Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 29.05.2008, Az.: 1 Ws 220/08
Recht eines Strafgefangenen auf Gewährung von Langzeitbesuch seiner Lebensgefährtin und ihrer gemeinsamen Kinder bei vorheriger wiederholter gemeinsamer Begehung von Straftaten; Erstreckung des Schutzes von Art. 6 GG auf nichteheliche Partnerschaften mit gemeinsamen minderjährigen Kindern; Vorliegen einer Spruchreife im Rechtsbeschwerdeverfahren
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 29.05.2008
- Aktenzeichen
- 1 Ws 220/08
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 21407
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2008:0529.1WS220.08.0A
Rechtsgrundlagen
- § 5 Satz 1 NJVollzG
- § 25 Abs. 1 NJVollzG
- § 25 Abs. 2 NJVollzG
- § 102 NJVollzG
- § 115 Abs. 5 StVollzG
- § 119 Abs. 4 S. 2 StVollzG
- Art. 6 GG
Fundstelle
- StRR 2009, 75-76 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
Verfahrensgegenstand
Langzeitbesuch
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Die Gewährung eines unüberwachten Langzeitbesuchs ist als Sonderfall nach § 25 Abs. 2 NJVollzG zu beurteilen und steht im Ermessen der Vollzugsbehörde.
- 2.
Im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung muss die Vollzugsbehörde insbesondere die in Art. 1 und 6 GG zum Ausdruck kommende Wertentscheidung beachten.
- 3.
Der Begriff der "Spruchreife" im Sinne von § 102 NJVollzG i. V. m. § 119 Abs. 4 Satz 2 StVollzG ist nicht identisch mit dem des § 102 NJVollzG i. V. m. § 115 Abs. 4 Satz 1 StVollzG. Spruchreife liegt im Rechtsbeschwerdeverfahren bereits dann vor, wenn das Oberlandesgericht eine Sachentscheidung treffen kann, die eine Zurückverweisung an die Strafvollstreckungskammer gemäß § 119 Abs. 4 Satz 3 StVollzG erübrigt. Das Oberlandesgericht kann in derartigen Fällen die Sache zur Neubescheidung direkt an die Vollzugsbehörde zurück verweisen.
In der Strafvollzugssache
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle
nach Beteiligung des Zentralen juristischen Dienstes für den niedersächsischen Justizvollzug auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers
gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts O. mit Sitz beim Amtsgericht L. vom 25. März 2008
durch
den Richter am Oberlandesgericht #######,
den Richter am Oberlandesgericht ####### und
den Richter am Oberlandesgericht #######
am 29. Mai 2008
beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluss und der Bescheid der Antragsgegnerin über die Ablehnung der Gewährung von Langzeitbesuch vom 24. Januar 2008 werden aufgehoben.
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, über den Antrag des Gefangenen auf Gewährung von Langzeitbesuch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde als unbegründet verworfen.
Von den Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und der ersten Instanz sowie den dem Antragsteller insgesamt entstandenen notwendigen Auslagen hat die Landeskasse zwei Drittel zu tragen, im Übrigen hat sie der Antragsteller zu tragen.
Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 100 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller verbüßt seit dem 3. September 2007 eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten wegen mehrfachen Betruges, an die sich die Vollstreckung einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe wegen mehrfachen Betruges von zwei Jahren und neun Monaten anschließen wird. Das Strafende ist auf den 22. September 2011 notiert. Der Antragsteller befindet sich seit dem 11. Oktober 2007 im geschlossenen Vollzug in der Justizvollzugsanstalt M.. Mit Bescheid vom 24. Januar 2008 lehnte die Justizvollzugsanstalt M. den Antrag des Gefangenen auf Gewährung von Langzeitbesuch seiner Lebensgefährtin S. W. sowie der gemeinsamen vier Kinder ab. Zur Begründung der Ablehnung führte die Antragsgegnerin an, dass die Lebensgefährtin des Antragstellers als seine Tatgenossin ebenfalls zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden und darüber hinaus auch strafrechtlich nicht unerheblich vorbelastet sei, und dass deshalb der Kontakt aus Sicht der Antragsgegnerin nicht als förderungswürdig einzustufen sei und nicht der Erreichung des Vollzugszieles diene. Die Genehmigung von zusätzlichen und nicht überwachten Besuchen der Lebensgefährtin könne daher auch aus Gründen der Sicherheit der Anstalt nicht erfolgen.
Hiergegen hat der Antragsteller mit Schreiben vom 26. Januar 2008, das am 29. Januar 2008 bei der Strafvollstreckungskammer einging, gerichtliche Entscheidung beantragt mit dem Ziel, den ablehnenden Bescheid vom 24. Januar 2008 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller den beantragten Langzeitbesuch zu gewähren. Im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens gab die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 26. Februar 2008 eine schriftliche Stellungnahme ab, mit der sie beantragte, den Antrag als unbegründet zu verwerfen. Sie führte hierzu aus, dass der Antragsteller und seine Lebensgefährtin durch zahlreiche Straftaten gemeinsam eine erhebliche kriminelle Energie bewiesen hätten und dass vor diesem Hintergrund auch unter Berücksichtigung, dass beide vier gemeinsame Kinder hätten, nicht davon auszugehen sei, dass dieser soziale Kontakt des Antragstellers als so förderungswürdig anzusehen sei, dass ein nicht überwachter Besuch mit der Erreichung des Vollzugszieles im Einklang stehen würde. Die weitere Wahrnehmung des normalen Besuchskontingents erscheine ausreichend zur Aufrechterhaltung der Beziehung.
Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 25. März 2008 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung schloss sich die Strafvollstreckungskammer der - in den Beschluss hinein kopierten - Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 26. Februar 2008 an und nahm darauf voll umfänglich Bezug. Weiter führte die Kammer aus, dass es bei der hier zu treffenden Entscheidung weniger darauf ankomme, ob der Gefangene die im Urteil des Amtsgerichts M. vom 12. September 2007 festgestellten Taten (gewerbsmäßiger Betrug in 55 Fällen, gewerbsmäßiger Betrug in 10 Fällen und Bandenbetrug in einem Fall) aufgrund einer damals bestehenden Spielsucht begangen habe oder nicht. Entscheidend sei, dass er diese Straftaten ausnahmslos unter Mitwirkung seiner Lebensgefährtin S. W. begangen habe und dass er zuvor bereits einmal wegen gemeinschaftlich mit ihr begangener Betrugsstraftaten in 32 Fällen verurteilt worden sei. Vor diesem Hintergrund seien auch nach Auffassung der Strafvollstreckungskammer erhebliche Zweifel daran angebracht, dass die Gewährung von Langzeitbesuch für die Lebensgefährtin und frühere Mittäterin der Wiedereingliederung des Gefangenen und der Vorbereitung einer künftig straffreien Lebensführung dienlich sein kann. Der förderungswürdige Kontakt zu seinen Kindern sei hierbei, nicht zuletzt angesichts des Alters der Kinder, hinreichend durch die regelmäßigen Besuche im Rahmen der normalen Besuchsordnung gewährleistet.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit seiner Rechtsbeschwerde.
Er beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und im Sinne seiner ursprünglichen Hauptsacheanträge vom 4. Januar 2008 bzw. 29. Januar 2008 zu entscheiden und festzustellen, dass die ablehnende Entscheidung rechtswidrig sei, falls Spruchreife angenommen werde.
Die Strafvollstreckungskammer gehe zu Unrecht davon aus, dass die Anstaltsleitung von einer zutreffenden Beurteilung der maßgebenden Umstände ausgegangen sei. Der Umstand, dass er vier Kinder im Alter von ein bis sieben Jahren habe, die eine intensive Beziehung zu dem Antragsteller führten und führen, sei in der Ablehnung des Langzeitbesuchs durch die Anstalt nicht berücksichtigt worden, sondern erst in der Stellungnahme vom 26. Februar 2008 nachgereicht worden. Allein deshalb sei die Entscheidung bereits ermessensfehlerhaft. Außerdem sei die in Art. 1 und 6 GG zum Ausdruck kommende Wertentscheidung von der Anstalt nicht beachtet worden. Die unstreitige Tatsache, dass die Straftaten gemeinsam mit Frau W. begangen worden seien, rechtfertige nicht die Ablehnung. Es sei vielmehr von einem vollständig ermittelten Sachverhalt auszugehen, was auch in diesem Punkt nicht erfolgt sei. Die Straftaten seien seinerzeit aufgrund einer bestehenden Spielsucht begangen worden. Die letzte Tat sei im März 2006 begangen worden, der Antragsteller sei vor der Inhaftierung am 27. August 2007 noch 1 1/2 Jahre straffrei in Freiheit gewesen. Auch sei die Tatsache, dass die Beziehung zu Frau W. bereits fast 10 Jahre andauere und "größtenteils straffrei" geblieben sei, völlig unbeachtet geblieben. Auch die Tatsache, dass der Antragsteller erst mit 30 Jahren erstmals straffällig geworden sei, sei völlig unbeachtet geblieben. Die Behinderung der Wiedereingliederung des Antragstellers unter dem Aspekt, ihn möglichst fern von seiner Familie zu halten, verstoße deutlich gegen Art. 1 und 6 des GG.
II.
1.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil es geboten ist, die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§ 102 NJVollzG i. V. m. § 116 Abs. 1 StVollzG). Es gilt, der Wiederholung nachfolgend aufgezeigter Rechtsfehler entgegen zu wirken.
2.
Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache insoweit Erfolg, als die Überprüfung auf die in zulässiger Form erhobene Sachrüge zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Ablehnungsbescheides der Antragsgegnerin vom 24. Januar 2008 führt. Soweit der Antragsteller darüber hinaus eine Entscheidung im Sinne seiner ursprünglichen Hauptsacheanträge, also die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung des beantragten Langzeitbesuchs beantragt hat, ist die Rechtsbeschwerde allerdings unbegründet.
Das Besuchsrecht eines Gefangenen ist in § 25 NJVollzG geregelt. Nach Absatz 1 dieser Vorschrift darf der Gefangene regelmäßig mindestens eine Stunde im Monat Besuch empfangen. Darüber hinaus sollen gemäß § 25 Abs. 2 NJVollzG Besuche zugelassen werden, wenn sie die Erreichung des Vollzugszieles nach § 5 Satz 1 NJVollzG fördern oder persönlichen, rechtlichen oder geschäftlichen Angelegenheiten dienen, die nicht von der oder dem Gefangenen schriftlich erledigt, durch Dritte wahrgenommen oder bis zur Entlassung der oder des Gefangenen aufgeschoben werden können. Der Langzeitbesuch ist in § 25 NJVollzG nicht ausdrücklich geregelt, unterfällt aber als Sonderfall dem § 25 Abs. 2 NJVollzG (vgl. OLG Hamburg ZfStrVo 2005, 55. OLG Stuttgart ZfStrVo 2004, 51. OLG Hamm ZfStrVo 1999, 308. jeweils zur vergleichbaren Regelung in § 24 Abs. 2 StVollzG).
Hiernach besteht zwar kein Rechtsanspruch des Gefangenen auf Zulassung zum Langzeitbesuch. Dort, wo eine Justizvollzugsanstalt - wie im vorliegenden Fall - die entsprechenden Räumlichkeiten vorhält und Langzeitbesuche grundsätzlich zulässt, steht die Entscheidung über die Bewilligung im Einzelfall im Ermessen des Anstaltsleiters, welches allerdings durch die Sollbestimmung des § 25 Abs. 2 NJVollzG eingeschränkt ist. Dementsprechend steht dem Gefangenen nach niedersächsischem Recht wie auch nach § 24 Abs. 2 StVollzG nur ein Anspruch auf eine rechtsfehlerfreie Ermessensentscheidung zu (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.1.2008, 3 Ws 1203/07, [...]. KG, Beschl. v. 27.3.2006, 5 Ws 118/06, [...]. OLG Hamburg a. a. O.. OLG Stuttgart a. a. O.. OLG Hamm a. a. O.. Schwind, in: Schwind/Böhm/Jehle, StVollzG, 4. Aufl., § 24 Rdnr. 12. Joester/Wegner, in: AK-StVollzG, 5. Aufl., § 24 Rdnr. 18. Arloth/Lückemann, StVollzG, § 24 Rdnr. 5). Der zu § 24 Abs. 2 StVollzG vertretenen Gegenansicht, wonach bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen grundsätzlich ein Rechtsanspruch auf weitere Besuche über die monatliche Mindestdauer von einer Stunde hinaus bestehe (vgl. OLG München NStZ 1994, 560 [OLG München 29.07.1994 - 3 Ws 68/94]. Callies/MüllerDietz, StVollzG, 10. Aufl., § 24 Rdnr. 4), tritt der Senat nicht bei. Bereits der Wortlaut der Vorschrift spricht gegen einen derartigen Anspruch. Auch verfassungsrechtlich ist ein derartiger Anspruch nicht garantiert (vgl. BVerfG NStZRR 2001, 253).
Gemäß § 102 NJVollzG i. v. m. § 115 Abs. 5 StVollzG ist die Ermessensentscheidung der Anstalt über die Gewährung von Langzeitbesuch daraufhin gerichtlich - nur - zu überprüfen, ob von einem vollständigen und richtigen Sachverhalt ausgehend die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Insbesondere muss die Justizvollzugsanstalt bei ihrer Entscheidung über die Gewährung von Langzeitbesuch vor allem die in Art. 1 und 6 GG zum Ausdruck kommende Wertentscheidung beachten (vgl. OLG Hamburg a. a. O.. OLG Stuttgart a. a. O.. KG a. a. O.).
Den vorstehenden Rechtsgrundsätzen werden die angefochtene Entscheidung der Strafvollstreckungskammer und der Ablehnungsbescheid der Antragsgegnerin vom 24. Januar 2008 nicht gerecht. Die dort angeführten Erwägungen tragen die Ablehnung von Langzeitbesuch nicht. Zwar finden die gemeinsamen Kinder des Antragstellers und seiner Lebensgefährtin in der Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 26. Februar 2008 und im Beschluss der Strafvollstreckungskammer immerhin Erwähnung, während dies im Ursprungsbescheid vom 24. Januar 2008 überhaupt nicht der Fall war. Beide Entscheidungen lassen aber nicht erkennen, dass der Antragsgegnerin und der Strafvollstreckungskammer bewusst war, dass die nichteheliche Partnerschaft des Antragstellers mit der Lebensgefährtin aufgrund der vorhandenen gemeinsamen Kinder den besonderen Schutz als Familie im Sinne des Art. 6 GG genießt und ihr dementsprechend bei der vorzunehmenden Ermessensentscheidung eine besondere Bedeutung zukommt. Die Erwägung, dass es als ausreichend erscheine, wenn die minderjährigen Kinder ihren Vater nur im Rahmen der normalen Besuchskontakte begegnen, lässt besorgen, dass hier die Bedeutung des Grundrechts aus Art. 6 GG verkannt worden ist. Soweit darüber hinaus ins Feld geführt worden ist, dass der Antragsteller die Straftaten gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin begangen habe und auch bereits früher schon zusammen mit ihr strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, rechtfertigt dieser Umstand - jedenfalls nach den bisherigen Erkenntnissen - die Ablehnung von Langzeitbesuch unter Beachtung der Bedeutung des Grundrechts aus Art. 6 GG nicht. Allein die Anzahl der gemeinsam begangenen Straftaten lässt keinen Rückschluss darauf zu, ob aus dem Kontakt des Antragstellers mit seiner Lebensgefährtin während eines Langzeitbesuchs irgendwelche negativen Auswirkungen auf das Erreichen des Vollzugsziels zu erwarten sind. Nähere Feststellungen dazu, um was für Straftaten es sich konkret handelte, welche Hintergründe sie hatten und ob derartige Straftaten in Zukunft zu befürchten sein werden, fehlen gänzlich. Es ist vor diesem Hintergrund auch nicht ersichtlich, inwiefern aus einem - wenn auch unüberwachten - Langzeitbesuch der Lebensgefährtin des Antragstellers mit den gemeinsamen vier Kindern irgendwelche Beeinträchtigungen der Sicherheit der Anstalt resultieren könnten. Das schlichte Anführen von Sicherheitsbedenken genügt vor dem Hintergrund der Wertentscheidung des Grundgesetzes in Art. 6 als Rechtfertigung der Ablehnung nicht.
Darüber hinaus rügt der Antragsteller zu Recht, dass sowohl die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer als auch der Ablehnungsbescheid der Antragsgegnerin nicht sämtliche hier relevanten Umstände in die Abwägung eingestellt haben. Insbesondere ist bei der vorliegenden Entscheidung auch zu berücksichtigen, dass der Gefangene eine relativ lange Freiheitsstrafe zu verbüßen hat, ob er sonstige Lockerungen erhält und dass der Langzeitbesuch seiner Lebensgefährtin mit den Kindern die einzige Möglichkeit eines längeren, unüberwachten Beisammenseins mit seiner Familie ist (vgl. OLG Hamburg a. a. O.). Schließlich beachten die Antragsgegnerin und ihr folgend die Strafvollstreckungskammer nicht, dass die Genehmigung von Langzeitbesuch eine Behandlungsmaßnahme i. S. von § 6 Abs. 2 Satz 1 NJVollzG ist, die dazu dienen soll, die Bindung an die außerhalb der Strafhaft bestehende Lebensgemeinschaft und Familie zu fördern, um damit die Wiedereingliederung des Gefangenen nach der Haft zu erleichtern. Diesen wesentlichen Aspekt hat die Antragsgegnerin in ihrer Ermessensentscheidung und die Strafvollstreckungskammer ihr folgend in ihrem Beschluss ebenso wenig beachtet, wie die Dauer der Haft und die Intensität der Lebenspartnerschaft des Antragstellers, die auch einer zu vermeidenden Depravation entgegen zu wirken vermag (vgl. OLG Frankfurt a. a. O.).
Aufgrund der vorgenannten Rechtsfehler hebt der Senat nicht nur den angefochtenen Beschluss der Strafvollstreckungskammer, sondern auch den Ablehnungsbescheid der Antragsgegnerin vom 24. Januar 2008 auf und verpflichtet die Antragsgegnerin, über den Antrag des Gefangenen auf Gewährung von Langzeitbesuch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden, weil die Sache insoweit spruchreif ist (§ 102 NJVollzG i. V. m. § 119 Abs. 4 Satz 2 StVollzG). Der weitergehende Verpflichtungsantrag des Antragstellers ist hingegen als unbegründet zurückzuweisen. Der Senat kann nicht vollkommen ausschließen, dass die Antragsgegnerin im Rahmen einer neu zu treffenden Ermessensentscheidung Gründe anzuführen vermag, die eine Ablehnung rechtfertigen. Eine Ermessensreduktion auf Null (vgl. dazu Schuler, in: Schwind/Böhm/Jehle, StVollzG, 4. Aufl. § 115 Rdnr. 18), also eine Sachlage, bei der alle anderen Entscheidungen als die Gewährung von Langzeitbesuch rechtswidrig wären, ist nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht feststellbar.
Der Annahme von Spruchreife im Sinne von § 102 NJVollzG i. V. m. § 119 Abs. 4 Satz 2 StVollzG steht nicht entgegen, dass der Senat hier keine endgültige Sachentscheidung treffen kann. Zwar vertritt auch der Senat die Ansicht, dass § 115 StVollzG nicht unmittelbar auf das Rechtsbeschwerdeverfahren anwendbar ist (vgl. etwa Beschl. v. 7.12.2007, 1 Ws 426/07). Hierdurch ist er indes nicht daran gehindert, die Sache zur Neubescheidung direkt an die Vollzugsbehörde zurück zu verweisen (so aber Schuler a. a. O. § 120 Rdnr. 7). Denn der Begriff der Spruchreife im Sinne des § 119 Abs. 4 Satz 2 StVollzG ist nicht identisch mit dem des § 115 Abs. 4 Satz 1 StVollzG. Spruchreife liegt im Rechtsbeschwerdeverfahren bereits dann vor, wenn der Senat eine Sachentscheidung treffen kann, die eine Zurückverweisung an die Strafvollstreckungskammer gemäß § 119 Abs. 4 Satz 3 StVollzG erübrigt (vgl. OLG München NStZ 1994, 560 [OLG München 29.07.1994 - 3 Ws 68/94]). So liegt der Fall hier.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 4 StVollzG i. V. m. § 467 Abs. 1 StPO, soweit der Antragsteller mit seiner Rechtsbeschwerde Erfolg hatte. Einen Teil der Verfahrenskosten sowie der notwendigen Auslagen hat er allerdings selbst zu tragen, weil er nicht nur die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und des Ablehnungsbescheides der Antragsgegnerin begehrt hat, sondern darüber hinaus auch eine Entscheidung im Sinne seiner ursprünglichen Hauptsacheanträge, also die Verpflichtung der Antragsgegnerin, einen Langzeitbesuch zu gewähren. Da Letzteres hier abgelehnt worden ist, beruht insoweit die Kostenentscheidung auf § 121 Abs. 2 StVollzG.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 1 Nr. 1j, 63 Abs. 3, 65 GKG.