Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 30.03.1995, Az.: 1 A 1211/94
Rechtmäßigkeit der Versagung der öffentlichen Bestellung zum Sachverständigen für Bauwesen im Sachgebiet "Bewertung bebauter und unbebauter Grundstücke"; Ausschließliche Entscheidungsbefugnis der Ingenieurkammer; Vereinbarkeit des Erfordernisses des besonderen Sachkunde mit derm Grundrecht der Berufsfreiheit; Entsprechende Anwendung der Grundsätze des Prüfungsrechts auf das prüfungsähnliche Verfahren; Rüge der fehlerhaften Besetzung der Prüfungskommission und der Besorgnis der Befangenheit; Rechtzeitigkeitserfordernis bei der Rüge von Verfahrensfehlern; Volle gerichtlicher Kontrolle der Bewertung von Prüfungsleistungen durch einen Fachausschuss; Substantiierungspflicht hinsichtlich Einwendungen gegenüber der Bewertung von Lösungen und Antworten auf Fachfragen; Rechtmäßigkeit der Gebührenerhebung für das Prüfungsverfahren und Auferlegung weiterer Kosten
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 30.03.1995
- Aktenzeichen
- 1 A 1211/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 17209
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGGOETT:1995:0330.1A1211.94.0A
Rechtsgrundlagen
- § 86 Abs. 1 VwGO
- § 113 Abs. 5 VwGO
- § 2 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG
- § 21 Abs. 1 VwVfG
- § 39 Abs. 1 VwVfG
- § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG
- § 45 Abs. 2 VwVfG
- § 19 Abs. 1 Nr. 8 NIngG
- § 22 Abs. 1 S. 2 NIngG
- § 22 Abs. 2 S. 1 NIngG
- Art. 12 Abs. 1 GG
- § 36 Abs. 3 GewO
- § 36 Abs. 4 GewO
Verfahrensgegenstand
Bestellung zum Sachverständigen
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Die Bestellungsvoraussetzungen der Sachverständigenordnung der Ingenieurkammer, insbesondere der Nachweis der erforderlichen Sachkunde, verstoßen nicht gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit.
- 2.
An den Nachweis der besonderen Sachkunde sind hohe Anforderungen zu stellen; Restzweifel an der hohen Qualifikation, die das Amt des öffentlichen Sachverständigen verlangt, dürfen nicht bestehen.
- a)
Kann einem Antrag auf öffentliche Bestellung zum Sachverständigen nach Aktenlage nicht entsprochen werden, so ist die Bestellungsbehörde berechtigt, den Bewerber zu einer Prüfung vor einer Prüfungskommission zu laden und das Votum der Kommission bei ihrer Entscheidung zugrundezulegen.
- b)
Die Überprüfung der besonderen Sachkunde stellt sich als ein prüfungsähnliches Verfahren dar, für das grundsätzlich weder eine spezielle Ermächtigung der Bestellungsbehörde noch eine Regelung mit Rechtsnormcharakter erforderlich ist; erlässt die Bestellungsbehörde dennoch eine Prüfungsordnung, so begegnet es keinen Bedenken, wenn diese eine Auswahl des Prüfungsstoffes und Regelungen über die fachlichen Anforderungen, die an den Nachweis der besonderen Sachkunde gestellt werden sollen, nicht enthält.
- 3.
Wird zu einem prüfungsähnlichen Verfahren der Ablauf der Prüfung gerügt, so sind bei der gerichtlichen Überprüfung zumindest dann die im Prüfungsrecht geltenden Grundsätze entsprechend heranzuziehen, wenn die Behörde zum Nachweis der besonderen Sachkunde ein Leistungsermittlungsverfahren anwendet, das sich rein äußerlich nicht wesentlich von einer Berufszulassungsprüfung unterscheidet; soweit daneben die Bewertung von Prüfungsleistungen durch einen Fachausschuss beanstandet werden, unterliegt diese Bewertung der vollen gerichtlichen Kontrolle.
- a)
Der Vorwurf der falschen Kommissionsbesetzung im Rahmen der mündlichen Prüfung ist dann begründet, wenn eine Person, die dem Prüfungsausschuss nicht angehört, an der sich an die Prüfung anschließenden Beratung teilnimmt; dann spricht eine Vermutung dafür, dass hierdurch das Prüfungsergebnis beeinflusst worden ist.
- b)
Auf die Fehlerhaftigkeit des Prüfungsverfahrens kann sich der Prüfling nur berufen, wenn er sie rechtzeitig gerügt hat; hinsichtlich einer mündlichen Prüfung ist eine solche Rüge zumindest unverzüglich nach der Prüfung zu erheben.
- c)
Zur Annahme der Besorgnis der Befangenheit im Prüfungsverfahren müssen Tatsachen vorliegen, die ohne Rücksicht auf individuelle Empfindlichkeiten den Schluss rechtfertigen, dass der Prüfer nicht die notwendige Distanz und sachliche Neutralität aufbringen wird bzw. in der Prüfung aufgebracht hat.
Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Göttingen hat
auf die mündliche Verhandlung vom 30.03.1995
durch
den Präsidenten des Verwaltungsgerichts Dr. van Nieuwland,
den Richter Dr. Möller,
die Richterin Düfer sowie
die ehrenamtliche Richterin ... und
den ehrenamtlichen Richter ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Versagung seiner öffentlichen Bestellung und Vereidigung zum Sachverständigen für Bauwesen im Sachgebiet "Bewertung bebauter und unbebauter Grundstücke".
Mit Schreiben vom 08.10.1992 beantragte der Kläger bei der Beklagten die öffentliche Bestellung und Vereidigung zum Sachverständigen unter anderem für das zuvor genannte Sachgebiet. Die Bestellung und Vereidigung zum Sachverständigen für weitere Sachgebiete, die der Kläger ebenfalls beantragt hat, ist von der Beklagten bislang nicht beschieden worden und ist auch nicht Gegenstands der gerichtlichen Entscheidung. Dem Antrag waren eine Diplomurkunde, Bestätigungen über die Teilnahme an Seminaren und ein Lebenslauf beigefügt. Die eingereichten Unterlagen ergeben, daß der am 13.04.1954 geborene Kläger nach seinem Hauptschulabschluß im Jahre 1970 zunächst eine Bauzeichnerlehre machte, die er mit der Gesellenprüfung im Jahre 1973 erfolgreich abschloß. Sodann besuchte er die Gewerbeschule ... und schloß diese mit der Fachhochschulreife im Jahre 1975 ab. Bis 1978 studierte der Kläger Architektur an der Fachhochschule ... und erlangte mit Bestehen der Abschlußprüfung den Hochschulgrad des Diplomingenieurs. Von 1978 bis 1984 war der Kläger Bauleiter bzw. Geschäftsführer bei vier verschiedenen Unternehmen. Seit Januar 1986 ist er Bausachverständiger im Dienst des Landes Niedersachsen (Dienststelle: Staatshochbauamt .... Ein im Oktober 1992 erstelltes Führungszeugnis weist keine Eintragungen auf.
Auf Anforderung der Beklagten reichte der Kläger zunächst drei für das Staatshochbauamt und später drei weitere, für andere Auftraggeber gefertigte Gutachten sowie drei Referenzen und eine Nebentätigkeitsgenehmigung des Staatshochbauamtes ... ein.
Am 13.10.1993 stellte sich der Kläger in einem persönlichen Gespräch dem Sachverständigenausschuß der Beklagten vor. Der Sachverständigenausschuß nahm ferner eine Vorbeurteilung der eingereichten Antragsunterlagen vor. Der zuständige Berichterstatter, Herr Dipl.-Ing. ..., stellte dabei laut Bericht vom 17.10.1993 gewisse Mängel bei den vorgelegten Gutachten fest, so etwa, der Kläger habe die Bewirtschaftungskosten ohne Begründung mit nur 20 % angesetzt und die Zuordnung der ermittelten Werte beim Kasernengrundstück sei kaum nachvollziehbar, weil der Kläger sich zu starr an die Vorlage gehalten habe, die für eine solche Bewertung schlecht geeignet sei. Er hielt deshalb eine Prüfung für erforderlich; seiner Ansicht nach zeigten die vorgelegten Gutachten, daß der Kläger "voraussichtlich" die erforderliche Sachkunde aufweise.
Für den 08.12.1993 wurde der Kläger zur Prüfung der besonderen Sachkunde geladen. Der Ladung war ein Merkblatt beigefügt, dessen Ziff. 4 wie folgt lautet:
"Die schriftliche Prüfung erfolgt in der Weise, daß ein Objekt besichtigt und anschließend in einem schriftlichen Gutachten bewertet wird. Die Dauer der Ortsbesichtigung beträgt ca. 1 Stunde. Für die Ausarbeitung des schriftlichen Gutachtens werden 3 Stunden angesetzt. Die schriftliche Prüfung wird für alle Bewerber gleichzeitig durchgeführt. Alle Hilfsmittel sind zulässig ..."
Der Kläger nahm an der Prüfung vor der vorläufigen Prüfungskommission unter Vorsitz des Dipl.-Ing. ... und den weiteren Kommissionsmitgliedern Dipl.-Ing. ... sowie Dipl.-Ing. ... teil. Im Rahmen der schriftlichen Prüfung wurde der Kläger gemeinsam mit zwei weiteren Prüflingen zunächst durch ein zu begutachtendes Gebäude geführt; der Gebrauch eines Diktiergerätes, das er benutzen wollte, wurde ihm nicht gestattet. An die schriftliche Prüfung schloß sich eine mündliche Einzelprüfung vor der Kommission an.
Mit Bescheid vom 17.12.1993 lehnte der Präsident der Beklagten die öffentliche Bestellung des Klägers zum Sachverständigen ab und führte zur Begründung aus, die Prüfungskommission habe die nach § 2 Abs. 2 Buchst. d) der Sachverständigenordnung der Beklagten i.V.m. § 19 Abs. 1 Nr. 8 des Nds. Ingenieurgesetzes für die Bestellung erforderliche besondere Sachkunde im Fall des Klägers als nicht gegeben angesehen. Der Vorstand der Beklagten habe daher auf seiner Sitzung am 13.12.1993 beschlossen, den Antrag des Klägers entsprechend der Empfehlung der Prüfungskommission abzulehnen. Die Beklagte setzte die Kosten für das Verfahren auf insgesamt 1.225,00 DM (900,00 DM Gebühren für die Entscheidung, 266,00 DM Auslagen der Prüfungskommission, 9,00 DM Zustellung und 50,00 DM für Raummiete) fest.
Gegen den Ablehnungsbescheid der Beklagten legte der Kläger mit Schreiben vom 28.12.1993 Widerspruch ein und rügte hinsichtlich des Prüfungsverfahrens, allein an seiner mündlichen Prüfung - nicht jedoch bei denen seiner Mitbewerber - habe der Kammerreferent ..., obgleich dieser nicht Mitglied der Prüfungskommission gewesen sei, teilgenommen. Außerdem habe im Hinblick auf das Prüfungskommissionsmitglied ... die Besorgnis der Befangenheit bestanden, nachdem er, der Kläger, mit Herrn ... im Vorfeld der Prüfung bereits erhebliche Meinungsverschiedenheiten über die Anzahl der vorzulegenden Gutachten gehabt habe. Herr ... habe ihm auch die Benutzung seines Diktiergerätes untersagt, obwohl laut Merkblatt zur Prüfung alle Hilfsmittel erlaubt gewesen seien. Die einzelnen Positionen der Kostenfestsetzung seien für ihn nicht nachvollziehbar; er verlange eine unverzügliche Wiederholung der Prüfung unter Anrechnung des von ihm gezahlten Betrages von 1.225,00 DM vor der Industrie- und Handelskammer.
Daraufhin holte die Beklagte eine Stellungnahme des Vorsitzenden der Prüfungskommission ein, in der dieser auf die Kritikpunkte des Klägers im einzelnen einging. In einem persönlichen Gespräch am 09.02.1994 erhielt der Kläger außerdem Gelegenheit, mit Vertretern der Beklagten seinen Widerspruch zu erörtern.
Mit Bescheid vom 15.03.1994 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte aus, die Prüfung der besonderen Sachkunde sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Der Kammerreferent ... habe nicht nur bei der Prüfung des Klägers, sondern bei 50 % aller bisher durchgeführten mündlichen Prüfungen im Sachgebiet "Bewertung" teilgenommen. Er habe weder Einfluß auf das Prüfungsgeschehen genommen, noch sei seine Anwesenheit von dem Kläger am Prüfungstage bemängelt worden. Hinsichtlich der geäußerten Besorgnis der Befangenheit des Kommissionsmitglieds ... sei nach Auskunft des Vorsitzenden der Kommission während des gesamten Prüfungsablaufs keine Situation entstanden, die diese Besorgnis hätte rechtfertigen können. Außerdem sei die Erstbeurteilung der Sachkunde des Klägers nicht durch Herrn ..., sondern durch den intern zugeordneten einzelnen Betreuer, Herrn ..., erfolgt. Die vorangegangenen unterschiedlichen Auffassungen zwischen dem Kläger und Herrn ... über die Erforderlichkeit weiterer Unterlagen führten nicht zu dessen Befangenheit. Daß ein Diktiergerät nicht als Hilfsmittel während der Prüfung verwendet werden dürfe, sei zwar im Merkblatt nicht erwähnt; es sei jedoch eine Selbstverständlichkeit, daß solche Hilfsmittel nicht eingesetzt werden dürften, die dazu geeignet seien, andere Prüflinge bei der schriftlichen Ausarbeitung der Prüfungsaufgabe zu stören. Der Forderung nach einer erneuten Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer könne nicht entsprochen werden, weil Industrie- und Handelskammern und Ingenieurkammern eigenständige Körperschaften des öffentlichen Rechts seien, die jeweils eigene Entscheidungen über Anträge auf Bestellung zum Sachverständigen träfen.
In der Sache habe die Prüfung ergeben, daß der Kläger nicht die für die Bestellung notwendige besondere Sachkunde besitze. Nach dem Bericht der Prüfungskommission habe er auf einen wesentlichen Teil der Fragen nur unzureichend oder falsch geantwortet.
Am 14.04.1994 hat der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Braunschweig, das in der Rechtsmittelbelehrung des Widerspruchsbescheides zu Unrecht als örtlich zuständiges Gericht angegeben worden war, erhoben. Nachdem das Verwaltungsgericht Braunschweig mit Beschluß vom 03.05.1994 die Sache an das zuständige Verwaltungsgericht Göttingen verwiesen hat, trägt der Kläger in Vertiefung seines Vorbringens aus dem Widerspruchsverfahren vor, allein das passive Beobachten seiner mündlichen Prüfung durch Herrn ... habe die übrigen Prüfungskommissionsmitglieder bei ihrer Bewertung seiner Prüfungsleistungen beeinflussen können. Die Teilnahme des Herrn ... an der Prüfung stelle außerdem einen Verstoß gegen die Prüfungsordnung dar, weil diese eine Teilnahme dritter Personen nicht vorsehe. Indiz für die Befangenheit des Herrn ... sei bereits gewesen, daß infolge der erheblichen Meinungsverschiedenheiten im Vorfeld der Prüfung ein persönliches Vorstellungsgespräch am 13.10.1993 vor dem Sachverständigenausschuß stattgefunden habe. Bei diesem Vorstellungsgespräch seien ihm Fragen unterhalb der "Gürtellinie" gestellt worden, so etwa wie jemand, der im öffentlichen Dienst beschäftigt sei, dazu käme, Sachverständiger für die Wirtschaft werden zu wollen, obgleich er einen sicheren Arbeitsplatz habe. Weiter sei er gefragt worden, weshalb das Staatshochbauamt ihm eine Nebentätigkeit genehmigt habe. Er habe sich daher einen Tag später bei dem Vorsitzenden des Sachverständigenausschusses telefonisch nach dem Sinn dieser Befragung erkundigt und darum gebeten, bei der Besetzung der Prüfungskommission dafür Sorge zu tragen, daß eine Besorgnis der Befangenheit nicht entstehe. Gleichwohl sei Herr ... dann Mitglied der Prüfungskommission geworden und die Streitsituation habe sich während der Prüfung fortgesetzt. Dies zeige sich auch daran, daß er nicht gefragt worden sei, ob sein Diktiergerät mit einem Ohrhörer ausgestattet sei. Jedes Diktiergerät könne heutzutage mit einem Ohrhörer abgehört werden, ohne daß Dritte in irgendeiner Weise beim Abhören dessen, was diktiert worden sei, gestört würden. Zum Inhalt der Prüfung bestreitet der Kläger, Antworten in unzureichender Form gegeben zu haben. Weiter sei zu bemängeln, daß eine erhebliche Diskrepanz zwischen der wirklichen Bestandsaufnahme zur Fertigung eines Gutachtens in der Praxis und dem Zeitraum, der in der Prüfung zur Verfügung gestellt worden sei, bestehe. In der kurzen Zeit, die für die Ortsbesichtigung gewährt worden sei, hätten genaue Untersuchungen nicht vorgenommen werden können. Auch der Vorsitzende der Prüfungskommission habe geäußert, man benötige normalerweise für eine solche Aufgabe mehrere Tage. Schließlich sei auch im Rahmen des mündlichen Fachgesprächs das Ergebnis der gestellten Aufgabe in keiner Weise besprochen worden.
Weiterhin trägt der Kläger vor, die Sachverständigenprüfungsordnung (SVPrüfO) sei zu unbestimmt. Zwar sei unter Ziff. 1 dieser SVPrüfO geregelt, unter welchen Voraussetzungen ein Prüfungsverfahren eingeleitet werde. Die PrüfO, die in Ziff. 4 lediglich regele, daß die Prüfung mündlich und in der Regel auch schriftlich abgenommen werde, könne aber nicht Rechtsgrundlage für die Entscheidung sein, ob jemand zum öffentlich vereidigten Sachverständigen bestellt werde oder nicht. Jedenfalls ergebe sich aus der ausführlichen Aufzählung der Voraussetzungen für die Einleitung eines Prüfungsverfahrens in Ziff. 1 der SVPrüfO, daß der in Ziff. 4 angesprochenen Prüfungsleistung eine völlig untergeordnete Bedeutung zukomme, die nicht geeignet sei, das bereits positive Bild eines Prüflings, dessen Verfahren eingeleitet worden sei, zu erschüttern. Diese Ansicht werde bestätigt durch § 2 der Sachverständigenordnung, der als Voraussetzung für die Bestellung in einem Nebensatz erwähne, die besondere Sachkunde und die Fähigkeit, Gutachten zu erstellen, seien in geeigneter Form, in der Regel durch eine Prüfung, nachzuweisen. Daraus folge, daß Hauptvoraussetzung für die Bestellung nicht die mündliche oder schriftliche Prüfung, sondern das Erfüllen der in der PrüfO unter Ziff. 1 genannten Voraussetzungen sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Versagungsbescheides vom 17.12.1993 und ihres Widerspruchsbescheides vom 15.03.1994 zu verpflichten, den Antrag des Klägers auf Bestellung zum Sachverständigen für das Hauptgebiet "Bewertung bebauter und unbebauter Grundstücke" unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung vertieft sie ihre Ausführungen in den angegriffenen Bescheiden und hält den Beanstandungen des Klägers hinsichtlich der Verfahrensfehler im Prüfungsverlauf entgegen, zu den Aufgaben des Herrn ... als Referent in ihrer Geschäftsstelle gehöre das Sachverständigenwesen, insbesondere auch die Vorbereitung und Durchführung von Prüfungen. An seiner regelmäßigen Teilnahme an Prüfungsgesprächen bestehe daher ein dienstliches Interesse, weil er in der Lage sein müsse, sich ein Bild vom Prüfungsgeschehen zu machen. Die Bedenken gegen das Kommissionsmitglied ... habe der Kläger erst nachträglich, ausgelöst durch das Nichtbestehen der Prüfung, geäußert, obwohl er am Prüfungstage ausreichend Gelegenheit gehabt habe, diese Bedenken zu äußern. Der Kommissionsvorsitzende habe vor Beginn der Prüfung nachgefragt, ob ein Prüfling Einwände gegen die Zusammensetzung der Kommission erhebe. Im Rahmen des Gespräches zwischen dem Kläger und Mitgliedern des Sachverständigenausschusses am 13.10.1993 sei der Kläger nicht von Herrn ... sondern von Herrn ... zur beabsichtigten Nebentätigkeit befragt worden. Hierin habe der Ausschuß eine Möglichkeit gesehen festzustellen, inwieweit der Kläger in der Lage sei, auch auf kritische Fragen sachlich und ruhig zu reagieren. Diese Eigenschaft sei für die persönliche Eignung eines Sachverständigen von entscheidender Bedeutung. Der Antrag des Klägers sei nach diesem Gespräch jedoch nicht mangels persönlicher Eignung abgelehnt, sondern es sei seine Prüfung anberaumt worden. Die Auseinandersetzung mit Herrn ... und dessen Empfehlung, weitere Gutachten vorzulegen, habe sich nicht zum Nachteil des Klägers ausgewirkt, denn die Vorlage weiterer Gutachten sei Grundlage für die Entscheidung gewesen, ihn zur Prüfung zuzulassen. Der Kläger habe in der Prüfung ohne Widerspruch auf die Benutzung des Diktiergerätes verzichtet, ohne darauf aufmerksam zu machen, daß es mit einem Ohrhöhrer ausgestattet sei.
Das Niedersächsische Wirtschaftsministerium, dem die Rechtsaufsicht über die Beklagte obliegt, hat auf Veranlassung des Klägers mit Schriftsatz vom 26.08.1994 zu dem Prüfungsverfahren Stellung genommen und keine Rechtsverstöße festgestellt.
Der Vorsitzende der Prüfungskommission - Herr Dipl.-Ing. ... - ist in der mündlichen Verhandlung als Zeuge über Inhalt und Ablauf der Prüfung am 08.12.1993 vernommen worden. Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang einschließlich der Prüfungsunterlagen der Beklagten verwiesen. Sämtliche Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Die Versagung der vom Kläger begehrten öffentlichen Bestellung zum Sachverständigen ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO.
Die Beklagte hat den Antrag des Klägers zu Recht abgelehnt, denn er erfüllt nicht die Voraussetzungen für seine öffentliche Bestellung zum Sachverständigen. Er hat nicht nachgewiesen, daß er die hierfür erforderliche besondere Sachkunde besitzt.
Rechtsgrundlage für die Bestellung zum Sachverständigen sind die §§ 1 und 2 der Sachverständigenordnung (SVO) der Beklagten vom 04.06.1991. Nach § 1 Satz 1 SVO kann die Beklagte im Rahmen ihrer Zuständigkeit nach ihrem Ermessen Sachverständige für bestimmte Sachgebiete öffentlich bestellen und vereidigen. Ein Rechtsanspruch auf die öffentliche Bestellung und Vereidigung besteht nach § 1 Satz 2 SVO nicht. Nach § 2 Abs. 2 Buchst. d) SVO kann ein Sachverständiger nur dann öffentlich bestellt werden, wenn er die besondere Sachkunde und die Fähigkeit, Gutachten zu erstellen, in geeigneter Form, in der Regel durch eine Prüfung nachweist.
Die Zuständigkeit der Beklagten für die Bestellung von Sachverständigen folgt aus § 19 Abs. 1 Nr. 8 NIngG. Zu den Aufgaben, die ihr dort zugewiesen werden, gehört u.a., Sachverständige zu prüfen und zu ernennen.
Daß daneben auch die Industrie- und Handelskammern (IHK) zur Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen im Baubereich nach § 6 des Nds. Ausführungsgesetzes zum IHK-Gesetz vom 20. Dezember 1957 (GVBl. Sb. I S. 552) befugt sind, führt nicht dazu, daß der Kläger gegenüber der Beklagten beanspruchen kann, er wolle von der IHK zum Sachverständigen bestellt werden. Die Beklagte und die IHK sind trotz etwaiger Überschneidungen der von ihnen wahrgenommenen Aufgaben rechtlich selbständige, voneinander unabhängige Körperschaften des öffentlichen Rechts. Über den vom Kläger am 08.10.1992 bei der Beklagten gestellten Antrag auf Bestellung zum Sachverständigen ist daher ausschließlich die Beklagte und nicht etwa daneben die IHK zur Entscheidung befugt.
Es kann dahinstehen, ob der Bescheid der Beklagten vom 17.12.1993, in dem ohne weitere Erläuterungen lediglich ausgeführt wurde, die besondere Sachkunde des Klägers sei als nicht gegeben angesehen worden, aufgrund eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht (§ 39 Abs. 1 VwVfG) formell fehlerhaft gewesen ist. Die Begründung für die Versagung der Bestellung ist jedenfalls im Widerspruchsbescheid nachgeholt worden, so daß nach § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG Heilung eingetreten ist.
Bedenken gegen die Wirksamkeit der §§ 1 und 2 SVO als Rechtsgrundlage für die Bestellung zum Sachverständigen bestehen nicht.
Bei der SVO handelt es sich um Satzungsrecht der Beklagten als einer autonomen Körperschaft des öffentlichen Rechts (vgl. VGH Bad.-Württ. v. 08.12.1987, GewA 1988, 89, 91; VG Hannover v. 04.02.1982, GewA 1982, 268). Die Befugnis der Beklagten zum Erlaß der SVO folgt daraus, daß die Bestellung von Sachverständigen - wie oben erwähnt - nach § 19 Abs. 1 Nr. 8 NIngG zu ihren Selbstverwaltungsaufgaben gehört und die Hoheitsgewalt, mit denen Körperschaften zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben ausgestattet sind, ihnen insoweit Satzungsautonomie verleiht.
Mit der Regelung in §§ 1 und 2 SVO hat die Beklagte den Rahmen der ihr eingeräumten Satzungsautonomie eingehalten und auch nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen.
Die Bestellungsvoraussetzungen, insbesondere der Sachkundenachweis, verstoßen nicht gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 36 GewO (der auch die Voraussetzungen für die öffentliche Bestellung von Sachverständigen regelt) und zahlreicher auf dieser Grundlage erlassenen SVOen (seit U. v. 29.05.1957, BVerwGE 5, 95, 97) [BVerwG 29.05.1957 - I C 212/54]übt der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige keinen gesonderten Beruf, sondern den nach einer speziellen Ausbildung jedermann zugänglichen Beruf des Ingenieurs, Architekten u.ä. aus. Durch die öffentliche Bestellung wird ihm lediglich eine Qualifikation zuerkannt, die seinen Gutachten einen erhöhten Wert verleiht. Folglich regeln §§ 1 und 2 SVO nicht die Zulassung zu einem Beruf. Da die Berufswahlfreiheit nicht berührt ist, besteht nach einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und Literatur, der sich die Kammer anschließt, für den Einzelnen, der die öffentliche Bestellung zum Sachverständigen begehrt, lediglich ein subjektives Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung (vgl. nur Landmann/Rohmer, GewO Bd. 1, Stand: Januar 1994, § 36 Rn. 65, 66 m.w.N.).
Mit der öffentlichen Bestellung und Vereidigung zum Sachverständigen sind jedoch gewisse rechtliche und i. d. R. auch günstige wirtschaftliche Auswirkungen für die Berufsausübung eines Ingenieurs oder Architekten verbunden. Aus diesem Grund sind die Bestellungsvoraussetzungen als Berufsausübungsregelung anzusehen und das Verlangen eines Nachweises der besonderen Sachkunde ist dann von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG gedeckt, wenn dieses Verlangen durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht.
Diesen Anforderungen wird § 2 Abs. 2 Buchst. d) SVO gerecht. Der mit der Institution des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen verfolgte Zweck, im gerichtlichen und außergerichtlichen Bereich sachgemäße Entscheidungen mit Hilfe von besonders qualifizierten Sachverständigen treffen zu können, deren Objektivität und Zuverlässigkeit allgemein anerkannt ist, rechtfertigt und gebietet es, nur solche Personen zu bestellen, die nachweisen können, daß sie über erheblich über dem Durchschnitt liegende Fachkenntnisse verfügen (vgl. Landmann/Rohmer, § 36 Nr. 49 m.w.N. aus der Rspr.).
Der Sachkundenachweis in § 2 Abs. 2 Buchst. d) SVO ist auch nicht unverhältnismäßig. Hierzu ist zunächst festzustellen, daß es sich bei dem Begriff der besonderen Sachkunde um einen verwaltungsgerichtlich voll überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff handelt (BVerwG v. 26.06.1990, Buchholz 451.20, § 36 GeWO, Nr. 9; Weidhaas, Die Überprüfung der besonderen Sachkunde von Sachverständigen durch Fachgremien, GewA 1991, 367). Ein Ermessensspielraum eröffnet sich der Bestellungsbehörde erst dann, wenn der Bewerber u.a. seine besondere Sachkunde nachgewiesen hat. Gelingt ihm dies nicht, so ist der Antrag zwingend abzulehnen. Der Sachkundenachweis ist verhältnismäßig, weil § 2 Abs. 2 Buchst. d) SVO keine "starr-schematische" Handhabung, insbesondere nicht stets und zwingend das Erfordernis einer Prüfung vorschreibt.
Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 26.06.1990 (a.a.O.) hervorgehoben, es sei mit dem im Rahmen von Berufsausübungsregelungen zu beachtenden Verhältnismäßgkeitsgrundsatz nicht zu vereinbaren, wenn auch solche Bewerber, die durch ihre bisherigen Leistungen bereits als hervorragende Sachverständige ausgewiesen seien, sich zusätzlich einer Prüfung zu unterziehen hätten und nur dadurch den erforderlichen Sachkundenachweis erbringen könnten.
Zwar heißt es in § 2 Abs. 2 Buchst. d) SVO, der Nachweis besonderer Sachkunde sei "in geeigneter Form, i. d. R. durch eine Prüfung" zu erbringen. Durch den Zusatz "i. d. R." wird den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts allerdings hinreichend Rechnung getragen. Auch wenn im Regelfall eine Prüfung zu fordern sein wird, so ist durch diesen Zusatz in § 2 Abs. 2 Buchst. d) SVO doch eine andere Möglichkeit des Sachkundenachweises nicht schlechthin ausgeschlossen; vielmehr wird berücksichtigt, daß es Ausnahmen gibt, in denen die besondere Sachkunde auch ohne Prüfung als nachgewiesen anzusehen ist.
Den Nachweis seiner besonderen Sachkunde hat Kläger nicht bereits durch die von ihm vorgelegten Gutachten und Arbeitsergebnisse erbracht.
Angesichts der vom Berichterstatter des Sachverständigenausschusses in seinem Bericht vom 17.10.1993 dargestellten Mängel der eingereichten Gutachten hat es die Beklagte zu Recht abgelehnt, von der besonderen Sachkunde des Klägers ohne Durchführung einer Prüfung auszugehen. Im Hinblick auf das Vertrauen, das der fachunkundige Laie einem öffentlich bestellten Sachverständigen entgegenbringt, und die Bedeutung eines solchen Gutachtens für den Ausgang eines Rechtsstreits sind an den Nachweis der besonderen Sachkunde hohe Anforderungen zu stellen und es dürfen Restzweifel an der hohen Qualifikation, die das Amt des öffentlichen Sachverständigen verlangt, nicht bestehen (vgl. Weidhaas, GewA 1991, 367, 369). Solche Zweifel können aber nur dann ausgeräumt werden, wenn die vorgelegten Gutachten keinerlei Mängel aufweisen. Dies ist hier nicht der Fall und vom Kläger auch nicht behauptet worden.
Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß auch die vorgelegten Referenzen dem Kläger zwar eine allgemeine fachliche Befähigung bescheinigen. Andererseits gibt nur eine dieser Referenzen - die des Vorgesetzten beim Staatshochbauamt - Auskunft darüber, daß der Kläger in den vergangenen Jahren als Gutachter tätig gewesen ist. Auch diese Bescheinigung enthält jedoch keine näheren Auskünfte über die Qualität der vom Kläger erstellten Wertgutachten und ist schon von daher nicht geeignet, die besondere Sachkunde des Klägers zu belegen.
Da folglich dem Antrag des Klägers auf öffentliche Bestellung zum Sachverständigen nach Aktenlage nicht entsprochen werden konnte, war die Beklagte berechtigt, ihn zu einer Prüfung vor der Prüfungskommission zu laden und das Votum der Kommission bei ihrer Entscheidung zugrundezulegen.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist die von der Beklagten erlassene SVPrüfO für die Durchführung der Prüfung eine hinreichende normative Grundlage. Der Nachweis besonderer Sachkunde ist in Abweichung von dem sonst im Verwaltungsverfahren üblichen Untersuchungsgrundsatz (§ 24 VwVfG) vom Bewerber grundsätzlich selbst zu erbringen, weil er allein weiß, welche Leistungen er während seiner bisherigen Berufstätigkeit erbracht und welche Kenntnisse und Fähigkeiten er dabei erworben hat. Von der Bestellungsbehörde können allerdings zusätzliche Untersuchungen angestellt werden, etwa durch eine "Prüfung" vor einem Fachausschuß (vgl. nur BVerwG v. 26.06.1990, a.a.O.). Damit wird dem jeweiligen Bewerber eine weitere Möglichkeit geboten, seiner Nachweispflicht nachzukommen.
Bei der hier durch die Prüfungskommission durchgeführten Überprüfung handelt es sich freilich nicht um eine formelle Prüfung im herkömmlichen Sinne. Die Kommission, welche die Prüfung abnimmt, entscheidet nicht darüber, ob der von ihr geprüfte Bewerber bestellt wird oder nicht, sondern nimmt die Überprüfung lediglich mit dem Ziel vor, die Beklagte bei der ihr aufgegebenen Beurteilung der Sachkunde sachverständig zu beraten (so die Regelung in § 3 SVO; vgl. auch BVerwG v. 26.06.1990, a.a.O.). Die Überprüfung der besonderen Sachkunde stellt sich daher als ein "prüfungsähnliches Verfahren" dar. Aus diesem Grund sind an die SVPrüfO nicht dieselben Anforderungen zu stellen wie an Prüfungsordnungen für Berufszugangsprüfungen, über deren Bestehen oder Nichtbestehen die prüfende Kommission selbst abschließend entscheidet. Die Kammer folgt insoweit der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 26.06.1990 a.a.O.), daß grundsätzlich weder eine spezielle Ermächtigung der Bestellungsbehörde noch eine Regelung mit Rechtsnormcharakter für das prüfungsähnliche Verfahren erforderlich ist. Erläßt die Bestellungsbehörde dennoch eine Prüfungsordnung, so begegnet es keinen Bedenken, wenn diese eine Auswahl des Prüfungsstoffes und Regelungen über die fachlichen Anforderungen, die an den Nachweis der besonderen Sachkunde gestellte werden sollen, nicht enthält.
Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, daß der behördliche Spielraum bei der Ausgestaltung des Überprüfungsverfahrens völlig frei wäre. Zwar verbietet es sich, an die Überprüfung vor der Prüfungskommission diejenigen strengen formellen und verfahrensmäßigen Maßstäbe anzulegen, die allenfalls bei der Abnahme förmlicher Prüfungen gerechtfertigt sein mögen. Rügt jedoch - wie hier - ein Bewerber den Ablauf einer solchen Prüfung, so spricht nichts dagegen, bei der gerichtlichen Überprüfung zumindest dann die im Prüfungsrecht geltenden Grundsätze entsprechend heranzuziehen, wenn die Behörde zum Nachweis der besonderen Sachkunde ein Leistungsermittlungsverfahren anwendet, das sich rein äußerlich nicht wesentlich von einer Berufszulassungsprüfung unterscheidet. Soweit der "Prüfling" daneben die Bewertung seiner Prüfungsleistungen durch einen Fachausschuß beanstandet, unterliegt diese Bewertung nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (v. 26.06.1990, a.a.O.) der vollen gerichtlichen Kontrolle. Danach gibt es entgegen einer in der Rechtsprechung früher vielfach geäußerten Ansicht (VGH Bad.-Württ. v. 08.12.1987, GewArch 1988, 89, 91; VG Hannover v. 04.02.1982, GewArch 1982, 268; VG Stuttgart v. 26.08.1982, GewArch 1983, 138, 139) in diesem Rechtsgebiet einen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogenen Beurteilungsspielraum wie im Prüfungsrecht nicht (vgl. dazu allerdings die Beschlüsse des BVerfG v. 17.04.1991, BVerfGE 84, 34 ff., durch die der Beurteilungsspielraum im Prüfungsrecht mittlerweile erheblich eingeschränkt worden ist). Vielmehr müßten die Gerichte eigene Wertungen vornehmen und ggfl. bei Fehlen der fachwissenschaftlichen Kenntnisse sich der Hilfe eines Sachverständigen bedienen.
Vor diesem Hintergrund ist die von der Prüfungskommission am 08.12.1993 durchgeführte Überprüfung der besonderen Sachkunde sowohl formell als auch materiell nicht zu beanstanden.
Die formellen Rügen des Klägers bzgl. der Besetzung der Prüfungskommission, der Besorgnis der Befangenheit eines Prüfers und der Untersagung der Benutzung seines Diktiergeräts während der Prüfung greifen nicht.
Die Anwesenheit des Kammerreferenten ... an der mündlichen Prüfung des Klägers ist nicht verfahrensfehlerhaft. Der Vorwurf der falschen Kommissionsbesetzung läßt sich darauf nicht stützen. Ein solcher Vorwurf wäre dann begründet, wenn eine Person, die dem Prüfungsausschuß nicht angehört, an der sich an die Prüfung anschließenden Beratung teilnimmt. Dann spricht eine Vermutung dafür, daß hierdurch das Prüfungsergebnis beeinflußt worden ist (Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, 3. Aufl. 1994, Rn. 266 m.w.N.). Dies war hier aber gerade nicht der Fall. An der Beratung haben ausschließlich die drei Kommissionsmitglieder teilgenommen. Für die Behauptung des Klägers, durch die Teilnahme des Herrn ... sei das Prüfungsergebnis beeinflußt worden, bestehen keine sachlichen Anhaltspunkte.
Der Anwesenheit des Herrn ... steht auch nicht entgegen, daß in der SVPrüfO eine Regelung über das Zuhören dritter Personen nicht getroffen worden ist. Eine umfassende Regelung des prüfungsähnlichen Verfahrens ist aus den bereits genannten Gründen nicht geboten. Selbst bei förmlichen mündlichen Prüfungen kann bestimmten Personen das Zuhören gestattet werden, so etwa bei der juristischen Staatsprüfung (§ 39 Abs. 5 Nr. 3 NJAVO; früher: § 15 Abs. 5 Nr. 2 NJAO). Gründe, die bei der Überprüfung eines Sachverständigen zwingend gegen die Anwesenheit Dritter sprechen, die aus einem rechtlich anerkennenswerten Interesse an der mündlichen Prüfung teilnehmen wollen, sind nicht ersichtlich. Für die Zulassung des Herrn ... genügt das von der Beklagten hinreichend begründete dienstliche Interesse an dessen Teilnahme.
Auch der Umstand, daß Herr ... an diesem Prüfungstag lediglich an der Prüfung des Klägers teilgenommen hat, ist nach Ansicht der Kammer nicht zu beanstanden. Ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot wäre allenfalls dann anzunehmen, wenn sich dadurch die mündliche Prüfung des Klägers gegenüber den Prüfungen seiner Kollegen in wesentlichen Punkten unterschieden hätte. Dafür bestehen aber keine Anhaltspunkte. Auch besteht kein Anlaß, den Vortrag der Beklagten zu bezweifeln, wonach Herr ... sporadisch - je nach seinen übrigen Terminen - an Prüfungen teilnimmt.
Selbst wenn sich der Kläger durch die Anwesenheit des Herrn ... gestört gefühlt haben sollte, könnte er sich nicht darauf berufen, daß das Prüfungsverfahren mangelhaft gewesen sei. Auch nach den Grundsätzen des Prüfungsrechts kann sich der durch äußere Einflüsse gestörte Prüfling auf die Störung nur berufen, wenn er sie rechtzeitig gerügt hat (BVerwG, Beschl. vom 15.01.1993, Buchholz 421.0 Prüfungswesen, Nr. 309). Grundsätzlich muß in einer mündlichen Prüfung die Rüge sofort erhoben werden, damit Abhilfe geschaffen werden kann (Niehues, a.a.O., Rn. 242 m.w.N.). Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß dem Prüfling während der Prüfung häufig nicht zugemutet werden kann, sich mit solchen Fragen auseinanderzusetzen. Die Mitwirkungspflicht des Prüflings verlangt aber, derartige Rügen unverzüglich nach der Prüfung zu erheben. Wann dies zu geschehen hat, ist insbesondere bei mündlichen Prüfungen, in deren Anschluß unmittelbar das Prüfungsergebnis mitgeteilt wird, umstritten. Hintergrund des Meinungsstreits ist das Problem, daß dem Prüfling grundsätzlich nicht eine Wahlmöglichkeit eröffnet werden soll, indem er zunächst das Prüfungsergebnis abwartet, um sich dann zu entscheiden, ob er sich auf den Verfahrensfehler beruft oder nicht (Niehues, a.a.O., Rn. 242 f. m.w.N.). Diese Frage bedarf hier aber keiner Entscheidung, weil dem Kläger das Ergebnis seiner Überprüfung nach Kenntnis der Kammer nicht sofort am 08.12.1993, sondern erst neun Tage später - mit ablehnendem Bescheid vom 17.12.1993 - mitgeteilt worden ist. Ihm wäre demnach genügend Zeit verblieben, zwischenzeitlich seine Rügen zu erheben. Die dann erst im Widerspruchsschreiben vom 28.12.1993 erhobenen Rügen waren eindeutig verspätet.
Dasselbe gilt für die erstmals im Widerspruchsschreiben geäußerte Besorgnis der Befangenheit hinsichtlich des Herrn .... Doch selbst wenn der Kläger - so wie er vorträgt - bereits vor der Prüfung darum gebeten hätte, daß Herr ... der Prüfungskommission nicht angehört, so stellt sich die Besorgnis der Befangenheit für die Kammer als nicht begründet dar.
Besorgnis der Befangenheit i.S.v. § 21 VwVfG, der gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG auch für Prüfungen gilt, bedeutet, daß ein Grund vorliegt, der geeignet ist, "Mißtrauen gegen eine unparteiliche Amtsübung" eines Amtsträgers zu rechtfertigen. Dies ist objektiv aus der Sicht des Prüflings zu beurteilen, wobei Tatsachen vorliegen müssen, die ohne Rücksicht auf individuelle Empfindlichkeiten den Schluß rechtfertigen, daß dieser Prüfer nicht die notwendige Distanz und sachliche Neutralität aufbringen wird bzw. in der Prüfung aufgebracht hat (Niehues, a.a.O., Rn. 191). Konkrete Verstöße des Herrn ... gegen das Fairneßgebot oder das Gebot der Sachlichkeit hat der Kläger nicht vorgetragen.
Befangenheitsgründe aus der Beziehung zwischen dem Kläger und Herrn ..., insbesondere aus früheren Äußerungen und Verhaltensweisen, die darauf hindeuten könnten, daß Herr ... nicht mehr für eine an der wirklichen Leistung des Klägers orientierte Bewertung offen ist, hält die Kammer für nicht gegeben. Die Auseinandersetzung bezüglich der Zahl der vom Kläger einzureichenden Gutachten kann die Besorgnis der Befangenheit nicht rechtfertigen. Da alle drei Gutachten, die der Kläger zunächst eingereicht hatte, für das Staatshochbauamt gefertigt worden waren, erscheint es sachgerecht, daß Herr ... die Vorlage weiterer Gutachten angeregt hat. Nicht zutreffend ist allerdings der Vortrag der Beklagten, Herr ... sei mit der Vorbeurteilung der besonderen Sachkunde nicht betraut gewesen; es war gerade Herr ..., der den Bericht vom 17.10.1993 verfaßt hat. Andererseits führte der Bericht von Herrn ... eben gerade nicht zur Ablehnung des klägerischen Antrags, sondern zur Zulassung zur Prüfung.
Soweit der Kläger meint, das Vorstellungsgespräch, an dem Herr ... - unabhängig davon, ob er Fragen gestellt hat oder nicht - teilgenommen hat, habe sich unterhalb der "Gürtellinie" abgespielt und habe in keinem Zusammenhang zu der beantragten Bestellung gestanden, kann dies auch keinen Mangel des Prüfungsverfahrens begründen. Neben dem Nachweis der besonderen Sachkunde ist die persönliche Eignung zentrale Voraussetzung für die Bestellung als öffentlicher Sachverständiger. Während es für die besondere Sachkunde ausschließlich um die fachliche Eignung geht, setzt das Merkmal der persönlichen Eignung Zuverlässigkeit, Vertrauenswürdigkeit und Unabhängigkeit voraus (Landmann/Rohmer, GewO, § 36 Rn. 53). Mangelnde persönliche Integrität und Charakterstärke, Voreingenommenheit usw. schließen die Eignung aus.
Insofern erscheint es noch vertretbar, daß dem Kläger - zumindest teilweise - auch provozierende Fragen gestellt worden sind. Soweit diese sich auf seine Beschäftigung beim Staatshochbauamt bezogen haben, kann ein Zusammenhang zur begehrten Bestellung nicht von der Hand gewiesen werden, weil es bei abhängig beschäftigten Sachverständigen im Hinblick auf die gebotene Unparteilichkeit nicht abwegig erscheint, das Beschäftigungsverhältnis in die Betrachtung einzubeziehen (vgl. Tettinger/Pielow, Die aktuelle Rechtsentwicklung bei der öffentlichen Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen, GewA 1992, 1, 7). Der Inhalt dieses Gesprächs hat im übrigen auf die Ablehnung des klägerischen Antrages keinen Einfluß gehabt, denn er ist nicht mangels persönlicher Eignung, sondern wegen fehlender Sachkunde abgewiesen worden.
Auch der Einwand des Klägers, ihm sei zu Unrecht die Benutzung seines Diktiergerätes untersagt worden, greift nicht. Soweit er dabei rügt, man habe nicht nachgefragt, ob er einen Ohrhörer besitze, hätte er - sofern er einen bei sich hatte - darauf noch während der Prüfung hinweisen müssen.
Daß es für den Kläger ungewohnt war, entgegen seiner sonstigen Gewohnheit ohne Diktiergerät zu arbeiten, und die Qualität seiner Arbeit darunter gelitten habe, ist teilweise nachvollziehbar, führt aber trotz des etwas irreführenden Hinweises im Merkblatt zur Überprüfung der besonderen Sachkunde ("alle Hilfsmittel sind zulässig", Ziff. 4 Satz 5) nicht zur Fehlerhaftigkeit des Prüfungsverfahrens. Dem Kläger war vor der Prüfung mitgeteilt worden (in Ziff. 4 Satz 4 des Merkblattes), daß die schriftliche Prüfung, zu der (nach Ziff. 4 Satz 1 des Merkblattes) sowohl die Ortsbesichtigung als auch die anschließende Fertigung des Gutachtens gehörte, für alle Bewerber gleichzeitig durchgeführt werde. Aus dieser Information hätte er schließen können und müssen, daß Hilfsmittel, welche die anderen Prüflinge stören können, nicht benutzt werden dürfen, und daß schon das Besprechen des Diktiergerätes während der gemeinsamen Ortsbesichtigung zu Störungen und Ablenkungen der anderen Prüfungsteilnehmer führen kann.
Hinsichtlich des materiellen Gehalts der Prüfung kann allein aufgrund der begrenzten für die Ortsbesichtigung zur Verfügung gestellten Zeit nicht die Rechtmäßigkeit des Überprüfungsverfahrens in Zweifel gezogen werden. Dem Kläger ist durchaus zuzustimmen, daß die zum Nachweis der besonderen Sachkunde verlangten Leistungsanforderungen nicht außer Verhältnis zu den Anforderungen stehen dürfen, die für die Tätigkeit als öffentlicher Sachverständiger zu erfüllen sind. Dies bedeutet aber nicht, daß inhaltlich keine hohen Anforderungen gestellt werden dürfen. Anders als im Berufszulassungsrecht ist bei der Bestellung öffentlicher Sachverständiger an den Nachweis besonderer Sachkunde ein strenger Maßstab anzulegen (Tettinger/Pielow, GewA 1992, 1, 5 m.w.N.). Erforderlich ist der Nachweis erheblich über dem Durchschnitt liegender Kenntnisse und Fähigkeiten. Nur dann ist es gerechtfertigt, einem Sachverständigen durch die öffentliche Bestellung eine besondere Qualifikation zuzuerkennen und ihn so aus dem Kreis seiner Berufskollegen herauszuheben (Landmann/Rohmer, a.a.O., Rn. 49; VG Stuttgart v. 26.08.1982, GewA 1983, 138, 139). Eine besonders strenge Auslese von hervorragend qualifizierten Sachverständigen, die ggfs. auch mit hohen Durchfallquoten verbunden ist, spricht demnach nicht für unangemessen hohe Anforderungen (so auch Weidhaas, GewA 1991, 367, 369; a.A. Kamphausen, Zur Sachkundeüberprüfung bei der öffentlichen Bestellung von Sachverständigen, GewA 1991, 124, 125).
So erscheint es nicht unverhältnismäßig, daß im Rahmen der schriftlichen Überprüfung, der sich der Kläger zu unterziehen hatte, nach einer einstündigen Ortsbesichtigung in einer Bearbeitungszeit von drei weiteren Stunden ein schriftliches Gutachten zu erstellen war. Es handelt sich hierbei um eine Aufgabe, die der Tätigkeit eines Sachverständigen entspricht. Daß die Bearbeitungszeit knapp bemessen war und nicht der Zeit entsprach, die in der Praxis zur Verfügung stehen würde, liegt in der Natur der Sache einer Prüfung. Außerdem wurde - wie sich aus den Prüfungsunterlagen ergibt - der relativ kurzen Bearbeitungszeit insofern Rechnung getragen, als die Prüfungskommission den "Prüflingen" für die Bearbeitung der schriftlichen Aufgabe bestimmte Daten und Informationen (Eckdaten, Immobilien-Preisspiegel) zugänglich gemacht hat, die als Grundlage für die Erstellung eines Wertgutachtens unerläßlich sind, und in der Praxis vom Sachverständigen erst eigenständig erarbeitet bzw. in Erfahrung gebracht werden müssen.
Im übrigen war die schriftliche Aufgabe nicht der allein in die Bewertung einfließende Faktor. Nach den Prüfungsunterlagen und dem Vortrag des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung hat die damalige Prüfungskommission ein Punktesystem entwickelt, nach dem insgesamt für die Prüfungsleistungen 100 Punkte vergeben werden, wovon je 35 auf die schriftliche und mündliche Prüfung sowie 30 auf die zuvor eingereichten - in der beruflichen Praxis erstellten - Gutachten entfallen. Die in der mündlichen Verhandlung durchgeführte Beweisaufnahme durch Vernehmung des Vorsitzenden der Prüfungskommission, des Dipl.-Ing. ... als Zeugen hat ergeben, daß Voraussetzung für das Bestehen der Prüfung das Erreichen von 66 2/3 Punkten, also 2/3 der insgesamt zu erreichenden Punktzahl ist. Die Kammer hält diese "Bestehensgrenze" nicht für unangemessen hoch. Anders als bei Berufszulassungsprüfungen, die in der Regel mit dem Nachweis ausreichender oder durchschnittlicher Kenntnisse und damit mit Erreichen von 50 % der Gesamtpunktzahl zu bestehen sind, müssen hier erheblich über dem Durchschnitt liegende Kenntnisse nachgewiesen werden.
Nicht zu beanstanden ist weiter, daß in dem mündlichen Fachgespräch die Prüfungskommission dem Kläger Fragen gestellt hat, die nicht im Zusammenhang mit der vorher gestellten schriftlichen Aufgabe gestanden haben. Ein Sachverständiger muß nicht nur in der Lage sein, sich schriftlich verständlich und nachvollziehbar zu äußern. Er muß auch über ein überdurchschnittliches theoretisches Fachwissen verfügen und dies mündlich nachweisen können. Bei seiner gerichtlichen und außergerichtlichen Tätigkeit wird von einem Sachverständigen erwartet, daß er Fachfragen auch unvorbereitet richtig beantworten kann (vgl. Landmann/Rohmer § 36 GewO, Rn. 50). Für die Prüfung zu verlangen ist lediglich, daß die gestellten Fragen sich auf das Gebiet "Grundstücksbewertung" beziehen und ihr Schwierigkeitsgrad angemessen ist. Dies war hier aber der Fall. Die von dem Zeugen in der mündlichen Verhandlung beispielhaft verlesenen Prüfungsfragen sowie der in den Prüfungsunterlagen enthaltene Fragenkatalog befassen sich mit Begriffen wie "Verkehrswert", "merkantiler Minderwert", "Ertragswert", "Wertminderung" usw.. Besonders vertiefte Kenntnisse und ein unangemessen großes Fachwissen setzen diese Fragen nach Einschätzung der Kammer nicht voraus.
Nach alledem kann ein zu hohes Anforderungsniveau bei der Prüfung der besonderen Sachkunde, die die Beklagte für das Sachgebiet "Bewertung bebauter und unbebauter Grundstücke" durchführt, nicht festgestellt werden.
Der Behauptung des Klägers, seine als falsch bewerteten Lösungen oder Antworten auf Fachfragen in der mündlichen Prüfung seien in Wahrheit richtig gewesen, muß die Kammer nicht weiter nachgehen, weil der Kläger seine diesbezüglichen Behauptungen nicht hinreichend substantiiert hat (vgl. Niehues, a.a.O., Rn. 394). Zwar hat das Gericht nach § 86 VwGO den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln; der Untersuchungsgrundsatz verlangt aber nicht, die gesamte mündliche Prüfung anhand der Prüfungsakten sowie durch Vernehmung der Prüfer zu rekonstruieren. Der Kläger hätte konkrete und substantiierte Einwendungen vorbringen müssen. Er hätte - zumindest beispielhaft - einzelne Prüfungsfragen schildern und darlegen müssen, weshalb seine Antworten entgegen der Meinung der Prüfer richtig oder zumindest vertretbar seien (Niehues, a.a.O., Rn. 393, 404). Statt dessen hat sich der Kläger auf die pauschale Behauptung beschränkt, seine Leistungen seien unzutreffend bewertet worden.
Auch die Kostenfestsetzung der Beklagten ist sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die Gebührenfestsetzung ist Ziff. 13 der Gebührenordnung der Beklagten (GebO). Nach § 22 Abs. 1 Satz 2 NIngG kann die Beklagte innerhalb ihres eigenen Wirkungskreises Verwaltungskosten (Gebühren und Auslagen) erheben. Die Befugnis zum Erlaß einer Gebührenordnung zur Erhebung der Verwaltungskosten folgt aus § 22 Abs. 2 Satz 1, 2. Alt. NIngG. Nach Ziff. 13.1 GebO beträgt die Gebühr für eine Entscheidung über die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen - unabhängig davon, ob diese positiv oder negativ ausfällt - 900,00 DM. Die Auslagen der Beklagten für die Prüfungskommission hat der jeweilige Antragsteller nach Ziff. 13.2 GebO zu tragen. Auf dieser Grundlage konnte die Beklagte, die hier insgesamt 800,00 DM verauslagt hatte, dem Kläger als einem von drei Prüflingen 1/3 = 266,00 DM auferlegen. Nach Ziff. 13.3 GebO kann die Beklagte vom Antragsteller zusätzliche Auslagen ersetzt verlangen, soweit sie den üblicherweise zu tragenden Verwaltungsaufwand überschreiten. Sie war daher berechtigt, gegenüber dem Kläger ferner 50,00 DM für die an die Handwerkskammer Hannover zu zahlende Raummiete von 150,00 DM sowie 9,00 DM Zustellkosten als weitere Auslagen festzusetzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Düfer
Dr. Möller