Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 19.06.2018, Az.: 3 A 196/16

Aufwandspaltungsbeschluss; Bauprogramm; Beitragspflicht, sachliche; Entstehen; Rückwirkung, echte; Straßenausbaubeitragsrecht; Teileinrichtung

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
19.06.2018
Aktenzeichen
3 A 196/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 74468
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Bei zeitlich versetzten Straßenausbaumaßnahmen entsteht die sachliche Beitragspflicht für die (sämtliche weiteren Teileinrichtungen erfassenden) Folgemaßnahmen jedenfalls dann erst nach einem weiteren Aufwandspaltungsbeschluss, wenn dem im Ergebnis dann sämtliche Teileinrichtungen umfassenden Ausbau kein schon ursprünglich diesen Gesamtausbau umfassendes Bauprogramm zugrunde gelegen hat.

Tatbestand:

Der Kläger ist Eigentümer des in der Gemarkung E., Flur 2, Flurstück 52/3, gelegenen Hausgrundstücks I. Straße 4. E. war bis zum 1. März 2013 Ortsteil der zuvor selbständigen Einheitsgemeinde J., die seit diesem Zeitpunkt als Ortsteil in der Beklagten aufgegangen ist. Der Ortsteil E. der Beklagten verläuft im Wesentlichen entlang der Kreisstraße 3 als Ortsdurchfahrt (D. - bzw. K. straße). In etwa in der „Ortsmitte“ (am Denkmal) zweigt die streitbefangene I. Straße, von der dort aus Richtung Süden in Richtung Westen verschwenkenden Ortsdurchfahrt in Richtung Norden ab. Nach der platzartigen Erweiterung in Höhe des Denkmals ist die I. Straße zunächst in nahezu geschlossener Bauweise beidseitig mit Wohn- bzw. Gewerbebebauung bebaut. Nach etwa 80 Metern zweigt Richtung Osten die Straße L. ab, die alleinige Zufahrt zum sich anschließenden gleichnamigen Baugebiet ist. Die I. Straße setzt sich nördlich mit größtenteils beidseitiger Bebauung in offener Bauweise etwa 180 Meter fort, bevor sie dann Richtung Nordosten verschwenkt und aus dem bebauten Zusammenhang des Ortsteils E. nach etwa weiteren 60 Metern herausführt. Die I. Straße ist bis in Höhe der Nordost-Grenze des anliegenden Flurstücks 25/1 (Flur 2, Gemarkung E.) als öffentliche Verkehrsfläche gewidmet. Sie besteht inzwischen nur noch aus dem Flurstück 88/3 (Flur 2, Gemarkung E.), das im Eigentum der Beklagten steht.

Das Grundstück des Klägers ist am Südende der I. Straße auf der Ostseite nach der Kirche (I. Straße 2) als nächstes gelegen und dient neben dem Wohnen im Wesentlichen Verwaltung und Produktion der Firma C. GmbH, die Holzbadewannen, Saunazubehör und anderes herstellt. Das Grundstück ist 806 m² groß und zweigeschossig bebaut.

Mit Bescheiden vom März 2000 erhob die damalige Samtgemeinde F. für die Erneuerung der Beleuchtungsanlage der I. Straße (9 Leuchten mit Erdverkabelung ersetzten 5 Leuchten mit Freileitung) nach dem Beschluss des Rates der damaligen Gemeinde J. vom 30. Juni 1999 über die Erhebung der Straßenausbaubeiträge dafür im Wege der Aufwandspaltung dieser Aufwendungen diese Beiträge, wobei sie die I. Straße als öffentliche Einrichtung mit starkem innerörtlichen Verkehr einstufte.

Erstmals am 23. März 2010 befasste sich der Rat der damals selbständigen Gemeinde J. mit der Beschlussfassung über den Ausbau der I. Straße im Rahmen der Dorferneuerung. Am 27. September 2010 empfahl der Bau- und Umweltausschuss einstimmig als Beschluss für den Rat den Ausbau der I. Straße mit der Variante 2 B (Gewässerverrohrung straßenmittig, Straßenausbau mit beidseitigen niveaugleichen überfahrbaren Seitenstreifen) weiterzuverfolgen. Am 06. Dezember 2010 ergänzte der Bau- und Umweltausschuss seine Empfehlung dahingehend, die niveaugleiche Seitenfläche über die gesamte Ausbaulänge an der östlichen Fahrbahnseite verlaufen zu lassen. In seiner Sitzung am 25. Januar 2011 ergänzte der Bau- und Umweltausschuss des Rates der damaligen Gemeinde J. seine Empfehlung um einen Gestaltungsvorschlag für die Ausführung der Pflasterung. Nach den Planungen ist die Ausbaustrecke insgesamt von 359 Meter lang. Vom Denkmal im Süden bis zur Verschwenkung in Richtung Nordosten sieht das in den Gremien der Gemeinde J. behandelte Bauprogramm einen Ausbau mit einer asphaltierten Fahrbahn von 4,10 Meter Breite sowie auf der Ostseite (unterbrochen nur durch die Einmündung der L.) eine durchgehend gepflasterte niveaugleiche Seitenfläche von mindestens 1,48 Meter Breite vor. Bis in Höhe der Einmündung L. solle auch auf der Westseite (hinter der beiderseits vorhandenen etwa 0,85 Meter breiten Gosse) ebenso niveaugleich eine im Wesentlichen gepflasterte Fußwegfläche entstehen. Im weiteren Verlauf Richtung Norden schließt sich auf der Westseite der I. Straße nach dem Bauprogramm mit Ausnahme der befestigten Grundstücksauffahrten im Wesentlichen ein teilweise geböschter Grünstreifen an. Im Zuge der Verschwenkung nach Nordosten verringert sich die Fahrbahnbreite der ausgebauten Anlage auf lediglich noch 3 Meter. Die Gossenanlage auf der Südostseite wird in diesem Bereich nach den Planungen einreihig und im nordwestlichen Bereich rund 50 cm breit mit Einlaufschächten. Diese Gossenreihe wird durch den Einmündungsbereich der weiter in Richtung Norden führenden Einmündung dieses lediglich noch auf einer Länge von rund 10 Metern ausgebauten Bereichs der I. Straße fortgeführt. Die Breite der niveaugleichen Seitenfläche auf der Ost- bzw. Südostseite wird bereits ab dem Bereich gegenüber der Hausnummer I. Straße 23 von 1,50 Meter auf 1 Meter verengt. Die im Norden der ausgebauten Anlage auf der Nordwestseite vorhandenen Ablaufschächte in der dort etwa 50 cm breiten Gosse wechseln vor den Beginn der Einmündung des soeben beschriebenen, nicht weiter ausgebauten Abzweigs der I. Straße auf die Ostseite und werden dort bis gegenüber der Grundstückseinfahrt zur I. Straße 17 fortgeführt. Weiter südlich sind Einlaufschächte in beiden Gossenreihen vorhanden.

Unter dem 27. Dezember 2010 lud die damals selbständige Gemeinde J. die Anlieger der I. Straße zu einer Informationsveranstaltung im Zusammenhang mit einer Sitzung des Bau- und Umweltausschusses am 25. Januar 2011 ein. Gemäß dem Protokoll dieser Sitzung wurde die vorgesehene Planung einschließlich verschiedener Varianten für die Pflasterung vorgestellt.

Mit Bescheid vom 30. November 2012 setzte die damalige Samtgemeinde F. gegenüber dem Kläger für das streitbefangene Grundstück eine Vorausleistung auf den Beitrag für den Ausbau der I. Straße in Höhe von 8.600,00 Euro fest. Zur Begründung führte die Samtgemeinde im Wesentlichen aus, die Gemeinde J. baue die Straße insgesamt aus, da sie aufgrund ihres Erscheinungsbildes hinsichtlich der Oberflächenentwässerung und ihres übrigen offensichtlichen Erscheinungsbildes abgängig sei. Bereits bei den Anliegerinformationsveranstaltungen sei dargestellt worden, dass die I. Straße nach vorläufiger Einschätzung eine öffentliche Einrichtung sei, die überwiegend dem Anliegerverkehr diene. Nach ihrer Satzung betrage der Anliegeranteil am beitragsfähigen Aufwand deshalb 75%, der zu rund 80% mit diesem Bescheid geltend gemacht werde.

Der Kläger erhob am 24. Dezember 2012 Klage (3 A 144/12) und griff darin insbesondere die Einschätzung der früheren Samtgemeinde F. und jetzigen Beklagten an, die abgerechnete Anlage sei als sogenannte Anliegerstraße einzustufen. Richtigerweise müsse die Straße als solche mit starkem innerörtlichem Verkehr zu Lasten der Anlieger abgerechnet werden.

Mit Urteil vom 9. Juli 2015 (3 A 144/12) hob das erkennende Gericht den Bescheid der Samtgemeinde F. vom 30. November 2012 auf, soweit der Kläger darin zu einer Vorausleistung auf den Straßenausbaubeitrag von mehr als 7.235,10 Euro herangezogen worden war. Wegen der weiteren Begründung wird auf das den Beteiligten dieses Verfahrens bekannte Urteil Bezug genommen. Den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen diese Entscheidung beim Nds. OVG (3 LA 113/15) nahm die Beklagte mit Schreiben vom 22. September 2015 zurück.

Am 15. Oktober 2015 beschloss der Rat der Beklagten eine Satzung über die abweichende Festsetzung von Straßenausbaubeiträgen für die öffentliche Einrichtung „I. Straße“ (AbwS (Abweichungssatzung)). § 1 AbwS regelt den Anteil der Anlieger am Aufwand für den Ausbau der öffentlichen Einrichtung „I. Straße“ in der Ortschaft E. mit 55% in Abweichung von § 4 Abs. 1 ABS. Gemäß § 2 AbwS soll diese Satzung rückwirkend zum 1. Januar 2013 in Kraft treten. In der Begründung der Drucksache 148/2015 der Beklagten zu dieser Abweichungssatzung wird ausgeführt, dass von einem ganz überwiegenden Anliegerverkehr nicht ausgegangen werden könne, so dass unterhalb der Spanne von 75%, aber über dem Wert von 45% eine Entscheidung getroffen werden müsse, weil von einem Überwiegen des Anliegerverkehrs auszugehen sei. Unter Berücksichtigung der Urteilsbegründung und Würdigung aller sonstigen Umstände wie Lage, Funktion usw. sei dieser Wert für die I. Straße vertretbar und auch angemessen; der Anliegeranteilssatz sei damit rechnerisch näher zur Innerortsstraße als zur Anliegerstraße hin orientiert. Diese Abweichungssatzung wurde im Amtsblatt für den Landkreis M. am 22. Oktober 2015 (Seite 400) veröffentlicht.
Dem Protokoll zur Ratssitzung ist auf Seite 5 zu dieser Entscheidung zu entnehmen, dass der Bürgermeister erläuterte, dass eine nachträgliche Satzungsänderung nach Entstehen der Beitragspflicht nicht mehr rechtmäßig sei. Im Fall der I. Straße sei die Beitragspflicht jedoch noch nicht entstanden, was sich aus dem Urteil ergebe.
Zunächst auch zur Abstimmung für die Ratssitzung am 15. Oktober 2015 vorgesehen, dann aber dort von der Tagesordnung abgesetzt, war eine Beschlussvorlage der Drucksache 158/215 betreffend die Aufwandspaltung für die Erhebung der streitbefangenen Straßenausbaubeiträge. Die vom Verwaltungsausschuss der Beklagten am 8. Oktober 2015 empfohlene Aufwandspaltung wurde vom Rat der Beklagten dann am 26. November 2015 beschlossen mit dem Inhalt, für die „I. Straße“ die Straßenausbaubeiträge für den Ausbau der Fahrbahn einschließlich zugehöriger Randsteine und Schrammborde, den Ausbau der niveaugleichen Mischflächen einschließlich zugehöriger Randsteine und Schramborde, den Ausbau der Oberflächenentwässerung und den Ausbau der sonstigen Seitenräume als Grünflächen im Wege der Aufwandspaltung zu erheben.

Mit Straßenausbaubeitragsbescheid vom 18. März 2016 setzte die Beklagte für den Ausbau der „I. Straße“ in ihrer Ortschaft E. für das Grundstück des Klägers (Gem. E., Flur 2, Flurstück 52/3) einen Straßenausbaubeitrag in Höhe von insgesamt 9.236,75 Euro fest; davon brachte sie die Vorausleistung des Klägers in Höhe von 8.600,00 Euro in Abzug, so dass der Bescheid eine Restschuld von 636,75 Euro auswies. Zur Begründung verwies die Beklagte auf die gemeinderechtliche Vorgeschichte und den vorangegangenen Verwaltungsprozess betreffend die Erhebung von Vorausleistungen. Unter Berücksichtigung des vom Rat beschlossenen Beitragssatzes von 55% ergebe sich für den Kläger der festgesetzte Straßenausbaubeitrag. Als Beitragssatz für die Vorleistung errechne sich 6,548565 Euro je m². Das zweigeschossig bebaute Grundstück des Klägers sei 806 m² groß und werde überwiegend gewerblich genutzt, so dass sich ein Faktor von insgesamt 1,75 ergebe. Daraus folge eine Beitragsfläche für das streitbefangene Grundstück in Höhe von 1.410,50 m². Sie habe einen beitragsfähigen Aufwand von 514.727,61 Euro festgestellt, der um die gewährten Fördermittel in Höhe von 157.326,45 Euro zu vermindern sei. Von den verbleibenden 357.401,16 Euro sei ihr Eigenanteil von 45% abzuziehen, so dass als auf die Grundstücke zu verteilende Anteil der Betrag von 196.570,64 Euro verbleibe. Dividiert durch die Summe der Beitragsflächen der heranzuziehenden Grundstücke des Abrechnungsgebietes in Höhe von 30.017,36 m² ergebe sich der ausgewiesene Beitragssatz.

Der Kläger hat am 5. April 2016 Klage erhoben. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, es existiere eine wirksame Straßenausbaubeitragssatzung der Rechtsvorgängerin der Beklagten, so dass die vom Rat der Beklagten beschlossene Abweichungssatzung mit der rückwirkenden Festlegung eines Anteilsatzes von 55% für die Anlieger wegen sogenannter echter Rückwirkung unwirksam sei, denn weder eine fehlende oder eine fehlerhafte Satzung liege hier vor. Aus Sicht der Beklagten sei die Baumaßnahme mit Eingang des Zuwendungsbescheids am 24. Februar 2014 abgeschlossen gewesen. Ausweislich einer Beispielrechnung im Urteil vom 9. Juli 2015 (3 A 144/12) könne allenfalls von einem Anliegeranteil in Höhe von 45,5% ausgegangen werden. Überschlägig errechne er somit 1.600,00 Euro, die die Beklagte von ihm zuviel erhoben habe.
Das VG Göttingen habe in dem genannten Urteil ausgeführt, dass es der Beklagten unbenommen sei, bei der Vorteilsbemessung zukünftig in § 4 ABS weitere bzw. andere Kategorien einzuführen. Von der Möglichkeit einer rückwirkend geltenden Satzung sei darin nicht die Rede. Es sei augenscheinlich, dass die Beklagte hoffe, durch die bewusste Zurückhaltung des Aufwandspaltungsbeschlusses bis zur Sitzung des Rates am 26. November 2015 sei die rückwirkend in Kraft gesetzte Satzung vielleicht doch rechtmäßig. Nach von ihm recherchierter Rechtsprechung sei dies so nicht zu halten. Verwaltungstechnisch möge ein solcher Aufwandspaltungsbeschluss erforderlich gewesen sein. Die Baumaßnahme als solche sei jedoch bereits seit Februar 2014 abgeschlossen gewesen, ohne dass noch kostenrelevante Vorgänge ausgestanden hätten. Zu keinem Zeitpunkt habe zur Debatte gestanden, dass die Beleuchtung als Gegenstand des bereits zuvor gefassten Aufwandspaltungsbeschlusses nach relativ kurzer Zeit schon wieder erneuert werden müsse. Es habe insoweit kein Zweifel daran bestanden, dass der Aufwand der jetzigen Straßenbaumaßnahme beitragsfähig sei, ohne auf eine nochmalige Erneuerung der Straßenbeleuchtung zu warten. Auch sei Sinn und Zweck einer Aufwandspaltung, der Gemeinde die Vorfinanzierung zu ermöglichen, wenn zunächst nur Teile einer Einrichtung ausgebaut würden und andere Teile ggf. später. Zweck sei also, Beitragsbescheide ggf. früher zu erstellen, und nicht etwa, diese zu verzögern. Keinesfalls bestehe der Sinn darin, sich ein Hintertürchen für eine rückwirkend geltende Beitragserhöhung offen zu halten. Das ergebe sich auch aus der von ihm recherchierten Rechtsprechung.
Überdies habe er Zweifel, ob die Mitglieder des Rates bei den entsprechenden Beschlussfassungen umfassend und zutreffend informiert gewesen seien, um vor dem Beschluss einer echten rückwirkend geltend gemachten Satzung ausreichend abwägen zu können. Zur Begründung seiner Auffassung fügt der Kläger E-Mailverkehr mit einem Ratsmitglied und einen Bericht in der Lokalpresse an. Seiner Auffassung nach sei nicht ausreichend transparent vorgetragen worden, dass durch die Einzelsatzung versucht werde, den Beitragssatz von etwa 45,5% auf 55% anzuheben.

Der Kläger beantragt,

den Ausbaubeitragsbescheid der Beklagten vom 18. März 2016 insoweit aufzuheben, als darin ein Straßenausbaubeitrag von mehr als 7.638,79 Euro festgesetzt worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf den angefochtenen Bescheid und führt ergänzend aus, es handele sich gerade nicht um eine echte Rückwirkung. Eine Rechtsnorm entfalte echte Rückwirkung nur dann, wenn sie nachträglich in einen abgeschlossenen Sacherhalt ändernd eingreift. Auch wenn die Norm formal mit Rückwirkung in Kraft gesetzt werde, komme es auf deren materielle Wirkung an. Im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Abweichungssatzung vom 16. Oktober 2015 am 22. Oktober 2015 seien die sachlichen Beitragspflichten für den streitbefangenen Ausbau noch nicht entstanden gewesen, so dass ein noch nicht abgeschlossener Sachverhalt vorgelegen habe für die Anlieger der I. Straße. Wenn ihr Rat mit dem Satzungsbeschluss die Abweichungssatzung nicht rückwirkend in Kraft gesetzt hätte, hätte der gesetzliche Regelfall gegriffen, dass die Abweichungssatzung am 14. Tage nach Ablauf des Tages der Verkündung in Kraft getreten wäre (§ 10 Abs. 3 Nds. Kommunalverfassungsgesetz – NKomVG). Dieser Zeitpunkt, nämlich der 5. November 2015 liege immer noch merklich vor dem Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht am 26. November 2015. Vorliegend sei nicht entscheidungserheblich, inwieweit alle Ratsmitglieder bei ihrer Beschlussfassung hinlänglich über den Sachverhalt informiert gewesen seien, was der Kläger rüge. Die Bewertung von Informationen für eine anstehende Beschlussfassung und die Einschätzung, ob sich der Rat zur Entscheidung in die Lage versetzt sehe, liege einzig und allein in seinen Händen. Es obliege nicht einem gerichtlichen Verfahren, die Arbeitsmoral der an der Entscheidungsfindung beteiligten Personen oder Gremien zu bewerten. Gleichwohl habe sich vorliegend der Verwaltungsausschuss in seinen Sitzungen am 17. September 2015 und 8. Oktober 2015 mit dieser Angelegenheit befasst und der Rat habe in seinen Sitzungen vom 15. Oktober und 26. November 2015 unter anderem dazu getagt. Ausweislich des Protokolls über die Ratssitzung am 15. Oktober 2015 sei die Frage einer nachträglichen Satzungsänderung sehr wohl erörtert worden. Auch der Beschlussfassung in der Ratssitzung am 26. November 2015 sei gemäß dem entsprechenden Protokoll eine Erörterung bzw. Erläuterung vorangegangen. Außerdem hätten die Drucksachen 148 und 158/2015 vorgelegen. Sie lege das vorausgegangene Urteil so aus, dass das Gericht mit „zukünftig“ auf Fälle Bezug genommen habe, für die bzw. in denen vom Tag des Urteils an gesehen zukünftig sachliche Beitragspflichten entstünden. Das sei vorliegend gegeben. So habe noch die Gemeinde J. nur für die Teileinrichtung Straßenbeleuchtung eine Aufwandspaltung vorgenommen und insoweit Beiträge erhoben. Sie als Nachfolgerin der aufgelösten Gemeinde müsse diesen eingeschlagenen Weg konsequent fortsetzen und für alle weiteren ausgebauten Teileinrichtungen einen diese erfassenden, weiteren Aufwandspaltungsbeschluss durch ihren Rat als Voraussetzung für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht fassen. Die vom Kläger zitierten anderen Auffassungen in der Rechtsprechung seien vorliegend nicht maßgeblich, soweit sie die Rechtslage in anderen Bundesländern beträfen.
Mangels sachlicher Beitragspflicht für den streitgegenständlichen Ausbau zum Zeitpunkt der Beschlussfassung und Veröffentlichung der Abweichungssatzung habe es an entstandenen Ausbaubeiträgen und demzufolge auch an feststehenden Beitragshöhen für die Anlieger gefehlt, so dass hier kein Vertrauen und kein Vertrauensschutz entstanden sein könnten, auf den sich die Anlieger und der Kläger würde berufen können.
Auch die Verlegung der Beschlussfassung über die Aufwandspaltung sei beitragsrechtlich nicht bedeutsam. Innerorganisatorische Arbeitsentscheidungen des Rates seien vorliegend weder zu beurteilen noch entscheidungserheblich. Es komme nur auf das beitragsrechtlich bedeutsame Ergebnis, nämlich die Anwendung der Aufwandspaltung an.
Schließlich seien alle Ratsmitglieder umfassend und erschöpfend informiert gewesen. Das ergebe sich aus den vorgelegten Drucksachen und den entsprechenden Protokollen zu den maßgeblichen Sitzungen.

Die Kammer hat den Rechtsstreit durch Beschluss dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und den übrigen Inhalt der Gerichtsakte in diesem Verfahren sowie im Verfahren 3 A 144/12 und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Samtgemeinde F., vom 18. März 2016 insoweit, als darin ein Straßenausbaubeitrag von mehr als 7.638,79 Euro festgesetzt worden ist; dieser Bescheid erweist sich, auch soweit er angefochten worden ist, als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 VwGO).

Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit des streitbefangenen Bescheides bestehen nicht. Der Straßenausbaubeitragsbescheid ist inhaltlich hinreichend bestimmt und ausreichend begründet. Er bezeichnet den festgesetzten Beitrag nach Art und Betrag und lässt erkennen, von wem, für welche Maßnahme und für welches Buchgrundstück Ausbaubeiträge gefordert werden. Die Angaben zum Verteilungsmaßstab enthalten die erforderlichen Berechnungsposten, so dass der Kläger in der Lage war, die Berechnung der Festsetzung des Straßenausbaubeitrags nachzuvollziehen und zu überprüfen.

Rechtsgrundlage der angefochtenen Beitragserhebung sind § 6 Nds. Kommunalabgabengesetz (NKAG) in Verbindung mit der insoweit nach § 3 Abs. 2 Gesetz über die Neubildung der Gemeinde F. (G.), Landkreis M. (v. 18.07.2012, Nds. GVBl. S. 267) fortgeltenden Straßenausbaubeitragssatzung der Gemeinde J. vom 17. Januar 2002 in der Fassung ihres 1. Nachtrags vom 17. Februar 2004 (ABS) sowie die am 15. Oktober 2015 vom Rat der Beklagten beschlossene und am 22. Oktober 2015 im Amtsblatt für den (damaligen) Landkreis N. (S. 400) veröffentlichte Satzung über die abweichende Festsetzung von Straßenausbaubeiträgen für die öffentliche Einrichtung „I. Straße“ (AbwS).
Nach § 6 Abs. 1 NKAG können die Gemeinden zur Deckung ihres Aufwandes für die Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung ihrer in geschlossenen Ortslage gelegenen öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser öffentlichen Einrichtungen besondere wirtschaftliche Vorteile bietet. Absatz 2 erlaubt die Erhebung von Beiträgen für nutzbare Teile einer öffentlichen Einrichtung im Wege der Aufwandspaltung, Absatz 4 die Bildung von Abschnitten einer Einrichtung und Absatz 7 die Erhebung von Vorausleistungen (vgl. § 9 ABS).
Für das Gericht ergeben sich anhand des Maßstabes von § 2 Abs. 1 S. 2 NKAG keine rechtlichen Mängel der fortgeltenden Ausbaubeitragssatzung der Gemeinde J.; solche sind auch nicht vorgetragen.

Gemäß § 4 Abs. 4 ABS kann die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der Gemeinde J. im Einzelfall durch ergänzende Satzung von den Anteilen nach § 4 Abs. 1 ABS abweichen, wenn wichtige Gründe für eine andere Vorteilsbemessung sprechen.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.

Nach § 1 AbwS beträgt der Anteil der Anlieger am Aufwand für den Ausbau der öffentlichen Einrichtung „I. Straße“ in der Ortschaft E. 55%, abweichend von der in § 4 Abs. 1 ABS getroffenen Regelung. Ausweislich des den Beteiligten dieses (rubrumsgleichen) Verfahrens bekannten rechtskräftigen Urteils des erkennenden Gerichts zum Aktenzeichen 3 A 144/12 rechtfertigt der tatsächliche Anteil der Anlieger am Verkehr auf der ausgebauten streitbefangenen Anlage nicht die Bemessung des Anliegeranteils mit dem allein in § 4 Abs. 1 Nr. 1 vorgesehenen Anteil von 75%, denn dafür wäre ein ganz deutliches Überwiegen des Anliegerverkehrs erforderlich. Davon ist vorliegend – wie in der benannten Entscheidung im Einzelnen ausgeführt – nicht auszugehen. Vielmehr gab § 4 Abs. 1 Nr. 2 ABS als nächste, gleichsam Auffangkategorie die öffentlichen Einrichtungen mit starkem innerörtlichen Verkehr und differenzierten, je nach Teileinrichtung unterschiedlichen Anliegeranteilssätzen, die Einstufung der streitbefangenen Anlage dort vor, für die der Kläger anhand der exemplarisch durchgeführten Berechnung des Gerichts im vorgenannten Urteil einen Anliegeranteil von rund 45,5% errechnet hat.

Allerdings ist es Gemeinden, vorliegend der Beklagten, unbenommen, von der Ausnahmeregelung in § 4 Abs. 4 ABS dann Gebrauch zu machen, wenn wichtige Gründe für eine andere Vorteilsbemessung sprechen.
Ausweislich der Beschlussvorlage (Drucksache Nr. 148/2015) der Beklagten vom 29. September 2015 ist die Beklagte in Übereinstimmung mit dem vorgenannten Urteil davon ausgegangen, dass in der I. Straße zwar durchaus ein überwiegender Anliegerverkehr besteht, dieser Anliegerverkehr jedoch nicht etwa ganz deutlich überwiegend ist. Somit ordnet die Beklagte die I. Straße aufgrund deren speziellen örtlichen Verhältnissen zwischen den beiden in ihrer Satzung genannten Kategorien ein. Zutreffend geht sie davon aus, dass die Kategorie einer Innerortsstraße, in welcher ein Überwiegen des Anliegerverkehrs nicht festgestellt werden kann, die Verhältnisse in der I. Straße so nicht trifft. Um deshalb entsprechend den tatsächlichen Verhältnissen eine sachgerechte Verteilung der Ausbaukosten zwischen Allgemeinheit und Anliegern herzustellen, die angesichts der deutlich abweichenden Lastenverteilung bei einer Einstufung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 ABS nicht gegeben wäre, durfte die Beklagte die Sonderregelung in Gestalt der Abweichungssatzung für die I. Straße treffen.

Unabhängig davon, ob die in § 2 AbwS geregelte rückwirkende Inkraftsetzung (1. Januar 2013) rechtlich wirksam ist, war vorliegend die sachliche Beitragspflicht hinsichtlich der streitbefangenen Anlage beim Wirksamwerden der Abweichungssatzung mit dem Ablauf von 14 Tagen nach der Verkündung im Amtsblatt des damaligen Landkreises N., d. h. am 5. November 2015 noch nicht entstanden, denn der im streitbefangenen Verfahren zu beurteilende Sachverhalt war zu dem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen. Denn für die streitbefangene Beitragserhebung ist die sachliche Beitragspflicht erst mit der Wirksamkeit des Aufwandspaltungsbeschlusses des Rates der Beklagten vom 26. November 2015 eingetreten. Zu diesem Zeitpunkt galt die streitbefangene Abweichungssatzung bereits, ohne dass es auf ihr rückwirkendes Inkrafttreten ankäme.

Vorliegend hat die damalige Samtgemeinde F. als Rechtsvorgängerin der Beklagten insoweit mit Bescheiden vom März 2000 (nur) für die Erneuerung und Verbesserung der Beleuchtungsanlage der I. Straße nach dem Beschluss des Rates der damaligen Gemeinde J. vom 30. Juni 1999 Straßenausbaubeiträge im Wege der Abspaltung dieser Aufwendungen erhoben. Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Unterlagen ging den damals abgerechneten Arbeiten an der Beleuchtungsanlage der I. Straße lediglich ein ausschließlich darauf bezogenes Bauprogramm der damaligen Gemeinde J. voraus, dass mit den Maßnahmen umgesetzt und abgeschlossen wurde. Laut Drucksache 107/99 des Rates der Gemeinde J. kam es (allein) deshalb zu einer Erneuerung bzw. Verbesserung der Beleuchtung in der I. Straße, weil die Licht- und Kraftwerke G. dort das Ortsnetz verkabelten, so dass es sich anbiete, aus Kostengründen die Straßenbeleuchtung gleich mitzuziehen.
Erst im Frühjahr 2010 kam das nunmehr umgesetzte Bauprogramm im Zusammenhang mit den Plänen und Fördermöglichkeiten für die Dorferneuerung auf die Tagesordnung der Gremien der damals noch selbständigen Gemeinde J..

Liegt mithin den abgerechneten Baumaßnahmen an Beleuchtung einerseits und dem „Rest“ (ohne Grunderwerb) andererseits keine einheitliche Bauplanung im Sinne eines umfassenden Bauprogramms, sondern unterschiedliche Bauprogramme der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin zugrunde, kann nicht gleichsam im „Umkehrschluss“ aus dem Aufwandspaltungsbeschluss der Gemeinde J. hinsichtlich der Beleuchtungsanlage vom 30. Juni 2000 gefolgert werden, dass vollkommen unbestimmte, in naher oder auch nur fernerer Zukunft durchzuführende Baumaßnahmen an einigen oder allen verbliebenen Teileinrichtungen zu ihrer Abrechenbarkeit nicht mehr eines konkret auf die ihnen zugrundeliegende Bauplanung bezogenen Aufwandspaltungsbeschlusses bedürfen. Im Gegensatz zur Situation beim Erschließungsbeitrag, wo jede der Teileinrichtungen nur einmal erstmalig hergestellt werden kann und deshalb zwangsläufig bis zur jeweiligen erstmaligen Herstellung genau die noch nicht abgespaltenen und mithin noch nicht abrechenbaren Einrichtungen zwanglos zu bestimmen sind, kann – bei einem entsprechenden Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen – im Rahmen des Straßenausbaubeitragsrechts beispielsweise bereits nach 10 Jahren der Tatbestand der Verbesserung erfüllt sein, so z. B. bei einer deutlich verbesserten Ausleuchtung durch den Austausch erst 10 Jahre alter Lampenköpfe durch neue mit optimierter LED-Technik. Allein zur Klarstellung, für welche Maßnahmen die Anlieger jeweils herangezogen werden, ist jedenfalls ohne ein gemeinsames Bauprogramm für später neu geplante Ausbaumaßnahmen erforderlich, dass – soweit sie nicht die gesamte Einrichtung betreffen – der diesbezüglich angefallene Aufwand durch förmlichen Beschluss abgespalten wird.
Vorliegend kann deshalb offenbleiben, ob nach der förmlichen Abrechnung eines Teils einer ursprünglich umfassend geplanten Ausbaumaßnahme eine erneute Abspaltung jedenfalls auch dann erforderlich wäre, wenn im Nachhinein bei den übrigen, noch nicht abgeschlossenen Ausbaumaßnahmen nicht unerhebliche Planungsänderungen erfolgen, so dass im Ergebnis jedenfalls bis zur Abspaltung des ersten Teils des Ausbauaufwands das bis dahin bestehende Bauprogramm wegen der Änderung im Ergebnis gar nicht mehr so umgesetzt wird.

Hatte also die Gemeinde J. im Jahr 1999 nicht mit einem entsprechenden Bauprogramm geplant, die gesamte I. Straße mit all ihren Teileinrichtungen auszubauen, so fehlt es an dem insoweit erforderlichen umfassenden maßgeblichen Bauprogramm (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl. 2007, § 38 Rn. 3 f., 4). Anhaltspunkte dafür ergeben sich aus den vorgelegten, allein und ausschließlich die im Zuge der Ortsnetzverkabelung angegangene Beleuchtung betreffenden Unterlagen der Beklagten nicht und sind auch sonst nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich.

Die übrigen Voraussetzungen einer ausbaubeitragsrechtlichen Abrechnung der durch den Aufwandspaltungsbeschluss vom 26. November 2015 erfassten Maßnahme sind durch die Tatbestände der kompletten Erneuerung bzw. der Verbesserung erfüllt.

Bedenken gegen die Bestimmung der abgerechneten Anlage sind vorliegend nicht vorgetragen und auch sonst nicht (mehr) ersichtlich. Ausweislich der eingereichten Abrechnungsunterlagen hat die Beklagte gemäß den Hinweisen des erkennenden Gerichts in dem vorangegangenen Verfahren 3 A 144/12 die in jenem Zusammenhang angesprochenen strittigen Einmündungsbereiche sowohl an der Kirche als auch an der Einmündung O. und den nicht weiter ausgebauten Abzweigungsstutzen im Norden ebenso aus dem Aufwand herausgenommen wie die über den eigentlichen Abschluss der streitbefangenen Anlage hinausgehenden Bereiche am Nordostende der I. Straße beim Übergang in den Außenbereich.

Auch im Übrigen sind gegen die Berechnung des Beitragssatzes, insbesondere hinsichtlich der einbezogenen bevorteilten Anliegergrundstücke Bedenken nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.

Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass die Absetzung der Abstimmung über den Aufwandspaltungsbeschluss von der Tagesordnung der Ratssitzung am 15. Oktober 2015 erfolgte, um zu vermeiden, dass die Beschlussfassung über die Abweichungssatzung und der Aufwandspaltungsbeschluss zusammenfallen, ist festzuhalten, dass jedenfalls eine Verpflichtung der Beklagten bzw. ihres Rates nicht bestanden hat, die eine oder die andere Beschlussfassung zwingend an diesem Termin durchzuführen. Zwingende rechtliche Vorgaben, etwa über die Aufwandspaltung zumindest zeitgleich, möglicherweise sogar vor der Beschlussfassung über die Abweichungssatzung zu entscheiden, gibt es nicht. Es hält sich im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens des Rates bei der Gestaltung seiner Tagesordnung, wenn er mit Mehrheit beschließt, einen ursprünglich vorgesehenen Tagesordnungspunkt zu verschieben und über ihn in der zunächst dafür vorgesehenen Sitzung nicht abzustimmen. Vorliegend ist dabei insbesondere nicht ersichtlich, dass diese Verschiebung etwa erfolgte, um dem Kläger oder den anderen Anliegern einen Nachteil zuzufügen. Vielmehr hat der Rat mit der nunmehr gewählten Verteilung der Beschlussfassungen gewährleistet, dass – wie oben ausgeführt – rechtmäßigerweise eine endgültige Abrechnung der durchgeführten Baumaßnahmen an den Teileinrichtungen der I. Straße erfolgen konnte, ohne gegen das verfassungsrechtliche Verbot der echten Rückwirkung zu verstoßen. Der Kläger hat insbesondere keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte bzw. ihr Rat gleichsam sehenden Auges durch eine gemeinsame Beschlussfassung und die möglicherweise daraus folgende verfassungsrechtliche Unmöglichkeit, die streitbefangene Straßenbaumaßnahme in dem zutreffend angesetzten Umfang (55% Anliegeranteil) abzurechnen, der Gemeinde finanziellen Schaden in Höhe der Differenz zur dann nur zulässigen Abrechnung als Innerortsstraße (mit einem Anliegeranteil von nur rund 45,5%) hätten zufügen müssen. Es ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte bzw. der Rat entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben den sicheren Weg gewählt haben.

Weitere Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, so dass die Klage abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11, 711 ZPO i. V. m. § 167 VwGO.