Sozialgericht Lüneburg
Urt. v. 26.04.2022, Az.: S 3 U 144/20

Bibliographie

Gericht
SG Lüneburg
Datum
26.04.2022
Aktenzeichen
S 3 U 144/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 59240
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 17.04.2019 und des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2020 verurteilt, das Ereignis nach der Blutspende vom 13.04.2018 als Arbeitsunfall i. S. des § 8 SGB VII anzuerkennen sowie dem Kläger die sich hieraus ergebenden Entschädigungsleistungen zu gewähren, insbesondere die Übernahme der Kosten der Heilbehandlung für die Versorgung des Zahnes 15.

2. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten der Heilbehandlung wegen einer beim Imbiss nach einer Blutspende erlittenen Zahnverletzung.

Am 13.4.2018 nahm er in F. an einer vom Blutspendedienst des G. durchgeführten Blutspendeaktion teil. Als er gegen 18:00 Uhr nach der Blutentnahme den gereichten Imbiss zu sich nahm, barst der Zahn 15, weil die Speise, in die er hineingebissen hatte, einen harten Stein oder Kern enthielt. Aufgrund der Verletzung musste sich der Kläger in die Behandlung der Zahnärztin Dr. H. begeben, die den Zahn mit einer Wurzelbehandlung nebst Extrusion sowie einer Krone retten und dessen beschwerdefreie Nutzbarkeit wiederherstellen konnte. Das im Rahmen der Heilbehandlung erfasste Krankheitsbild zeigte einen vertikalen Bruch eines oberen Backenzahns entlang der Hauptfurche mit Abplatzung eines Höckers. Zu diesem Zeitpunkt wies der Zahn 15 überdies eine kariöse Schwächung auf.

Mit Bescheid vom 17.10.2019 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen in Bezug auf die zahnärztliche Heilbehandlung ab. Grundsätzliche Voraussetzung für die Bewilligung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung sei, dass diese wegen eines in ursächlichem Zusammenhang mit dem Versicherungsfall stehenden Gesundheitsschadens erforderlich geworden seien. Nach den vorliegenden zahnärztlichen Unterlagen sei davon auszugehen, dass die Krone des Zahnes 15 schon vor der Blutspende durch Karies zerstört gewesen und der Zahn zum Unfallzeitpunkt devital gewesen sei. Der Gesamtschadensverlauf an den Zahn habe sich daher durch den Vorfall nicht verändert, so dass die zahnärztliche Behandlungsmaßnahme nicht rechtlich wesentlich auf das Ereignis vom 13.4.2018 zurückzuführen sei.

Mit Schreiben vom 8.11.2019 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein und betonte, dass die Schädigung des Zahnes durch die plötzlich eingetretene, gewaltsame Krafteinwirkung ausgelöst worden sei. Bis zum schädigenden Ereignis sei der Zahn gesund, unbehandelt und vital gewesen.

Der Rechtsbehelf blieb erfolglos und wurde von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 3.12.2020 zurückgewiesen. Da die Fraktur durch die von Karies veränderten Bereiche des Zahnes verlaufen sei, sei anzunehmen, dass es ohne die Vorschädigung nicht zu der Zahnverletzung gekommen wäre. Aufgrund des Vorschadens (der Zahn sei infolge der Karies zum Unfallzeitpunkt bereits devital gewesen) habe sich der Gesamtschadensverlauf am Zahn 15 durch das Geschehen vom 13.4.2018 nicht verändert, so dass dieses als rechtlich bedeutungslose Gelegenheitsursache zu werten sei. Ein Anspruch auf zahnärztliche Behandlung aus der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe in Ermangelung eines Ursachenzusammenhangs daher nicht.

Mit der sodann am 21.12.2020 fristgerecht erhobenen Klage verfolgt der Kläger das auf die Anerkennung des Schadensfalls als Arbeitsunfall i.S. des § 8 SGB VII sowie die Erstattung der Kosten der zahnärztlichen Heilbehandlung gerichtete Begehren weiter. Er beanstandete die nach seiner Auffassung ungenügende Sachverhaltsaufklärung seitens der Beklagten und bekräftigte, dass der Zahn 15 vor dem Ereignis keine Probleme bereitet habe und schmerzfrei gewesen sei. Nach Feststellung der behandelnden Zahnärztin seien die Vitalität und die Stabilität des Zahnes zu keiner Zeit gefährdet gewesen. Die Notwendigkeit der Behandlung habe nicht bestanden. Diese sei erst durch den plötzlichen Riss nach dem Biss auf den harten Gegenstand erforderlich geworden.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.04.2019 und des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2020 zu verurteilen, das Ereignis nach der Blutspende vom 13.04.2018 als Arbeitsunfall im Rechtssinne anzuerkennen sowie ihm die sich hieraus ergebenden Entschädigungsleistungen zu gewähren, insbesondere die Übernahme der Kosten der Heilbehandlung für die Versorgung des Zahnes 15.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass der am 13.4.2018 geborstene Zahn durch Karies erheblich vorgeschädigt gewesen sei. Die Wurzelbehandlung sowie dessen Überkronung seien aufgrund unfallunabhängiger Vorschäden erforderlich gewesen, ohne dass das Ereignis zu einer richtungsweisenden Verschlimmerung des Zustandes des Zahnes geführt habe.

Zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hörte das Gericht von Amts wegen den zahnärztlichen Sachverständigen Dr. I., Zahnarzt aus Hamburg. In seinem Gutachten vom 29.5.2021 nebst ergänzenden Stellungnahmen vom 1.8.2021 und 2.11.2021 gelangte dieser zu dem Ergebnis, dass dem Biss auf einen harten Gegenstand im Vergleich zur bestehenden Kariesvorerkrankung das größere Gewicht an der Fraktur des Zahnes 15 am 13.4.2018 beizumessen sei. Bei dem beim Kläger aufgetretenen Bruch handele es sich nicht um eine typische Ausprägung einer Karies. Bereits der Umstand, dass er ein deutlich wahrnehmbares Knackgeräusch geschildert habe, weise darauf hin, dass ebenfalls gesunde Substanz geborsten sei. Zudem stelle die durch eine Karies entstandene Kavitation (Höhlung) eine Sollbruchstelle dar, der ein kariesbedingter Einbruch des Zahnschmelzes folge. Von einem derartigen, bei einer Zahnfraktur als Folge einer Vorerkrankung zu erwartenden Schadensbild unterscheide sich das Krankheitsbild des Klägers auffällig, weil bei diesem die halbe Zahnkrone unter Bruch gesunder Areale abgeschert sei. Ein solcher Schaden bedürfe zwingend der traumatischen Einwirkung und lasse sich allein mit einer durch Karies bedingten Vorschädigung nicht erklären. Somit komme der kariösen Schwächung des Zahnes 15 zwar eine dessen Bersten begünstigende Mitursache zu, jedoch habe das Ereignis vom 13.4.2018 die vorbestehende Gesundheitsstörung richtungsweisend verschlimmert. Ihm sei daher der größere Anteil an der Entstehung der Zahnverletzung zuzuschreiben, so dass von einer für die Krankheitsentwicklung unbedeutenden Gelegenheitsursache nicht gesprochen werden könne.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der Beklagtenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Das Ereignis vom 13.4.2018 stellt einen von der Beklagten zu entschädigenden Arbeitsunfall im Rechtssinne dar. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Übernahme der Kosten der Heilbehandlung des verletzten Zahnes zu.

Aufgrund des im Erörterungstermin vom 5.4.2022 erklärten Einverständnisses der Beteiligten konnte das Gericht den Rechtsstreit nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer dem Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 unterfallenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Es sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Nach Absatz 2 Nr. 1 dieser Vorschrift gehört zur versicherten Tätigkeit auch das Zurücklegen des mit derselben zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und vom Ort der Tätigkeit.

Der Arbeitsunfall ist eine mehrgliedrige Ereigniskette und beinhaltet den gesamten schädigenden Vorgang. Er beginnt mit dem unfallbringenden - einer versicherten Tätigkeit zurechenbaren - Verhalten des Versicherten und endet mit dem Gesundheitsschaden. Erforderlich für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist, dass

a) die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang),

b) die Verrichtung zu dem Unfallereignis geführt hat (Unfallkausalität),

c) das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität).

Ein unfallbringendes Verhalten ist dann eine versicherte Tätigkeit, wenn zwischen dem konkreten Verhalten und dem generell versicherten Tätigkeitsbereich des Versicherten ein rechtlicher Zusammenhang besteht. Die Grenze der geschützten Tätigkeit ist wertend zu ermitteln. Es ist zu prüfen, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. In die Wertung können auch Wertungskriterien gesellschaftlicher und gesellschaftspolitischer Art einfließen (vgl. zu den vorstehenden Ausführungen: Bereiter-Hahn / Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, 5. Auflage, § 8 SGB VII, Rdn. 3 bis 6).

Beweisrechtlich muss das Gericht, um einen Versicherungsfall annehmen und dem Versicherten darüber hinaus bestimmte Leistungen zusprechen zu können, die anspruchsbegründenden Umstände und Ereignisse aufgrund seiner freien Überzeugungsbildung als mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zutreffend feststellen können. Es bedarf insoweit des Vollbeweises, bei dem der Versicherte die materielle Beweislast trägt (s. bereits Bundessozialgericht, Urteil v. 29.03.1963, Az. 2 RU 75/61 - Juris; s. auch Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 8 SGB VII, Rdn. 10).

Für die Bejahung der jeweiligen Ursächlichkeit eines bewiesenen Umstandes für seine feststellbaren Folgen genügt demgegenüber der Maßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit. Für die Feststellung dieser Ursachenzusammenhänge (haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität) reicht es daher aus, wenn mehr für als gegen den jeweiligen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt hingegen nicht (Bundessozialgericht, Urteil v. 09.05.2006, Az. B 2 U 1/05 R - Juris; s. zu alledem auch Ricke in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 8 SGB VII, Rdn. 257ff. m.w.N.).

Unter Zugrundelegung dieser Kriterien handelt es sich bei dem Geschehen vom 13.4.2018 um einen Arbeitsunfall.

Der Kläger erlitt die Zahnverletzung anlässlich einer versicherten Tätigkeit. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 b SGB VII sind Personen kraft Gesetzes unfallversichert, welche Blut, körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden. Dass der Kläger am 13.4.2018 in F. an einer Blutspendeaktion des G. teilnahm, wurde der Beklagten durch dessen Blutspendedienst ausdrücklich bestätigt und ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Bei einer derartigen Handlung umfasst der Versicherungsschutz ebenfalls den nach der Blutentnahme gereichten Imbiss. Zwar stellt die Nahrungsaufnahme grundsätzlich eine private, unversicherte Tätigkeit dar, weil diese vorrangig den Belangen des Versicherten (Lebenserhaltung) dient (Ziegler in LPK-SGB VII, § 8, Rdn. 58, 103). Eine Ausnahme gilt allerdings dann, wenn sich die Notwendigkeit des Essens oder Trinkens aus den besonderen Umständen der versicherten Tätigkeit ergibt (Ziegler a.a.O., Rdn. 104). Nach einer Blutspende ist es allgemein üblich, dass den Spendern von der durchführenden Einrichtung ein Imbiss in Gestalt von Speisen und Getränken offeriert wird. Dieses Angebot dient insbesondere dem Zweck, den mit der Blutentnahme verbundenen Kraft- und Flüssigkeitsverlust auszugleichen, mögliche negative Auswirkungen derselben auf den Kreislauf des Spenders zu verhindern sowie einen sicheren Heimweg zu gewährleisten. Die Nahrungsaufnahme steht mithin aufgrund der besonderen Umstände einer Blutspende in derart enger Beziehung zum Spendevorgang selbst, dass es gerechtfertigt erscheint, diese in den versicherten Risikobereich der gesetzlichen Unfallversicherung einzubeziehen.

Darüber hinaus war der Kläger im Zusammenhang mit der Blutspende vom 13.4.2018 äußeren Einwirkungen auf den Körper ausgesetzt, die zu einem Gesundheitsschaden führten, indem er beim anschließenden Imbiss auf einen harten Gegenstand biss und dieser zum Bersten des Zahnes 15 führte. Entgegen der Annahme der Beklagten wurde die Zahnschädigung mit der geforderten Wahrscheinlichkeit durch die äußere Einwirkung nach der Blutspende wesentlich mitverursacht und beruht keinesfalls nur auf einem Vorschaden in Gestalt einer Karies. Dies folgt aus den Ausführungen des vom Gericht gehörten zahnärztlichen Sachverständigen Dr. I.. Der Sachverständige hat im Gutachten vom 29.5.2021 sowie den ergänzenden Stellungnahmen in überzeugender Weise dargelegt, dass aufgrund des beim Kläger festgestellten konkreten Schadensbildes davon auszugehen ist, dass das Ereignis vom 13.4.2018 die vorbestehende Gesundheitsstörung richtungsweisend verschlimmert hat und ohne die Teilnahme an dem Imbiss nicht mit dem Auftreten eines entsprechenden Zahnschadens zu rechnen gewesen wäre. Insoweit hat er vor allem darauf hingewiesen, dass die Fraktur des verletzten Zahnes nicht den kariös unterminierten Bereichen folgte, sondern auch gesunde Zahnteile umfasste, deren Schädigung eine traumatische Einwirkung erforderte. Als weiteres Indiz für eine traumatische Zahnverletzung wurde ferner das vom Kläger geschilderte, deutlich wahrnehmbare Knackgeräusch beim Bersten des Zahnes angeführt. Darüber hinaus widerlegt die am 17.5.2018 durchgeführte Vitalextipartion die Behauptung, dass der Zahn vor dem Unfallzeitpunkt devital gewesen sei.

Die Kammer schließt sich dieser Einschätzung aufgrund ihrer freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens getroffenen Überzeugung an (§ 128 Abs. 1 S. 1 SGG, vgl. Bundessozialgericht, Urteil v. 19.12.2000, Az.: B 2 U 49/99 - Juris). Dr. L.hat die vorliegenden Akten gründlich ausgewertet, die klägerischen Beschwerden erfasst und eine fachgerechte Untersuchung vorgenommen. Das Krankheitsbild wurde von ihm umfassend gewürdigt. Die Beantwortung der Beweisfragen erfolgte verständlich, nachvollziehbar und in Übereinstimmung mit den zuvor gefundenen Untersuchungsergebnissen. Das Gutachten ist damit insgesamt einleuchtend und in sich widerspruchsfrei. An dessen Verwertbarkeit bestehen keine Zweifel.

Nur wenn bei Abwägung der kausalen Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer vorhandenen krankhaften Anlage die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar ist, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlichen äußeren Einflüsse bedarf, sondern jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zur selben Zeit die Erscheinung gleichfalls ausgelöst hätte, liegt eine sogenannte „Gelegenheitsursache“ vor. Dies gilt insbesondere dann, wenn Schadensbilder degenerativer Ursache gegeben sind. Ausschließlich in einem solchen Fall drängen unfallunabhängige Faktoren die Bedeutung des Ereignisses für den Eintritt des Gesundheitsschadens vollständig zurück, so dass diese allein die wesentliche Bedingung für dessen Hervorrufung gesetzt haben (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 8, Rz. 9.3). Von einer Konstellation dieser Art kann im Fall des Klägers unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen nicht ausgegangen werden.

Da für die Beurteilung eines Ursachenzusammenhangs zwischen der äußeren Einwirkung und dem Auftreten eines Gesundheitsschadens allein bedeutsam ist, ob das Unfallereignis für dessen Entstehung wesentlich war, kommt es nicht darauf an, ob eine konkurrierende Ursache – im Fall des Klägers die am verletzten Zahn vorhandene Karies – gleichfalls einen wesentlichen Beitrag zum Schadenseintritt geleistet hat (Ziegler a.a.O., Rdn. 13).

Da aufgrund der vorgenannten Ausführungen ein Versicherungsfall vorliegt, hat die Beklagte den Kläger nach § 26 Abs. 1 SGB VII die notwendige Heilbehandlung zur Behebung des Zahnschadens zu gewähren. Der Anspruch beinhaltet gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII die zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz.

Der Verurteilung der Beklagten zur Leistungserbringung steht nicht der Umstand entgegen, dass die Beklagte unter Verweis auf das Fehlen eines unfallbedingten Gesundheitsschadens bislang konkludent das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des § 8 SGB VII bestritten hat. Zwar ist ein abstrakter Antrag, den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zu verurteilen, Entschädigungsleistungen zu erbringen, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts grundsätzlich unzulässig, wenn bereits ein Versicherungsfall abgelehnt wurde (Bundessozialgericht, Urteil v. 07.09.2004, Az. B 2 U 46/03 R; Urteil v. 05.09.2006, Az. B 2 U 24/05 R; Urteil v. 16.11.2005, Az. B 2 U 28/04 R - jeweils zitiert nach Juris).

Da allerdings die Frage der Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung im Verwaltungsakt vom 17.10.2019 umfassend geprüft wurde, fand eine inhaltliche Würdigung des geltend gemachten Leistungsanspruchs statt, welche aufgrund des auch insoweit durchgeführten, nach § 78 SGG erforderlichen Vorverfahrens einen kombinierten Antrag sowohl auf Feststellung eines Versicherungsfalls als auch auf Gewährung der sich hieraus ergebenden Leistungen zulässig erscheinen lässt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.