Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 17.06.2016, Az.: 6 U 22/16
Haftung des Geschäftsführers einer auf Grund Verschmelzung nicht mehr existierenden GmbH
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 17.06.2016
- Aktenzeichen
- 6 U 22/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2016, 28479
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2016:0617.6U22.16.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Oldenburg - 27.12.2015 - AZ: 3 O 3073/14
Rechtsgrundlage
- § 826 BGB
Redaktioneller Leitsatz
Es stellt einen Missbrauch der rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten dar, eine GmbH zum Zwecke der Vereitelung der Vollstreckungsmöglichkeiten von Gläubigern unter Verwendung englischer Kapitalgesellschaften zu beseitigen.
In dem Rechtsstreit
A...., vertreten durch den ..... C.... S...., S......, ..... B....,
Klägerin und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte N.... & P....., A......, .... W......,
Geschäftszeichen: .........
gegen
B... R...., ......, .... A....,
Beklagter und Berufungsbeklagter,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwältin A.... S....., ......, ..... B....,
Geschäftszeichen: .......
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ....., die Richterin am Oberlandesgericht ..... und den Richter am Oberlandesgericht ...... auf die mündliche Verhandlung vom 20. Mai 2016 für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 17.12.2015 dahingehend geändert, dass der Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 9.670,15 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.01.2014 auf 7.574,70 EUR sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 745,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.01.2014 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche aus § 826 BGB gegen den Beklagten als früheren Gesellschafter-Geschäftsführer der erloschenen F..... GmbH geltend.
Die Klägerin hatte auf Grund von Warenlieferungen und entstandenen Gerichtskosten titulierte Zahlungsansprüche über 7.024,10 EUR und über 550,60 EUR (vgl. Anlage K 1 bis K 4). Zum 10.01.2014 betrug die offene Forderung der Klägerin nach Teilzahlungen der F..... GmbH einschließlich Zinsen und Kosten 9.670,15 EUR (vgl. Forderungsaufstellung Anlage K 11). Diesen Betrag macht die Klägerin jetzt gegen den Beklagten geltend, weil sie meint, dass er die F..... GmbH im Wege einer unzulässigen "Firmenbestattung" unter Umgehung der deutschen Insolvenzvorschriften "entsorgt" und die Klägerin damit um ihre Ansprüche gebracht habe.
Der Beklagte war Geschäftsführer und mit einem hälftigen Geschäftsanteil (vgl. Anlage K 7) Mitgesellschafter der F.... GmbH. Sämtliche Geschäftsanteile der F.... GmbH wurden am 25.10.2012 auf die ...... & Co. KG mit Sitz in München übertragen. Deren Komplementärin war die .....KOMPLEMENTAER Ltd.; einzige Kommanditistin war die .....KOMMANDIT Ltd. - mit einer Einlage von 1,00 EUR (Anlage K 9). Beide Gesellschaften waren jeweils in W...., W... Y...., ansässig, Director beider Gesellschaften war der Beklagte. Dieser schloss als Geschäftsführer der F.... GmbH und Director der .....KOMPLEMENTAER Ltd. am 25.10.2012 unter gleichzeitiger Fassung der erforderlichen Gesellschafterbeschlüsse der beteiligten Gesellschaften einen Verschmelzungsvertrag zwischen der F.... GmbH als übertragendem und der ...... & Co. KG als übernehmendem Rechtsträger (Anlage K 8). Die F.... GmbH erlosch mit Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister des Amtsgerichts München am 29.11.2012 (Anlage K 6). Anschließend schied die .....KOMMANDIT Ltd. am 10.12.2012 aus der ...... & Co. KG aus, wodurch wiederum diese aufgelöst wurde (Anlage K 9). Die verbliebene .....KOMPLEMENTAER Ltd., die das Vermögen der Kommanditgesellschaft durch Anwachsung erhalten hatte, wurde am 31.12.2012 aufgelöst und aus dem britischen Gesellschaftsregister gelöscht (Anlage K 10).
Die Klägerin hat gemeint, die von dem Beklagten vorgenommenen Maßnahmen seien wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Hierzu hat sie behauptet, die F.... GmbH sei vor ihrer "Entsorgung" insolvenzreif gewesen. Dazu hat sie im Einzelnen - worauf im Rahmen der rechtlichen Würdigung eingegangen wird - das Zahlungsverhalten der F.... GmbH seit 2009 dargestellt sowie die Richtigkeit des von dem Beklagten vorgelegten Jahresabschlusses zum 05.06.2012 bestritten.
Der Beklagte hat sich für das Nichtvorliegen einer Überschuldung auf das Zeugnis der Steuerberaterin P.... berufen, die den Jahresabschluss erstellt hat. Ferner hat er sich zum Beweis dafür, dass die F.... GmbH am Tag der Verschmelzung nicht insolvenzreif gewesen sei, auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens bezogen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Klägerin kein Anspruch wegen existenzvernichtenden Eingriffs gemäß § 826 BGB zustehe, da der Klägerin die dafür erforderliche Aktivlegitimation fehle. Der Anspruch im Rahmen einer Durchgriffshaftung gegen den Gesellschafter könne originär nur von der Gesellschaft und im Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vom Insolvenzverwalter gemäß § 93 InsO geltend gemacht werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei die Existenzvernichtungshaftung als eine auf § 826 BGB gestützte reine Innenhaftung der Gesellschafter zu verstehen. Gleiches gelte, wenn - wie hier - kein Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. Die Gläubiger seien in diesem Fall auf den "Umweg" verwiesen, erst auf Grund eines Titels gegen die Gesellschaft nach der Pfändung und Überweisung der Gesellschaftsansprüche gegen den Gesellschafter vorgehen zu können. Eine andere Beurteilung komme nur ausnahmsweise in Betracht, wenn beispielsweise das Restvermögen der Gesellschaft gezielt zum Zweck der Schädigung eines einzigen verbliebenen Gesellschaftsgläubigers "beiseite geschafft" werde; bezüglich einer auf sie gezielten Schädigung habe die Klägerin jedoch nichts vorgetragen. Die Haftung des Beklagten im Rahmen der anerkannten Fallgruppe der Unterkapitalisierung scheide ebenfalls aus, weil deren Voraussetzungen nicht hinreichend dargelegt seien. Der Klägerin stehe entgegen ihrer Ansicht auch kein Anspruch gemäß § 826 BGB außerhalb der Fallgruppen der Durchgriffshaftung für Gesellschafter zu. Eine derartige Anwendung widerspreche dem in § 13 Abs. 2 GmbHG normierten Trennungsgrundsatz.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlich geltend gemachten Anspruch weiter. Entgegen der Ansicht des Landgerichts handele es sich - anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall "Trihotel" - nicht darum, dass ein Gesellschafter die Gesellschaft zu Lasten des Gesellschaftsvermögens und damit der Haftungsmasse der Gläubiger ausplündere, um sie anschließend ins Insolvenzverfahren zu bringen, in dem dann die Gläubiger ausfielen. Vielmehr habe der Beklagte die Gesellschaft unter Umgehung der gesetzlichen Insolvenzantragspflicht schlichtweg entsorgt, um sie den Gläubigern zu entziehen und sich dabei noch seiner eigenen Verbindlichkeiten zu entledigen. Der Beklagte habe den rechtlichen Untergang der F.... GmbH bewusst und gezielt im Hinblick auf die damit verbundenen Konsequenzen herbeigeführt.
Der Beklagte hält die Berufung für unbegründet. Der Sachvortrag der Klägerin zur angeblichen Insolvenzreife der F.... GmbH bleibe bestritten. Eine Überschuldung habe nicht vorgelegen, was sich bereits aus dem vorgelegten Jahresabschluss ergebe. Die F.... GmbH habe im Übrigen über einen Zeitraum von 2007 bis 2012 Zahlungen an die Klägerin erbracht. Es handele sich hier nicht um eine Firmenbestattung, weil es bei einer Verschmelzung nach wie vor möglich sei, seine Ansprüche gegenüber der aufnehmenden Gesellschaft durchzusetzen.
II.
Die Berufung ist begründet.
Die Klägerin hat einen Schadensersatzanspruch gemäß § 826 BGB i.H.v. 9.670,15 EUR gegen den Beklagten.
Der Beklagte hat die F.... GmbH durch die Verschmelzung auf die ...... & Co. KG und die nachfolgenden Maßnahmen (Ausscheiden der Kommanditistin, Löschung der alleinverbliebenen Komplementär-Ltd.) gezielt beseitigt und dadurch der Klägerin die Durchsetzung ihrer Ansprüche gegen die F.... GmbH unmöglich gemacht; dieses Vorgehen verstößt gegen die guten Sitten i.S.d. § 826 BGB.
1.Der Beklagte hat vorsätzlich die Vollstreckungsmöglichkeiten der Klägerin vereitelt, indem er die Gesellschaften zur Auflösung brachte. Dass die F.... GmbH und ihre Rechtsnachfolgerinnen (die ...... & Co. KG sowie deren Komplementärin) untergegangen sind, ist nämlich kein schicksalhafter Umstand; vielmehr ist das Verschwinden der Gesellschaft und ihrer Rechtsnachfolgerinnen binnen kürzester Zeit durch den Beklagten in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der F.... GmbH sowie als Director der .....KOMPLEMENTAER Ltd. gezielt herbeigeführt worden. Dadurch ist der Klägerin der geltend gemachte Schaden entstanden.
a) Die Vorgehensweise des Beklagten hat die Klägerin geschädigt, weil sie ihre Schuldnerin und deren Rechtsnachfolgerinnen als potentielle Schuldnerinnen verloren hat. Wenn die F.... GmbH nicht durch Verschmelzung untergegangen wäre, hätte die Klägerin ihre Ansprüche gegen die F.... GmbH durchsetzen können, denn nach dem Sachvortrag des Beklagten, den sich die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich (hilfsweise) zu eigen gemacht hat, handelte es sich bei der F.... GmbH zum Zeitpunkt ihrer Verschmelzung keineswegs um ein insolventes oder überschuldetes, sondern um ein zahlungsfähiges Unternehmen. Entsprechendes gilt für die Durchsetzbarkeit der Forderung zunächst gegen die ...... & Co. KG und sodann gegen die .....KOMPLEMENTAER Ltd.; diese potentiellen Ersatzschuldnerinnen der Klägerin sind ebenfalls durch den Beklagten zum Verschwinden gebracht worden, die Kommanditgesellschaft durch das Ausscheiden der ebenfalls durch den Beklagten als Director vertretenen Kommanditistin, die Komplementärin durch Löschung im Register des Companies House.
b) Das Herbeiführen des Untergangs der F.... GmbH und ihrer Rechtsnachfolgerinnen mit dem Ziel der Vereitelung der Vollstreckungsmöglichkeiten der Klägerin (und eventuell anderer Gläubiger) ist mit den guten Sitten nicht vereinbar. Objektiv sittenwidrig ist eine Handlung, die nach ihrem Inhalt oder Gesamtcharakter gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt bzw. mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist; hinzukommen muss eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eintretenden Folgen ergeben kann (vgl. ....., BGB, 75. Aufl.2016, § 826 Rn. 4 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Es stellt einen Missbrauch der rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten dar, eine GmbH zum Zwecke der Vereitelung der Vollstreckungsmöglichkeiten von Gläubigern unter Verwendung englischer Kapitalgesellschaften zu beseitigen. In der deutschen Rechtsordnung wird dem Gläubigerschutz hohes Gewicht beigemessen; diesem dienen etwa die Insolvenzordnung und das Anfechtungsgesetz. Auch das Rechtsinstitut der englischen Limited dient nicht dazu, Vermögen dem Zugriff von Gläubigern zu entziehen und restlos zu vernichten. Nach seinem eigenen Vorbringen hat der Beklagte ein zahlungsfähiges Unternehmen einfach verschwinden lassen. Einziger denkbarer Zweck dieser Maßnahme war die Vereitelung der Forderungsdurchsetzung durch die Klägerin (und eventuell auch andere Gläubiger). Ein solches Vorgehen widerspricht dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden und ist als besonders verwerflich anzusehen, weil von der Rechtsordnung zur Verfügung gestellte Gestaltungsmöglichkeiten für die Schädigung eines Dritten missbraucht worden sind.
c) Daran, dass die Auflösung nicht nur der GmbH, sondern auch der Kommanditgesellschaft und ihrer Komplementärin von dem Beklagten vorsätzlich ins Werk gesetzt worden ist, um die Vollstreckung der Klägerin unmöglich zu machen, hat der Senat insbesondere angesichts des zeitlichen Zusammenhangs der einzelnen Teilakte keinen Zweifel: Am 25.10.2012 wurden die Geschäftsanteile des Beklagten und seiner Mitgesellschafterin an die KG abgetreten. Am selben Tag wurde die Verschmelzung durch den Beklagten als Geschäftsführer der GmbH und als Director der Komplementär-Ltd. der KG vereinbart und am 29.12.2012 ins Handelsregister eingetragen. Am 10.12.2012 schied die Kommanditisten-Ltd. aus der Kommanditgesellschaft aus, wodurch nur noch die Komplementär-Ltd. übrig blieb, die ihrerseits am 31.12.2012 aufgelöst und im Register des Companies House gelöscht wurde. Der ganze Vorgang dauerte nur etwas mehr als einen Monat.
Eine plausible Erklärung für diese rasante Abwicklung der Gesellschaften hat der Beklagte nicht gegeben. Der Beklagte hat hierzu lediglich behauptet, er habe "tatsächlich ernsthaft" (!) vorgehabt, sich als Handwerker in England mit seiner Familie niederzulassen. Die Krebserkrankung seiner Schwiegermutter, deren Therapie im April 2012 begonnen habe, habe sich jedoch zunehmend verschlechtert; seit Dezember 2012 werde die Schwiegermutter von dem Beklagten gepflegt.
Wenn sich, wie behauptet, der Pflege- und Aufsichtsbedarf für die Schwiegermutter des Beklagten im Laufe des Jahres 2012 erhöht hat, erschließt sich nicht, wieso der Beklagte dann Ende Oktober binnen kürzester Zeit seine GmbH in A.... mit einer in M.... ansässigen Kommanditgesellschaft verschmolzen hat, zumal auch nicht erkennbar ist, inwiefern eine in M.... ansässige Kommanditgesellschaft besser für die Aufnahme eines Handwerksbetriebs in England geeignet gewesen sein soll als die vorhandene GmbH. Der eigenartige Name "...... & Co. KG" deutet ebenfalls keineswegs auf die ernsthafte Absicht hin, einen Handwerksbetrieb in England zu eröffnen; es spricht vielmehr alles dafür, dass es sich bei der Kommanditgesellschaft und ihren Gesellschafterinnen um sog. Vorratsgesellschaften gehandelt hat. Nicht anders als mit dem Schädigungsvorsatz des Beklagten ist auch das anschließende rasche Ausscheiden der .....KOMMANDIT Ltd. zu erklären, für das der Beklagte keine Begründung gegeben hat.
Dafür, dass es sich um ein gezieltes vorsätzliches Schädigungsmanöver handelte, sprechen als Indizien neben dem geschilderten zeitlichen Ablauf der Ereignisse das Fehlen einer tragfähigen Begründung für die vorgenommenen Maßnahmen und die offensichtliche wirtschaftliche Sinnlosigkeit des Vorgangs; nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten verfügte die F.... GmbH noch über offene Forderungen gegen Dritte in Höhe von 98.700,00 EUR, die durch den Wegfall der Anspruchsinhaberin nicht mehr geltend gemacht werden konnten und können. Das Vorgehen des Beklagten ergibt vor diesem Hintergrund nur Sinn, wenn es ihm darum ging, die Vollstreckungsmöglichkeiten (gegebenenfalls auch) der Klägerin zu vereiteln.
d) Da der Beklagte die Schädigungshandlungen vorgenommen hat, haftet er persönlich für den eingetretenen Schaden der Klägerin. Denn gemäß § 826 BGB verpflichtet ist der sittenwidrig Handelnde (vgl. ....., a.a.O., Rn. 13).
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Existenzvernichtungshaftung eines GmbH-Gesellschafters steht der Anwendung der Vorschrift des § 826 BGB und damit der persönlichen Inanspruchnahme des Beklagten nicht entgegen.
Die Grundstruktur der von dem Bundesgerichtshof für Fälle der Existenzvernichtung einer GmbH entwickelten Haftung ist auf den hier zu entscheidenden Fall nicht anwendbar. Die genannten, in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten Grundsätze der Existenzvernichtungshaftung sind in den Voraussetzungen und Rechtsfolgen als Innenhaftung des Gesellschafters gegenüber der GmbH ausgestaltet und setzen das Vorhandensein einer GmbH (gegebenenfalls in der Insolvenz) voraus. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sollen die Gläubiger sich an die Gesellschaft halten und gegebenenfalls deren Innenhaftungsanspruch gegen den Gesellschafter auf sich übertragen oder pfänden und sich überweisen lassen und dann geltend machen (vgl. BGH, Urteil vom 16.07.2007 - II ZR 3/04 - "Trihotel", juris Rn. 36). Dieser vom Bundesgerichtshof so bezeichnete "Umweg" ist hier aber deshalb nicht gangbar, weil es die Gesellschaft nicht mehr gibt. Es gibt auch die aufnehmende Kommanditgesellschaft, die das Vermögen der F.... GmbH durch Verschmelzung erworben hat, nicht mehr, ebenso wenig die Komplementär-Ltd., die das Vermögen der Kommanditgesellschaft durch Anwachsung erworben hat. Es gibt überhaupt kein Haftungsobjekt mehr, das wegen der Forderungen der Klägerin in Anspruch genommen werden könnte (und das gegebenenfalls Ansprüche gegen den Beklagten im Wege der Innenhaftung geltend machen könnte).
Das Landgericht hat zwar die Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Durchgriffshaftung gegen einen GmbH-Gesellschafter gemäß § 826 BGB durchaus zutreffend dargestellt. Es hat dabei aber nicht berücksichtigt, dass es sich eben nur um Grundsätze handelt, bei deren Formulierung der Bundesgerichtshof ausdrücklich erklärt hat, ob in besonders gelagerten Ausnahmefällen ein Direktanspruch der Gläubiger in Betracht komme, bedürfe "aus Anlass der Entwicklung der Grundstruktur des neuen Modells" keiner Erörterung (vgl. BGH, Urteil vom 16.07.2007 - II ZR 3/04 - "Trihotel", juris Rn. 33). Auch in dem später entschiedenen Fall "Sanitary" hat der Bundesgerichtshof betont, dass das Verhältnis des Innenhaftungsanspruchs "zu etwaigen Außenhaftungsansprüchen der Gläubiger in besonders gelagerten Ausnahmefällen" auch in diesem Fall keiner abschließenden Klärung bedürfe (vgl. BGH, Urteil vom 09.02.2009 - II ZR 292/07 -, juris Rn. 39). Derartige besonders gelagerte Ausnahmefälle sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung durchaus denkbar, und zwar nicht nur für den in der "Trihotel"-Entscheidung beispielhaft ("etwa") genannten Fall, "wenn das Restvermögen der Gesellschaft gezielt zum Zwecke der Schädigung eines einzigen verbliebenen Gesellschaftsgläubigers 'beiseite geschafft'" werde (BGH, Urteil vom 16.07.2007 - II ZR 3/04 -, juris Rn. 33). Nur diesen Beispielsfall hat das Landgericht herausgegriffen und das Nichtvorliegen seiner Voraussetzungen festgestellt.
Zutreffend wird auch in der Literatur hervorgehoben, dass in allen Fällen, in denen der Gesellschafter die Gläubiger oder einen bestimmten Gläubiger etwa durch Verlagerung des Vermögens der Gesellschaft auf eine Schwestergesellschaft direkt schädigen wolle, dem betreffenden Gläubiger - über die Grundsätze der Existenzvernichtungshaftung hinaus - nach allgemeinen deliktsrechtlichen Grundsätzen auch ein unmittelbarer Schadensersatzanspruch gegenüber dem betreffenden Gesellschafter aus § 826 BGB zustehen müsse (vgl. L....., in: L...../H....., GmbHG, 18. Aufl.2012, § 13 Rn. 46 m.w.N. in Fn. 5). § 826 BGB gewähre jedem einen Ersatzanspruch, der vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt werde, also auch den Gläubigern; die Kausalität des Eingriffs werde regelmäßig nicht weniger zweifelsfrei sein als der Schaden der Gesellschaft, und auch der Vorsatz und die Sittenwidrigkeit ergäben sich aus denselben Umständen (vgl. R...., in U..../H..../L..., GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 13 Rn. 175 mit zahlreichen Nachweisen aus dem Schrifttum in Fn. 354).
Die Grundsätze des existenzvernichtenden Eingriffs können einer Haftung des Beklagten erst recht nicht entgegenstehen, wenn es - genau betrachtet - gar nicht um einen Sonderfall im Anwendungsbereich dieser Grundsätze geht, sondern bereits der Anwendungsbereich und die Rechtsfolgen der Existenzvernichtungshaftung, die an das Vorhandensein einer GmbH anknüpfen, nicht gegeben sein können, weil der für die Existenzvernichtungshaftung kennzeichnende kompensationslose Entzug von Gesellschaftsvermögen zulasten der GmbH nie stattgefunden hat und die GmbH zu keinem Zeitpunkt als Haftungsgläubiger nach den genannten Grundsätzen in Betracht kam, der schädigende Gesellschafter vielmehr die GmbH restlos und ersatzlos hat verschwinden lassen.
2. Der Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt aus § 249 BGB (vgl. P....., a.a.O., § 249 Rn. 57).
3. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB. Gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB bedurfte es hier keiner der anwaltlichen Zahlungsaufforderung vorangehenden Mahnung, weil aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Verzugseintritt gerechtfertigt war, da der Beklagte den Schadensersatzanspruch der Klägerin durch eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung verursacht hat (vgl. BGH, NJW-RR 2008, S. 918 [BGH 13.12.2007 - IX ZR 116/06] [919 Rn. 13]).
4. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.
5. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Der Fall hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung. Im Wesentlichen geht es um die Anwendung anerkannter Grundsätze der deliktischen Haftung aus § 826 BGB; die hier nicht anwendbaren Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Existenzvernichtungshaftung werden nicht berührt.
6. Der Schriftsatz des Beklagten vom 02.06.2016 hat dem Senat vorgelegen; er bietet keine Veranlassung zum Wiedereintreten in die mündliche Verhandlung.