Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 11.10.2022, Az.: 7 U 159/21

Erwerb eines vermeintlich vom Dieselskandal betroffenen Audi A6 quattro mit einem Motor der Baureihe EA 896; Europäische Zulassungsvorschriften stellen keine Schutzgesetze dar; Zulässigkeit eines Thermofensters

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
11.10.2022
Aktenzeichen
7 U 159/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 44281
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:2022:1011.7U159.21.00

Verfahrensgang

nachfolgend
BGH - 08.05.2023 - AZ: VIa ZR 1561/22

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Anforderungen an substantiierten Vortrag einer unzulässigen Abschalteinrichtung

  2. 2.

    Die europäischen Zulassungsvorschriften sind keine Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB. Die Stellungnahme des Generalanwalts vom 2.6.2022 in EuGH C-100/21 führt zu keiner anderen Beurteilung (OLG Frankfurt/Main vom 1.8.2022 - 11 U 144/20- und OLG München vom 1.7.2022 - 6 U 1671/22- folgend).

  3. 3.

    Kein Fahrlässigkeitsvorwurf hins. Thermofenster (OLG Frankfurt/Main vom 1.8.2022 - 11 U 144/20-; OLG Hamm vom 24.6.2022 -30 U 90/21- folgend)

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 17. Mai 2021 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Dieses Urteil und dasjenige des Landgerichts Braunschweig vom 17. Mai 2021 sind vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung jeder der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120% des insgesamt aus den Urteilen vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Berufungsstreitwert wird auf die Gebührenstufe bis 80.000.- € festgesetzt.

Gründe

I.

Gegenstand des Rechtsstreits sind Ansprüche, die die Klägerin als Erwerberin eines am 15.10.2013 für 69.915.- € von einer Audi-Vertragshändlerin gekauften Gebrauchtwagens Audi A6 Avant 3.0 TDI quattro mit 180 kW / 245 PS gegen die Beklagte zu 1 als Verkäuferin und die Beklagte zu 2 als Herstellerin des Fahrzeugs geltend macht. In dem Fahrzeug ist ein 3,0-l-Dieselmotor des von der Beklagten zu 2 hergestellten Typs EA896 Generation 2 (i.f.: EA896Gen2) verbaut; streitig ist, ob dieser zum Zeitpunkt des Erwerbs mit einer unzulässigen, abgasbeeinflussenden Software ausgestattet war und deshalb nicht zulassungsfähig war. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes sowie der Anträge der Parteien im Rechtsstreit erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen (S. 3-5, Bl. 318-320 d.A.). Zu ergänzen ist dabei, dass der streitgegenständliche Pkw unstreitig nach der Schadstoffnorm EU5 zugelassen ist.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 17.05.2021 (Bl. 316ff d.A.) abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, sie sei unbegründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages; auf Verjährung komme es daher nicht an. Ein Rückabwicklungsanspruch gegen die Beklagte zu 1 ergebe sich nicht aus §§ 437 Nr. 2, 323, 346 BGB, da die Klägerin schon das Vorliegen eines Mangels nicht hinreichend substantiiert dargetan habe. Weder ein Sach- noch ein Rechtsmangel sei schlüssig dargetan.

Soweit die Klägerin auf eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines sog. "Thermofensters" abstelle und den Beklagten im Ergebnis vorwerfe, den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp aufgrund einer grundlegenden unternehmerischen Entscheidung mit einer solchen Einrichtung versehen und in Verkehr gebracht zu haben, sei schon kein Mangel erkennbar. Denn aufgrund der nicht eindeutigen Rechtslage bezgl. des Art. 5 Abs. 2 S. 2 lit. a) EGVO 715/2007 sei nicht der Beklagten zu 2 und schon gar nicht der Beklagten zu 1 der Vorwurf einer Mangelverursachung zu machen; die Einordnung des "Thermofensters" als von der Ausnahmeregelung gedeckt erscheine nicht unvertretbar. Zunächst bestehe ein Unterschied in der Funktionsweise, weil keine Unterscheidung zwischen Prüfstands- und Realbetrieb stattfinde. Ernsthaft in Betracht komme auch, dass es sich bei Temperaturen von unter -20°C und über 70°C nicht mehr um normale Fahrbetriebsbedingungen i.S.d. Art. 3 Nr. 10 EGVO 715/2007 handele. Weiterhin könnten Gesichtspunkte des Motor- und Bauteilschutzes ernsthaft erwogen werden, zumal beim Inverkehrbringen des Motors und bei Abschluss des Kaufvertrages. Deshalb könne nicht unterstellt werden, dass die Beklagten in dem Bewusstsein agiert hätten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. Selbst wenn von einer objektiv unzulässigen Abschalteinrichtung auszugehen sei, komme eine möglicherweise falsche, aber vertretbare Gesetzesauslegung durch die Beklagte zu 2 in Betracht. Die Beklagte zu 1 sei mit diesen Vorgängen ohnehin nicht einmal befasst gewesen. Dabei sei jedenfalls zu berücksichtigen, dass die europarechtliche Gesetzeslage zur maßgeblichen Zeit nicht zweifelsfrei gewesen sei. Inhalt und Reichweite der o.g. Ausnahmevorschrift zum Motorschutz sei unklar und Gegenstand einer kontroversen Diskussion. Nach dem Abschlussbericht der BMVI-Kommission "Volkswagen" liege ein Gesetzesverstoß durch die von allen Autoherstellern eingesetzten "Thermofenster" jedenfalls nicht eindeutig vor. Der nur unterstellte Verstoß reiche nicht aus; zudem habe auch die zuständige Behörde sich bezgl. der "Thermofenster" bislang nicht zu Maßnahmen veranlasst gesehen.

Im Übrigen habe die Klägerin schon nicht mit Substanz darlegen können, dass in dem streitgegenständlichen Pkw unzulässige Abschalteinrichtungen i.S.d. Art. 5 Abs. 2 EGVO 715/2007 enthalten seien, sondern gleichsam "ins Blaue hinein" vorgetragen. Daraufhin müsse auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 28.01.2020 keine Beweisaufnahme erfolgen; denn auch danach bestünden für die von Klägerseite vermuteten Manipulationen keine greifbaren Anhaltspunkte. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Kraftfahrt-Bundesamt (i.f.: KBA) als zuständige Typgenehmigungsbehörde auch sechs Jahre nach dem öffentlichen Bekanntwerden der Manipulationen am Dieselmotor EA189, mehrere Jahre nach Anordnung des Rückrufs für bestimmte 3,0-l-Dieselmotoren und trotz der öffentlichen und behördlichen Fokussierung auf den VW-Konzern und damit auch die Beklagte zu 2 für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp noch keinen Rückruf wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung angeordnet habe. Zudem habe das KBA auch nach erneuter Prüfung seit November 2019 keine Tatsachen festgestellt, die einen Rückruf wegen unzulässiger Abschalteinrichtung begründeten. Dies spreche gerade deshalb gegen die Mutmaßungen der Klägerin, weil das KBA wegen der 3,0-l-Dieselmotoren nach Schadstoffnorm EU6 sehr wohl Rückrufanordnungen erlassen habe, aber nicht für das streitgegenständliche Modell. Zudem habe das KBA in seinem Auskunftsschreiben vom 11.09.2020 ausdrücklich erklärt, bei dem eingesetzten Motortyp sei eine unzulässige Abschalteinrichtung nicht festgestellt worden.

Auch aus §§ 826, 31 BGB folge kein Anspruch. Angesichts der Definition der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung sei Vorsatz schon deshalb nicht anzunehmen, weil die Auslegung, das "Thermofenster" sei eine zulässige Abschalteinrichtung, jedenfalls nicht unvertretbar sei. Daran ändere sich auch nichts, wenn die Beklagte zu 2 dem KBA bei Beantragung der Typgenehmigung keine Angaben zur Bedatung gemacht haben sollte, weil lt. Auskunft des KBA vom 11.09.2020 nach der maßgeblichen Fassung des Art. 3 Nr. 9 Abs. 3 VO (EG) 692/2008 keine konkreten Parameter des "Thermofensters" zu nennen gewesen seien, wobei der Verordnungsgeberin wie auch dem KBA bekannt gewesen sei, dass die Hersteller von Dieselmotoren sämtlich sog. "Thermofenster" einsetzten. Dass nach Auskunft des KBA auch keine tiefergehende Prüfung der Ausgestaltung des "Thermofensters" auf Motor- und Bauteileschutz erfolgt sei, sei nur dann verständlich, wenn von der Ausnahmeregelung des Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 ausgegangen werde; auf deren Anwendbarkeit stelle auch die Auskunft des KBA vom 11.09.2020 ausdrücklich ab. Dann aber sei auch die konkrete Ausgestaltung nicht zu beanstanden gewesen, ein Vorsatz der arglistigen Täuschung scheide aus, und auch das Vorliegen einer Täuschung des KBA sei mindestens zweifelhaft. Das gelte für die Beklagte zu 2 und erst recht für die Beklagte zu 1, die mit den Vorgängen gar nicht betraut gewesen sei. Weitere Anhaltspunkte seien, wie ausgeführt, nicht ersichtlich bzw. nicht hinreichend substantiiert vorgetragen.

Ein Schadensersatzanspruch folge auch nicht aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB, weil schon das Bewusstsein der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung nach alledem nicht festgestellt werden könne. Der Anspruch folge auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB, Artt. 5 Abs. 2, 3 Nr. 10 VO (EG) 715/2007, 6, 27 EG-FGV, weil diese Normen nicht dem Schutz des Interesses dienten, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, und schließlich auch nicht aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 16 UWG. Mangels Hauptforderung habe die Klägerin auch keinen Anspruch auf Verzugszinsen, Freistellung von vorgerichtlichen Kosten und Feststellung des Annahmeverzuges. Wegen der weiteren Begründung des Urteils im Einzelnen wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe verwiesen (S. 5-12, Bl. 320-327 d.A.).

Dieses Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 17.05.2021 ist der Klägerin zu Händen ihres Prozessbevollmächtigten zugestellt worden am 18.05.2021. Sie rügt mit der am 10.06.2021 eingegangenen Berufung und der innerhalb der antragsgemäß verlängerten Begründungsfrist am 23.07.2021 eingegangenen Berufungsbegründung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör, eine fehlerhafte Tatsachenfeststellung und eine daraus resultierende fehlerhafte Anwendung materiellen Rechts. Das Landgericht habe offenbar die Klägerschriftsätze schon nicht vollständig zur Kenntnis genommen und in den Entscheidungsgründen auf vorhandene Textbausteine zurückgegriffen.

Ein Sachmangel liege nach dem Hinweisbeschluss des Bundesgerichtshofes vom 08.01.2019 - VIII ZR 225/17 - vor. Denn auch im vorliegenden Falle sei das Fahrzeug mit einer Software zur Steuerung des Stickoxydausstoßes ausgestattet. Wenngleich es sich nicht um die gleiche Umschaltlogik wie beim VW-Dieselmotor des Typs EA189 handele, sei sie doch eine unzulässige Programmierung und folglich eine unzulässige Abschaltvorrichtung i.S. der Ausführungen des Bundesgerichtshofes. Auch beim sog. "Thermofenster" seien nur auf dem Prüfstand die zulässigen Abgaswerte eingehalten; damit sei schon der Kaufvertrag mit Übergabe des Fahrzeugs nicht erfüllt. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei nicht allein darauf abzustellen, ob ein bestimmter Fahrzeugtyp bestellungsgemäß übereignet werde; nach Auffassung des Bundesgerichtshofes sei die Kaufsache nur dann frei von Sachmängeln, wenn sie die zu erwartende Beschaffenheit aufweise. Ein nicht zulassungsfähiges Fahrzeug sei nicht mangelfrei.

Folglich habe der Erfüllungsanspruch der Klägerin weiterbestanden, eine Gewährleistungsfrist habe nicht zu laufen begonnen (Berufungsbegründung S. 3 Bl. 380). Jedenfalls habe die Klägerin erst bei Veröffentlichung des sog. "Abgasskandals" 2015 Kenntnis erlangt, weshalb die Klage nicht wegen Verjährung habe abgewiesen werden dürfen. Eine Gehörsverletzung durch das Landgericht liege insoweit vor, als vorgetragen und unter Beweis gestellt sei, dass durch das Update wesentlich in die Motorsteuerung eingegriffen worden sei, was sich auf die Standfestigkeit auswirke und damit die Kaufsache nachhaltig negativ verändert habe. Damit sei nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes mehr als ausreichend konkret, detailliert und mit Gutachtenszitaten bzw. Beweisantritten durch Sachverständigengutachten vorgetragen worden. In den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils sei dagegen ersichtlich ein Textbaustein verwendet worden, der auf den vorliegenden Fall nicht zutreffe.

Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 17.12.2020 - C-693/18 - stehe fest, dass auch die Programmierung von Thermofenstern über den technisch dringend notwendigen Temperaturbereich hinaus eine unzulässige Abschalteinrichtung darstelle. Eine solche sei auch hier gegeben, da die Programmierung nicht der Vermeidung eines akuten Motorschadens oder eines Unfalls diene. Dazu sei ausreichend vorgetragen und unter Sachverständigenbeweis gestellt worden: Bereits auf S. 3 der Klageschrift sei darauf hingewiesen worden, dass für den streitgegenständlichen Motortyp ein Software-Update erforderlich gewesen sei, um das Fahrzeug bezgl. der Abgasreinigung zulassungsfähig zu machen. Im Folgenden sei umfassend dazu vorgetragen worden, dass durch das Update ein Mangel am Fahrzeug entstehe, der sich nachhaltig auf die Standfestigkeit des Motors auswirke.

Auf S. 2, 11 des Klägerschriftsatzes vom 16.09.2019 sei unter Zitierung von Presseveröffentlichungen nochmals konkret und unter Beweisantritt vorgetragen worden, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschaltvorrichtung versehen sei, ergänzt mit den Schriftsätzen vom 09.12.2020, 04.01.2021 und 03.02.2021, aus denen der Klägervertreter wiederholt (Berufungsbegründung S. 6f, Bl. 383f d.A.). Die Programmierung sei so erfolgt, dass das sog. "Thermofenster" im Hinblick auf die Steuerung der Abgasreinigung beim überwiegenden Teil des Realbetriebs eingesetzt werde und mithin der Tatbestand einer unzulässigen Abschaltvorrichtung gegeben sei. Das Urteil beruhe daher auf einer Gehörsverletzung; es habe Beweis erhoben werden müssen. Zwar reiche nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 13.07.2021 - VI ZR 128/20 - allein das Vorhandensein eines "Thermofensters" für die Begründung des Anspruchs aus § 826 BGB nicht aus. Es handele sich entgegen der Auffassung der Beklagten aber nicht um die Ausnutzung einer rechtlichen Grauzone; die Programmierung eines "Thermofensters" sei nur zulässig, wenn sie technisch begründet sei. Das treffe hier nicht zu, wie vorgetragen und unter Beweis gestellt worden sei.

Die Klägerin legt sodann nochmals die Voraussetzungen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung dar, welche hier in Entwicklung und Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeugs mit einer nicht zulässigen und über das notwendige Maß hinaus programmierten Abschalteinrichtung zu sehen sei (Berufungsbegründung S. 8f, Bl. 385f d.A.). Die Beklagte zu 2 habe die Übereinstimmungsbescheinigung bewusst wahrheitswidrig erteilt, weil die Fahrzeuge nicht vorschriftsmäßig gewesen seien; damit habe sie gegen geltendes Recht verstoßen. So sei es auch bei dem hier eingebauten 3,0-l-V6-Dieselmotor, ihr Verhalten sei als sittenwidrig anzusehen; darauf, ob der Beklagten gleichzeitig eine Täuschung des jeweiligen Fahrzeugkäufers anzulasten oder eine Offenbarungspflicht verletzt worden sei, komme es nicht an (wird mit den Argumenten zum Dieselmotor EA189 ausgeführt, Berufungsbegründung S. 9-11, Bl. 386-388 d.A.).

Die Klägerin habe einen Schaden durch Eingehung der Zahlungsverpflichtung im Kaufvertrag erlitten; dieser sei auch nicht durch die Durchführung des Software-Updates entfallen, wie der Klägervertreter im Folgenden mit den Argumenten zum Dieselmotor EA189 ausführt (Berufungsbegründung S. 11-16, Bl. 388-393 d.A.). Die Beklagte zu 2 habe auch vorsätzlich gehandelt. Denn sie habe die Typgenehmigung trotz vorhandener Abschalteinrichtung durch entsprechende Programmierung erwirkt, ohne dass sie auf die Zulassungsfähigkeit habe vertrauen können; sie sei mit der eventuellen Betriebsuntersagung zu Lasten der Käufer einverstanden gewesen. Die Emissionsgrenzwerte seien nicht ohne die Abschaltvorrichtung zu erreichen gewesen; das später unter Einbeziehung technischer Entwicklungen entwickelte Update habe noch nicht zur Verfügung gestanden.

Mit weiterem Schriftsatz vom 30.07.2021 (Bl. 403ff d.A.) verweist der Klägervertreter nochmals auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 13.07.2021 - VI ZR 128/20 -.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils

1. die Beklagten als Gesamtschuldnerinnen zu verurteilen, der Klägerin 69.615.- € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13. Januar 2014 zu zahlen abzüglich eines Gebrauchsvorteils i.H.v. 0,27 € je gefahrenem Kilometer zum Zeitpunkt der Rückgabe Zug um Zug gegen Rückübereignung des Pkw Audi A6 Avant 3.0 TDI quattro, amtliches Kennzeichen ...., Fahrzeugidentifizierungsnummer ...,

2. festzustellen, dass sich die Beklagte zu 1 hinsichtlich des im Klagantrag zu 1 näher bezeichneten Fahrzeugs und des entsprechenden Fahrzeugbriefs seit dem 27. Dezember 2018 im Annahmeverzug befindet;

3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die Klägerin von den Kosten der vorgerichtlichen anwaltlichen Vertretung i.H.v. 1.752,90 € freizustellen

Die Beklagten zu 1 und 2 beantragen jede für sich

Zurückweisung der Berufung.

Die Beklagte zu 1 verteidigt das angefochtene Urteil; das Landgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen. Sie sei unschlüssig, die Berufung dementsprechend zurückzuweisen; die Klagepartei stütze sich in der Berufungsbegründung ganz überwiegend auf hier irrelevante Argumente zum VW-Dieselmotor des Typs EA189, der unstreitig im streitgegenständlichen Fahrzeug nicht eingebaut sei. Das Fahrzeug sei nicht mangelhaft; es unterfalle auch keinem verbindlichen Rückrufbescheid des KBA, infolgedessen gebe es auch keinen verpflichtenden Rückruf. Der Motor habe keine "Umschaltlogik", das Fahrzeug könne Umweltzonen befahren, und auch gesundheitliche oder finanzielle (z.B. Kfz-Steuer-) Nachteile drohten nicht.

Ein gewährleistungsrechtlicher Anspruch scheitere an der - in der Berufungsbegründung erneut erhobenen - Verjährungseinrede; der Klagepartei stünden auch keine vertraglichen, vorvertraglichen oder deliktischen Schadensersatzansprüche zu; die Angriffe der Berufungsbegründung dagegen überzeugten nicht. Es gebe wegen Verjährungseintritts auch kein Rücktrittsrecht. Darüber hinaus fehle es an der erforderlichen angemessenen Nachfristsetzung, und der Rücktritt sei auch wegen Unerheblichkeit ausgeschlossen. Die Beklagte zu 1 mache sich im Übrigen das Vorbringen der Beklagten zu 2 zu eigen.

Die Beklagte zu 1 sei keine Gesellschaft des VW-Konzerns und auch nicht befugt, die Beklagte zu 2 zu vertreten. Sie habe das streitgegenständliche Fahrzeug im Januar 2014 ausgeliefert und bestreite, dass es dem Kläger beim Vertragsschluss auf die Umweltfreundlichkeit des Fahrzeugs angekommen sei, zumal angesichts von dessen Gewicht und Motorisierung. Anschließend trägt die Beklagte zu 1 noch zur Irrelevanz der Schadstoffemissionen im Realbetrieb und dem Fehlen eines merkantilen Minderwerts vor.

Hilfsweise beruft sich die Beklagte zu 1 auf den Gegenanspruch auf Nutzungsersatz; im Übrigen befinde sie sich schon mangels Hauptanspruchs, aber auch mangels ordnungsgemäßen Angebots nicht im Annahmeverzug.

Auch vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten seien nicht ersatzfähig, weil sie die Erstmahnung beträfen und die Klagepartei auch nicht dargelegt habe, warum sie darauf habe vertrauen dürfen, dass die Beklagte zu 1 ohne Klageerhebung leisten würde. Es werde auch bestritten, dass im Beratungsgespräch über solche Erfolgsaussichten gesprochen worden sei; höchstwahrscheinlich" bereits unbedingter Klageauftrag erteilt worden. Außerdem werde die Zahlung der Gebühren mit Nichtwissen bestritten. Ein Anspruch könne bei Vorsteuerabzugsberechtigung der Klägerin nur i.H. des Nettobetrages bestehen. Schließlich sei die Klagepartei wohl rechtsschutzversichert; der Anspruch sei damit auf die Rechtsschutzversicherung übergegangen. Im Übrigen bezieht sich die Beklagte zu 1 auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Auch die Beklagte zu 2 verteidigt das angefochtene Urteil und meint, zu Recht habe das Landgericht einen Anspruch der Klägerin aus § 826 BGB gegen sie verneint. Eine Schädigungshandlung sei nicht einmal im Ansatz dargelegt; das Fahrzeug enthalte keine unzulässige Abschalteinrichtung, es gebe auch keinen entsprechenden KBA-Bescheid, wie dessen Auskunft für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp vom 15.12.2020 (Anlage BE2, Bl. 419f d.A.) zeige. Auch die Untersuchungskommission Volkswagen des BMVI habe den Fahrzeugtyp auf eine dem EA189 vergleichbare "Umschaltlogik" hin überprüft und nichts dergleichen gefunden. Auch weitere Untersuchungen im Rahmen des "Nationalen Forums Diesel" und im Anhörungsverfahren hätten den Vorwurf nicht bestätigt, wie weiter ausgeführt wird.

Das Landgericht habe auch zutreffend festgestellt, dass die Installation eines sog. "Thermofensters" eine sittenwidrige Schädigung nicht begründen könne. Solche seien in allen in den letzten Jahren in der EU produzierten Dieselfahrzeugen enthalten, üblich und zum Motorschutz erforderlich, weswegen der EU-Gesetzgeber gerade Art. 5 Abs. 2 S. 2 lit. a) EGVO 715/2007 geschaffen habe. Auch der Bericht der Untersuchungskommission "Volkswagen" habe die - weiter ausgeführte - Notwendigkeit im April 2016 ausdrücklich anerkennt.

Die Beklagte zu 2 habe dem KBA im Rahmen des Freigabeverfahrens für freiwillige Updates im Rahmen des "Nationalen Forums Diesel" Daten zum "Thermofenster" einschließlich der konkreten Softwarebedatung für jede Motor-/Getriebekombination zur Verfügung gestellt; denn die Freigabe freiwilliger Software-Updates setze das Fehlen unzulässiger Abschalteinrichtungen voraus. Auch im Rahmen eines nunmehr abgeschlossenen Anhörungsverfahrens habe das KBA den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp auf unzulässige Abschalteinrichtungen untersucht und festgestellt, dass sie nicht vorhanden seien. Dabei habe das KBA auch bestätigt, dass ihm "Thermofenster" bekannt gewesen seien. Die zutreffende Einschätzung des KBA werde auch durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 17.12.2020 - C-693/18 - nicht in Frage gestellt; denn dieses habe sich nicht mit dem "Thermofenster" befasst. Selbst wenn man seine Aussagen aber zugrundelegte, bleibe das "Thermofenster" gem. Art. 5 Abs. 2 S. 2 lit. A EGVO 715/2007 zulässig und geboten.

Schließlich treffe die Beklagte zu 2 auch keine sekundäre Darlegungslast zum Vorliegen einer sittenwidrigen Schädigungshandlung, weil es bereits an schlüssigem Klägervorbringen dazu fehle. Jedenfalls sei ihr auf die bloße, pauschale Behauptung einer unzulässigen Abschalteinrichtung hin unzumutbar, im Einzelnen darzulegen, dass und warum keine solche verbaut sei.

Weiterhin macht die Beklagte zu 2 das Fehlen konkreter Darlegungen zur Kausalität geltend. Der Klägerin sei auch mangels Betroffenheit ihres Pkw von einer unzulässigen Abschalteinrichtung kein kausaler Schaden entstanden, auch nicht in Form eines softwarebedingten Minderwerts. Ein Vorsatz der Audi AG sei nicht einmal ansatzweise dargelegt.

Im landgerichtlichen Urteil liege auch keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör; die Kammer sei auf die Klägerbehauptungen sowohl einer unzulässigen Abschalteinrichtung als auch eines "Thermofensters" eingegangen. Die Rspr. zu solchen Behauptungen "ins Blaue hinein" sei fast einhellig und zwischenzeitlich auch vom Bundesgerichtshof bestätigt. Der Verweis auf BGH 28.01.2020 - VIII ZR 57/19 - verfange nicht, und zwar schon, weil es dort um Kaufgewährleistung gegangen sei, vor allem aber, weil dort anders als im vorliegenden Falle die behauptete Abschalteinrichtung in groben Zügen beschrieben und andere Fahrzeuge mit derselben Motorkonfiguration genannt würden, für die bereits ein verpflichtender Rückruf angeordnet worden sei.

Dass sich das Landgericht nicht mit allen von Klägerseite vorgetragenen Tatsachen auseinandergesetzt habe, begründe keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Denn die Entscheidungsgründe enthielten gem. § 313 Abs. 3 ZPO eben nur eine kurze Zusammenfassung aller Erwägungen. Im Übrigen bezieht sich auch die Beklagte zu 2 auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und Erklärungen zu Protokoll verwiesen.

II.

Die Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.

1. Die Berufung ist insbesondere im Hinblick auf § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2, 3 ZPO noch als zulässig anzusehen. Sie konzentriert sich auf die Beanstandung des Verstoßes gegen den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör hinsichtlich ihrer Behauptungen zum Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung wie in den EA189-Motoren so auch im streitgegenständlichen Fahrzeug mit 3,0-l-Dieselmotor des Typs EA896Gen2 sowie zur Sittenwidrigkeit auch des Einbaus eines sog. "Thermofensters".

Für die Zulässigkeit der ersteren Beanstandung genügt hier die Geltendmachung einer Übergehung konkret bezeichneten Klägervorbringens, auch wenn der Begründung anhand der Argumente anzusehen ist, dass sie ursprünglich für einen Fall des VW-Dieselmotors des Typs EA189 verfasst worden ist. Denn sie enthält auch Argumente ohne jeden Bezug zu den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils, so etwa, dass die Klage nicht wegen Verjährung von Gewährleistungsansprüchen habe abgewiesen werden dürfen und dass für das Fahrzeug ein Update erforderlich sei (Berufungsbegründung S. 4f, Bl. 381f d.A.). Nicht auf die Urteilsbegründung bezogen sind auch die Darlegungen zur ursächlichen Entstehung eines Schadens bei der Klägerin durch das Inverkehrbringen des Fahrzeugs, und zwar erst recht, soweit sie auf die Situation nach einem verpflichtenden Software-Update abstellen (S. 11-16, Bl. 388-393 d.A.), sowie zum Vorsatz der Beklagten (S. 16f Bl. 393f d.A.).

Jedoch genügt zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2, 3 ZPO jedenfalls die Wiederholung der Rechtsansicht, infolge des Einbaus derselben unzulässigen Abschalteinrichtung wie in den EA189-Fällen, des sog. "Thermofensters" und der behaupteten Nachteile des Software-Updates liege ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten vor, trotz der erkennbar auch insoweit standardisierten Fassung. Die Anforderungen an die Berufungsbegründung dürfen nach Ansicht des Bundesgerichtshofes nicht überspannt werden, wenn der Berufungsführer in zweiter Instanz lediglich weiterhin eine Rechtsauffassung vertritt, welche von derjenigen des erstinstanzlichen Gerichts abweicht. Die Berufung kann in solchen Fällen nicht unzulässig sein, wenn die Berufungsbegründung sich auf die Wiederholung der erstinstanzlich vertretenen Rechtsansicht beschränkt (BGH NJW 2018, 2894 [BGH 07.06.2018 - I ZB 57/17] - in Juris Rz. 10 -). Das trifft hier weithin auch auf den Berufungsvortrag der Klägerin zu den genannten Punkten zu. Sie genügen dann aber wegen der Einheitlichkeit des Streitgegenstandes für die Zulässigkeit der gesamten Berufung.

2. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Landgericht hat die Klage der Klägerin auf Schadensersatz wegen des am 15.10.2013 gekauften Gebrauchtwagens Audi A6 Avant 3.0 TDI quattro gegen die Beklagte zu 1 als Verkäuferin und die Beklagte zu 2 als Herstellerin des Fahrzeugs auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens der Klägerin zu Recht abgewiesen. Dies gilt zunächst für die Klage gegen die Beklagte zu 1.

a) Das Landgericht hat jedenfalls im Ergebnis zutreffend einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 auf Rückabwicklung des Kaufvertrages vom 15.10.2013 aus §§ 434 Abs. 1, 437, 440, 326, 346ff BGB mit der Begründung verneint, die Klägerin habe schon das Vorliegen eines Mangels i.S.d. § 434 Abs. 1 BGB nicht dargetan (Urteil S. 5-9, Bl. 320-324 d.A.).

aa) Insoweit ist schon, wie oben 1. erwähnt, die Begründung der Berufung mit einer fehlerhaften Klagabweisung wegen Verjährung verfehlt; darauf ist das erstinstanzliche Urteil nicht gestützt (Berufungsbegründung S. 4 Abs. 2 Bl. 381). Im Ergebnis kann jedoch dahinstehen, ob das streitgegenständliche Fahrzeug wegen Ausstattung der Motorsteuerung mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form einer Prüfstandserkennung mit Umschaltfunktion oder eines sog. "Thermofensters" bei Übergabe mangelhaft i.S.d. § 434 Abs. 1 BGB war. Wie im Senatstermin angesprochen, bedarf dies keiner weiteren Klärung, weil ein etwaiger Rückabwicklungsanspruch der Klägerin aus Kaufmängelrecht jedenfalls wegen der von der Beklagten zu 1 erhobenen Verjährungseinrede nicht durchsetzbar wäre (Klagerwiderung Bekl. 1 S. 2, Bl. 80 d.A.). Dies ergibt sich aus §§ 438 Abs. 1 Nr. 3, 444 BGB.

bb) Der streitgegenständliche Pkw wurde unstreitig am 08.01.2014 der Klägerin übergeben; die Klageschrift ist am 31.12.2018 vorab per Telefax bei Gericht eingegangen und damit nach Ablauf der zweijährigen Verjährungsfrist gem. § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB (Bl. 1f d.A.; Klagerwiderung Bekl. 1 a.a.O.). Die Klägerin kann sich auch nicht gem. § 438 Abs. 3 BGB auf die Verlängerung der Verjährungsfrist wegen arglistigen Verschweigens des Mangels durch die Beklagte zu 1 berufen. Denn im Klägervortrag fehlt es schon erstinstanzlich, aber auch im Berufungsrechtsstreit an der Darlegung einer arglistigen Täuschung gerade durch die Beklagte zu 1. Die Klägerin behauptet noch nicht einmal, dass die Beklagte zu 1 beim Fahrzeugverkauf an die Klägerin zur Jahreswende 2013/14 Kenntnis von der Installation einer unzulässigen Prüfstandserkennung oder eines unzulässigen "Thermofensters" in dem Pkw gehabt hätte, geschweige denn deren Willen, durch den Verkauf trotz dieser Kenntnis etwas Verbotenes zu tun (vgl. BGH 09.03.2021 - VI ZR 889/20, in Juris Rz. 28 -). Daran ändert auch das - ersichtlich eher auf Ansprüche gegen die Beklagte zu 1 ausgerichtete - Klägervorbringen in der Berufungsbegründung zum Vorhandensein eines Mangels im Fahrzeug bei Übergabe nichts (S. 2-4, Bl. 379-381 d.A.).

b) Die Klägerin hat auch keine Ansprüche aus unerlaubter Handlung gegen die Beklagte zu 1. Soweit sie solche aus § 826 BGB, aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 6, 27 EG-FGV oder Art. 3 Nr. 10, 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 und aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB geltend macht, fehlt es schon an konkretem Vorbringen zur Tathandlung oder zum Tatbeitrag gerade der Beklagten zu 1, insbesondere einer vorsätzlichen Täuschung oder eines vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstoßes gegen ein Schutzgesetz. Im Übrigen gelten die nachstehenden Ausführungen unter 3. zu entsprechenden Ansprüchen gegen die Beklagte zu 2 entsprechend auch gegenüber solchen gegen die Beklagte zu 1.

3. Denn die Berufung ist auch unbegründet, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 2 richtet. Das Landgericht hat die Klage der Klägerin auf Schadensersatz wegen des am 15.10.2013 gekauften Gebrauchtwagens Audi A6 Avant 3.0 TDI quattro gegen die Beklagte zu 2 als Herstellerin des Fahrzeugs auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens der Klägerin zu Recht abgewiesen.

a) Vertragliche und quasivertragliche Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 2 sind weder explizit geltend gemacht noch sonst ersichtlich.

b) Das Landgericht hat jedoch auch zutreffend und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, welcher auch der Senat in st. Rspr. folgt, einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 2 aus § 826 BGB wegen Entwicklung und Inverkehrbringens des streitgegenständlichen Pkw Audi A6 Avant 3.0 TDI mit dem darin montierten 3,0-l-Dieselmotors des Typs EA896Gen2 abgelehnt, weil die Klägerin nicht schlüssig vorträgt, dass der Pkw mit derselben oder auch nur vergleichbaren unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet wäre wie die vom KBA unter dem 15.10.2015 beanstandeten VW-Dieselmotoren des Typs EA189. Soweit die Klägerin insoweit unter Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens zur Betroffenheit des Pkw von derselben rechtswidrigen Abschalteinrichtung Verstöße des Landgerichts gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG beanstandet, bleibt dies erfolglos. Denn das Landgericht hat sich sehr wohl mit ihrem Vorbringen auseinandergesetzt, aber in nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass es angesichts des Bestreitens der Beklagten nicht schlüssig ist, und zwar auch nicht unter Berücksichtigung des Gedankens einer sekundären Behauptungslast der Beklagten wegen fehlender eigener Kenntnisse der Klägerseite (Urteil S. 8f, Bl. 323f d.A.). Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, dass das Gericht ihnen vor der Entscheidung Gelegenheit zur Äußerung zum Sachverhalt gibt, das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht. Das Gericht ist aber weder dazu verpflichtet, alle Einzelpunkte des Parteivorbringens ausdrücklich zu bescheiden, noch dazu, sich der diesbezüglichen Rechtsansicht der Partei anzuschließen (BGH 03.04.2014 - I ZR 237/12, in Juris Rz. 2 m.w.N. -; 07.07.2011 - I ZB 68/10, in Juris Rz. 12 -).

Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin "ins Blaue hinein" vorgetragen hat, wie die Kammer meint (Urteil S. 8, vgl. dazu BGH 28.01.2020 - VIII ZR 57/19, in Juris Rz. 6-9 -). Denn jedenfalls fehlt ihrer Behauptung, auch der im streitgegenständlichen Fahrzeug eingebauten Dieselmotor des Typs EA896Gen2 enthalte eine unzulässige Abschalteinrichtung wie der VW-Dieselmotor des Typs EA189, eine Substantiierung durch konkrete Anhaltspunkte, wie sie der Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung hat ausreichen lassen (BGH a.a.O. - in Juris Rz. 9ff -).

aa) Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs reicht ein Sachvortrag dann zur Begründung eines Anspruchs aus, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltendgemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten sei nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung seien, insbesondere dann, wenn die Partei von den Vorgängen keine unmittelbare Kenntnis habe; das Gericht müsse nur aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei entscheiden können, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltendgemachten Rechts vorlägen. Sei dies der Fall, so sei ggf. in die Beweisaufnahme einzutreten. Diese könne die Partei auch über nur vermutete, für wahrscheinlich oder möglich gehaltene Umstände verlangen, insbesondere dann, wenn sie mangels Sachkunde oder Einblicks in die Produktion des von der Gegenseite hergestellten Fahrzeugmodells einschließlich des Systems der Abgasrückführung oder -verminderung keine sichere Kenntnis von Einzeltatsachen haben könne. Eine Behauptung sei mithin erst dann unbeachtlich, wenn sie ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts gleichsam willkürlich "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufgestellt werde, was nur bei Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte zu rechtfertigen sei (BGH 13.07.2021 - VI ZR 128/20, in Juris Rz. 20-22 i. Anschl. an BGH 28.01.2020 - VIII ZR 57/19, in Juris Rz. 7f -). So sei in "Abgasfällen" hinsichtlich der Ausstattung des Fahrzeugs mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung vom Kläger mangels eigener Detailkenntnisse nur zu fordern, dass er greifbare Umstände anführt, auf die er den Verdacht gründet, sein Fahrzeug weise eine oder mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen auf (BGH 28.01.2020 - VIII ZR 57/19, in Juris Rz. 10 -). Der Bundesgerichtshof hat dabei in dem vom Klägervertreter in seinen Schriftsätzen vom 30.07.2021 und 13.09.2022 (Bl. 403ff, 537ff d.A.) angeführten Urteil vom 13.07.2021 ein einzelnes Indiz, nämlich das Vorhandensein einer Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung in Mercedes-Fahrzeugen, bereits als hinreichend substantiierten Vortrag ausreichen lassen (BGH 13.07.2021 - VI ZR 128/20, in Juris Rz. 24-26 -). Dergleichen behauptet die Klägerin des vorliegenden Falles allerdings nicht. In dem früher entschiedenen Parallelfall hat der Bundesgerichtshof es ausreichen lassen, dass andere, mit demselben Motortyp ausgestattete Fahrzeugmodelle mit einer unzulässigen "Thermosoftware" ausgestattet gewesen seien (ebenda - in Juris Rz. 11 -) und mehrere mit demselben Motortyp ausgestatteten Fahrzeugmodelle bereits einer verbindlichen Rückrufanordnung des KBA unterlägen, auch wenn die konkrete Modellreihe oder der konkrete Fahrzeugtyp davon nicht betroffen sei (ebenda - in Juris Rz. 12f -).

bb) Geht man i.S. dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung davon aus, dass die Behauptung eines einzelnen Indizes zur Substantiierung des Sittenwidrigkeitsvorwurfs gegen die Beklagte zu 2 ausreichen würde, so hat das Landgericht dennoch in nicht zu beanstandender Weise und auch im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass es an solchen konkreten Anhaltspunkten im Klägervorbringen überhaupt fehlt (Urteil S. 8f Bl. 323f).

(1) Das streitgegenständliche Fahrzeug ist unstreitig nicht mit einem VW-Drei- oder Vierzylinder-Dieselmotor der Baureihe EA189 mit 1,2, 1,6 oder 2,0 Litern Hubraum ausgestattet, sondern mit einem 3,0-l-Dieselmotor mit sechs Zylindern in V-Anordnung der sogenannten Baureihe EA896 Generation 2 (EA896Gen2), d.h. einem völlig anderen Motortyp. Die obergerichtliche Rechtsprechung hat durchgehend die Annahme einer sittenwidrigen Schädigung durch Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Fahrzeuge des VW-Konzerns mit diesem Motor aufgrund gleichartigen Klägervorbringens wie im vorliegenden Falle abgelehnt, und zwar sowohl unter dem Gesichtspunkt des Vorhandenseins einer Prüfstandserkennung wie beim Motortyp EA189 als auch unter dem eines sog. "Thermofensters" (OLG Frankfurt/M 31.07.2020 - 10 U 163/19, in Juris Rz. 53-59 [Abschalteinrichtung] bzw. 37-51 ["Thermofenster"]; OLG Oldenburg 26.10.2020 -11 U 58/20, in Juris Rz. 47-52 bzw. 53-69; OLG Köln 20.04.2021 - 14 U 84/19, in Juris Rz. 9-16, 22f bzw. 24; OLG Brandenburg 07.06.2021 - 1 U 104/19, in Juris Rz. 28-37 bzw. 38; der abweichende frühe Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 22.08.2019 - 17 U 294/18, in Juris Rz. 4-22 - ist durch die zwischenzeitlichen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes und der Oberlandesgerichte überholt).

(2) Die hiesige Klägerin behauptet in der Klageschrift wie in der Berufungsbegründung lediglich pauschal, Motoren des Typs EA896Gen2 seien ebenso vom sogenannten VW-Abgasskandal betroffen, weil mit derselben unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet, und benötige deshalb ein Software-Update (Klageschrift S. 3f, Berufungsbegründung S. 5f, Bl. 5f, 382f d.A.). Sie bleibt aber auch den nach den zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofes mindestens erforderlichen Vortrag eines konkreten Anhaltspunktes für das Betroffensein auch des von ihr erworbenen Modells mit Motor des Typs EA896Gen2 schuldig. Insbesondere trägt sie nicht konkret vor, dass in anderen Fahrzeugmodellen des VW-Konzerns mit dem 3,0-l-V6-Dieselmotor EA896Gen2 bereits unzulässige Abschalteinrichtungen festgestellt worden seien, erst recht nicht, dass es sich dabei um solche wie in den Fahrzeugmodellen mit den kleineren Dieselmotoren des Typs EA189 gehandelt habe, nämlich konkret um eine Prüfstandserkennung mit Umschaltfunktion für die Abgasrückführung.

Ihr Vorbringen beschränkt sich vielmehr, wie im Senatstermin erörtert, auf die Wiederholung des aus anderen Sachen bekannten Vorbringens zu eben jener unzulässigen Schaltung in der Steuerung des Motortyps EA189 und die ergänzende pauschale Behauptung, dies treffe auch auf den streitgegenständlichen Motor zu. Dies gilt auch für die Ausführungen auf S. 8-11 der Berufungsbegründung dazu, dass sehr wohl eine Schädigungshandlung der Beklagten zu 2 vorliege (Bl. 385-388 d.A.). Dabei handelt es sich ersichtlich um aus einem EA189-Fall übernommene Textbausteine, deren Bezug zum konkreten Sachverhalt sich auf den hinzugefügten Satz beschränkt, das Ausgeführte gelte auch für die Fahrzeuge mit 3-l-V6-Dieselmotor. Dies gilt ferner für die Ausführungen zur ursächlichen Entstehung eines Schadens bei der Klägerin durch das Inverkehrbringen des Fahrzeugs und zum Vorsatz der Beklagten, welche, wie unter 1. erwähnt, keinen Bezug zur Urteilsbegründung des Landgerichts haben (Berufungsbegr. S. 11-17, Bl. 388-394 d.A.).

Damit beschränkt sich das Klägervorbringen auf die textbausteinartige Wiederholung von Vorbringen zu vom KBA beanstandeten anderen Motortypen, nämlich EA189 und EA897, und die pauschale Behauptung, dasselbe gelte auch für den streitgegenständlichen. Warum dies so sein soll bzw. welche Anhaltspunkte für eine solche Parallele sprechen, legt die Klägerin mit keinem Wort dar. Ihr an anderen Motortypen orientierter Vortrag geht damit letztlich bis auf die pauschale Behauptung der Gleichartigkeit inhaltlich vollständig am streitgegenständlichen Fahrzeug vorbei (vgl. zu gleichartigem Vorbringen OLG Brandenburg 07.06.2021 - 1 U 104/19, in Juris Rz. 30 -). Das gilt insbesondere auch für ihre weitere Behauptung, der Rückruf für den 3,0-l-V6-TDI-Dieselmotor laufe bereits seit November 2018 (Klageschrift S. 9 Bl. 11). Denn dem sind die Beklagten - seitens der Klägerin unwidersprochen - damit entgegengetreten, dass dieser Rückruf ausschließlich neuere Modelle mit Motor EA897 nach Schadstoffnorm EU6 betreffe, während das streitgegenständliche Fahrzeug noch nach EU5 zugelassen sei (Klagerwiderung Bekl. 2 S. 6-10, Bl. 54-58 d.A.; Klagerwiderung Bekl. 1 S. 2 unter Bezugnahme auf Vorbringen der Zweitbeklagten, Bl. 80). Im Senatstermin ist auch angesprochen worden, dass das vorgenannte Klägervorbringen zum Rückruf seit November 2018 aus Fällen bekannt ist, welche den vom KBA wegen einer ähnlichen unzulässigen Abschalteinrichtung wie im EA189 beanstandeten 3,0-l-V6-Dieselmotor des Typs EA897 nach Schadstoffnorm EU6 betreffen (nicht protokolliert, vgl. auch dazu OLG Frankfurt/M 31.07.2020 -10 U 163/19, in Juris Rz. 57, 59 -; OLG Oldenburg 26.10.2020 - 11 U 58/20, in Juris Rz. 46 -; OLG Köln 20.04.2021 - 14 U 84/19, in Juris Rz. 23 -).

Die Klägerin trägt auch nicht vor, dass bereits andere Fahrzeugmodelle des VW-Konzerns mit dem 3,0-l-V6-Dieselmotor EA896Gen2 einer verpflichtenden Rückrufanordnung des KBA wie derjenigen vom 15.10.2015 für Pkw mit dem Motor EA189 unterfallen seien und ggf. welche Modelle (ebenso OLG Oldenburg a.a.O. - in Juris Rz. 48-53 -; OLG Brandenburg a.a.O. - in Juris Rz. 31-35 -). Von da her bleiben auch die Darlegungen der Klägerin zur Notwendigkeit eines Software-Updates für den streitgegenständlichen Pkw wie bei Fahrzeugen mit Motor EA189 haltlos.

(3) So ist denn auch im vorliegenden Rechtsstreit zwischen den Parteien unstreitig geworden, dass es eine solche verpflichtende Rückrufanordnung für Fahrzeuge mit 3,0-l-V6-Dieselmotor der Baureihe EA896Gen2 bisher nicht gegeben hat und auch aktuell nicht gibt; ferner, dass die Klägerin auch keinen Rückruf für ihr konkretes Fahrzeug erhalten hat mit der Aufforderung, ein Software-Update aufspielen zu lassen oder andere Veränderungen des Abgassystems vornehmen zu lassen. Es ist auch unstreitig, dass für Motoren des Typs EA896Gen2 und damit auch für den im Pkw des Klägers eingebauten kein Software-Update existiert. Die Beklagte zu 2 räumt zwar ein, dass das KBA ein Anhörungsverfahren durchgeführt habe, trägt aber auch - wiederum unwidersprochen - vor, dass dies nicht zum Erlass einer Rückrufanordnung geführt habe. Insoweit verweist die Beklagte zu 2 zutreffend auf die vom KBA dem Oberlandesgericht Stuttgart erteilte Auskunft vom 11.09.2020 (Schriftsatz Bekl. 2 vom 22.03.2021 S. 2f, 13f, Bl. 234f, 245f; vgl. OLG Brandenburg a.a.O. - in Juris Rz. 35 -), zu welcher sich die Klägerin auch in der Berufungsbegründung nicht verhält.

Das Landgericht stellt in diesem Zusammenhang auch zu Recht darauf ab, dass die genannten Gesichtspunkte umso deutlicher gegen das Vorhandensein einer unzulässigen Abschaltvorrichtung der Art wie in EA189-Motoren sprechen, als nach dem Bekanntwerden der Manipulationen an der Steuerung des Motortyps EA189 bereits über sechs Jahre verstrichen sind, ohne dass auch bei dem im streitgegenständlichen Fahrzeug verwendeten Motortyp EA896Gen2 nach Schadstoffnorm EU5 unzulässige Abschalteinrichtungen festgestellt worden wären (Urteil S. 9 Bl. 324 d.A.). Dieses Argument wiegt umso schwerer angesichts der umfassenden Berichterstattung von Presse und Medien und der andauernden Untersuchungen der zuständigen Behörden seit September 2015, wobei von letzteren eine - ausweislich der Auskunft des KBA vom 11.09.2020 und wiederum unstreitig - ab November 2019 gerade den Motortyp EA896Gen2 betraf, aber, wie ausgeführt, ebenfalls keine Beanstandung zur Folge hatte.

(4) Insofern gehen auch die Hinweise der Klägerin auf den Sachmangelbegriff und die Entscheidungen des Bundesgerichtshofes (seit BGH 08.01.2019 - VIII ZR 225/17, in Juris Rz. 4-23 -) oder die obergerichtliche Rechtsprechung zu Fällen des Motorentyps EA189 ins Leere, so etwa die umfangreichen Ausführungen in der erstinstanzlichen Replik vom 16.09.2019 (Bl. 115-129 d.A.). Denn auch dort werden umfangreich und unter breiter Wiedergabe vermeintlich einschlägiger Entscheidungen Textbausteine durchweg zum Motortyp EA189 vorgetragen. Bei dem Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 08.01.2019 handelt es sich um eine Entscheidung zur kaufvertraglichen Sachmängelhaftung. Entgegen der offenbaren Ansicht des Klägervertreters genügt jedoch die Qualifikation einer unzulässigen Abschalteinrichtung als eines Sachmangels ohnehin nicht für die Annahme einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung i.S.d. § 826 Abs. 1 BGB (OLG Frankfurt 31.07.2020 -10 U 163/19, in Juris Rz. 47 -). Abgesehen davon nennt die Klägerin, wie ausgeführt, für die Anwendbarkeit des BGH-Beschlusses auf den Motortyp EA896Gen2 wiederum keine konkreten Anhaltspunkte, sondern beschränkt sich auch hier auf wiederholte Einschübe des pauschalen Satzes, hier seien gleichartige Abschalteinrichtungen verbaut (Replik I.I. S. 1 unten, 2 Mitte, 11 Abs. 2, Bl. 115, 116, 125 d.A.). Auch das Vorbringen im Klägerschriftsatz vom 09.12.2020 (Bl. 169-175 d.A.) betrifft vollen Umfangs den EA189-Komplex und enthält nicht einmal derartige Einschübe über die Geltung für den Motor EA896Gen2.

(5) Soweit der Klägervertreter im Schriftsatz vom 04.01.2021 schließlich meint, nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 17.12.2020 - C-693/18 - komme es auf den Motortyp überhaupt nicht mehr an (S. 1f Bl. 179f d.A.), übersieht er, dass gerade diese Entscheidung wiederum zum EA189-Komplex ergangen ist und auch in diesem Rahmen über die Sittenwidrigkeit der Installation der dortigen Schaltung i.S. des (dem nationalen deutschen Recht angehörenden) § 826 BGB nichts sagt (ebenso OLG Frankfurt/M a.a.O. - in Juris Rz. 50f -).

c) Soweit die Klägerin schon in der Klageschrift unter Verwendung eines Arguments zum Motor EA189 behauptet hat, auch das Software-Update sei mangelhaft, weil es zu einer verstärkten Belastung der Bauteile und damit zu einer reduzierten "Standfestigkeit" (gemeint wohl: Lebensdauer) des AGR-Ventils, des Partikelfilters und zu erhöhtem Kraftstoffverbrauch des Fahrzeugs führe (Klageschrift S. 4f Bl. 6f d.A.), geht dies ins Leere angesichts dessen, dass die Beklagte zu 2 unstreitig mangels verpflichtenden Rückrufs noch gar keinen Anlass hatte, ein Software-Update für das Fahrzeug zu entwickeln und anzubieten. Auch bei diesem Vortrag handelt es sich ersichtlich um einen Textbaustein aus EA189-Fällen.

Abgesehen davon werden mit diesem Vorbringen technische Nachteile des Updates in Form nach wie vor die Grenzwerte überschreitenden Emissionen im Realbetrieb sowie andere Spät- oder Dauerfolgen des Updates wie verringerte Haltbarkeit von Teilen behauptet, worüber die Beklagte nicht aufgeklärt habe. Insoweit ist auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 09.03.2021 zu verweisen, nach welcher auf solche Mängel der Vorwurf der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nicht gestützt werden kann (BGH 09.03.2021 - VI ZR 889/20, in Juris Rz. 30 -).

d) Soweit die Klägerin daneben seit ihrem Schriftsatz vom 04.01.2021 zusätzlich auf das Vorhandensein eines sog. "Thermofensters" in der Motorsteuerung des streitgegenständlichen Fahrzeugs abstellen möchte, greift auch dies nicht. Dies gilt für die Behauptung einer solchen Einrichtung im Software-Update schon deshalb, weil es unstreitig ein solches Update für das streitgegenständliche Fahrzeug nicht gibt. Aber auch soweit damit eine ursprünglich vorhandene, von der Beklagten arglistig verschwiegene unzulässige Abschalteinrichtung behauptet wird, hat der Bundesgerichtshof dies nicht ausreichen lassen (BGH 16.09.2021 - VII ZR 190/20, in Juris Rz. 19-26 -).

aa) Anhaltspunkte für eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigungshandlung durch die Beklagte zu 1, welche die Beklagte zu 2 sich zurechnen lassen müsste, trägt die insoweit darlegungspflichtige Klägerin ohnehin nicht vor, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat (Urteil S. 11 Bl. 326 d.A.).

bb) Was den von der Klägerin ersichtlich vor allem gegen die Beklagte zu 2 geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung durch Installation des "Thermofensters" angeht, ist inzwischen geklärt, dass darin jedenfalls vor 2016 keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigungshandlung i.S.v. § 826 BGB zu sehen ist (so explizit OLG Schleswig 14.04.2022 - 7 U 190/21, in Juris Rz. 27 - unter Hinweis auf BGH 29.09.2021 - VII ZR 126/21 und 223/20 -; 13.10.2021 - VII ZR 50/21 -). Die Klägerin hat ihren Pkw bereits 2013 erworben; die Erstzulassung auf sie erfolgte unwidersprochen am 08.01.2014 (Klageschrift S. 3 Bl. 5 d.A.).

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kommt die Entwicklung und Installation des "Thermofensters" als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nur in Betracht, wenn bei zugunsten der Klägerseite unterstelltem objektivem Verstoß der Anwendung eines "Thermofensters" gegen Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen. Dies setzt jedenfalls voraus, dass diese Personen bei der Entwicklung und / oder Applikation der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein gehandelt hätten, eine (weitere) unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen hätten. Dies hat die Klägerseite darzulegen (BGH 19.01.2021 - VI ZR 433/19, in Juris Rz. 16-19 -); die bloße Behauptung negativer Folgen des Updates für Verbrauch und Verschleiß genügt nicht (BGH 09.03.2021 - VI ZR 889/20, in Juris Rz. 23-30 -; ebenso BGH 20.07.2021 - VI ZR 1154/20, in Juris Rz. 12f -; BGH 16.09.2021 - VII ZR 190/20, in Juris Rz. 30ff -; BGH 23.09.2021 - III ZR 200/20, in Juris Rz. 21ff -). Der VI. Senat des Bundesgerichtshofes hat am 20.07.2021 eine Berufungsentscheidung des OLG Naumburg gebilligt, wonach die Beklagte allenfalls fahrlässig die Rechtslage in Bezug auf die Zulässigkeit von Thermofenstern verkannt habe (BGH 20.07.2021 - VI ZR 1154/20, in Juris Rz. 14 -). Schließlich hat der III. Senat mit Beschluss vom 25.11.2021 festgestellt, dass selbst dann, wenn eine Täuschung des KBA über die Installation eines "Thermofensters" überhaupt und über die Parameter für dessen Beeinflussung auf die Abgasrückführung behauptet wird, jedenfalls eine unklare Rechtslage hinsichtlich der Zulässigkeit von "Thermofenstern" bestand, die dem Vorwurf der Sittenwidrigkeit entgegensteht. Der Senat hat dabei zur Begründung ausdrücklich auf den Bericht der Untersuchungskommission "Volkswagen" des BMVI vom April 2016 verwiesen, wonach "Thermofenster" bei allen Herstellern üblich und zulässig seien (BGH 25.11.2021 - III ZR 202/21, in Juris Rz. 14f -) und damit die gleichlautende, einhellige obergerichtliche Rechtsprechung bestätigt. Der VII. Senat des Bundesgerichtshofes hat schließlich kürzlich darauf abgestellt, dass auch nach dem Klägervorbringen die Abgasreinigung bei Installation des "Thermofensters" auf dem Prüfstand und im Realbetrieb in gleicher Weise funktioniere und auch nicht dargelegt sei, dass die Temperatur-oder Höhenbereiche exakt auf die Bedingungen des Prüfstands zugeschnitten seien (BGH 21.04.2022 - VII ZR 70/21, in Juris Rz. 16-20 -).

Damit bestätigt der Bundesgerichtshof die einhellige obergerichtliche Rechtsprechung, nach der ein Handeln unter vertretbarer Auslegung des Gesetzes bei Fehlen anderer konkreter Anhaltspunkte nicht als verwerflich angesehen werden kann; dann aber fehlt es an einem sittenwidrigen Verhalten unabhängig davon, ob ein "Thermofenster" generell oder jedenfalls das im konkreten Fahrzeug geschaltete objektiv unzulässig ist (OLG Köln 04.07.2019 - 3 U 148/18, in Juris Rz. 6 -; OLG Köln 02.04.2020 - 8 U 3/19, BeckRS 2020, 8398 Rz. 11f; OLG Stuttgart 30.07.2019 - 10 U 134/19, in Juris Rz. 81-100 -; i. Anschl. daran OLG Bamberg 31.03.2020 - 3 U 57/19, BeckRS 2020, 9901 Rz. 18f -; OLG Düsseldorf 12.03.2020 - 5 U 110/19, BeckRS 2020, 9904 Rz. 30ff -; OLG Koblenz 21.10.2019 - 12 U 246/19, in Juris Rz. 38-49 -; OLG München 20.01.2020 - 21 U 5072/19, in Juris Rz. 30-34 -; 10.02.2020 - 3 U 7524/19, in Juris Rz. 12-15 -; OLG Oldenburg 01.04.2020 - 5 U 107/19, BeckRS 2020, 9827 Rz. 27-29 -; OLG Saarbrücken 05.01.2022 - 2 U 86/21, in Juris Rz. 21-26 -; OLG Schleswig 18.09.2019 - 12 U 123/18, in Juris Rz. 40-49 -; 14.04.2022 - 7 U 190/21, in Juris Rz. 27 -; ähnlich OLG Celle 18.12.2019 - 7 U 511/18, in Juris Rz. 24-34 -). Die Auslegung, das sog. "Thermofenster" sei eine zulässige Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 5 Abs. 2 S. 2 lit. a) EGVO 715/2007, war 2015/16 nach alledem jedenfalls nicht unvertretbar (OLG Stuttgart a.a.O. - in Juris Rz. 89-91 -; ebenso die schon zitierten Entscheidungen zu Parallelfällen des Motors EA896Gen2: OLG Frankfurt 31.07.2020 - 10 U 163/19, in Juris Rz. 38-51 -; OLG Oldenburg 26.10.2020 - 11 U 58/20, in Juris Rz. 57-69 -; OLG Köln 20.04.2021 - 14 U 84/19, in Juris Rz. 24 -; OLG Brandenburg 07.06.2021 - 1 U 104/19, in Juris Rz. 38 -).

(2) Danach beruft sich die Beklagte zu 2 jedenfalls zutreffend - und im Übrigen auch unwidersprochen - unter Anführung des Berichts der Untersuchungskommission "Volkswagen" beim Bundesverkehrsministerium vom April 2016 auf die Üblichkeit und Zulässigkeit von "Thermofenstern" bei Dieselmotoren mit Abgasrückführungstechnik. Denn ein Handeln unter vertretbarer Auslegung des Gesetzes kann bei Fehlen anderer konkreter Anhaltspunkte nicht als verwerflich angesehen werden; dann aber fehlt es an einem sittenwidrigen Verhalten unabhängig davon, ob das "Thermofenster" generell oder jedenfalls das im konkreten Fahrzeug geschaltete objektiv unzulässig ist (BGH und obergerichtl. Rspr. a.a.O.). Mithin kann auch ein Schädigungsvorsatz i.S.d. § 826 BGB nicht festgestellt werden (BGH 20.07.2021 - VI ZR 1154/20, in Juris Rz. 14f -; OLG Stuttgart a.a.O. - in Juris Rz. 92-94 -; OLG München 20.01.2020 - 21 U 5072/19, in Juris Rz. 34 -; OLG München 10.02.2020 - 3 U 7524/19, in Juris Rz. 13 -; OLG Oldenburg a.a.O. Rz. 29; OLG Saarbrücken 05.01.2022 - 2 U 86/21, in Juris Rz. 21-26 -; OLG Schleswig 14.04.2022 - 7 U 190/21, in Juris Rz. 27 -).

Insoweit kommt es nicht einmal darauf an, ob die Beklagte zu 2 die Grenzwerte des "Thermofensters" dem KBA detailliert offengelegt hat oder nicht. Denn auch wenn dies nicht der Fall war, könnte dieser Umstand noch nicht zur Feststellung einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigungshandlung führen. Denn dann wäre das KBA seinerseits nach dem Amtsermittlungsgrundsatz gem. § 24 Abs. 1 VwVfG gehalten gewesen, diese zu erfragen, um die Zulässigkeit der verwendeten Abschalteinrichtungen überprüfen zu können (BGH 15.09.2021 - VII ZR 3/21 und 101/21, in Juris Rz. 17 bzw. 20 -; 16.09.2021 - BGH VII ZR 190/20, in Juris Rz. 26 -; 29.09.2021 - VII ZR 45/21, in Juris Rz. 17 -; 13.10.2021 - VII ZR 50/21, in Juris Rz. 16 -; OLG München 01.03.2021 - 8 U 4122/20 -; OLG Schleswig 30.11.2021 - 7 U 36/21, in Juris Rz. 57; 14.04.2022 - 7 U 190/21, in Juris Rz. 31 -).

(3) Abgesehen davon hat die Beklagte zu 2 dazu bereits im Schriftsatz vom 22.03.2021 unwidersprochen vorgetragen, bereits im Untersuchungsbericht der Kommission "Volkswagen" habe das KBA konstatiert, der Verdacht gegen Modelle wie den Pkw Audi A6 mit 3,0-l-Motor habe sich nicht bestätigt (S. 24-26, Bl. 256-258 d.A.). Später habe sie dem KBA im Rahmen des "Nationalen Forums Diesel" ab 2017 die Daten des "Thermofensters" für die mit dem genannten Motor ausgestatteten Fahrzeuge übermittelt und freiwillig ein Software-Update entwickelt. Da die Freigabe dieses Updates voraussetze, dass in der ursprünglichen Schaltung keine unzulässige Abschalteinrichtung eingebaut sei, habe das KBA die Daten geprüft und daraufhin das freiwillige Update freigegeben. Auch in dem schon erwähnten Anhörungsverfahren ab November 2019 sei die Bedatung des "Thermofensters" überprüft, aber nicht beanstandet worden, was das KBA in der Auskunft an das OLG Stuttgart vom 11.09.2020 auch erklärt habe, und zwar für alle Fahrzeuge des Volkswagen-Konzerns mit dem 3,0-l-V6-TDI-Motoren der Generation 2 nach Schadstoffnorm EU5 (Beklagtenschriftsatz v. 22.03.2021 S. 5-16, Bl. 237-248 d.A.). Die Klägerin hat all dies nicht bestritten, sondern es lediglich für unmaßgeblich gehalten, da nur die Herstellerangaben geprüft worden seien und diese erst ab 2016 im Typgenehmigungsverfahren offenbart werden müssten (Klägerschriftsatz v. 13.04.2021 S. 2, Bl. 270 d.A.). Dabei liegt letzteres neben der Sache, weil die Beklagte zu 2 im Schriftsatz vom 22.03.2021 gerade ausdrücklich vorgetragen hat, ab 2017 dem KBA tatsächlich die genaue Bedatung des ursprünglich vorhandenen "Thermofensters" zur Überprüfung mitgeteilt zu haben. Im Übrigen behauptet die Klägerin selbst nicht, dass die Beklagte zu 2 dem KBA unzutreffende Angaben etwa über die Reichweite des "Thermofensters" gemacht habe.

(4) Soweit der Klägervertreter demgegenüber darauf abstellen will, dass bereits die Existenz des "Thermofensters" als solche nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 17.12.2020 - C-693/18 - generell unzulässig sei oder jedenfalls insoweit, als die Reduzierung der Abgasrückführung nicht erforderlich sei (Schriftsatz v. 13.04.2021 S. 2-13, Bl. 270-281 d.A.), ist schon weder dargelegt noch sonst ersichtlich, wie die Beklagte zu 2 dieses nach dem Aktenzeichen im Jahre 2018 eingeleitete Verfahren bei Entwicklung und Einbau des Software-Updates in den streitgegenständlichen Pkw vor dem Kauf der Klägerin vom 15.10.2013 hätte kennen können. Gleiches gilt für die Urteile des Europäischen Gerichtshofes vom 14.07.2022 in im Jahre 2020 eingeleiteten Vorlageverfahren wegen der Auslegung von Artt. 3 Nr. 10, 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 zu "Thermofenstern" als Abschalteinrichtungen und deren Unzulässigkeit (EuGH 14.07.2022 - C-128/20, Leitsätze 1 u. 2 mit Rz. 30-70; C-134/20, Leitsätze 1 u. 2 mit Rz. 37-54, 62-82; C-145/20, Leitsatz 2 mit Rz. 59-81, alle zit. n. Juris -).

Unabhängig davon hat der Europäische Gerichtshof in der C-693/18 mit Urteil vom 17.12.2020 auf die Anfrage eines französischen Gerichts nur die bekannte, in VW-EA189-Motoren ursprünglich vorhandene Umschaltfunktion mit Prüfstandserkennung für unzulässig erklärt. Dagegen hat er sich nicht mit einer Außentemperaturerkennung und einer Steuerung der Abgasrückführung in Abhängigkeit davon befasst, wie sich aus Tenor und Begründung der Entscheidung ergibt (EuGH NJW 2021, 1206ff, insbes. 1206f und 1220f, zuletzt in Rz. 115). Dass demgegenüber die Ausstattung der Motorsteuerung mit einer Umschaltung auf eine korrekte Abgasnachbehandlung nur auf dem Prüfstand gegen Art. 5 Abs. 2 S. 2 EGVO 715/2007 verstößt, wie der EuGH ausführt, haben auch alle deutschen Gerichte von Anfang an erkannt und ist auch seit BGH 08.01.2019 - VIII ZR 225/17 - vom Bundesgerichtshof bestätigt. Ein solcher Fall wird hier mit dem "Thermofenster" aber gerade nicht behauptet; es weist gerade keine Prüfstandserkennung auf, sondern reduziert die Abgasrückführung auch im gewöhnlichen Fahrbetrieb bei entsprechenden Temperaturen.

Nach der oben ausgeführten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, welcher der Senat folgt, kann der Vorwurf des sittenwidrigen Handelns i.S.d. § 826 BGB wegen der Installation des sog. "Thermofensters" nur bei Hinzutreten weiterer, über die bloße objektive Verbotswidrigkeit hinausgehender Umstände erhoben werden (BGH 19.01.2021 - VI ZR 433/19, in Juris Rz. 16-19 -; 09.03.2021 - VI ZR 889/20, in Juris Rz. 23-30 -; 20.07.2021 - VI ZR 1154/20, in Juris Rz. 12-14 -; 16.09.2021 - VII ZR 190/20, in Juris Rz. 30ff -; BGH 23.09.2021 - III ZR 200/20, in Juris Rz. 21ff -; 25.11.2021 - III ZR 202/21, in Juris Rz. 14f -; vgl. auch die einen Parallelfall des Motortyps EA896Gen2 betreffende Entscheidung OLG Frankfurt 31.07.2020 - 10 U 163/19, in Juris Rz. 50f -). Daran ändern auch die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes vom 14.07.2022 nichts, nach welchen "Thermofenster" mit der von den Herstellern gegebenen Begründung unzulässige Abschalteinrichtungen i.S.d. Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 darstellen (EuGH 14.07.2022 - C-128/20, Leitsätze 1 u. 2 mit Rz. 30-70; C-134/20, Leitsätze 1 u. 2 mit Rz. 37-54, 62-82; C-145/20, Leitsatz 2 mit Rz. 59-81, alle zit. n. Juris -). Denn wie ausgeführt, genügt der objektive Gesetzesverstoß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht zur Begründung des Sittenwidrigkeitsvorwurfes gem. § 826 BGB. Diese Vorschrift gehört im Übrigen dem nationalen Recht der Bundesrepublik Deutschland an; ihre Auslegung fällt nicht in die Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofes.

e) Das Landgericht hat auch zu Recht festgestellt, dass ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den Zulassungsvorschriften Artt. 12, 18 EGRL 2007/46, Artt. 3 Nr. 10, 5 Abs. 2 EGVO 715/2007, §§ 4, 6, 25, 27 EG-FGV der Klägerin auch dann nicht zusteht, wenn man von einem Verstoß der Beklagten gegen diese Vorschriften auszugehen hätte. Dies tut die Rechtsprechung von Beginn an einhellig im Hinblick auf den Einbau der Umschaltvorrichtung mit Prüfstandserkennung in EA189-Motoren (vgl. nur BGH 08.01.2019 - VIII ZR 225/17, in Juris Rz. 4-23 -). Soweit der Klägervertreter von einem Verstoß gegen die genannten Zulassungsvorschriften auch im Hinblick auf eine vergleichbare Einrichtung im 3,0-l-V6-Dieselmotor des Typs EA896Gen2 sowie das sog. "Thermofenster" in der Software ausgeht, fehlt es am Verstoß gegen ein den Schutz eines anderen bezweckenden Gesetzes i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB. Denn entgegen der Auffassung der Klägerin stellen die Zulassungsvorschriften keine Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB dar (BGH 25.05.2020 - VI ZR 252/19, in Juris Rz. 72-77 -; st. Rspr. auch des Senats seit Urteil vom 19.02.2019 - 7 U 134/17, in Juris Rz. 137-159 -).

Auch hieran ändern die oben zitierten, erst am 14.07.2022 ergangenen Urteile des Europäischen Gerichtshofes, nach welchen "Thermofenster" mit der von den Herstellern gegebenen Begründung unzulässige Abschalteinrichtungen i.S.d. Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 darstellen (EuGH 14.07.2022 - C-128/20, Leitsätze 1 u. 2 mit Rz. 30-70; C-134/20, Leitsätze 1 u. 2 mit Rz. 37-54, 62-82; C-145/20, Leitsatz 2 mit Rz. 59-81, alle zit. n. Juris -), schon aus Gründen der Chronologie nichts am Ergebnis; die Beklagte zu 2 konnte diese Entscheidungen in den Jahren bis zum Kauf der Klägerin am 15.10.2013 nicht kennen.

Soweit der Generalanwalt beim EuGH in seiner Stellungnahme vom 02.06.2022 zu EuGH C-100/21 die Auffassung vertreten hat, die europarechtlichen Zulassungsvorschriften schützten mangels anderer einschlägiger Rechtsinstitute auch den Käufer vor dem Erwerb von den Zulassungsvorschriften nicht entsprechenden Fahrzeugen, ist dem nicht beizutreten. Die Sache ist deshalb auch nicht dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen oder auszusetzen. Insoweit schließt sich der Senat der Auffassung der Oberlandesgerichte Frankfurt/M und München an (OLG Frankfurt/M 01.08.2022 - 11 U 144/20, in Juris Rz. 3-14 -; OLG München 01.07.2022 - 8 U 1671/22, in Juris Rz. 26-37 -). Damit verbleibt es im Ergebnis dabei, dass der Senat der vorliegenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes folgt.

Im Übrigen kann angesichts der oben ausgeführten unsicheren Rechtslage für die Hersteller zur Zeit der Entwicklung und Installation des "Thermofensters" im streitgegenständlichen Fahrzeug sowie zum Zeitpunkt von dessen Kauf durch die Klägerin auch nicht von Fahrlässigkeit der Beklagten zu 2 ausgegangen werden. Denn Fahrlässigkeit setzt die Erkennbarkeit der Rechtswidrigkeit des Handelns voraus; ein Rechtsirrtum des Handelnden schließt Fahrlässigkeit nur bei Unvermeidbarkeit aus. Ein Rechtsirrtum ist jedoch auch bei Anlegung des erforderlichen strengen Maßstabes dann ausnahmsweise unvermeidbar, wenn der Schuldner nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage mit einem Unterliegen im Rechtsstreit nicht zu rechnen brauchte. Dafür genügt es, dass die zuständige Aufsichtsbehörde die Rechtsfrage zugunsten des Handelnden beantwortet hätte (BGH 27.06.2017 - VI ZR 424/16, in Juris Rz. 16f -; 27.09.1989 - IVa ZR 156/88, in Juris Rz. 8 -; 17.12.1969 - VIII ZR 10/68, in Juris Rz. 9 -; i. Anschl. daran OLG Hamm 24.06.2022 - 30 U 90/21, in Juris Rz. 82-97 -). Im vorliegenden Falle wäre jedoch angesichts der oben ausgeführten Üblichkeit solcher Schaltungen in Motorsteuerungen von Dieselfahrzeugen jedenfalls bis 2016 und der Nichtbeanstandung von "Thermofenstern" durch das KBA als zuständige Aufsichtsbehörde sogar bis heute eine Auskunft des KBA an die Beklagte zu 2 zur Zeit der Entwicklung und Installation des "Thermofensters" im streitgegenständlichen Fahrzeug sowie zum Zeitpunkt von dessen Kauf durch die Klägerin am 15.10.2013 jedenfalls im Sinne der Zulässigkeit ergangen. Mithin kann der Beklagten zu 2 ein Verschulden i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB auch nicht in Form der Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden. Insoweit tritt der Senat den entsprechenden Ausführungen der Oberlandesgerichte Frankfurt/M und Hamm zu Parallelfällen bei (OLG Frankfurt/M OLG 01.08.2022 11 U 144/20, in Juris Rz. 10-14 -; Hamm 24.06.2022 - 30 U 90/21, in Juris Rz. 82-103, bes. 86 -).

f) Auch ein Schadensersatzanspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 263 Abs. 1 StGB steht der Klägerin gegen die Beklagte zu 2 nicht zu. Insofern liegt zwar kein Fall wie derjenige vor, welchen der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 30.07.2020 entschieden hat; es liegt kein Gebrauchtfahrzeugkauf vor, für welchen die Absicht der Verantwortlichen der Beklagten zu 2 zur eigenen oder fremdnützigen stoffgleichen Bereicherung unter allen Gesichtspunkten verneint werden könnte (BGH 30.07.2020 - VI ZR 5/20, in Juris Rz. 17-26 -). Jedoch hat das Landgericht zu Recht darauf abgestellt, dass es für den hiesigen Fall eines mit dem Motor des Typs EA896Gen2 ausgestatteten Fahrzeugs wie zu § 826 BGB (s.o. a]-d]), so auch zu §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 Abs. 1 StGB schon am schlüssigen Vortrag einer Täuschungshandlung der Verantwortlichen der Beklagten zu 2 fehlt (Urteil S. 11 Bl. 326 d.A.).

4. Mangels Hauptforderung sind auch die Berufungsanträge zu 2 und 3 auf Feststellung des Annahmeverzuges und Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten unbegründet.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 709 ZPO. Ein Anlass zur Zulassung der Revision i.S.d. § 543 Abs. 2 ZPO war nicht erkennbar; der Senat folgt durchweg den Entscheidungen des Bundesgerichtshofes. Der Berufungsstreitwert war gem. § 63 Abs. 2 GKG nach dem mit der Berufung weiterverfolgten Klagantrag zu 1 (Urteil S. 4, Berufungsbegründung S. 1, Bl. 319, 378 d.A.) festzusetzen auf die Gebührenstufe bis 80.000.- €. Ein Abzug für den Nutzungsvorteil war nicht zu berücksichtigen; denn die Klägerin hat diesen im Antrag zu 1 nicht beziffert oder berechenbar eingegrenzt, der Berechnungszeitpunkt soll vielmehr der der tatsächlichen Fahrzeugrückgabe sein, er liegt mithin in ungewisser Zukunft. Die Anträge zu 2 und 3 sind streitwertirrelevant.