Arbeitsgericht Braunschweig
Urt. v. 19.09.2008, Az.: 4 Ca 643/07

Bibliographie

Gericht
ArbG Braunschweig
Datum
19.09.2008
Aktenzeichen
4 Ca 643/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 46781
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:ARBGBS:2008:0919.4CA643.07.0A

In dem Rechtsstreit

...

wegen Forderung

hat die 4. Kammer des Arbeitsgerichts Braunschweig

auf die mündliche Verhandlung vom 19. September 2008 durch

den Richter am Arbeitsgericht ... als Vorsitzenden,

die ehrenamtliche Richterin Frau A....

die ehrenamtliche Richterin Frau H....

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Rechtsstreites trägt der Kläger.

  3. 3.

    Der Streitwert wird auf 416,39 EUR festgesetzt.

  4. 4.

    Die Berufung wird nicht besonders zugelassen.

Tatbestand

1

Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO verzichtet.

Entscheidungsgründe

2

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

3

I.

Dem Kläger stehen gegen die Beklagte weder ein Anspruch auf Zahlung von Urlaubsgeld für das Jahr 2007 noch Differenzzahlungsansprüche hinsichtlich des Weihnachtsgeldes für die Jahre 2006 und 2007 zu. Die bisherigen BAT-Regelungen finden ab dem Jahre 2006 auf Grund der tariflichen Neuregelung (Tarifvertrag über Einmalzahlungen und TV-L) auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung mehr.

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1.

Nach § 3 des Arbeitsvertrages der Parteien erhält der Kläger eine Vergütung in "Anlehnung an den Bundesangestelltentarif (BAT)". Außerdem gewährt die Beklagte "in Anlehnung an die für den öffentlichen Dienst bestehenden tarifvertraglichen Vereinbarungen: eine Zuwendung (Weihnachtsgeld), eine vermögenswirksame Leistung und ein Urlaubsgeld". Die Formulierung "in Anlehnung an den BAT" bzw. "in Anlehnung an die für den öffentlichen Dienst bestehenden tarifvertraglichen Vereinbarungen" in einem Arbeitsvertrag mit einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber begründet eine konstitutive zeitdynamische Verweisung auf die entsprechenden Tarifverträge ( BAG, Urt.v. 17.01.2006 - 9 AZR 41/05; Urt.v. 13.11.2002 - 4 AZR 351/01; LAG Niedersachsen, Urt.v. 06.07.2007 - 3 Sa 1790/06 jeweils zitiert nach juris). Zwar enthält § 3 des Arbeitsvertrages keine ausdrückliche sog. Jeweiligkeitsklausel. Die Vorschrift nimmt aber nicht nur auf eine bestimmte Fassung des Tarifvertrages Bezug. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG ist bei fehlender Angabe einer konkret nach Datum festgelegten Fassung des in Bezug genommenen Tarifvertrages jedoch regelmäßig anzunehmen, der Tarifvertrag solle in der jeweiligen Fassung gelten ( BAG, Urt.v. 17.01.2006 - 9 AZR 41/05 - Rdn. 30 m.w.N.).

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2.

Die dynamische Bezugnahmeklausel erstreckt sich auch auf das Nachfolgetarifwerk TVöD, d.h. hier konkret den Tarifvertrag über Einmalzahlung für die Jahre 2006 und 2007 sowie den TV-L. Dies ergibt sich anhand der Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung (vgl. LAG Niedersachsen, Urt.v. 07.06.2007 - 3 Sa 1790/06 - Rdn. 25 zitiert nach juris). Aus Sicht des Arbeitnehmers enthält die dynamische Bezugnahme auf den BAT die Zusage, dass die in Bezug genommenen Tarifbindungen den Inhalt des Arbeitsvertrages bestimmen und sie an zukünftigen Tarifänderungen partizipieren werden. Die Dynamik wird aber nur bei einer Ablösung des BAT durch den TVöD sichergestellt (Möller/Welkoborsky, NZA 2006, 1382, 1385). Dem steht auch nicht entgegen, dass es vorliegend vor die Arbeitnehmer hinsichtlich der Sonderzuwendungen durch die Tarifänderung finanziell zu einer Verschlechterung gekommen ist. Denn auch bei erheblichen Änderungen erkennen die Arbeitsvertragsparteien mit einer dynamischen Verweisung das Ergebnis von Tarifverhandlungen im Voraus als interessengerecht an (Möller/Welkoborsky, NZA 2006, 1382, 1386). Im Übrigen profitiert der Kläger auf Grund der Dynamik auch von zukünftigen tariflichen Entgelterhöhungen. Die Ablösung des BAT durch den TVöD stellt sich nicht als Tarifwechsel, sondern lediglich als ein Fall der Tarifsukzession dar (Möller/Welkoborsky, NZA 2006, 1382, 1386; Fieberg, NZA 2005, 1226, 1227).

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Entgegen der Auffassung des Klägers steht dieser Auslegung der Bezugnahmeklausel nicht die Unklarheitenregel nach § 305c Abs. 2 BGB entgegen. Denn die arbeitsvertragliche Bezugnahmeregelung ist klar.

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Auf die Unklarheitenregel kann nur zurückgegriffen werden, wenn nach Ausschöpfung der anerkannten Auslegungsmethode nicht behebbare Zweifel verbleiben ( BAG, Urt.v. 17.01.2006 - 9 AZR 41/05 - Rdn. 37 m.w.N. zitiert nach juris). Das ist hier nicht der Fall. Denn nach ständiger Rechtsprechung des BAG ist regelmäßig eine zeitdynamische Bezugnahme auf den Tarifvertrag anzunehmen, wenn die Angabe einer konkret nach Datum festgelegten Fassung des in Bezug genommen Tarifvertrages fehlt. Zudem ergibt sich aus einer ergänzenden Vertragsauslegung eindeutig, dass von der zeitdynamischen Bezugnahme auch der Wechsel vom BAT zum TVöD umfasst ist.

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II.

Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung von Urlaubsgeld ergibt sich auch nicht aus betrieblicher Übung. Den Ansprüchen aus betrieblicher Übung können nur entstehen, wenn für den geltend gemachten. Anspruch keine anderweitige Anspruchsgrundlage besteht (Preis, in Erfurter Kommentar, 8. Aufl., § 611 BGB Rdn. 221). Die Zahlung des Urlaubsgeldes in der Vergangenheit beruhte aber ausschließlich auf § 3 Arbeitsvertrag der Parteien in Verbindung mit dem Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte.

9

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

10

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG, 3 ZPO, wobei der festgesetzte Wert der Höhe der Zahlungsanträge entspricht.

Schließlich hatte das Gericht gemäß § 64 Abs. 3a ArbGG über die Zulassung der Berufung zu entscheiden. Gründe, die Berufung nach § 64 Abs. 3 ArbGG zuzulassen, lagen nicht vor.