Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 31.05.1995, Az.: SS 188/95
Zulässigkeit der Sprungrevision
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 31.05.1995
- Aktenzeichen
- SS 188/95
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1995, 28974
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1995:0531.SS188.95.0A
Rechtsgrundlage
- § 313 Abs. 1 Satz 1 StPO
Amtlicher Leitsatz
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung der Wahl zwischen Revision und Berufung ist nicht zulässig
Gründe
Der Angeklagte ist vom Amtsgericht wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 60,- DM verurteilt worden.
Gegen diese Entscheidung hat er zunächst Berufung eingelegt und sodann durch einen am 13. März 1995 innerhalb der Revisionsbegründungsfrist beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz erklärt, das Rechtsmittel solle als Revision behandelt werden.
Das Landgericht hat die Berufung des Angeklagten durch Beschluss vom 20. März 1995 nicht angenommen. Es hat die Auffassung vertreten, in den § 313 StPO bezeichneten Fällen müsse der Angeklagte stets zunächst Berufung einlegen, weil auch bei einer Sprungrevision eine zulässige Berufung vorliegen müsse. Erst nachdem durch das Berufungsgericht geklärt worden sei, dass die Berufung zulässig sei, könne er zur Revision übergehen. Da die Annahmevoraussetzungen hier nicht vorlägen, seien die Berufung und somit auch die Revision unzulässig.
Der Angeklagte hat beantragt,
über seine "Revision" gegen das amtsgerichtliche Urteil zu entscheiden.
Das Rechtsmittel ist unzulässig.
Zwar mag sich der Senat der o.a. Auffassung des Landgerichts nicht anzuschließen, denn soweit es in § 335 Abs. 1 StPO heißt, die Sprungrevision sei nur gegeben, falls gegen das Urteil die Berufung "zulässig" sei, ist dieser Begriff nicht in dem Sinne gebracht, dass damit das Vorliegen sämtlicher Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Berufung gefordert würde. "Zulässig" ist hier - wie auch in § 312 StPO - vielmehr gleichzusetzen mit "statthaft" und bezeichnet lediglich die gesetzlich eingeräumte Möglichkeit eines bestimmten Rechtsmittels gegen eine richterliche Entscheidung. Die "Zulässigkeit" der Sprungrevision im Sinne ihrer "Statthaftigkeit" wird durch § 313 Abs. 1 Satz 1 StPO nicht eingeschränkt. Die Annahme der Berufung stellt vielmehr, wie z.B. die Wahrung der Berufungsfrist, lediglich eine weitere Zulässigkeitsvoraussetzung dar. Die Sprungrevision ist daher auch in den Fällen der Annahmeberufung uneingeschränkt zulässig (so auch BayObLG Strafverteidiger 1993, 572; 1994, 238; OLG Zweibrücken Strafverteidiger 1994, 119). Dementsprechend war es dem Angeklagten unbenommen, innerhalb der Revisionsbegründungsfrist von der Berufung zur Revision überzugehen.
Gleichwohl ist das Rechtsmittel aber unzulässig, weil es an einem wirksamen Übergang von der Berufung zur Revision fehlt, denn die Erklärung vom 13.3.1995 ist entgegen § 345 Abs. 1 StPO nicht bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, also dem Amtsgericht Wilhelmshaven, sondern bei dem Landgericht Oldenburg eingereicht worden (vgl. hierzu BGH Strafverteidiger 1995, 174). Das Rechtsmittel war daher weiterhin als Berufung zu behandeln. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung der Wahl ist nicht möglich (BayObLG MDR 1983, 1045; OLG Düsseldorf MDR 1995, 518; OLG Stuttgart Die Justiz 1991, 161).