Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 08.06.2011, Az.: 1 B 81/11
Flächenmaßstab; Gebührenmaßstab; Gleichbehandlung; Kundenanzahl; wirtschaftliches Interesse
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 08.06.2011
- Aktenzeichen
- 1 B 81/11
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 45229
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 21 S 5 StrG ND
- § 21 S 6 StrG ND
- § 21 S 4 StrG ND
- Art 3 Abs 1 GG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die Berücksichtigung des wirtschaftlichen Interesses nach § 21 Satz 6 NStrG steht zum einen im Ermessen des Satzungsgebers und muss zum anderen nicht jeden wirtschaftlichen Aspekt - hier die Anzahl der Kunden - berücksichtigen.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Erhöhung einer Sondernutzungsgebühr.
Er ist seit ….1998 Pächter der Gaststätte "D. ", E., in F.. Die Gaststätte liegt in der Fußgängerzone F. am Rand des vor dem Alten Rathaus gelegenen Marktplatzes. Ab 1998 erteilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller jährlich eine Sondernutzungserlaubnis, mit der ihm gestattet wurde, in dem Zeitraum 01.04. - 31.10. jeden Jahres vor seinem Cafe auf einer Fläche von 60 qm Tische und Stühle zur Außenbewirtschaftung aufzustellen. Hierfür setzte sie gem. § 2 Nr. 7 ihrer Sondernutzungsgebührensatzung jeweils eine Sondernutzungsgebühr fest. Die Gebühr war nach der für die Außenbewirtschaftung beanspruchten Fläche und aufgrund eines Gebührensatzes von zunächst 11,00 DM/qm/Monat (5,62 Euro), ab 2009 7,00 Euro/qm /Monat und ab 2011 8,00 Euro/qm/Monat in der Zone a) berechnet. Zur Zone a) gehören der Marktplatz, Kornmarkt, G. Straße - soweit Fußgängerzone -, die Zonen b) bis e), für die gestaffelt geringere Gebühren erhoben werden, erfassen den außerhalb dieses Kerngebiets liegenden Innenstadtbereich und das übrige Stadtgebiet.
Vor Festsetzung der Sondernutzungsgebühr 2011 beantragte der Antragsteller eine Ermäßigung der Gebühr um 35 %. Dies begründete er damit, dass im Gegensatz zu den unmittelbar im Bereich des Marktplatzes und der G. Straße gelegenen gastronomischen Betrieben der Außenbereich seines Cafes ganztägig und ganzjährig verschattet sei und einen eher geringen Durchlaufverkehr habe. Auch das beliebte "Sehen und Gesehen werden" entfalle für seine Gäste, da die Sicht auf den Marktplatz durch das Alte Rathaus versperrt sei. Dagegen hätten alle gastronomischen Betriebe im Bereich Marktplatz und G. Straße das ganze Jahr über Sonne und könnten nahezu ganzjährig ihren Außenbereich - selbst im Winter zur Weihnachtsmarktzeit - nutzen. Für sein Cafe reduziere sich die effektive Nutzungsdauer der Außenbewirtschaftung dagegen auf ca. 12 Wochen im Jahr. Sein Standortnachteil bedeute einen wirtschaftlich nicht mehr tragbaren Wettbewerbsnachteil gegenüber allen Betrieben im Bereich Marktplatz und G. Straße mit Sonne und höherer Besucherfrequenz, dem durch die beantragte Ermäßigung der Sondernutzungsgebühr Rechnung zu tragen sei. Den Ermäßigungsantrag lehnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 07.03.2011 ab. Bei der Bemessung der Sondernutzungsgebühren für Außengastronomieflächen werde bereits nach 5 Gebührenzonen im Stadtgebiet differenziert. Eine weitere Differenzierung unter Berücksichtigung jeder einzelnen örtlichen Gegebenheit sehe die Satzung nicht vor. Die Schattenlage des Cafes des Antragstellers könne bei der Gebührenerhebung deshalb nicht berücksichtigt werden. Im Übrigen könne der Antragsteller den Zeitraum seiner Sondernutzung verkürzen; der bisher bewilligte Zeitraum 01.04. - 31.10. eines Jahres sei in der Sondernutzungssatzung nicht vorgeschrieben. Auch nachdem der Antragsteller sein Anliegen nochmals vortrug, hielt die Antragsgegnerin an ihrer ablehnenden Haltung fest. Das Cafe des Antragstellers gehöre dem Kernbereich an; dort würden alle Gastronomen gleich behandelt. Eine weitere Differenzierung bei der Gebührenerhebung als nach den Gebührenzonen sei nicht möglich.
Mit Bescheid vom 14.03.2011 setzte die Antragsgegnerin die Sondernutzungsgebühr für das Jahr 2011 auf 3.024,00 Euro fest (8,00 Euro/qm/ Monat x 54 qm x 7 Monate = 3.024,00 Euro). Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 31.03.2011 vertrat der Antragsteller die Auffassung, die Erhöhung der Sondernutzungsgebühr von 2009 auf 2011 um 1,00 Euro/ qm/ Monat sei nicht gerechtfertigt, da ihr keine entsprechende Gegenleistung der Antragsgegnerin gegenüber stehe. In den Sommermonaten April bis September erziele er seine Einnahmen überwiegend durch die Außenbewirtschaftung. Er sei kaum in der Lage, hierdurch so hohe Umsätze zu erzielen, dass er unter Berücksichtigung der nicht unerheblichen Sondernutzungsgebühr seine Miet- und Personalkosten abdecken könne. Er kündigte an, einen Antrag auf Erlass oder Ermäßigung der Sondernutzungsgebühren nach § 7 Sondernutzungsgebührensatzung zu stellen. Bei der Bemessung von Sondernutzungsgebühren sei das Äquivalenzprinzip zu berücksichtigen. Danach dürfe eine Sondernutzungsgebühr weder außer Verhältnis zu Art und Maß der Einwirkung auf die Straße und auf den Gemeingebrauch noch außer Verhältnis zum wirtschaftlichen Wert der Sondernutzung stehen. Dabei sei zu bedenken, dass sich die Gewerberaummieten in dem Bereich, in dem sein Cafe liege, seit Jahren nicht erhöht hätten. Mit Schreiben vom 08.04.2011 lehnte die Antragsgegnerin eine Ermäßigung oder einen Erlass der Sondernutzungsgebühren erneut ab. Die Sondernutzungsgebühr für Straßencafes sei seit 1993 lediglich zweimal (zum 1.1.2011 und zum 1.02.2009) erhöht worden. Die jetzige Gebühr von 8,00 Euro/ qm/ Monat sei nicht unverhältnismäßig. Der Antragsteller habe selbst ausgeführt, dass er zwischen April und September seine Umsätze überwiegend durch die Außenbewirtschaftung erziele. Die Nutzungsgebühr für öffentliche Flächen als Verkaufsflächen werde von Gerichten auch als eine Art "Miete" bezeichnet. Berücksichtige man, dass die Gebäudemiete in den "A- Lagen", wozu der Markt zähle, für einen Quadratmeter 45 bis 60 Euro betrage, seien die Gebühren für die Sondernutzung der öffentlichen Flächen nicht unverhältnismäßig und zudem nur temporär zu leisten. Der Zeitraum und die Größe der in Anspruch genommenen öffentlichen Fläche könne vom Antragsteller frei gewählt werden. Die Gebühr könne auch nicht aus Billigkeitsgründen nach § 7 Sondernutzungsgebührensatzung herabgesetzt werden. Soweit der Antragsteller eine unbillige Härte mit der Schattenlage seiner Außengastronomiefläche begründe, stehe dem entgegen, dass er nach eigenen Angaben zwischen April und September den Großteil seiner Umsätze auf eben diesen Flächen und nicht in den Innenräumen seines Cafes erziele. Die schattige Lage könne im Sommer auch von Vorteil sein, wenn sich bei warmen Temperaturen Passanten überwiegend im schattigen Bereich aufhielten.
Der Antragsteller hat am 14.04.2011 Klage gegen den Gebührenbescheid vom 14.03.2011 erhoben und am 12.05.2011 einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt, nachdem die Antragsgegnerin seinen Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung des Gebührenbescheids mit Schreiben vom 21.04.2011 abgelehnt hat.
Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Er könne aus Wettbewerbsgründen auf eine Außenbewirtschaftung zumindest in den Sommermonaten (Mai bis einschließlich September) nicht verzichten, da in diesen Monaten ein Großteil der Umsätze, die er in den Wintermonaten im Innenbereich seiner Gaststätte erziele, entfiele. Bei der Beurteilung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung sei auch auf das durch die Sondernutzung vermittelte wirtschaftliche Interesse abzustellen. Aufgrund der schattigen Lage seiner Außenflächen sei sein wirtschaftliches Interesse geringer anzusetzen als das der ebenfalls in der Kernzone a) gelegenen Gastronomiebetriebe, die ganzjährig Sonne hätten. Aus diesem Grunde sei zumindest aus Billigkeitsgründen gem. § 7 der Sondernutzungsgebührensatzung eine Reduzierung der Sondernutzungsgebühr auf 7,00 Euro/ qm/ Monat vorzunehmen.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage (1 A 67/11) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 14.03.2011 anzuordnen, soweit dort Sondernutzungsgebühren von mehr als 2.646,00 Euro festgesetzt sind.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.
Zur Begründung bezieht sie sich im Wesentlichen auf ihre Ausführungen im vorangegangenen Verwaltungsverfahren. Sie ist der Ansicht, mit der Gebührenerhöhung um 1,00 Euro ab dem Jahr 2011 das Äquivalenzprinzip nicht verletzt zu haben. Dieses verbiete keine Gebührenerhöhungen, sondern verlange, dass die Gebühr nicht im Missverhältnis zu der mit ihr abzugeltenden Leistung stehe. Dies sei hier nicht der Fall und werde vom Antragsteller auch nicht vorgetragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den vom Gericht beigezogenen Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Er ist gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 6 Satz 1 VwGO zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.
Die Voraussetzungen des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO, wonach die Aussetzung bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte, liegen nicht vor. Es bestehen weder ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Gebührenbescheids, noch hat der Antragsteller substantiiert dargelegt, dass eine Sondernutzungsgebühr von 8 Euro/ qm/ Monat ihn als Gaststättenbetreiber in unzumutbarer Weise wirtschaftlich beeinträchtigt. Die in materiell-rechtlicher Hinsicht im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung geht ebenfalls zu Lasten des Antragstellers aus, da sich die angegriffene behördliche Entscheidung nach der im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO gebotener summarischen Prüfung als rechtmäßig erweist.
Rechtsgrundlage für die Heranziehung des Antragstellers zu den streitbefangenen Sondernutzungsgebühren ist die Satzung der Antragsgegnerin über die Sondernutzung an Ortsstraßen und Ortsdurchfahrten - Sondernutzungssatzung - vom 07.12.2007 (Amtsblatt der Stadt F. vom 23.12.2007) i. d. F. vom 05.12.2008 (Amtsblatt der Stadt F. vom 09.12.2008, in Kraft getreten am 01.01.2009) und die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Sondernutzung an Straßen in der Stadt F. - Sondernutzungsgebührensatzung - vom 07.12.2007 (Amtsblatt der Stadt F. vom 19.12.2007) i. d. F. vom 10.12.2010 (Amtsblatt der Stadt F. vom 22.12.2010, in Kraft getreten am 01.01.2011). Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Satzungen sind §§ 18 Abs. 1 Satz 4 und 21 Satz 4 Niedersächsisches Straßengesetz -NStrG - in seiner aktuellen Fassung vom 28.10.2009 (Nds. GVBl. S. 372). Nach § 18 Abs. 1 Satz 4 NStrG kann die Gemeinde durch Satzung bestimmte Sondernutzungen in den Ortsdurchfahrten und Gemeindestraßen von der Erlaubnis befreien und die Ausübung regeln. Nach § 21 Satz 4 NStrG können die Landkreise und Gemeinden die Gebühren durch Satzung regeln, soweit ihnen die Sondernutzungsgebühren zustehen.
Die aufgrund dieser Ermächtigungsgrundlagen erlassenen Satzungen der Antragsgegnerin sind nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil sie die jeweilige Ermächtigungsgrundlage nicht nennen. Hierin liegt kein Verstoß gegen das in Art. 80 Abs. 1 Satz 3 Grundgesetz - GG - geregelte Zitiergebot, wonach beim Erlass von Rechtsverordnungen die Rechtsgrundlage in der Verordnung anzugeben ist. Eine unmittelbare Anwendung dieser Verfassungsnorm kommt nicht in Betracht, weil sie sich nur auf die Bundes-, nicht aber auf die Landesgesetzgebung bezieht. Darüber hinaus betrifft sie nur den Erlass von Rechtsverordnungen; §§ 18 Abs. 1 Satz 4 und 21 Satz 4 NStrG ermächtigen aber zum Erlass einer Satzung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind die für die Übertragung rechtssetzender Gewalt an die Exekutive durch deren Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen geltenden Grundsätze auch nicht entsprechend auf die Verleihung autonomer Satzungsgewalt an rechtsfähige Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts anzuwenden (BVerfG Entscheidungen vom 02.05.1961 - 1 BvR 203/53 - u. 23.02.1972 - 2 BvL 36/71 -, vgl. auch BVerwG, Urteil vom 28.06.1974 - VII C 22.73 -, jeweils juris).
Bei dem Aufstellen von Tischen und Stühlen vor dem Cafe des Antragstellers handelt es sich unzweifelhaft um Sondernutzung im Sinne der §§ 3 i. V. m. 2 Abs. 1 Sondernutzungssatzung und 18 Abs. 1 Satz 1 NStrG.
Die Sondernutzungsgebühr von 8,00 Euro monatlich je qm beanspruchter öffentlicher Fläche ist mit den einfach-rechtlichen Gebührenmaßstäben des § 21 Satz 5 und Satz 6 NStrG vereinbar. Die Vorschrift ist hier einschlägig, weil die Sondernutzungsgebührensatzung u. a. für öffentliche Ortsstraßen im Gebiet der Stadt F. gilt (§ 1 Sondernutzungsgebührensatzung) und der Erlass der Satzung von der Ermächtigungsgrundlage des § 21 Satz 1 und Satz 4 NStrG gedeckt ist, da der Antragsgegnerin als Trägerin der Straßenbaulast für Ortsstraßen die Sondernutzungsgebühren zustehen. Nach § 21 Satz 5 NStrG sind bei der Bemessung der Gebühren Art und Ausmaß der Einwirkung auf die Straße und den Gemeingebrauch zu berücksichtigen. Nach Satz 6 kann das wirtschaftliche Interesse des Gebührenschuldners berücksichtigt werden. Nach diesem Maßstab sind die hier maßgebenden Satzungsbestimmungen rechtmäßig.
Der Einwirkung der Sondernutzung auf die Straße und den Gemeingebrauch wird durch den in § 2 Nr. 7 a) - e) Sondernutzungsgebührensatzung verwendeten Maßstab "qm beanspruchte Straßenfläche je Zeiteinheit" Rechnung getragen. Dieser Maßstab orientiert sich zum einen an der Art der den Gemeingebrauch übersteigenden Straßenbenutzung, nämlich der unmittelbaren Inanspruchnahme einer Verkehrsfläche unter gleichzeitigem Ausschluss Dritter vom Gemeingebrauch. Zum anderen erfasst er auch das räumliche und zeitliche Ausmaß der Nutzung. Mit der Staffelung der Gebührenhöhe je nach Stadtzone wird ferner berücksichtigt, dass die Einwirkung auf die Straße wie auch die Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs je nach Dichte und Intensität des Straßenverkehrs unterschiedlich zu bewerten ist (BVerwG, Urteil vom 15.07.1988 - 7 C 5/87 -, Rn. 9, zitiert nach juris). Dabei ist es aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität unumgänglich und nach dem allgemein im Abgabenrecht geltenden Grundsatz der Typengerechtigkeit auch unbedenklich, dass alle diese Parameter Ausdruck einer pauschalierenden Bewertung von Art und Ausmaß der Sondernutzung sind (BVerwG, Urteil vom 15.07.1988, a.a.O., Rn. 9).
Die fragliche Gebührenregelung berücksichtigt auch das wirtschaftliche Interesse des Gebührenschuldners. Bei der Frage, ob dieses Interesse ausreichend erfasst wird, ist zu berücksichtigen, dass § 21 Satz 6 NStrG die Einbeziehung des wirtschaftlichen Interesses in das Ermessen des Satzungsgebers stellt und darüber hinaus nicht vorgibt, in welchem Umfang wirtschaftliche Interessen zu berücksichtigen sind. Insbesondere ist eine lineare Umsetzung wirtschaftlicher Vorteile in eine bestimmte Gebührenhöhe nicht vorgeschrieben. Auch beim Maßstab des wirtschaftlichen Interesses ist der Satzungsgeber befugt, eine typisierende, an den Regelfall anknüpfende und die Besonderheiten atypischer Einzelfälle außer Acht lassende, generalisierende Betrachtung anzustellen. Maßgebend ist also der objektivierte wirtschaftliche Nutzen einer bestimmten Art von Sondernutzung, während ein besonders großer oder geringer wirtschaftlicher Vorteil einzelner Gebührenschuldner unbeachtlich ist (BVerwG, Urteil vom 15.07.1988, a.a.O., Rn. 10).
Dass die Sondernutzungsgebührensatzung wirtschaftliche Interessen berücksichtigt, machen schon die Regelungen in § 2 Nr. 1, Nr. 6 und Nr. 9 deutlich, wonach für nicht gewerbliche Sondernutzungen, nämlich für die in § 5 Sondernutzungssatzung geregelten erlaubnisfreien Sondernutzungen (Nr. 1), für Informationsstände politischer, kultureller, gemeinnütziger, religiöser, mildtätiger Organisationen auf der Ostseite des Rathausplatzes (Nr. 6) und für Straßenfeste (Nr. 9) Gebühren nicht erhoben werden. Innerhalb der vom Gebührentarif erfassten Sondernutzungen, die (auch) dem wirtschaftlichen Interesse des Nutzenden dienen, findet sich bei gleicher Flächenbeanspruchung und im Wesentlichen auch gleicher Störungsintensität eine differenzierte Staffelung der Gebührenhöhe, die zeigt, dass die Antragsgegnerin hiermit die je nach Art und Gegenstand der Sondernutzung unterschiedlichen wirtschaftlichen Interessen erfassen wollte. So wird für die hier in Rede stehende und von § 2 Nr. 7 erfasste Sondernutzung "Freisitzflächen und Stehtische" nach der örtlichen Lage der Flächen durch die Zuordnung zu städtischen Zonen differenziert. Dass darüber hinaus eine noch genauere, noch stärker differenzierende Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen, wie die Berücksichtigung der mutmaßlichen Zahl der Kunden, möglich ist, begründet für sich noch nicht die Rechtswidrigkeit der getroffenen Regelung (vgl. BVerwG, Urteil vom 02.12.1988 - 4 C 14/88 -, Rn. 20, zitiert nach juris).
Der Gebührensatz hält auch verfassungsrechtlichen Maßstäben und hier insbesondere den Anforderungen des Äquivalenzprinzips stand.
Das Äquivalenzprinzip als gebührenrechtliche Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes besagt, dass die Gebühr nicht in einem Missverhältnis zu der von der Verwaltung erbrachten Leistung stehen darf (BVerwG, Urteil vom 15.07.1988, a.a.O., Rn. 14, mit weiteren Rechtsprechungshinweisen). Eine Sondernutzungsgebühr ist die Gegenleistung dafür, dass die Benutzung einer öffentlichen Straße über den Gemeingebrauch hinaus erlaubt und damit gleichzeitig eine Beeinträchtigung der gemeingebräuchlichen Nutzungsmöglichkeiten in Kauf genommen wird; die Höhe der geforderten Gebühr darf nicht außer Verhältnis zum Ausmaß dieser Beeinträchtigung stehen (BVerwG, Urteil vom 15.07.1988, a.a.O., Rn. 14, mit weiteren Rechtsprechungshinweisen).
Auch unter Berücksichtigung der nicht unerheblichen Höhe der Gebühr von 432,00 Euro monatlich kann hier noch nicht von einem Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gesprochen werden. Art und Ausmaß der Einwirkung auf die Straße und den Gemeingebrauch sind hier erheblich, weil der Antragsteller in einem vom Fußgängerverkehr stark frequentierten Innenstadtbereich 54 qm dem Fußgängerverkehr entzieht. Dies beeinträchtigt den Gemeingebrauch auch deshalb besonders, weil die südöstlich des Rathauses gelegene, beanspruchte Fläche in dem durch eine Straßenbucht, einen Fahrradstellplatz und öffentliche Fernsprecher ohnehin verengten Durchgangsbereich zur H. liegt. Der Fußgängerverkehr wird zusätzlich auch dadurch eingeschränkt, dass die Tische und Stühle nicht direkt vor dem Cafe des Antragstellers stehen, sondern in einem Abstand von ca. drei Metern, um vor der Geschäftszeile einen Durchgang zur G. Straße freizuhalten. Auch der wirtschaftliche Nutzen der hier in Rede stehenden Sondernutzung ist beachtlich. So hat das Bundesverwaltungsgericht in vergleichbaren Fällen darauf abgestellt, dass es der Sache nach um eine Art "Miete" öffentlichen Straßenraums für Verkaufszwecke gehe. Es sei deshalb nicht zu beanstanden, wenn eine Parallele zu den Aufwendungen für ein festes Verkaufslokal gezogen werde (BVerwG, Urteil vom 15.07.1988, a.a.O., Rn. 16). Nach den unbestrittenen Angaben der Antragsgegnerin übersteigen die Mietpreise für Gewerbeflächen in der A - Lage F. s mit 45 bis 60 Euro je Quadratmeter die streitbefangene Sondernutzungsgebühr von 8 Euro je Quadratmeter aber um ein Vielfaches. Mit Blick hierauf trägt der Einwand des Antragstellers, aufgrund der verschatteten Lage seines Cafes sei sein wirtschaftlicher Nutzen durch die Außenbewirtschaftung im Vergleich zu den sonnig gelegenen Betrieben in der a) - Zone nur gering, nichts aus, denn allein dieser Wettbewerbsnachteil macht die Sondernutzungsgebühr von 8 Euro nicht generell unverhältnismäßig. Zudem kann sich die schattige Lage der Außenflächen an besonders heißen Tagen auch vorteilhaft auswirken. Im Übrigen trifft es nicht zu, dass die Außenflächen des Antragstellers nie Sonne haben. Zumindest im Monat der gerichtlichen Entscheidung, im Juni, haben Teilbereiche der Außenflächen in den frühen Nachmittagsstunden Sonne, wie dem Gericht aus eigener Anschauung bekannt ist.
Die Frage, ob der Antragsteller trotz der Verhältnismäßigkeit der streitbefangenen Gebühr aufgrund besonderer Umstände nach § 7 Sondernutzungsgebührensatzung einen Anspruch auf Reduzierung der Gebühr aus Billigkeitsgründen hat, ist nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Einen Billigkeitserlass hat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 08.04.2011 abgelehnt, wobei dieses Schreiben (ohne Rechtsbehelfsbelehrung) rechtlich wohl ein Bescheid sein dürfte. Diesen Bescheid hat der Antragsteller bisher nicht angefochten. Ungeachtet dessen hat er bisher auch nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die in den Sommermonaten anfallende Sondernutzungsgebühr von 432,00 Euro monatlich seinen Gaststättenbetrieb in unzumutbarer Weise beeinträchtigt.
Die festgesetzte Gebühr ist ferner mit Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar. Die in der Gebührenpflicht für derartige gewerbliche Tätigkeiten liegende Regelung der Berufsausübung ist zulässig, wenn sie mit sachgerechten und vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls begründet werden kann und die vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gezogenen Grenzen gewahrt sind. Beides ist hier - wie ausgeführt - der Fall. Aus den gleichen Gründen erweist sich die Satzungsregelung als eine Rechtsnorm, die in zulässiger Weise Inhalt und Schranken des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) bestimmt (BVerwG, Urteil vom 15.07.1988, a.a.O., Rn. 18).
Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG vor. Dieses Gebot wäre verletzt, wenn der Satzungsgeber wesentlich Gleiches willkürlich ungleich oder wesentlich Ungleiches willkürlich gleich behandelt hätte. Die Merkmale, nach denen Sachverhalte als hinreichend gleich anzusehen sind, um sie gleich zu behandeln, sind grundsätzlich vom Normgeber zu bestimmen. Dessen Gestaltungsfreiheit endet erst dort, wo ein einleuchtender Grund für eine vorhandene oder unterlassene Differenzierung nicht mehr erkennbar ist (BVerwG, Urteil vom 15.07.1988, a.a.O., Rn. 19). Die Höhe der Sondernutzungsgebühr für Freisitzflächen und Stehtische knüpft an die jeweilige Lage der Flächen in einem bestimmten Stadtgebiet an und steigt mit der Attraktivität des Gebiets. Dies stellt einen sachlichen Grund für eine Differenzierung dar. Eine weitere Differenzierung innerhalb der festgelegten Gebiete nach der tatsächlichen Gästezahl ist - wie bereits ausgeführt - nicht notwendig.