Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 23.08.2005, Az.: 1 WF 186/05

Berücksichtigung von Vermögen aus einer Kapitallebensversicherung bei der Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
23.08.2005
Aktenzeichen
1 WF 186/05
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 36364
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:2005:0823.1WF186.05.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Braunschweig - 02.05.2005 - AZ: 245 F 17/05

Fundstellen

  • FamRZ 2006, 135 (Volltext mit red. LS)
  • OLGReport Gerichtsort 2006, 208-209

Verfahrensgegenstand

Ehescheidung pp.;
hier: Prozesskostenhilfe für die erste Instanz,

In der Familiensache
...
hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Braunschweig
durch
den Richter am Oberlandesgericht ... als Einzelrichter
am 23. August 2005
beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 24. Juni 2005 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Braunschweig vom 2. Mai 2005 teilweise dahin abgeändert, dass die Antragsgegnerin auf die Prozesskosten einmalig 520,- Euro bis zum 30. September 2005 zu zahlen hat.

Die weiter angeordnete Ratenzahlung auf die Prozesskosten von monatlich 75,- Euro bleibt aufrecht erhalten, allerdings ist die erste Monatsrate im September 2005 fällig. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten in Höhe von 25,- Euro. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zulässig und teilweise begründet.

2

Nach der vorgelegten Bestandserklärung über die Kapitallebensversicherung der Antragsgegnerin bei der ... Versicherung ... hat diese ein Rückkaufswert von 2.823,16 Euro.

3

Diese Lebensversicherung überschreitet den der Antragsgegnerin gemäß §§ 115 Abs. 2 ZPO, 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII zustehenden Freibetrag von derzeit 2.301, Euro, so dass sie in der Lage ist, die im vorliegenden Scheidungsverfahren anfallenden Prozesskosten teilweise in Höhe von gerundet 520,- Euro aufzubringen. Das in einer Kapitallebensversicherung gebildete Vermögen ist durch die Prozesskostenhilfe nachsuchende Partei grundsätzlich einzusetzen, eine solche Vermögensverwendung ist ihr auch zumutbar. Soweit nach anderer Ansicht der Hilfsbedürftige wegen Unwirtschaftlichkeit nicht auf die Kündigung der Lebensversicherung oder die Verwendung des Rückkaufswertes verwiesen werden soll (vgl. Zöller / Philippi, ZPO, 25. Auflage, § 115 Rz. 58 c), tritt der Senat dieser Auffassung nicht bei. Dem Versicherungsnehmer einer kapitalbildenden Lebensversicherung steht nicht nur die Möglichkeit der Kündigung und des Rückkaufs zur Wahl, denn er kann seine Lebensversicherung zu einem in der Regel den Rückkaufswert übersteigenden Betrag an ein hierauf spezialisiertes Unternehmen verkaufen oder das Lebensversicherungsvermögen durch ein Policendarlehen beleihen. Das Interesse der Prozesskostenhilfe beantragenden Partei, ihre private Vermögensbildung beeinträchtigungsfrei weiterführen zu können, hat hinter dem Interesse der Allgemeinheit, die sozialhilfeähnlichen Mittel der Prozesskostenhilfe nur tatsächlich Bedürftigen zu gewähren, zurückzustehen.

4

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung sind die bestehenden Schulden aus dem Kfz-, Arbeitgeber- und Privatkredit nicht mit dem verwertbaren Vermögen zu verrechnen, da es sich nicht um fällige Schulden, vielmehr um Verbindlichkeiten handelt, die in Raten zu tilgen sind. In diesem Fall sind mit dem vorhandenen Vermögen die Prozesskosten zu begleichen, (vgl. BGH FamRZ 1999, 644).

5

Wegen der Anordnung der laufenden Raten auf die Prozesskosten von monatlich 75,- Euro wird auf die zutreffenden und erschöpfenden Gründe des angefochtenen Beschlusses vom 2. Mai 2005 sowie die als Anlage zu diesem Beschluss beigefügte Ratenberechnung verwiesen, denen sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt.

6

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 1, 3 GKG i.V.m. der Anlage I zum GKG sowie auf § 127 Abs. 4 ZPO. Da die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin lediglich teilweise Erfolg zeitigt, erscheint es angemessen, ihr die Kosten des Beschwerdeverfahrens hälftig aufzuerlegen.