Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 16.06.1981, Az.: 18 UF 123/81

Wohnungszuweisung an einen Ehepartner entgegen dessen Willen; Hausratsverordnung als Rechtsgrundlage für die Zuweisung der Ehewohnung; Ziel der Schaffung des Rechts auf alleinige Nutzung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
16.06.1981
Aktenzeichen
18 UF 123/81
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1981, 16468
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1981:0616.18UF123.81.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Springe - 27.04.1981 - AZ: 6 F 26/81

Prozessführer

Geschäftsführer R. H., I., V. S.

Prozessgegner

Ehefrau D. H., geborene M., S. H.-V.

Der 18. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle hat
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht A.,
den Richter am Oberlandesgericht Dr. K. und
die Richterin am Amtsgericht R.
am 16. Juni 1981
beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird unter Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts S. vom 27.4.1981 der Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung S., M. Str. ..., zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Beschwerdewert: 2.460,- DM.

Gründe

1

Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. Die Antragstellerin hat die frühere gemeinsame Ehewohnung verlassen. Nach seinen Angaben wohnt auch der Antragsgegner dort nicht mehr.

2

Die Bemühungen um einen Nachmieter sind bisher erfolglos geblieben. Die Antragstellerin möchte aus ihrer Mietzinsverpflichtung entlassen werden und erstrebt nach den §§ 1, 5 HausrVO im Wege der einstweiligen Anordnung eine Zuweisung der Wohnung an den Antragsgegner. Dieser ist dem Begehren entgegengetreten.

3

Das Amtsgericht - Familiengericht - hat durch Beschluß vom 27.4.1981, auf den Bezug genommen wird, in entsprechender Anwendung von § 18 a HausrVO angeordnet, daß das Mietverhältnis bezüglich der Ehewohnung vom Antragsgegner allein fortgesetzt wird.

4

Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde.

5

Er ist der Ansicht, daß eine Wohnungszuweisung an einen Ehepartner entgegen dessen Willen nicht auf die HausrVO gestützt werden könne.

6

Der Antragsgegner beantragt, den Beschluß des Familiengerichts S. vom 27.4.1981 aufzuheben und den Antrag zurückzuweisen.

7

Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

8

Sie verteidigt den Beschluß und betont, daß es ihr nicht zumutbar sei, die Hälfte des Mietzinses zu bezahlen, während allein ihr Ehemann die Wohnung nutze.

9

Die zulässige Beschwerde hat Erfolg.

10

Der Senat ist zur Entscheidung über die Beschwerde zuständig, da es sich um eine Familiensache i.S. von § 23 B I Nr. 8 GVG handelt. Die Antragstellerin begehrt nach den Vorschriften der HausratsVO eine rechtsgestaltende Entscheidung über das Mietverhältnis bezüglich der Ehewohnung. Dabei handelt es sich unabhängig von der Frage, ob eine solche Entscheidung hier zulässig ist, um eine Familiensache. Daß für die vermögensrechtliche Entflechtung der Ehepartner ansonsten, insbesondere für die Frage, wer im Innenverhältnis zueinander letztlich die Mietzahlungen zu tragen hat, das allgemeine Zivilgericht zuständig wäre, muß somit außer Betracht bleiben.

11

Eine Zuweisung der Ehewohnung an den Antragsgegner gemäß den §§ 1, 5 HausrVO i.V.m. der entsprechenden Anwendung der §§ 1361 a BGB, 18 a HausrVO ist nicht möglich, da die Hausratsverodnung die Zuweisung der Ehewohnung an einen Partner gegen seinen Willen nicht deckt.

12

Zwar beschränkt die Hausratsverordnung ihrem Wortlaut nach das Antragsrecht nicht ausdrücklich auf Zuweisung an sich selbst und den die Wohnung begehrenden Ehegatten. Die Hausratsverordnung enthält aber eine Ausnahmeregelung, die von der üblichen - internen - Vermögensauseinandersetzung von Gemeinschaften abweicht und dem Richter die Befugnis einräumt, direkt auch die Außenrechtsbeziehungen zu regeln. Eine einschränkende Auslegung ist daher geboten. Ihre Notwendigkeit ergibt sich im übrigen aus der Entstehungsgeschichte und dem Sinn und Zweck der Vorschriften. Die Verordnung wurde 1944 auf dem Hintergrund erlassen, daß durch den Krieg Wohnraum knapp war, eine Wohnungsauflösung daher inoppertun wurde und es mithin einer Entscheidungskompetenz in dem Streit, welcher der Ehepartner die Wohnung behalten könne, bedurfte (vgl. Amtl. Begründung, DJ 1944, 278). Die Zuweisung soll für den verbleibenden Ehepartner eine Rechtswohltat darstellen. Aus diesem Grunde besteht auch die Möglichkeit, ihm zu Gunsten des weichenden Partners eine Ausgleichszahlung aufzuerlegen und Sicherheiten für die Mietzinszahlung zugunsten des Vermieters zu begründen, nicht aber besteht die Möglichkeit, dem Verbleibenden einen Geldausgleich zu gewähren.

13

Sinn der Zuweisung ist es nicht, den Ausziehenden von seiner Verpflichtung zur Mietzinszahlung zu befreien, sondern für den Bleibenden ein Recht auf alleinige Nutzung zu schaffen. Demgemäß ist eine rechtsgestaltende Entscheidung des Familiengerichts, die Wohnung dem widersprechenden Antragsgegner zuzuweisen, nicht zulässig. Der Streit zwischen den Parteien über die interne Verpflichtung zur Tragung des Mietzinses kann nicht im familiengerichtlichen Hausratsverfahren entschieden werden. Der Antrag der Ehefrau war daher unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zurückzuweisen.

14

Die Kostenentscheidung beruht auf § 20 HausrVO.

Streitwertbeschluss:

Beschwerdewert: 2.460,- DM.

Die Entscheidung über den Wert folgt aus § 21 Abs. 2 HausrVO und einer entsprechenden Anwendung von § 20 GKG. Da es sich lediglich um eine einstweilige Regelung für die Dauer des Getrenntlebens handelt, hat der Senat den Beschwerdewert auf den dreimonatigen Mietwert begrenzt.