Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 29.11.1979, Az.: 12 UF 153/79
Störung des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe; Besitzrecht an ehelicher Wohnung während des Scheidungsverfahrens; Räumung der Ehewohnung; Unterlassungsanspruch gegen das Betreten der Ehewohnung durch Ehestörer; Zwangsgeld bei Zuwiderhandlung gegen Verbot des Betretens der Ehewohnung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 29.11.1979
- Aktenzeichen
- 12 UF 153/79
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1979, 15566
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1979:1129.12UF153.79.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Göttingen - 20.06.1979 - AZ: 22 C 249/79
Rechtsgrundlagen
- § 1353 Abs. 1 BGB
- § 1353 Abs. 2 BGB
- § 823 Abs.1 BGB
- § 1004 Abs. 1 BGB
- § 1567 Abs. 2 BGB
- § 888 ZPO
- § 890 ZPO
Fundstelle
- NJW 1980, 711-713 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Ehestörung
Redaktioneller Leitsatz
Erst mit der Scheidung erlischt ein aus der Ehe fließendes Besitzrecht an der Ehewohnung, solange nicht eine abweichende Entscheidung des Familiengerichts ergangen ist und sofern es nicht auf Grund der Hausratsverordnung sogar über den Zeitpunkt der Scheidung hinaus aufrechterhalten wird. Der Auszug eines Ehegatten kann nicht als stillschweigender Verzicht auf einen Teil der Ehewohnung gewertet werden oder als Verzicht darauf, dass für die Eheleute überhaupt eine solche zur Verfügung stehen sollte. Unter dem Gesichtspunkt, dass der bisherige äußere Lebensbereich eines Ehegatten nicht beeinträchtigt werden darf und ein Ehegatte einen Anspruch darauf hat, innerhalb der ehelichen Wohnung ein Leben führen zu können, ist es ihm nicht zuzumuten, die Freundin oder den Freund des anderen Ehegatten im selben Haus und Garten dulden zu müssen.
Der 12. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - hat
auf die mündliche Verhandlung vom 18. Oktober 1979
durch
die Richter K., Prof. Dr. D. und K.
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Göttingen vom 20. Juni 1979 wird zurückgewiesen. Jedoch wird der Urteilsausspruch wie folgt neu gefaßt.
Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, die Parterrewohnung ... R., G. Str. ..., mit den Gegenständen ihres persönlichen Bedarfs binnen drei Tagen, nachdem ihr das Urteil durch die Klägerin zugestellt worden ist, zu verlassen.
Zieht die Beklagte zu 2) entgegen dieser Anordnung nicht aus, wird ihr ein Zwangsgeld von fünftausend DM, ersatzweise je 50 DM ein Tag Zwangshaft angedroht.
Die Beklagte zu 2) wird ferner verurteilt, nach dem Auszug die genannte Wohnung nicht mehr zu betreten, solange die Eheleute T. nicht rechtskräftig geschieden sind.
Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird ihr ein Ordnungsgeld von fünfhundert DM, ersatzweise je 50 DM ein Tag Ordnungshaft angedroht.
Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, der Beklagten zu 2) nach ihrem Auszug das Betreten der Parterrewohnung des Hauses ... R., G. Straße ..., bis zu einer rechtskräftigen Scheidung seiner Ehe nicht mehr zu gestatten.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.
Tatbestand
Die Klägerin und der Beklagte zu 1) sind miteinander verheiratet.
Aus der Ehe, deren Scheidung der Beklagte zu 1) betreibt, sind drei inzwischen zum Teil erwachsene Kinder hervorgegangen.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten zu 2) die Räumung der Ehewohnung und von dem Beklagten zu 1), es zu unterlassen, der Beklagten zu 2) das Betreten der Wohnung zu gestatten. Diese Wohnung befindet sich in einem dem Beklagten zu 1) gehörenden zweigeschossigen Haus in R.. Das Gebäude diente zunächst der gesagten Familie als Wohnung, wobei sich im Erdgeschoß die Wohnräume einschließlich des Schlafzimmers der Eheleute und in den Mansardenräumen die Zimmer der Kinder befanden. Nachdem es wegen der Beziehungen des Ehemannes zu der Beklagten zu 2) zu Schwierigkeiten in der Ehe gekommen war, zog die Klägerin im November 1977 zu ihren Kindern in das Obergeschoß. Im September 1978 nahm der Beklagte zu 1) die Beklagte zu 2) mit deren volljähriger Tochter in die Erdgeschoßwohnung auf.
Die Klägerin hat behauptet, dies sei gegen ihren Willen geschehen, und hat die Auffassung vertreten, sie brauchte sich das Zusammenleben der Beklagten nicht gefallen zu lassen.
Die Prozeßabteilung des Amtsgerichts hat der Räumungs- und Unterlassungsklage unter dem Gesichtspunkt stattgegeben, daß der räumlich-gegenständliche Bereich einer Ehe auch während der Dauer eines Scheidungsverfahrens geschützt ist und die Klägerin in die Lage gesetzt werden müßte, die Wohnung wieder in vollem Umfang zu benutzen, um durch ein erneutes Zusammenleben mit dem Beklagten zu 1) die zerrüttete Ehe möglicherweise doch noch zu retten.
Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung zum Landgericht eingelegt, das den Rechtsstreit an den zuständigen Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts verwiesen hat.
Die Beklagten sind der Auffassung, daß es wegen der Regelung der einstweiligen Anordnungen mindestens im Verhältnis zu der Beklagten zu 2) am Rechtsschutzbedürfnis für die Klage fehle und daß die Klägerin mit ihrem Auszug aus der Erdgeschoßwohnung unzweideutig ihren Willen zu erkennen gegeben habe, ihr Besitzrecht an der ehelichen Wohnung im Erdgeschoß nicht wehr auszuüben. Es handele sich um zwei abgeschlossene Wohnungen im Parterre und im Dachgeschoß, wobei sich die Klägerin in der oberen Wohnung ausreichend eingerichtet hätte, insbesondere nachdem nur noch eines der Kinder zu Hause wohne. Im übrigen hätte sie erst sieben Monate nach dem Einzug der Beklagten zu 2) Räumungs- und Unterlassungsklage erhoben, so daß sie insoweit rechtsmißbräuchlich handele. Der Beklagte zu 1) hätte die Beklagte zu 2) auch nur in die Wohnung aufgenommen, weil er ein vielbeschäftigter Geschäftsmann sei und jemanden für die Versorgung mit Kleidung und Nahrung gebraucht hätte. Die Klägerin werde durch das Zusammenlegen in demselben Hause auch nicht belästigt.
Die Beklagten beantragen,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
der Beklagten zu 2) eine angemessene Räumungsfrist zu bewilligen,
hilfsweise,
Vollstreckungsnachlaß gegen Sicherheitsleistung.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wendet sich dagegen, daß das Haus G. Straße ... in R. als Zwei-Familien-Haus behandelt wird, weil es seit vielen Jahren ausschließlich von der Familie T. bewohnt worden sei. Sie selbst habe auf Anraten ihres Arztes das gemeinsame Schlafzimmer aufgegeben und sei zu den Kindern ins. Obergeschoß gezogen, weil der Beklagte zu 1) die Ehewohnung nur noch als Absteige benutzt hätte, wenn er von der Beklagten zu 2) zurückgekommen sei. Den damit verbundenen nervlichen Belastungen sei sie nicht gewachsen gewesen. Während eines Urlaubs von ihr sei dann die Beklagte zu 2) ohne ihr Einverständnis von dem Beklagten zu 1) in der ehelichen Wohnung aufgenommen worden. Sie habe dann nicht sogleich Klage auf Räumung erhoben, weil sie gehofft hätte, die Dinge würden sich wieder einrenken. Die Beklagte zu 2) hätte sich aber im Hause immer breiter gemacht, so daß es zu Schwierigkeiten in der Benutzung der gemeinschaftlichen Räume gekommen wäre. Daraufhin habe sie die vorliegende Klage erhoben.
Der Senat hat die Klägerin als Partei darüber vernommen, ob sie sich mit dem Einzug der Beklagten zu 2) einverstanden erklärt hat. Sie hat ausgesagt: Die Beklagte zu 2) sei eingezogen, während sie sich selbst in Urlaub befunden hätte. Ihr Mann hätte sie vorher über den telefonischen Hausanschluß angerufen und ihr gesagt, daß die Beklagte zu 2) einziehen werde. Darauf habe sie nur geantwortet: "Das hättest du wohl gern! Du hast doch noch nie Rücksicht auf mich genommen." Sie habe nicht ausdrücklich erklärt, daß sie nicht wollte, daß die Beklagte zu 2) einziehe. Sie hätte vielmehr nicht geglaubt, daß ihr Mann seine Freundin tatsächlich in das eheliche Haus einziehen lassen würde, und die Erklärung ihres Mannes deshalb gar nicht ernst genommen. Ihr Mann sei so veranlagt, daß er nach dem Gefühl gehe; und sie hätte sich schon vorstellen können, daß es sein größter Wunsch gewesen wäre, die Beklagte zu 2) in die Ehewohnung einziehen zu lassen. Aber sie hätte nicht gedacht, daß die Beklagte zu 2) dies tatsächlich tun würde. Als ihr Mann sie angerufen hätte, habe sie geglaubt, das sei eine Illusion von ihm. Sie habe es nicht für möglich gehalten, daß ihr Mann ihr so etwas hätte antun können.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
1.
Für die Entscheidung über die Berufung ist der Familiensenat des Oberlandesgerichts zuständig, unabhängig davon, daß in erster Instanz die Prozeßabteilung des Amtsgerichts entschieden hat und die Berufung zunächst zum Landgericht eingelegt worden ist. Hat in einer Familiensache unzulässigerweise die Prozeßabteilung des Amtsgerichts entschieden und die betroffene Partei Berufung zum Landgericht eingelegt, so hat dieses nur als Rechtsmitteleinlegungsgericht tätig zu werden und das Verfahren entsprechend § 281 ZPO an das zuständige Rechtsmittelgericht zu verweisen (BGHZ Bd. 72 S. 182). Das ist hier geschehen. Bei den von der Klägerin geltend gemachten Ansprüchen handelt es sich um eine Familiensache, über die in zweiter Instanz der Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts zu entscheiden hat (vgl. §§ 23 b Abs. 1 Nr. 1, 119 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 GVG, § 606 Abs. 1 Satz 1 ZPO,).
Sachlich ging es darum, daß der Beklagte zu 1), der Ehemann der Klägerin, es unterlassen soll, der Beklagten zu 2) das Betreten der Ehewohnung zu gestatten, sowie darum, daß die Beklagte zu 2) die Ehewohnung nicht mehr betritt. Die Klägerin wendet sich damit gegen die Angriffe der Beklagten auf den räumlichgegenständlichen Bereich ihrer Ehe. Bei der diesem Anliegen entsprechenden Ehestörungsklage handelt es sich nicht um eine Klage die vermögensrechtliche Ansprüche - etwa auf Besitzeinräumung - betrifft, sondern sie ist eine solche auf Herstellung des ehelichen Lebens und dient damit der Durchsetzung der sich aus den §§ 1353 ff BGB ergebenden Pflichten der Ehegatten, die ihrer Natur nach persönlicher Art sind. In den Katalog ehelicher Pflichten nicht vermögensrechtlicher Art gehört auch die Verpflichtung zur ehelichen Treue und zur Bereitstellung der ehelichen Wohnung (vgl. Palandt, BGB, 38. Aufl., Einf. 3 a vor § 1353 sowie § 1353 Anm. 2 b aa und bb). Die Pflichten aus § 1353 BGB gehören als Ehesachen vor die Familiengerichte (§ 606 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Wegen des engen Zusammenhangs muß aber auch die gegen den Dritten - hier also gegen die Beklagte zu 2) - gerichtete Ehestörungsklage eine Familiensache sein, weil sonst die Gefahr unterschiedlicher Entscheidungen gegen die beiden Ehestörer bestünde, so daß der Senat auch über die Berufung der Beklagten zu 2) entscheiden mußte, obwohl letztere in keinem familienrechtlichen Verhältnis zu der Klägerin steht. Dem Gedanken, sachliche Zusammenhänge nicht durch verschiedene Zuständigkeiten auseinanderzureißen, trägt im übrigen auch das zukünftige Sorgerecht Rechnung, indem es in mehreren Bestimmungen (vgl. §§ 1632 Abs. 2 und 3, 1634 Abs. 2 Satz 1, 1666 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F.) das Vormundschafts- bzw. Familiengericht auch zu Entscheidungen gegenüber Dritten ermächtigt.
2.
Der Berufung der Beklagten war der Erfolg zu versagen, weil die Klage begründet ist. Mit dem sich aus § 1353 Abs. 1 BGB ergebenden Recht auf die eheliche Lebensgemeinschaft kann jeder Ehegatte entsprechend den §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB Angriffe auf den räumlich-gegenständlichen Bereich, der ihm erst die Entfaltung als Ehegatte ermöglicht, abwehren, und zwar sowohl den Ehegatten wie dem Dritten gegenüber. Insbesondere kann also die Ehefrau die Entfernung der Ehebrecherin aus der ehelichen Wohnung und die Unterlassung derartiger Störungen in der Ehewohnung erzwingen (BGHZ Bd. 6 S. 360; OLG München, FamRZ 1973, S. 93).
a)
An dieser Rechtslage hat sich durch das 1. EheRG mit der Einführung der Zerrüttungsscheidung nichts geändert. Das Recht auf eine selbständige Lebensgestaltung unabhängig vom Schicksal des Ehegatten hat sich lediglich in einer Lockerung der Scheidungsgründe niedergeschlagen, indem für die Auflösung der Ehe die gegebenenfalls auch unverschuldete Ehezerrüttung ausreicht und nicht mehr eine Eheverfehlung auf Seiten des Scheidungsbeklagten vorausgesetzt wird. Das Recht auf eine freie Persönlichkeitsentfaltung (Art. 2 Abs. 1 GG) muß aber nach wie vor den vornehmlich durch die Ehewohnung abgegrenzten räumlichgegenständlichen Bereich der Ehe respektieren, so daß der betrogene Ehegatte, wenn er schon nicht verhindern kann, daß der andere Teil zu einem Dritten in intime Beziehungen tritt, doch jedenfalls nicht dulden muß, daß dies in der Ehewohnung geschieht. Anders als die Beklagten meinen, wird das Rechtsschutzinteresse für eine solche Ehestörungsklage auch nicht durch die mehr oder minder weitgehende Befugnis des Familiengerichts beeinträchtigt, das Getrenntleben der Ehegatten im Wege einstweiliger Anordnungen zu regeln (vgl. § 620 Nr. 5 ZPO). Dabei mag dahinstehen, ob solche einstweiligen Anordnungen Dritten gegenüber Wirkungen entfalten können; denn jedenfalls kann es nicht die Funktion derartiger einstweiliger Regelungen sein, den den Ehegatten im Interesse der Aufrechterhaltung ihrer Ehe zugewendeten materiellen Rechtsschutz zu verkürzen.
b)
Die Voraussetzungen der Ehestörungsklage liegen unabhängig davon vor, daß die Klägerin in das Obergeschoß des Hauses gezogen ist und die Ehegatten zur Zeit getrennt leben.
Die Hochparterrewohnung G. Straße ... ist auch nach dem Umzug der Klägerin in das Obergeschoß des Hauses als Ehewohnung anzusehen, wobei es dahingestellt bleiben kann, ob das ganze Haus rechtlich und insbesondere steuerrechtlich als Zweifamilienhaus anzusehen ist. Denn unstreitig haben die Eheleute mit ihren Kindern das ganze Haus als Ehe- und Familienwohnung benutzt. Zweifellos besteht auch die Möglichkeit, aus den Ober- und Untergeschoß zwei Wohnungen zu machen. Aber im Sinne der Ehestörungsklage ist dies weder durch den Umzug der Klägerin in das obere Geschoß des Hauses geschehen noch durch den Einzug der Beklagten zu 2) in das untere Stockwerk. Denn da der Beklagte zu 1) seine frei Zeit weitgehend bei der Beklagten zu 2) verbrachte und mit ihr enge Beziehungen unterhielt, stand der Klägerin ein Recht zum Getrenntleben zu (§ 1353 Abs. 2 BGB), so daß sie selbst den Besitz an den von den Eheleuten bisher gemeinsam bewohnten Räumen aufgeben durfte, ohne damit zugleich auch ihre Rechte an der Ehewohnung aufzugeben. Der Umstand, daß die Eheleute getrennt leben, steht also nicht entgegen, die vor der Trennung von beiden Ehegatten innegehabten Räume nach wie vor als Ehewohnung anzusehen.
Unter diesen Umständen kann man den Auszug der Klägerin aus dem unteren Geschoß auch nicht als stillschweigenden Verzicht auf einen Teil der Ehewohnung werten oder darauf, daß für die Eheleute überhaupt eine solche zur Verfügung stehen sollte. Auch während eines Scheidungsrechtsstreits hat jeder Ehegatte in den Grenzen des § 1353 Abs. 2 BGB bis zur rechtskräftigen Scheidung der Ehe an der Ehewohnung, die dem anderen Ehegatten gehört, ein aus dem Wesen der Ehe folgendes Besitzrecht, solange nicht eine abweichende Entscheidung des Familiengerichts ergangen ist. Erst mit der Scheidung erlischt ein solches aus der Ehe fließendes Besitzrecht, sofern es nicht auf Grund der Hausratsverordnung sogar über den Zeitpunkt der Scheidung hinaus aufrechterhalten wird (vergl. BGH NJW 1978, S. 1529 [BGH 07.04.1978 - V ZR 154/75]).
Die Klägerin hat auf ihre Rechte aber auch nicht dadurch verzichtet, daß sie sich mit dem Einzug der Beklagten zu 2) in einen Teil der Ehewohnung einverstanden erklärt hat. Die Beweisaufnahme vor dem Senat hat nichts derartiges ergeben. Nach der Darstellung der Klägerin, an deren Glaubwürdigkeit zu zweifeln kein Anlaß besteht, hat der Beklagte zu 1) die Klägerin über den Hausapparat angerufen und ihr mitgeteilt, daß er beabsichtige, die Beklagte zu 2) in der Parterrewohnung einziehen zu lassen. Darauf hat die Klägerin nach ihrer Aussage geantwortet, daß der Beklagte zu 1) das wohl gern hätte. Dagegen hat sie ihm nicht ausdrücklich erklärt, daß sie gegen den Einzug der Beklagten zu 2) sei. Aus diesem Verhalten läßt sich ein Einverständnis der Klägerin nicht herleiten. Zwar hat die Klägerin der Mitteilung ihres Mannes nicht ausdrücklich widersprochen; aber daraus folgt noch nicht umgekehrt, daß sie mit den Absichten ihres Mannes einverstanden war. Ihr Verhalten ist ohne weiteres aus der von ihr gegebenen Begründung verständlich, daß sie es sich nicht vorstellen konnte, daß ihr die Beklagten ein solches Zusammenleben unter einem Dache wirklch zumuten würden. Selbst wenn der Beklagte zu 1) im Banne der von ihm gewünschten Lösung das Einverständnis seiner Frau angenommen haben sollte, verdient ein solches Vertrauen rechtlich keinen Schutz. Solange die Klägerin ihre Billigung, daß die Beklagte zu 2) in das Haus G. Straße ... einziehen könnte, nicht ausdrücklich erklärte, konnte er nicht davon ausgehen, daß seine Frau mit einer so schweren Kränkung einverstanden sein würde. Da der Beklagte zu 1) der Klägerin gegenüber rechtlich zur ehelichen Treue verpflichtet war, kommt es nicht darauf an, mit welchen Mitteln oder wie energisch sie sich gegen den Einzug der Beklagten zu 2) in die Ehewohnung zur Wehr gesetzt hat. Das bloße Dulden und Ertragen ehewidriger Vorgänge und Zustände kann nicht im Nachhinein als Einverständnis und Zustimmung gewertet werden, um die sich aus der Ehe ergehenden Rechtspositionen des eheloyalen Ehegatten zu beschneiden oder einzuschränken.
Auch darauf, daß die Klägerin von der Beklagten zu 2) nicht belästigt wird, konnten sich die Beklagten nicht berufen. Zwar kann es so sein, daß Ehestörungsansprüche dann nur eingeschränkt Geltung haben, wenn der Ehegatte, dem diese Ansprüche zustehen, durch das Zusammenleben des anderen Ehegatten mit dem Dritten äußerlich wie innerlich nur wenig berührt wird, etwa weil er in größerem räumlichen Abstand zur Ehewohnung lebt oder weil er die Scheidung seinerseits betreibt (vgl. § 610 Abs. 1 ZPO). Ein solcher Fall lag hier jedoch nicht vor. Die Klägerin wohnt unmittelbar in den Räumen über der Wohnung der Beklagten. Begegnungen im Hause und in den gemeinsam benutzten Räumlichkeiten wie in der Waschküche sind unvermeidlich. Darüber hinaus bekommt die Klägerin durch die Hellhörigkeit des Gebäudes auch viele von den mit einem Zusammenleben mehrerer Personen automatisch verbundenen Geräuschen mit, so daß sie dauernd daran erinnert wird, daß die Beklagte zu 2) ihr den Platz an der Seite ihres Mannes weggenommen hat. Unter dem Gesichtspunkt, daß der bisherige äußere Lebensbereich eines Ehegatten nicht beeinträchtigt werden darf und die Klägerin einen Anspruch darauf hat, innerhalb ihrer ehelichen Wohnung ein Leben führen zu können, wie es ihrer Frauenwürde und ihrer Stellung als Hausfrau und Kutter einer Familie entspricht (BGHZ Bd. 6, S. 366,367; Bd. 34, S. 85), ist es der Klägerin nicht zuzumuten, die Freundin ihres Mannes im selben Haus und Garten, in welchem sie selbst wohnt und sich aufhält, dulden zu müssen. Insbesondere kann von ihr nicht verlangt werden, ihrerseits die Wohnung oder das Haus zu räumen, um einem Zusammentreffen mit der Freundin ihres Mannes zu entgehen (OLG München, FamRZ 1973, S. 93,94).
Schließlich konnten die Beklagten nichts daraus für sich herleiten, daß die Klägerin die Ehestörungsklage erst sieben Monate nach dem Einzug der Beklagten zu 2) in die Ehewohnung anhängig gewacht hat. Wie bereits ausgeführt, kann es in diesem Bereich einen Vertrauensschutz des ehewidrig handelnden Ehegatten und auch des Dritten im Grundsatz nicht geben, so daß hier auch eine Verwirkung der Rechte auf seiten der Klägerin ausschied. Das Gesetz hat in verschiedenen Bestimmungen Schutzvorschriften vorgesehen, die im Interesse der Aufrechterhaltung der Ehe einer Versöhnung der Ehegatten im Wege stehende Hindernisse ausräumen bzw. zusätzliche Karenzzeiten vor die Feststellung, daß die Ehe gescheitert ist, schalten. So fördert § 1567 Abs. 2 BGB ein der Versöhnung der Ehegatten dienendes Zusammenleben über kürze Zeit und sieht § 614 Abs. 2 ZPO die Aussetzung des Scheidungsverfahrens vor, wenn Aussicht auf Fortsetzung der Ehe besteht. Daraus geht hervor, daß das Gesetz die Hoffnung, daß eine Ehe doch wieder hergestellt werden kann, respektiert, was dazu führen muß, daß auch die sich zum Schütze der Ehe und des ehelichen Zusammenlebens ergebenden Rechte nur unter, strengen Ausnahmegesichtspunkten als verwirkt angesehen werden können. Da die Klägerin sich zunächst gegen die Scheidung gewehrt und offenbar die Hoffnung gehegt hat, daß sich der Beklagte zu 1) doch noch wieder von der Beklagten zu 2) trennen würde, kann von einer gegen Treu und Glauben verstoßenden Verspätung der Geltendmachung der Ehestörungsklage umso weniger die Rede sein, als nichts dafür vorgetragen worden i daß die Klägerin durch ihr Verhalten die Beklagten zu besonderen Maßnahmen veranlaßt hätte.
3.
Bei der Tenorierung des Urteils war zu berücksichtigen, daß die Klägerin von der Beklagten zu 2) nicht eigentlich Räumung, d.h. Herausgabe der Ehewohnung und damit die Wiedereinräumung des Besitzes, verlangt, sondern daß es ihr um die Beseitigung des ehewidrigen Zustandes geht, der darin besteht, daß sich die Beklagte zu 2) in der Ehewohnung aufhält und dort zusammen mit dem Ehemann der Klägerin wohnt. Deshalb war die Beklagte zu 2) zum Verlassen der Ehewohnung unter Mitnahme der Gegenstände ihres persönlichen Bedarfs und gleichartig zur Unterlassung des weiteren Betretens der Wohnung, der Beklagte zu 1) zur Unterlassung der Erteilung der Gestattung dazu zu verurteilen. Die hier die Unterlassungsklage begründende Wiederholungsgefahr folgt daraus, daß die Beklagten, wie sich aus deren gesagten Vorbringen ergibt, zusammenbleiben und die bisherige Ehewohnung der Klägerin als eigene Wohnung beibehalten wollen. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91, 97 und 100 ZPO. Die Androhung, von Zwangs- und Ordnungsmaßnahmen stützt sich auf §§ 888, 890 ZPO. Gegen den Beklagten zu 1) können nach § 888 Abs. 2 ZPO keine Zwangsmaßnahmen angeordnet werden. Die von der Beklagten zu 2) beantragte Räumungsfrist kam nicht in Betracht, weil es sich, wie ausgeführt, um die Beseitigung einer Ehestörung und nicht um die Herausgabe des Wohnraums handelt (vgl. § 721 ZPO). Die Gewährung von Vollstreckungsnachlaß, wie ihn die Beklagte zu 2) beantragt hat, schied aus, weil das Urteil nicht für vorläufig vollstreckbar erklärt werden konnte (§ 704 Abs. 2 Satz 1 ZPO).