Amtsgericht Holzminden
Beschl. v. 26.08.2004, Az.: 12 F 507/04
Voraussetzungen für die Aufhebung einer Lebenspartnerschaft; Erforderlichkeit einer förmlichen Trennungserklärung im Falle der Aufhebung einer Lebenspartnerschaft; Anlegung strenger vergleichbarer Maßstäbe mit den Anforderungen an § 1565 Abs. 2 BGB für die Aufhebung einer Lebenspartnerschaft gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 3 Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG); Bestehen einer Härte in Bezug auf das formelle Lebenspartnerschaftsband als Voraussetzung für die Aufhebung einer Lebenspartnerschaft gem. § 15 Abs. 2 Nr. 3 LPartG; Zumutbarkeit des Abwartens der Trennungszeit trotz Aufnahme einer partnerschaftswidrigen Beziehung durch den Lebenspartner
Bibliographie
- Gericht
- AG Holzminden
- Datum
- 26.08.2004
- Aktenzeichen
- 12 F 507/04
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 35576
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGHOLZM:2004:0826.12F507.04.0A
Rechtsgrundlagen
- § 2 LPartG
- § 3 LPartG
- § 15 Abs. 2 Nr. 3 LPartG
- § 15 Abs. 3 LPartG
- § 15 Abs. 4 LPartG
- § 1353 BGB
- § 1356 BGB
- § 1565 Abs. 2 BGB
Fundstelle
- FamRZ 2005, 983-984 (Volltext mit red. LS)
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Da § 2 LPartG an die Lebensgemeinschaft der Partner geringere Anforderungen stellt als die Regelungen der §§ 1353, 1356 BGB und nicht an die Herstellung der häuslichen partnerschaftlichen Gemeinschaft anknüpft, kommt die Aufhebung der Lebenspartnerschaft nicht schon deswegen in Betracht, weil einer der Partner an der ursprünglichen Absicht, eine gemeinsame Wohnung zu beziehen, nicht mehr festhält. Die vermutete Zuwendung zu einem anderen Partner begründet die Annahme eines Härtefalles ebenfalls nicht.
- 2.
So wie im Eherecht vermag auch die Aufnahme einer partnerschaftswidrigen Beziehung nicht die Unzumutbarkeit des Abwartens der Trennungszeit zu begründen. Denn die Trennungszeit von 12 bzw. 36 Monaten dient der Prüfung beider Lebenspartner, ob sie nicht doch wieder zueinander finden können.
Tenor:
Der Antrag der Antragstellerin vom 9.08.2004 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.
Gründe
1.
Die Parteien haben am 14.05.2004 vor der Standesbeamtin des Standesamtes Höxter eine Lebenspartnerschaft begründet. Sie haben gemäß § 3 LPartG als Lebenspartnerschaftsnamen den Namen ...bestimmt.
Die Antragstellerin begehrt die Aufhebung der Lebenspartnerschaft. Mit Schriftsatz vom 9.08.2004 beantragt sie hierfür die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Ihr Aufhebungsbegehren stützt sie im Wesentlichen darauf, dass die Parteien abgesprochen hätten, einen gemeinsamen Wohnsitz zu begründen, die Antragsgegnerin sich an diese Absprache jedoch nicht halte, sondern nach wie vor ihre eigene Wohnung bewohne.
Außerdem ist die Antragstellerin der Meinung, dass die Antragsgegnerin sich wieder ihrer früheren Freundin zugewandt habe.
Die Antragsgegnerin wünscht ebenfalls die Aufhebung der Lebenspartnerschaft.
2. Prozesskostenhilfe war .nicht zu gewähren, denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
2.1.
Die Voraussetzungen für eine Aufhebung (die nicht mit der Aufhebung nach §§ 1313 ff. BGB verwechselt werden sollte) der Lebenspartnerschaft sind zurzeit nicht gegeben.
Eine Erklärung nach § 15 IV LPartG hat die Antragstellern offenbar noch nicht abgegeben.
Gelegentlich wird vertreten, dass auch im Fall einer Aufhebung der Lebenspartnerschaft nach § 15 II Nr. 3 LPartG eine förmliche Trennungserklärung erforderlich sei (Palandt/Brudermüller, BGB, 63. Aufl., § 15 LPartG RN 5; v. Koppenfels/Spies FPR 2002,5 ff). Ob diese Auffassung zutrifft, kann dahinstehen.
Denn eine Aufhebung der Lebenspartnerschaft kommt auch aus anderen Gründen nicht in Betracht.
2.2.
Es ist darauf hingewiesen worden, dass Lebenspartnerschaften vor einer Auflösung besser geschützt seien als Ehen, weil die eindeutige Fixierung des Fristbeginns der Trennungszeit durch die Formbedürftigkeit der Erklärung des Beendigungswillens die im Recht der Ehescheidung gelegentlich zu beobachtenden Manipulationen durch einen unzutreffenden Vortrag zum Beginn der Trennung verhindere (vgl. MünchKommBGB Ergänzungsband/Wacke, 4. Aufl. 2004, § 15 LPartG RN 4). Im Hinblick auf die ungewöhnliche Länge der Frist des § 15 II Nr. 2 LPartG ist vermutet worden, dass Nr. 3 der Vorschrift aus diesem Grunde eine erhebliche Bedeutung erlangen werde (Schwab, Familienrecht, 12. Aufl., RN 899). Vor diesem Hintergrund ist Nr. 3 der Vorschrift restriktiv zu handhaben. Wohl überwiegend - soweit das jetzt schon gesagt werden kann - wird die Auffassung vertreten, dass bei der Aufhebung der Lebenspartnerschaft gemäß § 15 II Nr. 3 LPartG strenge Maßstäbe anzulegen sind, wie sie bei § 1565 II BGBüblich sind (Scholz/Schreiber, Praxishb. Familienrecht (Stand: Januar 2004) N.97; Schlüter, BGB -Familienrecht, 10. Aufl., RN 489; Wohlnick in Rahm/Künkel, Hb. des Familiengerichtsverfahrens, XI. 345; a.A. Erman/D. Kaiser, BGB, 11. Aufl., § 15 LPartG RN 9 und Kaiser FamRZ 02,866/872, wo aber auch auf die Beendigung der Lebenspartnerschaft auf Grund formaler Kriterien hingewiesen wird, hier dann wohl die öffentlich beurkundete Erklärung).
§ 2 LPartG stellt an die Lebensgemeinschaft der Partner geringere Anforderungen als §§ 1353, 1356 BGB (v.Koppenfels-Spies, a.a.O..). Sie setzt nicht die Herstellung der häuslichen partnerschaftlichen Gemeinschaft voraus (Palandt/Brudermüller, a.a.O..). Deshalb kommt die Aufhebung der Lebenspartnerschaft nicht schon deshalb in Betracht, weil die Antragsgegnerin an der ursprünglichen Absicht, eine gemeinsame Wohnung zu beziehen, nicht mehr festhält. Die vermutete Zuwendung zu einer anderen Partnerin begründet die Annahme eines Härtefalles ebenfalls nicht. Für eine Aufhebung der Partnerschaft nach § 15 Nr. 3 LPartG reicht es nämlich nicht aus, dass sich die unzumutbare Härte aus der tatsächlichen Fortführung der Lebensgemeinschaft ergibt. Die Härte muss sich vielmehr auf das formelle Lebenspartnerschaftsband beziehen, d.h. auf die Tatsache, weiter mit dem anderen Partner in der Form der Lebenspartnerschaft rechtlich miteinander verbunden zu sein (v. Koppenfels-Spies und Palandt/Brudermüller jeweils a.a.O.).
Die Aufnahme einer partnerschaftswidrigen Beziehung ergibt deshalb ebenso wie im Eherecht die Aufnahme einer ehewidrigen Beziehung keinen Grund, der das Abwarten der Trennungszeit als unzumutbar erscheinen ließe ( vgl. dazu die Rechtsprechung zum Eherecht, z.B. OLG Celle vom 1.11.2000 - 15 WF 187/00; OLG Köln FamRZ 92,319/320). Die Trennungszeit von 12 bzw. 36 Monaten dient der Prüfung beider Lebenspartner, ob sie nicht doch wieder zueinander finden können. Insoweit hält § 15 III LPartG die Möglichkeit offen, die Erklärungen nach Absatz 2 Nr.1 und 2 zu widerrufen. Die Aufnahme einer (vermuteten) partnerschaftswidrigen Beziehung der Antragsgegnerin stellt zwar für die Antragstellerin eine Härte dar. Für eine vorzeitige Aufhebung der Lebenspartnerschaft ist dieser Umstand aber nicht ausreichend. Vielmehr ist der . Antragstellerin' für eine begrenzte Zeit die Hinnahme der Härte zuzumuten, weil derzeit nicht hinreichend sicher beurteilt werden kann, ob die Voraussetzungen einer Aufhebung der Lebenspartnerschaft auch dann noch vorliegen, wenn die Lebenspartnerinnen hinreichend Gelegenheit gehabt haben, ihren Aufhebungswunsch zu prüfen. Das ist rund drei Monate nach der Begründung der Lebenspartnerschaft noch nicht der Fall.
Dass die Antragsgegnerin dem Wunsch der Antragstellerin auf eine Auflösung der Lebenspartnerschaft nicht entgegentritt, rechtfertigt die Annahme eines Härtefalles nicht.