Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 08.02.2013, Az.: 1 B 288/12

Bestenauslese; Bestnote; Bewerbungsverfahrensanspruch; Chancengleichheit; Leistungsgrundsatz; Richtwert

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
08.02.2013
Aktenzeichen
1 B 288/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 64501
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Ausrichtung der Anzahl der zu vergebenden Bestnoten an der Anzahl der zu vergebenden Beförderungsplanstellen verletzt den unterlegenen Bewerber in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch.
Die Richtwerte für die Vergabe von Bestnoten nach § 50 Bundeslaufbahnverordnung dürfen nicht generell unterschritten werden.

Gründe

Der sinngemäß gestellte Antrag des Antragstellers,

der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu untersagen, bis zur Rechtskraft einer Entscheidung über den Widerspruch des Antragstellers gegen die Konkurrentenmitteilung vom 19.11.2012 im Rahmen der Beförderungsrunde 2012 Beförderungen nach A 9 VZ für die auf der Liste Vivento-Abo für eine Beförderung nach Besoldungsgruppe A 9 vorgesehenen Beamten vorzunehmen, ohne für den Antragsteller eine Beförderungsplanstelle freizuhalten,

hat Erfolg.

I.

Der Antragsteller ist Beamter der Deutschen Telekom AG (DTAG) und hat das Amt eines technischen Fernmeldehauptsekretärs (Besoldungsgruppe A 8 BBesG) inne. Er war vom 01.10.2007 bis einschließlich 30.09. 2008 unter Wegfall der Besoldung für eine Tätigkeit bei der CTDI Nethouse Services GmbH beurlaubt und wurde zugleich an die PBM-NL („Niederlassung Personalbetreuung für zu Inlandstöchtern beurlaubte Mitarbeiter“, seit 2010 Namensänderung in „Personal Betreuungsmanagement für Beamte Niederlassung“) mit Sitz in Berlin versetzt. Nach Angaben der Antragsgegnerin nimmt die PBM-NL für beurlaubte (abgeordnete) Beamte rein administrative Betreuungsaufgaben zur Regelung aller beamtenrechtlichen Angelegenheiten wahr. Fach- oder Dienstvorgesetzte für die beurlaubten (abgeordneten) Beamten gebe es bei der PBM-NL nicht. Seit dem 22.06.2008 ist der Antragsteller jeweils befristet zur Bundesagentur für Arbeit abgeordnet, seit dem 02.06.2010 zur Bundesagentur für Arbeit in F.. Seit dem 13.12.2012 ist er unbefristet dorthin abgeordnet. Er hat bei der Bundesagentur für Arbeit in F. einen Dienstposten als Fachassistent Personalservice im internen Service inne. Ihm obliegt die Aufgabe des Arbeitsschutzes. Nach übereinstimmenden Angaben der Beteiligten führt er zum Teil höherwertige Tätigkeiten aus, die nach den unwidersprochenen Angaben des Antragstellers nach A 12 und A 15 bewertet sind.

Das Bundesministerium der Finanzen genehmigte der Antragsgegnerin für das Jahr 2012 ca. 2.700 Beförderungsplanstellen, die diese nach einer Quotenregelung auf 41 Betriebe aufteilte. Dabei erfolgte zum Stichtag 01.06.2012 pro Besoldungsgruppe eine prozentuale Zuweisung von Beförderungsplanstellen. Der Antragsteller wird auf der Beförderungsliste des Bereichs „Vivento–Abo“ geführt. Der Vivento–Abo sind 32 Beförderungsplanstellen nach A 9 zugewiesen. Befördert werden nur Beamte mit der Bestnote „Übertrifft die Anforderungen im besonderen Umfang – O“. Die Antragsgegnerin hat die Anzahl der in der Beförderungsrunde 2012 zu vergebenden Bestnoten auf die Anzahl der zu vergebenden Beförderungsplanstellen begrenzt. Damit möchte sie vermeiden, bei gleichem Gesamturteil bei ca. 40.000 Beurteilungen die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Feinausschärfung von Beurteilungen vornehmen zu müssen.

Zur Vorbereitung der Beförderungsrunde 2012 erstellte die Antragsgegnerin neue Beurteilungen. Für abgeordnete Beamte wurden Beurteilungsbeiträge der Einsatzstellen eingeholt. Der Antragsteller wurde in dem Beurteilungszeitraum 15.09.2011 bis 31.05.2012 am 31.05.2012 von der Bundesagentur für Arbeit mit dem Gesamturteil „B – übertrifft die Anforderungen“, der zweitbesten Bewertung beurteilt. Diese Note entspricht ihrem Wortlaut nach der zweitbesten Bewertung in der einschlägigen Beurteilungsrichtlinie der Antragsgegnerin. Mit Schreiben vom 01.08.2012 teilte die Vivento dem Antragsteller mit, dass ein von seiner Einsatzstelle angeforderter Beurteilungsbeitrag für den Beurteilungszeitraum 15.09.2011 bis 31.05.2012 nicht innerhalb der gesetzten Frist eingegangen sei. Nach beamtenrechtlichen Vorgaben sei seine Beurteilung deshalb fiktiv fortzuschreiben. Dem Schreiben war ein Beurteilungsvermerk vom 23.07.2012 beigefügt. Danach wird der Antragsteller aufgrund der fiktiven Fortschreibung seiner Beurteilung mit der Note „Erfüllt die Anforderungen im vollen Umfang“ und damit eine Notenstufe schlechter als im Jahr 2011 bewertet. Unterschrieben ist der Beurteilungsvermerk von den Viventomitarbeitern G. H. als Vorgesetztem und I. J. als nächsthöherer Vorgesetzter. Gegen diese Beurteilung legte der Antragsteller Widerspruch ein, den die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 13.11.2012 zurückwies. Dabei berücksichtigte sie nachträglich den Beurteilungsbeitrag der Bundesagentur vom 31.05.2012 und kam zu dem Ergebnis, dass nach ihrem strengeren Beurteilungsmaßstab für Best- und Zweitbestbeurteilungen auch der Beurteilungsbeitrag der Bundesagentur zu keinem besseren Gesamtergebnis für den Antragsteller führe. Hiergegen hat der Antragsteller Klage beim Verwaltungsgericht K. erhoben, eine Entscheidung steht noch aus. Mit Schreiben vom 19.11.2012 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass dieser mit dem Beurteilungsergebnis „Erfüllt die Anforderungen in jeder Hinsicht – Q“ im Rahmen der Beförderungsrunde 2012 nicht befördert werden könne. Die Anzahl der genehmigten Beförderungsplanstellen reiche nur aus, um Beamtinnen und Beamte seines Betriebs zu befördern, die mit der Bestnote „Übertrifft die Anforderungen im besonderen Umfang – O“ beurteilt worden seien. Hiergegen hat der Antragsteller mit Schreiben vom 03.12.2012 Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden ist.

Der Antragsteller sieht sich in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch bereits dadurch verletzt, dass nur Beamte mit der Bestnote befördert würden und die Anzahl der zu vergebenden Bestnoten von vornherein auf die zu vergebenden Beförderungsplanstellen begrenzt sei. Dies führe dazu, dass die Auswahlentscheidung auf die Beurteiler vorverlagert werde, denn die Beurteiler würden mit der Notenvergabe festlegen, welcher Beamte befördert werde und welcher nicht. Die anhand der Anzahl der Beförderungsplanstellen jeweils erfolgende Anpassung der Richtwerte für die Bestnoten widerspreche dem Leistungsgrundsatz und dem Gleichbehandlungsgebot. Die Synchronisierung von Beförderungsplanstellen und Beurteilungsnoten sei nicht mit der Richtwertkompetenz des Dienstherrn vereinbar. Der Dienstherr dürfe Richtwerte, Quoten bzw. Obergrenzen für die Vergabe von Noten nur abstrakt generell durch Richtlinien festlegen.

Die Auswahlentscheidung sei auch deshalb rechtswidrig, weil seine dienstliche Beurteilung vom 23.07.2012 rechtswidrig zustande gekommen sei. Die Beurteilung sei nicht von den zuständigen Beurteilern erstellt worden. Die Viventomitarbeiter seien nicht seine direkten Vorgesetzten (Ziffer 3 Abs. 3 der einschlägigen Beurteilungsrichtlinie). Dies sei vielmehr der Leiter des Betriebs Sozialstrategie, Beamten- und Dienstrecht (SBR). Nichts anderes ergebe sich aus der „Anordnung zur Übertragung beamtenrechtlicher Befugnisse und Zuständigkeiten für den Bereich der Deutschen Telekom AG - DTAGÜbertragANO -. Mit ihm sei auch nicht das in der Beurteilungsrichtlinie vorgesehene Beurteilungsgespräch geführt worden. Seine Beurteilung sei aber auch inhaltlich nicht haltbar. Die Absenkung seiner Note aus dem Jahr 2011 „Übertrifft die Anforderungen“ auf „Erfüllt die Anforderungen im vollen Umfang“ im Jahr 2012 könne nicht mit einer fiktiven Fortschreibung seiner Vorbeurteilung begründet werden. Insoweit fehle es an einer homogenen Vergleichsgruppe. Die Notenabsenkung sei auch ansonsten nicht plausibel. Das Beurteilungsergebnis 2012 stehe in einem unauflösbaren Widerspruch zum Beurteilungsergebnis 2011 und den Beurteilungsbeiträgen der Bundesagentur. Zwischen den Beurteilungsbeiträgen 2011 und 2012 gebe es keine erkennbaren Unterschiede, sein Leistungsstand sei in beiden Beurteilungszeiträumen unverändert. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Antragsgegnerin im Jahr 2011 dem Beurteilungsergebnis der Bundesagentur gefolgt sei, im Jahr 2012 dagegen nicht. Soweit die Antragsgegnerin sich auf eine Verschärfung ihres Beurteilungsmaßstabs berufe, rechtfertige dies die Absenkung der Note nicht, denn die Antragsgegnerin habe ihren angeblich strengeren Beurteilungsmaßstab nicht verdeutlicht. Die Beurteilung dürfe auch deshalb nicht berücksichtigt werden, weil nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Anlassbeurteilungen - um eine solche handele es sich im vorliegenden Fall - nur zu erstellen seien, wenn Regelbeurteilungen nicht mehr hinreichend aktuell seien. Bei einem zeitlichen Abstand von nur einem Jahr dürfte dies fraglich sein.

Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, ihr Auswahlverfahren sei nicht zu beanstanden. Soweit sie die Anzahl der Bestnoten auf die Anzahl der zu vergebenden Beförderungsplanstellen begrenzt habe, habe sie in rechtlich zulässiger Weise die Prozentsätze des    § 50 Bundeslaufbahnverordnung unterschritten. Der Antragsteller sei von den für ihn nach Abschnitt V. DTAGÜbertragANO zuständigen Beurteilern beurteilt worden. Auch die Absenkung seiner Gesamtnote im Vergleich zu seiner Vorbeurteilung sei plausibel, denn den Beurteilungen im Jahr 2012 liege ein deutlich strengerer Beurteilungsmaßstab zugrunde als den Beurteilungen in den Vorjahren. Aus der Unterschreitung der Prozentsätze für die Vergabe der Bestnoten nach § 50 Bundeslaufbahnverordnung ergebe sich zwangsläufig, dass es häufiger zu Verschlechterungen bei dienstlichen Beurteilungen gekommen sei. Bei der Beurteilung des Antragstellers sei auch berücksichtigt worden, dass dieser bei der Bundesagentur für Arbeit in F. höherwertige Tätigkeiten ausübe, denn dies sei bereits in die Beurteilung 2011 mit eingeflossen.

II.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hierzu muss der um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes Nachsuchende gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2 und 294 ZPO glaubhaft machen, dass ihm der geltend gemachte materiell-rechtliche Anspruch (Anordnungsanspruch) zusteht und darüber hinaus im Hinblick auf eine ansonsten drohende Rechtsvereitelung oder -erschwerung eine besondere Dringlichkeit der Rechtsschutzgewährung (Anordnungsgrund) zu bejahen ist.

Ein Anordnungsgrund ist hier gegeben. Denn dem Antragsteller droht ohne die Entscheidung der Kammer ein Rechtsverlust, weil er im Fall der Beförderung der Konkurrenten in einem späteren Hauptsacheverfahren grundsätzlich keinen effektiven Rechtsschutz gegen die Auswahlentscheidung (Art. 19 Abs. 4 i.V.m. Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz – GG –) mehr erlangen kann.

Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ein Anordnungsanspruch besteht in Fällen der Konkurrenz von Bewerbern um die Übertragung eines höherwertigen Amtes bzw. Dienstpostens dann, wenn es nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand überwiegend wahrscheinlich ist, dass die von dem Dienstherrn in dem Besetzungsverfahren getroffene Auswahlentscheidung zu Lasten des Antragstellers rechtsfehlerhaft ist, weil dessen Bewerbungsverfahrensanspruch keine hinreichende Beachtung gefunden hat. Darüber hinaus muss die Auswahl des betreffenden Bewerbers in einem weiteren – rechtmäßigen – Auswahlverfahrens zumindest möglich sein, wozu es ausreicht, dass die Aussichten, ausgewählt zu werden, (mindestens) offen sind. Beide Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Bestenauslesegrundsatzes zu besetzen. Die Vorschrift dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes, dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität gewährleistet werden sollen. Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen Rechnung, indem ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl gewährt wird (sogenannter Bewerbungsverfahrensanspruch, vgl. BVerwG, Urteil vom 25.11.2004 – 2 C 17.03 -, juris). Der Grundsatz der Bestenauslese gebietet, zur Ermittlung des Leistungsstands konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen. Grundlage der Auswahlentscheidung sind deshalb die aktuellen dienstlichen Beurteilungen über die Beamten. Fehler im Beurteilungsverfahren können auf den Bewerbungsverfahrensanspruch eines im Auswahlverfahren über ein Beförderungsamt oder einen Beförderungsdienstposten unberücksichtigt gebliebenen Bewerbers dann zu dessen Gunsten durchschlagen, wenn sich aus ihnen ergibt, dass die Auswahlentscheidung zu Lasten des unterlegenen Bewerbers nicht den materiellen Kriterien der Bestenauslese genügt (BVerwG, Urteile vom 27.02.2003 - 2 C 16.02 - und 21.08.2003 - 2 C 14.02 -, jeweils juris). So liegt der Fall hier.

Die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin ist bereits deshalb rechtswidrig, weil sie die beiden separaten, d.h. an sich nacheinander abzuwickelnden und voneinander unabhängigen Verfahrensschritte der Beurteilung und anschließenden Beförderungsauswahl in unzulässiger Weise miteinander vermengt hat. Da nur die mit der Spitzennote beurteilten Beamten befördert werden und alle übrigen Konkurrenten von einer Beförderung ausgeschlossen sind, wird bereits auf der Ebene der dienstlichen Beurteilung die Auswahlentscheidung durch einen insoweit unzuständigen Vorgesetzten faktisch vorweg genommen. Dies verstößt gegen den Grundsatz der Chancengleichheit und gegen den Leistungsgrundsatz (s. VG Minden, Beschluss vom 14.01.2013 – 10 L 745/12 –; VG Arnsberg, Beschluss vom 13.12.2012 – 13 L 908/12 –; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 17.01.2013 – 12 L 1612/12 –).

Rechtswidrig ist auch die Verfahrensweise der Antragsgegnerin, die Obergrenzen im Sinne des § 50 Abs. 2 Satz 1 Bundeslaufbahnverordnung – BLV – gezielt nicht auszuschöpfen, um zu einer übereinstimmenden Anzahl von Bestbeurteilungen und zugewiesenen Beförderungsstellen zu gelangen. Nach § 50 Abs. 2 Satz 1 BLV soll der Anteil der Beamtinnen und Beamten einer Besoldungsgruppe oder einer Funktionsebene, die beurteilt werden, bei der höchsten Note zehn Prozent und bei der zweithöchsten Note zwanzig Prozent nicht überschreiten. Nach Satz 2 ist im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit eine Über- oder Unterschreitung um jeweils bis zu 5 Prozentpunkte möglich. Hiermit ist nicht nur eine normative Soll-Obergrenze für Spitzennoten festgelegt. Aufgrund der Konkretisierung in Satz 2 wird deutlich, dass auch eine Unterschreitung der Prozentsätze nur im Einzelfall und nur in Höhe von bis zu fünf Prozent zulässig ist. Im vorliegenden Fall wurde die Untergrenze für die Vergabe der Bestnoten nicht im Einzelfall, sondern generell unterschritten. Als Einzelfälle im Sinne von Satz 2 sind die Fälle zu verstehen, in denen zur genauen Ausfüllung der Quoten Beamte mit praktisch gleichem Leistungsstand unterschiedliche Gesamtnoten erhalten müssten (BVerwG, Urteil vom 26.06.1980 – 2 C 13.79 –, juris). Hier erfolgt das Unterschreiten der Sollobergrenze für die Spitzennote dagegen, weil die Antragsgegnerin die offenbar als lästig empfundene „Ausschärfung“ von Beurteilungen vermeiden wollte (im Ergebnis genauso VG Minden, a.a.O.; VG Arnsberg, a.a.O; VG Gelsenkirchen, a.a.O.).

Die der Beförderungsentscheidung zugrundeliegende Beurteilung leidet ferner an einem formellen Fehler, da sie nicht von den zuständigen Beurteilern erstellt worden ist. Nach der bis zum 31.12.2012 gültigen „Anordnung zur Übertragung beamtenrechtlicher Befugnisse und Zuständigkeiten für den Bereich der Deutschen Telekom AG – DTAGÜbertrAnO –“ (BGBl. I 2010, S. 1363 bis 1364) sind dem Betrieb Vivento nur insoweit personalrechtliche Befugnisse übertragen, als Vivento Beamtinnen und Beamten, deren Arbeitsposten weggefallen sind oder künftig wegfallen werden, auf den Gebieten der Steuerung des Personaleinsatzes, der Personaleinsatzplanung, der Fortbildung und Qualifizierung einschließlich der Vorbereitung entsprechender Personalmaßnahmen dienstliche Weisungen erteilen kann (Abschnitt V.). Die allgemeinen beamtenrechtlichen Befugnisse und die besoldungsrechtlichen Befugnisse mit Ausnahme der Ernennungs- und Entlassungsbefugnis für Beamtinnen und Beamten sind dagegen, soweit dies gesetzlich zulässig ist, auf den Betrieb Sozialstrategie, Beamten- und Dienstrecht übertragen (Abschnitt I. Nr. 1). Zu den allgemeinen beamtenrechtlichen Befugnissen zählen auch dienstliche Beurteilungen. Demnach war der Betrieb Sozialstrategie, Beamten- und Dienstrecht und nicht Vivento für die Beurteilung des Antragstellers zuständig.

Die Beurteilung des Antragstellers ist darüber hinaus wegen mangelnder Plausibilität fehlerhaft. Es ist nicht nachvollziehbar, warum der Beurteilungsbeitrag der Bundesagentur für Arbeit, der dem Antragsteller bei den Beurteilungsmerkmalen im Rahmen der Leistungsbeurteilung jeweils die zweitbeste Bewertung und im Rahmen der Kompetenzbeurteilung bei sechs Leistungsmerkmalen viermal die zweitbeste und zweimal die drittbeste Bewertung bescheinigt, nur zur drittbesten und nicht mehr wie in 2011 zur zweitbesten Bewertung durch die Antragsgegnerin führte. Die Kammer hat in der Vergangenheit bereits entschieden, dass bei einem Bewertungsunterschied im Gesamturteil um eine ganze Notenstufe im Vergleich zur Vorbeurteilung eine nicht nur geringfügige Abweichung vorliege, die nach Art und Gewicht einen besonderen Begründungsbedarf auslöse, und dass dies umso mehr gelte, wenn – wie hier – keinerlei greifbare Anhaltspunkte für einen signifikanten Leistungsabfall des Beurteilten oder eine nennenswerte Erhöhung der Tätigkeitsanforderungen vorlägen (Urteil vom 23.01.2013 - 1 A 24/12 -). Soweit die Antragsgegnerin sich auf ihren gegenüber der Bundesagentur für Arbeit strengeren Beurteilungsmaßstab beruft, hat sie diesen nicht verdeutlicht. Hierfür reicht nicht aus, dass sie die zulässigen Höchstwerte für die Bestnoten nach § 50 Abs. 2 Satz 1 BLV unterschritten hat, denn diese Unterschreitung ist rechtswidrig (s.o.). Es ist Aufgabe des Dienstherrn, nachvollziehbar darzulegen, dass eine schlechter ausgefallene Beurteilung möglicherweise mit einer unterschiedlichen Beurteilungspraxis zu erklären ist (s. Urteil des erkennenden Gerichts vom 23.01.2013, a.a.O.). Die streitbefangene Beurteilung ist auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil aus ihr nicht hervorgeht, dass die Antragsgegnerin hierbei  die „Richtlinie für die Beurteilung von Beamtinnen und Beamten bei der Deutschen Telekom im Einsatz außerhalb des inländischen Konzerns“ berücksichtigt hat. Weder dem Beurteilungsvermerk der Vivento vom 23.07.2012 noch dem Widerspruchsbescheid vom 13.11.2012 ist zu entnehmen, dass für den Antragsteller - wie in Ziffer 2. (Inhalt der dienstlichen Beurteilung) der Beurteilungsrichtlinie vorgesehen - die Beurteilungsmerkmale Arbeitsergebnisse, Kundenorientierung, persönlicher Einsatz, Problemlösung, Zusammenarbeit und ggfs. Führung (Absatz 2) im Einzelnen bewertet wurden. Auf die weiteren zwischen den Beteiligten umstrittenen Fragen, ob die Übersendung der Beurteilung an den Antragsteller Ziffer 3. Absatz 5 der Beurteilungsrichtlinie genügt und ob die streitbefangene Beurteilung hier deshalb nicht berücksichtigt werden darf, weil es – wie der Antragsteller meint – noch eine ausreichend aktuelle Vorbeurteilung gebe, kommt es im Ergebnis nicht mehr an.

Der Antragsteller hat auch glaubhaft gemacht, dass seine Aussichten, in einem weiteren  – rechtmäßigen – Auswahlverfahren ausgewählt zu werden, mindestens offen sind. Dies gilt auch mit Blick darauf, dass er nur die drittbeste Beurteilungsnote erhalten hat. Es ist nicht ausgeschlossen, dass er im Rahmen eines rechtmäßigen Beurteilungsverfahrens zumindest genauso gut wie im Jahr 2011 und damit wenigstens eine Stufe besser beurteilt wird. Darüber hinaus betreffen die aufgezeigten Mängel das Beurteilungssystem als solches. Im Falle einer erneuten Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts ist nicht absehbar, wie die Antragsgegnerin die nach Art. 33 Abs. 2 GG maßgeblichen Kriterien in einem neuen Beurteilungs- und Auswahlverfahren berücksichtigen wird. Nach alledem kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller in einem neuen Auswahlverfahren zum Zuge kommt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.