Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 31.03.2020, Az.: 3 B 10/19

Außenbereich; Baulichkeit; Fläche, bevorteilt; Kanalbaubeitrag; Vorteil

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
31.03.2020
Aktenzeichen
3 B 10/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 71680
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Für die Vorteilsbemessung eines im Außenbereich bebauten Grundstücks ist auf die Grundfläche der angeschlossenen Baulichkeiten abzustellen.

2. Für die Vorteilsbemessung ist in der Satzung neben der Bestimmung der Größe der bevorteilten Fläche zudem die Festlegung der Örtlichkeit der bevorteilten Fläche innerhalb der Grenzen des Buchgrundstücks erforderlich.

3. Bei großen, verschiedenartig genutzten Gebäudekomplexen muss der Begriff "Baulichkeit" mit Blick auf die Beitragsgerechtigkeit und die durch § 6 Abs. 1 NKAG gebotene vorteilsgerechte Aufwandsverteilung einschränkend dahingehend ausgelegt werden, dass zur im beitragsrechtlichen Sinn bevorteilten Baulichkeit auch beim Vorhandensein innerer Verbindungen nicht solche ins Gewicht fallende Teilflächen gehören, die von der Art her gänzlich anders genutzt werden und an der Vorteilswirkung für die Gebäudeteile, die an das Abwassersystem angeschlossen sind, offensichtlich nicht teilhaben.

Tenor:

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13. August 2019 über die Festsetzung eines Schmutzwasserkanalbaubeitrags in Höhe von 12.751,20 EUR wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes.

2. Der Streitwert für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wird auf 3.187,80 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist Eigentümer des in der Ortschaft B. der Stadt C. gelegenen Grundstücks Flurstück D. der Flur E. der Gemarkung B.. Das Grundstück liegt im Außenbereich und hat insgesamt eine Grundstücksfläche von 43.833 m². Der Antragsteller betreibt dort einen landwirtschaftlichen Betrieb. Auf dem Grundstück befinden sich zwei Wohngebäude sowie mehrere landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude. Der Teilbereich eines (ehemaligen) Stallgebäudes wird als Hofladen genutzt.

Mit zwei Bescheiden jeweils vom 23. Juli 1986 wurden für zwei an die Schmutzwasserkanalisation angeschlossene Baulichkeiten auf dem vorgenannten Grundstück Kanalbaubeiträge auf der Grundlage der seinerzeit gültigen Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung von Beiträgen für die Entwässerung der Grundstücke vom 22. November 1982 in der Fassung der 1. Änderung vom 7. Oktober 1985 in Höhe von 5.508,00 DM und 1.650,00 DM festgesetzt. Diese Bescheide waren an den Voreigentümer des Grundstücks gerichtet.

In dem Bescheid vom 23. Juli 1986 betreffend das Haupthaus (kombiniertes Wohn- und Stallgebäude) wird ausgeführt, dass ein Kanalbaubeitrag für das Grundstück mit der Flurstücksbezeichnung D. „teilweise“ wie folgt festgesetzt wird:

anzurechnende Grundstücksgröße 2.160 m² (für eine selbständige wirtschaftliche Einheit lt. Lageplan)

x Geschossflächenzahl 0,3 = 648 m² zulässige Geschossfläche

648 m² x 8,50 DM = 5.508,00 DM.

Dem Bescheid ist folgender Lageplan (Auszug) beigefügt gewesen:

Die farblichen Markierungen sowie die Berechnung der Flächen auf dem im Verwaltungsvorgang befindlichen Lageplan sind handschriftlich ergänzt worden.

In dem Bescheid betreffend ein weiteres angeschlossenes (Wohn-) Gebäude wird ausgeführt, dass ein Kanalbaubeitrag für das Grundstück mit der Flurstücksbezeichnung D. „teilweise“ wie folgt festgesetzt wird:

anzurechnende Grundstücksgröße 560 m² (für eine selbständige wirtschaftliche Einheit lt. Lageplan)

x Geschossflächenzahl 0,3 = 168 m² zulässige Geschossfläche

168 m² x 8,50 DM = 1.428,-- DM.

Weiter heißt es in diesem Bescheid, dass nach § 11 der Entwässerungsabgabensatzung - Beiträge - jedoch ein Mindestbetrag in Höhe von 1.650,-- DM festgesetzt wird.

Diesem Bescheid ist folgender Lageplan (Auszug) beigefügt gewesen:

Die farblichen Markierungen sowie die Berechnung der Flächen auf dem im Verwaltungsvorgang befindlichen Lageplan sind ebenfalls handschriftlich ergänzt worden.

Unter dem 28. Oktober 2003 stellte die Antragsgegnerin in einem internen Vermerk fest, dass mit den Bescheiden vom 23. Juli 1986 Schmutzwasserkanalbaubeiträge für eine – den Wohngebäuden zugeordnete – Grundstücksfläche von insgesamt 2.720 m² festgesetzt worden seien. Bei dieser Festsetzung sei jedoch ein Anbau am Hauptgebäude unberücksichtigt geblieben. Nach der seinerzeit gültigen Beitragssatzung sei für die diesem Anbau zuzurechnende Grundstücksfläche von 675 m² die Beitragspflicht ebenfalls entstanden, der Beitragsanspruch sei aber mittlerweile verjährt.

Durch Bescheid vom 16. August 2018 ist dem Antragsteller der Teilumbau eines ehemaligen Stallgebäudes zu einem Hofladen und zu sanitären Räumen für Angestellte und Kunden genehmigt worden.

Der Genehmigung beigefügt ist folgender Lageplan mit Einträgen (Auszug; Bereich des Hofladens ist schraffiert):

Durch Bescheid vom 13. August 2019 setzte die Antragsgegnerin für eine Teilfläche des Grundstücks mit der Bezeichnung A-Straße, F. (Gemarkung B., Flur E., Flurstück D.) einen Schmutzwasserkanalbaubeitrag in Höhe von 12.751,20 EUR fest. In der Begründung wird in dem Beitragsbescheid ausgeführt, dass nach § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 3 der Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Entwässerung der Grundstücke (Entwässerungsabgabensatzung - Beiträge -) die Beitragspflicht für Grundstücke im Außenbereich mit dem tatsächlichen Anschluss der auf dem Grundstück vorhandenen Baulichkeiten entstehe. Bisher sei entsprechend der zunächst angeschlossenen Baulichkeiten im Jahr 1986 für eine Grundfläche von 3.395 m² ein Schmutzwasserkanalbaubeitrag entstanden. Am 16. August 2018 sei eine Baugenehmigung für die teilweise Umnutzung eines landwirtschaftlichen Betriebsgebäudes erteilt worden, das inzwischen an den Schmutzwasserkanal angeschlossen worden sei. Für die so hinzugekommene beitragspflichtige Grundstücksteilfläche sei deshalb ein Beitrag wie folgt festzusetzen: als Grundstücksfläche gelte die Grundfläche des neu angeschlossenen Gebäudes von 1.030 m² geteilt durch die Grundflächenzahl 0,2. Es ergebe sich damit eine hinzugekommene Grundstücksfläche von 5.150 m². Zur Ermittlung der Beitragsfläche sei diese Grundstücksfläche - bei einem vorhandenen Vollgeschoss - gemäß § 4 Abs. 1 Entwässerungsabgabensatzung - Beiträge - mit dem Faktor 0,25 zu multiplizieren. Es ergebe sich somit eine weitere Beitragsfläche von 1.288 m². Für diese Teilfläche betrage der Kanalbaubeitrag gemäß § 4 Abs. 6 Entwässerungsabgabensatzung – Beiträge – 9,90 EUR/m², insgesamt also 12.751,20 EUR. Unter Berücksichtigung der bisher schon und der neu angeschlossenen Bebauung sei nunmehr für eine Grundstücksteilfläche von insgesamt 8.545 m² die Schmutzwasserkanalbaubeitragspflicht entstanden. Für die übrigen Grundstücksflächen könne dieser Betrag zu einem späteren Zeitpunkt noch entstehen. Dies gelte insbesondere für einen Anschluss weiterer Gebäude oder Anbauten an bereits angeschlossene Gebäude.

Die der Beitragsbemessung zugrunde gelegte Gebäudegrundfläche von 1.030 m² ermittelte die Antragsgegnerin anhand des folgenden Auszugs aus der Liegenschaftskarte der Niedersächsischen Vermessungs- und Katasterverwaltung, der dem Heranziehungsbescheid nicht beigefügt gewesen ist:

Der Bemessung des festgesetzten Kanalbaubeitrags liegen unter anderem folgende Bestimmungen der Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung von Beiträgen für die Entwässerung der Grundstücke (Entwässerungsabgabensatzung - Beiträge -) vom 9. Dezember 2002 in der seit dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung zugrunde:

§ 3     

Gegenstand der Beitragspflicht

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, die an die jeweilige öffentliche Abwasserbeseitigungseinrichtung angeschlossen werden können und für die

a) eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen,

b) eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, wenn sie Bauland im Sinne des BauGB sind und baulich, gewerblich oder sonstig genutzt werden dürfen.

(2) Wird ein Grundstück an eine der öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtungen tatsächlich angeschlossen, so unterliegt es hierfür der Beitragspflicht auch dann, wenn die Voraussetzungen des Absatz 1 nicht erfüllt sind.

…       

§ 4     

Beitragsmaßstab und Beitragssatz

(1) Die Kanalanschlussbeiträge für die öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtungen werden nach nutzungsbezogenen Maßstäben berechnet.

a) Für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung wird bei der Ermittlung der Beitragsfläche für das erste Vollgeschoss 25 v. H. und für jedes weitere Vollgeschoss 15 v. H. der Grundstücksfläche angesetzt (Vollgeschossmaßstab).

…       

(2) Als Grundstücksfläche gilt

…       

8. bei bebauten Grundstücken im Außenbereich (§ 35 BauGB) die Grundfläche der an die öffentliche Abwasserbeseitigungseinrichtung angeschlossenen Baulichkeit geteilt durch die Grundflächenzahl 0,2, höchstens jedoch die Fläche des Buchgrundstückes;

…       

§ 6     

Entstehung der Beitragspflicht

…       

(3) Im Falle des § 3 Abs. 2 dieser Satzung entsteht die Beitragspflicht mit dem tatsächlichen Anschluss der auf dem Grundstück vorhandenen Baulichkeit.

Gegen den Schmutzwasserkanalbaubeitragsbescheid vom 13. August 2019 hat der Antragsteller am 14. September 2019 Klage erhoben. Mit Schreiben vom 1. Oktober 2019 an die Antragsgegnerin beantragte der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung des Bescheids. Mit Schreiben vom 7. November 2019 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Beitragsbescheides vom 13. August 2019 ab, nachdem der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin in einer nichtöffentlichen Sitzung am 4. November 2019 die Aussetzung der Vollziehung bis zum Abschluss des Klageverfahrens mit 7 Nein-Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt hatte. Mit Schreiben vom 11. November 2019 beantragte der Antragsteller bei Gericht die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß §§ 80 Abs. 5 und Abs. 6 VwGO.

Der Antragsteller macht im Wesentlichen geltend: Der Bescheid der Antragsgegnerin sei zu unbestimmt. Aus dem Bescheid gehe nicht hinreichend hervor, wie die in dem Bescheid genannten Flächenangaben ermittelt worden seien. Insbesondere sei unklar, wie die zugrunde gelegte Gebäudegrundfläche von 1.030 m² ermittelt worden sei. Zudem werde nicht erläutert, was unter einer „Baulichkeit“ zu verstehen sei. Das herangezogene Gebäude sei in früheren Jahren als Stall genutzt worden. Ein Teil des Gesamtgebäudes sei insoweit umgenutzt worden, als ein Hofladen mit angeschlossenem Technik-, Sanitär- und Lagerbereich entstanden sei. Es sei aber fraglich, ob durch die Umnutzung eine neue Situation hinsichtlich der Beitragserfassung entstanden sei. Im Übrigen ergebe sich aus der Entwässerungsabgabensatzung der Antragsgegnerin, dass Kanalbaubeiträge zur Abgeltung der durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme gebotenen besonderen wirtschaftlichen Vorteile erhoben würden. Ein Großteil der im Verwaltungsakt herangezogenen Flächen sei jedoch nach wie vor landwirtschaftlich genutzt und werde auch zukünftig landwirtschaftlich genutzt werden. Eine gewerbliche Nutzung sei in diesen Bereichen nicht vorgesehen. Aus den Bauantragsunterlagen zur Umnutzung von Stallflächen als Hofladen könnten überdies die genauen Maße des Hofladens bestimmt werden. Die Gebäudemaße des Hofladens beliefen sich danach auf 28,55 m in der Länge und 12,15 m in der Breite. Hieraus ergebe sich eine Fläche von 346,82 m², sodass sich nach Maßgabe der Beitragssatzung der Antragsgegnerin eine Beitragsfläche von 433,53 m² (346,82 m² : 0,2 x 0,25) ergebe und unter Zugrundelegung eines Beitragssatzes von 9,90 EUR pro m² ein Schmutzwasserkanalbaubeitrag von 4.291,92 EUR zu zahlen sei. Schließlich sei fraglich, ob der Beschluss des Verwaltungsausschusses über die Ablehnung des Aussetzungsantrags gültig sei. Bei der Abstimmung des Verwaltungsausschusses seien Sonderinteressen eines Mitglieds des Ausschusses nicht berücksichtigt worden. Hintergrund sei, dass dieses Mitglied Geschäftsführer eines Unternehmens sei, welches die Heizungs- und Sanitärarbeiten beim Umbau des Hofladens übernommen habe. Es habe eine streitige Auseinandersetzung zwischen dem Antragsteller und der Firma vor dem Landgericht G. über die Höhe des Kostenansatzes gegeben.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 13. August 2019 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie erwidert: der Hinweis in dem streitgegenständlichen Bescheid auf die bereits veranlagten Grundstücksteilflächen von 3.395 m² habe lediglich klarstellen sollen, dass bisher noch nicht die gesamte Grundstücksfläche von 43.833 m² (Flurstück D.) veranlagt worden sei. Die Ermittlung dieser Flächen ergebe sich tatsächlich nicht aus dem Bescheid selbst, sondern aus dem internen Vermerk über einen nicht veranlagten Beitrag. Die bei der Beitragsbemessung zugrunde gelegte Gebäudegrundfläche von 1.030 m² sei EDV-gestützt aus der Liegenschaftskarte der Katasterverwaltung ermittelt worden. In dem Bescheid sei dann noch einmal die bereits in der Vergangenheit mit einem Beitrag belastete Fläche und die aktuell nunmehr veranlagte Fläche zusammengerechnet worden, damit der Antragsteller ersehen könne, für welchen Anteil seiner Gesamtgrundstücksfläche eine Beitragspflicht entstanden sei. Die erfolgte Beitragsveranlagung habe zudem von der Baulichkeit auszugehen, in der der Antragsteller seinen Hofladen eingerichtet habe und die an die Schmutzwasserkanalisation angeschlossen worden sei. Nach § 4 Abs. 2 Nr. 8 der Entwässerungsabgabensatzung - Beiträge - sollen nur die einem Gebäude zugeordneten Flächen einer Beitragsveranlagung unterliegen und gerade nicht landwirtschaftliche Acker- oder Grünflächen. Unter Baulichkeit im Sinne dieser Vorschrift sei das vorhandene Gebäude zu verstehen, also alle miteinander verbundenen Teile der baulichen Anlage. Derzeit werde zwar nur eine Teilfläche des neu angeschlossenen Gebäudes abwasserrelevant genutzt, andere Teile des Gebäudes stünden ungenutzt leer. Beiträge nach dem NKAG stellten jedoch auf die Vorteile und Möglichkeiten in typisierender Weise ab, in den seltensten Fällen werde ein Grundstück bei der Beitragserhebung tatsächlich baulich maximal ausgenutzt. Hieraus folge, dass auch die vollständige Grundfläche der (neu) angeschlossenen Baulichkeit, deren einzelne Teile durch Öffnung miteinander verbunden seien, bei der Beitragsbemessung zugrunde zulegen sei, auch wenn aktuell nur ein Teil des Gebäudes abwasserrelevant genutzt werde. Es sei schließlich nicht zu ersehen, dass ein Mitglied des Verwaltungsausschusses bei der Beschlussfassung über die Ablehnung des Aussetzungsantrags befangen gewesen sei.

II.

Der Antrag des Antragstellers hat Erfolg.

Der Antrag ist zulässig.

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Var. VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung einer Klage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Vorliegend hat die Klage des Antragstellers gegen den Kanalbaubeitragsbescheid vom 13. August 2019 keine aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO, weil mit diesem Bescheid öffentliche Abgaben angefordert werden.

Gemäß § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Die Vorschrift des § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO enthält nicht eine bloße Sachentscheidungsvoraussetzung für den Beschluss des Gerichts nach § 80 Abs. 5 VwGO, sondern eine echte Zugangsvoraussetzung (vgl. nur Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 25. Auflage 2019, § 80 Rn. 185 m. w. N.). Den vom Antragsteller mit Schreiben vom 1. Oktober 2019 bei der Behörde gestellten Aussetzungsantrag hat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 7. November 2019 abgelehnt. Die Zugangsvoraussetzung des § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO ist damit erfüllt. Ob die Entscheidung der Antragsgegnerin, den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abzulehnen, rechtmäßig zustande gekommen ist, ist insoweit ohne Belang. Es kann auch dahinstehen, ob ein Mitglied des Verwaltungsausschusses im Rahmen der Beschlussfassung über den Antrag des Antragstellers, die Vollziehung des Bescheids vom 13. August 2019 auszusetzen, einem Mitwirkungsverbot nach §§ 54 Abs. 3, 41 Abs. 1 NKomVG unterlegen hat. Denn ein Beschluss, der unter Verletzung der Vorschriften des § 41 Abs. 1 und 2 NKomVG gefasst worden ist, ist nur dann unwirksam, wenn die Mitwirkung für das Abstimmungsergebnis entscheidend war (§ 41 Abs. 3 Satz 1 NKomVG). Dies ist mit Blick auf das Abstimmungsergebnis (7 Nein-Stimmen bei einer Enthaltung) nicht der Fall gewesen.

Der Antrag ist auch begründet.

Die nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO bei der Anforderung öffentlicher Abgaben - wie hier - entfallende aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage gegen einen Abgabenbescheid kann nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO i. V. m. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO (entsprechend) auf Antrag vom Gericht angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Kanalbaubeitragsbescheids vom 13. August 2019. Denn die Entwässerungsabgabensatzung - Beiträge - der Antragsgegnerin, auf deren Grundlage die Festsetzung des Kanalbaubeitrags erfolgt ist, enthält einen für die Beitragsbemessung beachtlichen Mangel.

Der angegriffene Beitragsbescheid stützt sich unter anderem auf § 4 Abs. 2 Nr. 8 der Entwässerungsabgabensatzung - Beiträge -, durch welchen zur Bemessung der maßgeblichen Beitragsfläche die zu berücksichtigende Grundstücksfläche bei bebauten Grundstücken im Außenbereich (§ 35 BauGB) festgesetzt wird. Diese Vorschrift dürfte nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung unvollständig und damit unwirksam sein. Zwar können sich nur im Einzelfall aus sich aufdrängenden Mängeln der einer Beitragserhebung zugrunde liegenden kommunalen Abgabensatzung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Abgabenbescheids im Sinne von § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO ergeben (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 11.4.2017 - 9 ME 7/17 -, V.n.b. und v. 9.11.2011 - 9 ME 74/11 -, V.n.b.; ferner Thüringer OVG, Beschl. v. 23.4.1998 - 4 EO 6/97 -, juris Rn. 25; v. 10.1.2014 - 4 EO 678/11 -, juris Rn. 11 und v. 26.9.2016 - 4 EO 570/16 -, juris Rn. 13). Denn in auf vorläufigen Rechtsschutz gerichteten Verfahren gegen Abgabenbescheide sind - insbesondere soweit es um die Wirksamkeit satzungsrechtlicher Bestimmungen geht - weder aufwändige Tatsachenfeststellungen zu treffen noch schwierige Rechtsfragen abschließend zu klären, so dass in der Regel in solchen Verfahren von der Wirksamkeit der einem Abgabenbescheid zugrunde liegenden Abgabensatzung auszugehen ist (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 11.4.2017 - 9 ME 7/17 - und v. 9.11.2011 - 9 ME 74/11 -; ferner Thüringer OVG, Beschl. v. 23.4.1998, a.a.O., Rn. 25). Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn die Zweifel an der Wirksamkeit einer Abgabensatzung im Eilverfahren so offensichtlich und eindeutig sind, dass im Hauptsacheverfahren eine andere rechtliche Beurteilung nicht zu erwarten ist (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 11.4.2017 - 9 ME 7/17 -, V.n.b. und v. 9.11.2011 - 9 ME 74/11 -, V.n.b.; Thüringer OVG, Beschlüsse v. 23.4.1998, a.a.O., Rn. 25; v. 10.1.2014, a.a.O., Rn. 11; v. 26.9.2016, a.a.O., juris Rn. 13). Derartige offensichtliche und eindeutige Zweifel an der Wirksamkeit des § 4 Abs. 2 Nr. 8 der Entwässerungsabgabensatzung - Beiträge - zur Bemessung der maßgeblichen Beitragsfläche für die zu berücksichtigende Grundstücksfläche bei bebauten Grundstücken im Außenbereich (§ 35 BauGB) bestehen hier. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Nach § 4 Abs. 2 Nr. 8 der Entwässerungsabgabensatzung - Beiträge - gilt als Grundstücksfläche bei bebauten Grundstücken im Außenbereich (§ 35 BauGB) die Grundfläche der an die öffentliche Abwasserbeseitigungseinrichtung angeschlossenen Baulichkeit geteilt durch die Grundflächenzahl 0,2, höchstens jedoch die Fläche des Buchgrundstückes. Diese Regelung zur Feststellung der Größe der bevorteilten Fläche eines Grundstücks im Außenbereich begegnet keinen Bedenken. Bei bebauten Außenbereichsgrundstücken beschränkt sich der durch leitungsgebundene Anlagen vermittelte Vorteil auf den Teil des Grundstücks, der den angeschlossenen Baulichkeiten zuzuordnen ist. Die weiteren Flächen des Außenbereichs sind kein Bauland, d.h. typischerweise einer Bebauung nicht zugänglich und deshalb durch den Anschluss auch nicht bevorteilt. Anknüpfungspunkt für die Beitragsbemessung eines im Außenbereich bebauten Grundstücks kann daher ausnahmsweise nicht das Buchgrundstück sein, sondern es ist auf die Grundfläche der angeschlossenen Baulichkeiten abzustellen (OVG Lüneburg, Urt. v. 24.5.1989 - 9 L 1/89 -, Nds. Rpfl. 1990, S. 15, 16, und Urt. v. 11.7.1989 - 9 K 1/89 -, Nds. Rpfl. 1990, S. 20, 22; ferner Blomenkamp, in Driehaus: Kommunalabgabenrecht; Stand: Juli 2019, § 8 Rn. 1033). Die Fläche der Baulichkeit ist einer Fläche des Grundstücks rechnerisch zuzuordnen. Soweit eine Gemeinde in Ausübung ihres ortsgesetzgeberischen Ermessens in Anlehnung an die in § 17 BauNVO vorgesehene Grundflächenzahl für Kleinsiedlungsgebiete und unter Beachtung der weniger intensiven Ausnutzung von Grundstücken in Ortsrandlage für die Umrechnung auf eine Grundflächenzahl von 0,2 abstellt, ist dies im Regelfall nicht zu beanstanden (OVG Lüneburg, Urt. v. 24.5.1989, a.a.O., und Urt. v. 25.10.1989 - 9 L 71/89 -, Nds. Rpfl. 1990, S. 158, 159; ferner Blomenkamp, a.a.O., § 8 Rn. 1033). § 4 Abs. 2 Nr. 8 der Entwässerungsabgabensatzung - Beiträge - der Antragsgegnerin wird diesen Vorgaben gerecht, indem für die erforderliche rechnerische Umrechnung zur Bemessung der bevorteilten Grundstücksfläche auf die Grundflächenzahl von 0,2 abgestellt wird.

Indes enthält § 4 Abs. 2 Nr. 8 der Entwässerungsabgabensatzung - Beiträge - der Antragsgegnerin nicht alle für die Ermittlung der bevorteilten Fläche erforderlichen Regelungen. Für die über die „Umrechnung“ ermittelte Vorteilsfläche ist nämlich zusätzlich eine konkrete Festlegung der Örtlichkeit der ermittelten Vorteilsfläche innerhalb der Grenzen des Buchgrundstücks geboten, um den Umfang des durch den Beitrag abgegoltenen Vorteils feststellen zu können (OVG Lüneburg, Urt. v. 24.5.1989 - 9 L 1/89 -, a.a.O.; ferner Blomenkamp, a.a.O., § 8 Rn. 1034). Die konkrete Festlegung der Örtlichkeit der ermittelten Beitragsfläche ist erforderlich, weil mit einer eventuellen weiteren Bebauung des Außenbereichsgrundstücks, die an die öffentliche Einrichtung angeschlossen wird, ein zusätzlicher Vorteil eintritt, der die erstmalige Heranziehung einer weiteren Teilfläche des Außenbereichsgrundstücks rechtfertigt. Nur durch eine konkrete Festlegung der Örtlichkeit der Beitragsfläche innerhalb des Grundstücks wird sichergestellt, dass Doppelveranlagungen von Grundstücksflächen bei der späteren Errichtung von Gebäuden ausgeschlossen werden (OVG Lüneburg, Urt. v. 24.5.1989 - 9 L 1/89 -, a.a.O.; ferner Blomenkamp, a.a.O., § 8 Rn. 1034). Auch wenn die örtliche Festlegung der Vorteilsfläche für ein angeschlossenes Gebäude kein Element des Beitragsmaßstabs darstellt, da bereits mit der Festlegung der Größe der bevorteilten Grundstücksfläche die maßgebliche Beitragsfläche und damit auch die Höhe des für den Vorteil des Anschlusses eines Gebäudes zu zahlenden Kanalbaubeitrags ermittelt werden kann, handelt es sich bei der Festlegung der Örtlichkeit innerhalb der Grenzen des Buchgrundstücks um einen wesentlichen Bestandteil der Bemessung der maßgeblichen „Abgeltungsfläche“, der einer Regelung in der Satzung bedarf. Ebenso wie es Aufgabe des Ortsgesetzgebers ist, die Größe der bevorteilten Fläche in der Satzung festzulegen, obliegt allein ihm die Bestimmung zur örtlichen Lage dieser Fläche auf dem Außenbereichsgrundstück (Blomenkamp, a.a.O., § 8 Rn. 1034; offen gelassen vom OVG Lüneburg, Urt. v. 11.7.1989 - 9 K 1/89 -, a.a.O., S. 23). Regelungen zur Festlegung der Örtlichkeit der Vorteilsfläche – wie etwa die gebräuchliche Regelung, dass die ermittelte Fläche der angeschlossenen Baulichkeit dergestalt zugeordnet wird, dass ihre Grenzen jeweils im gleichen Abstand von den Außenwänden der Baulichkeit verlaufen – enthält die Satzung der Antragsgegnerin nicht. Dies hat zur Folge, dass die Vorschrift des § 4 Abs. 2 Nr. 8 der Entwässerungsabgabensatzung - Beiträge - insgesamt wegen Unvollständigkeit unwirksam ist und nicht Grundlage einer Beitragsfestsetzung für im Außenbereich bebaute Grundstücke sein kann.

Im Übrigen kommt eine Beitragserhebung für den Anschluss des Gebäudes des Antragstellers, welches nunmehr teilweise als Hofladen genutzt wird, auf der Grundlage der Satzung der Antragsgegnerin auch dann nicht in Betracht, wenn man entgegen den vorstehenden Ausführungen davon ausgeht, dass § 4 Abs. 2 Nr. 8 der Entwässerungsabgabensatzung - Beiträge - nicht unvollständig und damit wirksam ist, weil die Festlegung der Örtlichkeit der bevorteilten Fläche kein Element des Beitragsmaßstabs ist, daher nur für die Heranziehung im Einzelfall von Bedeutung ist und demzufolge auch im Einzelfall durch den Heranziehungsbescheid erfolgen kann, so dass es einer Festlegung hierzu in der Satzung nicht bedarf. Eine Festlegung der Örtlichkeit der bevorteilten Fläche enthält nämlich auch der Beitragsbescheid vom 13. August 2019 nicht, so dass der Bescheid nicht alle - wie dargetan - für die Vorteilsbemessung erforderlichen Festsetzungen enthält. Der Bescheid leidet damit an einem wesentlichen Mangel und ist insgesamt rechtswidrig.

Unabhängig von dem Vorstehenden kommt eine Heranziehung des Antragstellers zu einem Kanalbaubeitrag für das nunmehr an die Abwasserentsorgung angeschlossene Gebäude derzeit auch aus folgendem Grund nicht in Betracht:

Durch die Bescheide vom 23. Juli 1986 ist der Voreigentümer des Grundstücks mit der Flurstücksbezeichnung D. jeweils „teilweise“ zu Kanalbaubeiträgen für anzurechnende Grundstücksgrößen von 2.160 m² und 560 m² herangezogen worden. Aus den Beitragsbescheiden ergibt sich indes nicht, wo diese Vorteilsflächen auf dem Flurstück D. gelegen sind. Die handschriftlichen, nicht maßstabsgerechten und im Übrigen auch ungenauen Markierungen auf den - den jeweiligen - Bescheiden anliegenden Lageplänen im Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin beinhalten ersichtlich keine verbindlichen Festsetzungen zur örtlichen Lage der bevorteilten Flächen mit Rechtswirkung nach außen. Auch aus der seinerzeit maßgeblichen Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung von Beiträgen für die Entwässerung der Grundstücke vom 22. November 1982 in der Fassung der 1. Änderung vom 7. Oktober 1985 ergeben sich – soweit ersichtlich – keine Festsetzungen hinsichtlich der Örtlichkeit der ermittelten Vorteilsflächen. Demzufolge kann derzeit auch nicht festgestellt werden, ob durch den Anschluss des weiteren Gebäudes nach dem Umbau von Teilflächen vorhandener Stallungen zu einem Hofladen nunmehr Grundstücksflächen des Außenbereichsgrundstücks bevorteilt sind, die bislang nicht veranlagt worden sind. Mit der Umnutzung von Baulichkeiten auf dem Außenbereichsgrundstück des Antragstellers, die an die öffentliche Einrichtung zur Abwasserentsorgung angeschlossen worden sind, ist insoweit zwar ein zusätzlicher Vorteil entstanden, der grundsätzlich zur erstmaligen Entstehung der Beitragspflicht für die diesen Baulichkeiten zuzuordnenden Grundstücksfläche führt. Eine Veranlagung dieser Grundstücksfläche ist aber nur dann zulässig, soweit es sich hierbei um Grundstücksflächen handelt, die bisher noch nicht veranlagt worden sind (vgl. v. Waldthausen, in: Rosenzweig/Freese/v. Waldthausen, NKAG, Stand: Oktober 2019, § 6 Rn. 264 f.). Mangels verbindlicher Festsetzungen, wo die Grundstücksflächen örtlich auf dem Grundstück Flurstück D. der Flur E. der Gemarkung B. verlaufen, die durch die Bescheide vom 23. Juli 1986 veranlagt worden sind, lässt sich gegenwärtig daher nicht feststellen, ob und inwieweit bei der Veranlagung der Grundstücksfläche, die durch den im Jahr 2018 erfolgten Anschluss von weiteren Baulichkeiten bevorteilt worden ist, das Verbot der Doppelbelastung greift. Ist somit nicht auszuschließen, dass - zumindest für Teilflächen der bevorteilten Grundstücksflächen - das Verbot der Doppelbelastung greift, geht dies zu Lasten der Antragsgegnerin.

Für den Fall, dass die Antragsgegnerin ihre Entwässerungsabgabensatzung - Beiträge - ändert und allgemein eine Regelung zur Festlegung der Örtlichkeit bevorteilter bebauter Flächen auf Außenbereichsgrundstücken trifft mit der Folge, dass auch auf dem Grundstück des Antragstellers die örtliche Lage der durch den Anschluss von Baulichkeiten bevorteilten Flächen verbindlich festgesetzt wird und dadurch auch festgestellt werden kann, ob und inwieweit ohne Verstoß gegen das Verbot der Doppelbelastung eine Veranlagung der Grundstücksfläche erfolgen kann, für die durch den im Jahr 2018 erfolgten Anschluss eines weiteren Gebäudes an den Schmutzwasserkanal erstmals ein zusätzlicher Vorteil und eine Beitragspflicht entstanden ist, sieht sich die Kammer zu folgenden Anmerkungen veranlasst:

§ 4 Abs. 2 Nr. 8 der Entwässerungsabgabensatzung - Beiträge - knüpft zur Bemessung der bevorteilten Grundstücksfläche an die Grundfläche der an die öffentliche Abwasserbeseitigungseinrichtung angeschlossenen Baulichkeit an. Der Begriff „Baulichkeit“ ist inhaltsgleich mit dem Begriff „Gebäude“, so dass zur Bestimmung des Umfangs der zu berücksichtigenden „Baulichkeit“ auf die Legaldefinition des Begriffs „Gebäude“ in § 2 Abs. 2 NBauO zurückgegriffen werden kann (Nds. OVG, Beschl. v. 30.10.2006 - 9 LA 267/05 -, V.n.b.; ferner Blomenkamp, a.a.O., § 8 Rn. 1033a). Danach bilden alle Teile einer baulichen Anlage, die untereinander eine innere Verbindung haben, das Gebäude. Hierzu zählen also auch Gebäudeflügel und Anbauten, sofern es eine innere Verbindung zu ihnen gibt. Das Abstellen auf die angeschlossene Baulichkeit führt – auch aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität – zu einer generalisierenden und typisierenden Betrachtungsweise (Nds. OVG, Beschl. v. 30.10.2006 - 9 LA 267/05 -, V.n.b.; ferner Blomenkamp, a.a.O., § 8 Rn. 1033a). Im Ausgangspunkt zutreffend geht die Antragsgegnerin daher davon aus, dass die angeschlossene Baulichkeit in ihrer Gesamtheit im Regelfall bevorteilt ist und es unerheblich ist, ob in einzelnen Gebäudeteilen überhaupt kein Wasser verbraucht wird bzw. kein Abwasser anfällt.

Das Abstellen auf den Begriff der „Baulichkeit“ im bebauungsrechtlichen Sinn, insbesondere auf das Vorhandensein innerer Verbindungen zwischen den Räumen, kann jedoch bei besonderen Fallkonstellationen zu Beitragshöhen führen, die grob unangemessen sind und weder mit dem Vorteilsprinzip noch mit dem allgemeinen Gerechtigkeitsempfinden in Einklang stehen und die sich letztlich daher auch nicht mehr mit den Gesichtspunkten der Verwaltungspraktikabilität und Verwaltungsvereinfachung rechtfertigen lassen (Nds. OVG, Beschl. v. 2.9.1996 - 9 L6416/94 -, V.n.b. und Beschl. v. 30.10.2006 - 9 LA 267/05 -, V.n.b.; ferner Blomenkamp, a.a.O., § 8 Rn. 1033a). Solche Voraussetzungen können vorliegen, wenn bei großen Gebäudekomplexen - vor allem landwirtschaftlichen Hofstellen mit Stallungen bzw. Scheunen, Reithallen verbunden mit Wohnungen - ins Gewicht fallende Teilflächen von der Art her grundsätzlich unterschiedlich genutzt werden (z.B. einerseits zum Wohnen und anderseits zur Viehhaltung oder zum Reiten) und wenn deutlich erkennbar ist, dass sich der Anschluss an den Schmutzwasserkanal ausschließlich für eine bestimmte Nutzungsart vorteilhaft auswirkt. Der Satzungsgeber hat es in der Hand, derartigen Fallgestaltungen durch den Erlass von Satzungsregelungen, die weniger auf formale baurechtliche Kriterien und mehr auf die konkrete Nutzungsart abstellen, Rechnung zu tragen. Macht er von dieser Möglichkeit - wie vorliegend - nicht Gebrauch und belässt er es daher allgemein beim Abstellen auf die „Baulichkeit“, so muss dieser Begriff bei großen, verschiedenartig genutzten Gebäudekomplexen im Blick auf die Beitragsgerechtigkeit und die durch § 6 Abs. 1 NKAG gebotene vorteilsgerechte Aufwandsverteilung einschränkend dahingehend ausgelegt werden, dass zur im beitragsrechtlichen Sinn bevorteilten Baulichkeit auch beim Vorhandensein innerer Verbindungen nicht solche ins Gewicht fallende Teilflächen gehören, die von der Art her gänzlich anders (etwa zur Viehhaltung oder zum Reiten) genutzt werden und an der Vorteilswirkung für die Gebäudeteile, die an das Abwassersystem angeschlossen sind, offensichtlich nicht teilhaben. Um einen solchen Sonderfall dürfte es sich hier handeln, da die übrigen Gebäudeteile des (ehemaligen) Stallgebäudes des Antragstellers gänzlich anders genutzt werden als der Hofladen und in diesen übrigen Gebäudeteilen keine abwasserrelevante Nutzung erfolgt. Bei der Vorteilsbemessung wäre demnach nur auf die angeschlossene Baulichkeit des Hofladens abzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Die Kammer bemisst den Streitwert mit 1/4 des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts (12.751,20 EUR x 1/4 = 3.187,89 EUR, vgl. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31. Mai/1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen).