zu seinem Sohn nach I. gezogen sei, von dem er in seinem hohen Alter gepflegt werde. In I. wolle er zusammen mit seiner Ehefrau die letzte Ruhe finden. Dazu legte er eine handschriftliche Erklärung des Antragstellers vom 20. Januar 2006 vor, in der dieser seinen Wunsch nach einer Erdbestattung neben seiner Frau in Hechthausen festlegt. Dort hatte er eine Familiegrabstätte erworben, was von der Kirchengemeinde Hechthausen mit Schreiben vom 1. Februar 2006 bescheinigt wird. Darüber hinaus legte das Bestattungsinstitut ein Schreiben der Stadt Cuxhaven vom 8. Februar 2006 vor, in dem es heißt:
"Gemäß § 15 des Gesetzes über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen (BestattG) vom 8. Dezember 2005 (Nds. GVBl. Nr. 27/2005) in der zur Zeit geltenden Fassung wird Ihnen hiermit die Genehmigung erteilt, die sterblichen Überreste der am 14. Januar 1991 verstorbenen Frau J., zuletzt wohnhaft K., auf den Friedhof in Altenwalde auszugraben und zum Friedhof Hechthausen zu verbringen.
Bei der Ausgrabung und Überführung sind folgende Auflagen einzuhalten:
Die Ausgrabung ist fachmännisch und insbesondere anlageschonend vorzunehmen.
Ein Ersatzsarg muss bereit gestellt sein.
Die Kosten für eine eventuelle Beschädigung der Anlage benachbarter Gräber sind von Ihnen zu übernehmen."
Mit Schreiben vom 17. März 2006 teilte die Antragsgegnerin dem Bestattungsinstitut mit, dass der Kirchenvorstand der Kirchengemeinde Altenwalde den Antrag auf Umbettung der Leiche in seiner Sitzung vom 15. März 2006 abgelehnt habe. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Umbettungen nach der Friedhofsordnung in Altenwalde zur Wahrung der Totenruhe grundsätzlich nicht vorgenommen werden dürften.
Gegen dieses Schreiben legte das Bestattungsunternehmen im Auftrage des Antragstellers durch Schreiben vom 20. März 2006 Widerspruch ein. Auch die Friedhofsordnung sehe ein Recht zur Umbettung aus besonders wichtigen Gründen vor. Hier stelle die Zusammenführung der Eheleute einen solchen Grund dar. Der Antragsteller sei als Nutzungsberechtigter antragsberechtigt.
Mit weiterem Schreiben vom 24. März 2006 wies die Antragsgegnerin das Bestattungsunternehmen darauf hin, dass die vorzulegende Genehmigung der Unteren Gesundheitsbehörde fehle und dass nach der Friedhofssatzung Einverständniserklärungen der Kinder der Verstorbenen vorzulegen seien.
Mit Schreiben vom gleichen Tage legte daraufhin das Bestattungsunternehmen eine Bescheinigung des Landkreises Cuxhaven vor. Mit Schreiben vom 6. Februar 2006, das an das Bestattungsunternehmen gerichtet war, erklärt das Gesundheitsamt des Landkreises Cuxhaven, dass aus Sicht des Gesundheitsamtes keine Bedenken gegen die Umbettung der Leiche bestünden. Ausgrabung und Umbettung der Leiche hätten nach Maßgabe des Gesetzes über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen (BestattG) zu erfolgen. Die Unfallverhütungsvorschriften, die einzuhalten sind, wurden darüber hinaus benannt.
Der Antragsteller führt zur weiteren Begründung seines Widerspruchs aus, dass es allein auf die Erklärung des Nutzungsberechtigten für die Grabstätte ankommen könne. Dieser habe als alleiniger Totenfürsorgeberechtigter das Nutzungsrecht anlässlich der Beerdigung seiner Ehefrau erworben. Solange er lebe, hätten die Kinder oder die Erben kein Mitbestimmungsrecht. Auch das Nutzungsrecht gehe nach bestimmten Regeln über. Auf alle Kinder könne dies niemals erfolgen. Daher sei das in der Satzung enthaltene Erfordernis des Einverständnisses des Ehegatten und der Kinder insgesamt widersprüchlich. Auch die Gerichte hätten bislang das Totenfürsorgerecht des Ehegatten als vorrangig anerkannt.
In der Folge erklärten die beiden Töchter E. und L. sowie der Sohn M. gegenüber dem Kirchenvorstand, dass sie mit einer Umbettung keinesfalls einverstanden seien. In einem weiteren Schreiben vom 9. April 2006 wandte sich das Bestattungsunternehmen N. im Auftrage des Antragstellers an den Kirchenvorstand Cuxhaven unter Vertiefung seiner Argumente. Insbesondere wurde darauf hingewiesen, dass es unmöglich sein muss, die Unterschriften aller Kinder zu erlangen, zumindest wenn es wie hier zu größeren Auseinandersetzungen innerhalb der Familie gekommen ist, die gerade darauf beruhten, dass der Antragsteller von seiner Tochter in Altenwalde unmenschlich behandelt worden sei. Dies sei durch Gutachten belegt. Der Antragsteller sei freiwillig zu seinem Sohn nach Hechthausen gezogen und möchte seine letzte Ruhe gemeinsam mit seiner Ehefrau auf dem Friedhof in Hechthausen finden. Dafür habe er sich eine Zweier-Grabstätte gekauft. Das Grab in Altenwalde sei bereits von der Tochter nicht ordnungsgemäß gepflegt worden.
Nach Einholung einer Stellungnahme des Landeskirchenamtes wies das Evangelisch-lutherische Kirchenkreisamt Bremerhaven/Cuxhaven den Widerspruch des Antragstellers gegen den ablehnenden Bescheid der Antragsgegnerin zurück. Nach In-Kraft-Treten des Nieders. Bestattungsgesetzes obliege die Entscheidung darüber, ob einem Umbettungsantrag stattgegeben werden kann, dem Landkreis Cuxhaven als Untere Gesundheitsbehörde. Diese hatte zu prüfen, ob die vorgetragenen Gründe so gewichtig sind, dass der Schutz der Totenruhe dahinter zurückzutreten hätte. Daneben habe aber die Kirchengemeinde als Friedhofsträger zu prüfen, ob die in der Friedhofsordnung festgelegten Voraussetzungen für eine Umbettung erfüllt sind. In der Friedhofsordnung sei bestimmt, dass einem Umbettungsantrag des Nutzungsberechtigten die schriftlichen Einverständniserklärungen weiterer Angehöriger beizufügen seien. Diese Vorschrift sei veröffentlicht und gelte daher weiter. Privatrechtliche Streitigkeiten zwischen den Angehörigen könnten nicht in diesem Zusammenhang geklärt werden, so dass der Antrag abzulehnen sei. Der Antragsteller könne gegebenenfalls seine Kinder zivilrechtlich zur Abgabe der Einverständniserklärung zwingen.
Am 7. Juni 2006 hat der Antragsteller Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Er hält die Ablehnung für rechtswidrig, weil die Bestimmung über die Umbettung nur dem Totenfürsorgeberechtigten zusteht. Dies sei zweifellos der Antragsteller. Von der Zustimmung der weiteren Verwandtschaft könne der Antrag nicht abhängig gemacht werden. Im Übrigen stellt der Antragsteller im Einzelnen dar, warum er zum Jahreswechsel 2005/2006 zu seinem Sohn nach Hechthausen umgezogen sei und schildert dabei die erheblichen Auseinandersetzungen mit seinen Töchtern.
Der Antragsteller beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Umbettung der Ehefrau des Antragstellers, Frau J., vom Friedhof der Antragsgegnerin in Altenwalde zum Friedhof in Hechthausen zuzustimmen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Sie ist der Meinung, ein Anordnungsgrund liege nicht vor. Eine Genehmigung nach § 15 BestattG liege ebenfalls nicht vor. Das Gesundheitsamt des Landkreises Cuxhaven habe die Voraussetzungen für die Umbettung nicht geprüft. Diese lägen auch nicht vor. Insbesondere fehle es an dem Vorliegen eines besonders wichtigen Grundes. Die schwierigen familiären Verhältnisse würden eine Umbettung nicht rechtfertigen. Der Antragsteller könne auch so neben seiner Ehefrau bestattet werden. Die Entfernung zum Wohnort sei auch nicht unzumutbar groß. Die befürchtete mangelhafte Grabpflege durch die vor Ort lebenden Kinder sei kein ausreichender Grund. Gegebenenfalls könne auch ein Dritter mit der Grabpflege beauftragt werden. Die Friedhofsordnung der Antragsgegnerin sei auch nicht durch § 15 BestattG gegenstandslos geworden. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass die Ordnung auf dem Friedhof der Autonomie des Trägers der Einrichtung obliege. Im Rahmen dieser Trägerschaft sei es erforderlich, dass auch der Träger der Einrichtung Genehmigungen zu der Umbettung erteilt. Das Vorliegen eines wichtigen Grundes könne durch das Gericht in vollem Umfang überprüft werden, so dass auch nicht die Besorgnis gerechtfertigt sei, dass sich die Entscheidung des Friedhofsträgers und die Genehmigung widersprechen würden. In jedem Falle könne der Antragsberechtigte die nicht erteilte Genehmigung des Landkreises oder des Friedhofsträgers einklagen. Für die Umbettung seien auch Einverständniserklärungen der Kinder erforderlich. Dies sei auch dann zu beachten, wenn nur eine Person nutzungsberechtigt ist. Der Nutzungsberechtigte und der Totenfürsorgeberechtigte müsste nämlich nicht zwingend die gleiche Person sein.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Streitakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg, weil dem Antragsteller jedenfalls derzeit ein Anordnungsanspruch nicht zur Seite steht.
Gemäß § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung eines bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Dabei sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Aus § 123 Abs. 1, Abs. 3 VwGo-in Verbindung mit § 920 ZPO folgt unter anderem, dass eine einstweilige Anordnung nur erlassen werden kann, wenn der Antragsteller die tatsächlichen Voraussetzungen des von ihm behaupteten Anspruchs aus dem streitigen Rechtsverhältnis (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit für die gerichtliche Entscheidung (Anordnungsgrund) zumindest glaubhaft gemacht hat. Im vorliegenden Fall kann offen bleiben, ob ein Anordnungsgrund vorliegt, weil der Antrag jedenfalls unbegründet ist, weil es an einem Anordnungsanspruch fehlt.
Gemäß § 15 des Gesetzes über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen (BestattG) vom 8. 12. 2005, Nds. GVBl. S. 381) dürfen Leichen außer in den bundesrechtlich geregelten Fällen vor Ablauf der Mindestruhezeit nur mit Genehmigung der Unteren Gesundheitsbehörde ausgegraben oder umgebettet werden. Die Genehmigung darf nach Satz 2 dieser Vorschrift nur erteilt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Voraussetzung für den hier geltend gemachten Anspruch ist danach zunächst das Vorliegen einer Genehmigung der unteren Gesundheitsbehörde. Die Untere Gesundheitsbehörde, also der Beigeladene, ist im vorliegenden Verfahren dadurch tätig geworden, dass er am 6. Februar 2006 eine Leichenumbettungsbescheinigung ausgestellt hat, in der der ausstellende Amtsarzt zum Ausdruck gebracht hat, dass aus Sicht des Gesundheitsamtes keine Bedenken gegen die Umbettung der Leiche bestehen. Der Amtsarzt hat sodann weiter ausgeführt, dass die Ausgrabung und Umbettung der Leiche nach Maßgabe des § 15 BestattG zu erfolgen hat.
Dieses an den Beauftragen des Antragstellers gerichtete Schreiben stellt nach Auffassung der Kammer keine Genehmigung im Sinne des § 15 BestattG dar. Bei der Auslegung der von dem Amtsarzt ausgestellten Leichenumbettungsbescheinigung ist nicht allein darauf abzustellen, was die Behörde gewollt oder gedacht hat, vielmehr kommt es entscheidend auf den objektiven Erklärungswert an. Es ist festzustellen, wie der Bürger unter Berücksichtigung der äußeren Form, Abfassung, Begründung und aller sonstigen ihm bekannten oder erkennbaren Umstände nach Treu und Glauben bei objektiver Auslegung analog §§ 157, 133 BGB die Erklärung der Behörde verstehen durfte bzw. musste. Maßgeblich kommt es somit auf den Empfängerhorizont an (vgl. z.B. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Anmerkung 18,19 zu § 35). Bereits aus dem äußeren Erscheinungsbild wird hier deutlich, dass der Amtsarzt dem Beigeladenen keine endgültige Genehmigung zur Umbettung erteilen wollte, sondern dass er vielmehr die nach früherer Rechtslage übliche Erklärung gegenüber dem Ordnungsamt, das sodann die weiteren Entscheidungen getroffen hat, abgeben wollte. Dies ergibt sich bereits aus der Bezeichnung als Leichenumbettungsbescheinigung, aber auch daraus, dass der ohne Rechtsmittelbelehrung ergangene Bescheid keinerlei Ausführungen zu den wesentlichen gesetzlichen Voraussetzungen einer Umbettung macht, sondern allein auf den gesundheitlichen Aspekt ("nach Einsichtnahme in den Leichenschauschein (Todesbescheinigung)") abstellt. Auch die Formulierung, dass aus Sicht des Gesundheitsamtes keine Bedenken bestehen, macht deutlich, dass noch eine weitere Sichtweise erforderlich ist. Dass damit nicht allein der Friedhofsträger gemeint war, ergibt sich daraus, dass das von dem Antragsteller beauftragte Bestattungsunternehmen diese Bescheinigung dem Ordnungsamt vorgelegt hat, damit dieses die eigentliche Umbettungsgenehmigung erteilt. Alle Beteiligten, insbesondere auch das für den Kläger handelnde Unternehmen, waren danach offensichtlich von der Rechtslage ausgegangen, die vor In-Kraft-Treten des Gesetzes über das Leichen-, Bestattungs-, und Friedhofswesen gegolten hat. Die unzutreffende Auffassung des Amtsarztes und des Beauftragten des Antragstellers wurde dadurch weiter bestätigt, dass das Ordnungsamt der Stadt Cuxhaven sodann die Genehmigung tatsächlich, ohne dafür zuständig zu sein, förmlich korrekt erteilt hat. Dass das beauftragte Bestattungsunternehmen die Umbettungsbescheinigung des Beigeladenen beim Ordnungsamt der Stadt belassen und in seinem Schreiben vom 26. März 2006 zum Ausdruck gebracht hat, dass derartige Bescheinigungen immer beim Ordnungsamt verbleiben, bestärkt die Auffassung, dass die Bescheinigung jedenfalls nicht als die begehrte Genehmigung angesehen wurde. Dass darüber hinaus der Amtsarzt ganz offensichtlich die wesentlichen gesetzlichen Voraussetzungen für eine Umbettungsbescheinigung, nämlich die Frage, ob ein wichtiger Grund vorliegt, nicht geprüft hat, unterstreicht die Auffassung, dass es sich hier nicht um eine Genehmigung im Sinne des § 15 BestattG gehandelt hat.
Die tatsächlich von der Ordnungsbehörde der Stadt Cuxhaven erteilte Genehmigung kann wegen der fehlenden Zuständigkeit nicht als Genehmigung im Sinne des § 15 BestattG angesehen werden, die dem Antragsteller einen Rechtsanspruch gegenüber dem Friedhofsträger auf Duldung der Ausgrabung vermitteln könnte. Zwar mag es sinnvoll erscheinen, die örtliche Ordnungsbehörde bei der Entscheidung über die Frage des wichtigen Grundes mit einzubeziehen, dies ändert jedoch nichts daran, dass der genehmigende Bescheid letztlich von der Unteren Gesundheitsbehörde zu erteilen ist. Angesichts der insoweit klaren Rechtslage des § 15 BestattG kann demnach nicht von dem Vorliegen einer die Antragsgegnerin bindenden Genehmigung ausgegangen werden.
Danach scheitert ein gegen den Friedhofsträger geltend gemachter Anspruch bereits an dem notwendigen Vorliegen der Genehmigung der Unteren Gesundheitsbehörde.
Ein Anspruch des Antragstellers ergibt sich auch nicht daraus, dass die im Hauptverfahren (1 A 1439/06) angefochtenen Bescheide der Antragsgegnerin sich voraussichtlich als rechtswidrig erweisen werden. Die Antragsgegnerin stützt ihre ablehnenden Bescheide darauf, dass die Kinder des Antragstellers der Umbettung nicht zugestimmt haben, obwohl dies nach der Satzung der Antragsgegnerin (§ 10 Abs. 3 der Friedhofsordnung über den Friedhof der Evangelischen-Lutherischen Kirchengemeinde Altenwalde in Cuxhaven-Altenwalde vom 14. November 1988, Amtsblatt für den Landkreis Cuxhaven vom 15. Dezember 1988) erforderlich ist.
Die Kammer hat mit dem Antragsteller bereits Zweifel, ob diese Bestimmung unter Geltung des früheren Rechts rechtswirksam war, weil das Bestimmungsrecht über eine Umbettung wie bei einer Bestattung der zur Totenfürsorge berechtigten oder verpflichteten Person obliegt. Für die Einholung des Einverständnisses anderer Personen steht daneben grundsätzlich kein Anlass. Nach In-Kraft-Treten des Gesetzes über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen ist diese Bestimmung jedenfalls nicht mehr mit höherrangigem Recht vereinbar. Dies folgt nunmehr bereits daraus, dass das Gesetz die Untere Gesundheitsbehörde, d.h. die Landkreise und kreisfreien Städte zu der zuständigen Behörde bestimmt, die über das Vorliegen eines wichtigen Grundes zu entscheiden hat. Daneben hat der Friedhofsträger zwar weitere, eigene Belange zu beachten und kann entsprechende Bestimmungen festlegen, diese können sich aber nicht auf die letztlich ordnungsrechtliche, der Unteren Gesundheitsbehörde zugewiesenen Frage beziehen, ob eine Umbettung aus wichtigem Grund stattfinden darf. Die im Rahmen der Bewertung des wichtigen Grundes zu treffende Abwägung zwischen der zu beachtenden Totenruhe und den Belangen der die Umbettung beantragenden Angehörigen ist unabhängig von den Belangen des Friedhofträgers neben der gesundheitspolizeilichen Sicht aus ordnungsrechtlicher Sicht zu treffen.
Der Friedhofsträger hat dagegen insbesondere Gestaltungsregelungen hinsichtlich der Ordnung auf dem Friedhof und seiner eigenen wirtschaftlichen Belange z.B. bei Schadensverursachung zu treffen. Die früher den Ordnungsbehörden, heute den Gesundheitsbehörden insgesamt übertragenen Aufgaben neu zu prüfen, steht dem Friedhofsträger hingegen nicht zu.
Darüber hinaus scheitert die erneute Überprüfung des Vorliegens eines wichtigen Grundes jedenfalls nach geltendem Recht nicht nur an der fehlenden Kompetenz des Friedhofträgers. Vielmehr wird darüber hinaus auch an anderer Stelle im Gesetz eine Rangfolge derjenigen festgelegt, die für die Bestattung verstorbener Personen zu sorgen haben. Das ist gemäß § 8 Satz 3 BestattG vorrangig die Ehegattin oder der Ehegatte oder die eingetragene Lebenspartnerin oder der eingetragene Lebenspartner. Erst an zweiter Stelle werden dann die Kinder, an dritter Stelle die Enkelkinder genannt. Es besteht wegen der gleichen Zielrichtung der Regelungen kein Anlass, von dieser Rangfolge im Rahmen der Bestimmungsrechte hinsichtlich der Umbettung abzuweichen.
Die Satzungsbestimmung in der Friedhofsordnung der Antragsgegnerin, nach der weitere Angehörige zustimmen müssen und wonach der Friedhofsträger eigenständig das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Umbettung prüft, ist daher spätestens mit In-Kraft-Treten des Gesetzes über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen unwirksam geworden. Dass die Bestimmung bislang unbeanstandet angewendet wurde und dass sie veröffentlicht ist, kann entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin an dieser Auffassung nichts ändern, weil sie sich jedenfalls jetzt nicht mehr in Einklang mit höherrangigem Recht befindet.
Der Antragsteller muss nach allem zunächst eine Genehmigung der Unteren Gesundheitsbehörde erwirken. Die Antragsgegnerin ist an diese hinsichtlich der Fragen, die in der Zuständigkeit der unteren Gesundheitsbehörde zu prüfen sind, gebunden. Sie kann allerdings bezüglich der tatsächlichen Vornahme der Umbettung noch Regelungen treffen, die sich z.B. auf die Ordnung auf dem Friedhof beziehen (z.B. keine Umbettung während der Zeit von Bestattungen, Schadensersatzregelungen, Einsatz von Geräten, Wiederherstellung des früheren Zustandes etc). Darüber hinausgehende Regelungen stehen dem Friedhofsträger angesichts der geltenden Rechtslage jedoch nicht zu und es sind auch keine Gründe ersichtlich, die für eine weiter gehende Entscheidung durch ihn sprechen könnten.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes war daher abzulehnen. Aus den gleichen Gründen war der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe erfolglos.
Die Beiladung des Landkreises Cuxhaven - Untere Gesundheitsbehörde - ist erfolgt, weil dessen rechtliche Interessen berührt sind. Der Landkreis ist vorher zu der Sache mündlich angehört worden.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52, 53 GKG.
Steffen
Tepperwien