Landessozialgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.12.1998, Az.: L 7 AL 3/98

Träger der Krankenversicherung als Adressat einer Rückforderung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung bei zwei zeitgleich bestehenden Krankenversicherungsverhältnissen; Beschäftigungsverhältnis in Großbritannien als "weiteres Krankenversicherungsverhältnis" neben einer Pflichtversicherung auf Grund des Leistungsbezuges von Arbeitslosengeld; Ausschluss der Erstattunsgpflicht des Leistungsempfängers; Anwendung des § 157 Abs.3a AFG im Geltungsbereich der Regelungen des Vertrages über die Europäische Union; Garantie der Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der EWG

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen
Datum
15.12.1998
Aktenzeichen
L 7 AL 3/98
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1998, 13492
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:1998:1215.L7AL3.98.0A

Fundstellen

  • NZA-RR 1999, 441-443 (Volltext mit amtl. LS)
  • SGb 1999, 360

Prozessführer

XXX

Prozessgegner

Bundesanstalt für Arbeit in N...,

den Präsidenten des Landesarbeitsamtes N...

Sonstige Beteiligte

XXX

hat der 7. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen in Gelle

auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 1998

durch

den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht

den Richter am Landessozialgericht W,

den Richter am Landessozialgericht B sowie

die ehrenamtlichen Richter K und F

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außer gerichtlichen Kosten des zweiten Rechtszuges zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

1

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Kläger gemäß § 157 Abs 3a Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) der Bundesanstalt Beiträge zurück zu erstatten hat oder ob sich die Beklagte gemäß § 157 Abs 3 Satz 2 AFG stattdessen an die Beigeladene als den Träger der Krankenversicherung halten muss.

2

Der Kläger, ausgebildeter Arzt, bezog auf Grund des Bescheides vom 5. April 1995 Arbeitslosengeld (Alg) ab 1. März 1995 für 312 Tage. Er war bei der beigeladenen T-Krankenkasse (T) gegen Krankheit nach deren zweitinstanzlichen Angaben bis zum 15. August 1995 pflichtversichert und vom 16. August 1995 bis 21. August 1995 freiwillig versichertes Mitglied nach § 9 Abs l Nr l Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V). Bis zum 15. August 1995 bezog er Alg. Ab 2. August 1995 bis zum 23. August 1996 befand er sich in Y /Großbritannien in einem Beschäftigungsverhältnis. Als dessen Beginn gab der Kläger in dem Alg-Antrag vom 21. August 1996, der mit Wirkung zum 24. August 1996 gestellt wurde, den 15. August 1995 an. Auf den Antrag vom 21. August 1996 bewilligte das Arbeitsamt (AA) Alg ab 24. August 1996, das bis zum 1. September 1996 gezahlt wurde (Bescheid vom 27. August 1996/Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 1996).

3

In der Zeit seiner dortigen Beschäftigung war der Kläger in Großbritannien durch das National Health System krankenversichert. Aus einer Bescheinigung des Finanzdepartments des Krankenhauses in Y vom 28. Oktober 1996 ergibt sich, dass der Kläger vom 2. August 1995 bis 25. August 1996 dort beschäftigt gewesen sei, wobei die Dauer der Beschäftigung bis zum 25. August 1996 bescheinigt worden sei, um einen nahtlosen Übergang in das nächste beitragspflichtige Beschäftigungsverhältnis zu ermöglichen.

4

Nach Anhörung des Klägers forderte das Arbeitsamt (AA) mit Bescheid vom 18. November 1996 auf der Grundlage des § 48 Ab s l Satz 2 Nrn 2 und 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) mit Wirkung vom 2. August 1995 bis zum 14. August 1995 und auf der Grundlage des § 45 Abse l, 2 Satz 3 Nr 3 SGB X mit Wirkung vom 24. August 1996 unter anderem Alg (1.082,80 DM) nach § 50 SGB X, Beiträge zur Krankenversicherung vom 2. August 1995 bis 14. August 1995 und für den 24. August 1996 in Höhe von 344,97 DM sowie den Beitrag zur Pflegeversicherung für den 24. August 1996 in Höhe von 4,10 DM zurück. Der die Verpflichtung zur Rückzahlung des Alg nicht angreifende Widerspruch, den der Kläger darauf stützte, die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung seien von der während seines Auslandsaufenthalts leistungsfreien, nicht von ihm zurückzufordern, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 1997).

5

In der am 24. Februar 1997 eingegangenen Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, Beiträge müsse er nicht zurückzahlen, da durch das Beschäftigungsverhältnis in Großbritannien "ein weiteres Krankenversicherungsverhältnis" im Sinne des § 157 Abs 3a Satz 2 AFG bestanden habe. Die Vorschrift erfasse nicht nur gesetzliche Krankenversicherungsverhältnisse im Sinne des SGB V; überdies habe es sich bei seinem Krankenversicherungsverhältnis in Großbritannien um ein dortiges gesetzliches Krankenversicherungsverhältnis gehandelt. Das Sozialgericht (SG) O hat mit Gerichtsbescheid vom 18. November 1997 der Klage stattgegeben und die angefochtenen Bescheide/ soweit sie den Kläger zur Erstattung von Beiträgen zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung verpflichteten, aufgehoben. In den Entscheidungsgründen, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat es ausgeführt, das in England bestehende Versicherungsverhältnis des Klägers könne als weiteres Krankenversicherungsverhältnis im Sinne des § 157 Abs 3a Satz 2 AFG angesehen werden. Der Wortlaut der Vorschrift verbiete diese Auslegung nicht. Der Gesetzgeber habe die Versicherten freistellen und stattdessen die Krankenkassen heranziehen wollen, soweit dies der Sache nach angemessen sei. Habe für die Krankenkasse, die die Krankenversicherung im Rahmen des Alg-Bezu-ges durchgeführt habe, auf Grund eines weiteren Krankenversicherungsverhältnisses ein reales Leistungsrisiko nicht bestanden, sei es ohne sachlichen Grund, ihr die Krankenversicherungsbeiträge zu belassen. In dieser Richtung sei auch Satz 3 des Abs 3 des § 157 AFG zu verstehen. Dieser Gesetzeszweck greife bei jedem weiteren Versicherungsverhältnis, bei welchem tatsächlicher hinreichender Krankenversicherungsschutz wie im Falle des Klägers in Großbritannien unterstellt werden könne.

6

Die vom SG zugelassene, am 7. Januar 1998 eingegangene Berufung gegen den am 10. Dezember 1997 zugestellten Gerichtsbescheid begründet die Beklagte damit, § 157 Abs 3a AFG erfasse lediglich inländische Krankenversicherungssysteme. Entgegen der Auffassung des SG sei maßgeblich für die Einfügung der Ausnahmevorschrift des § 157 Abs 3a Satz 2 AFG der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität gewesen. Insbesondere habe hierdurch eine Verbesserung der Rückgriffsmöglichkeiten der Beklagten geschaffen werden sollen, indem die Erstattungspflicht in diesen Fällen der stets leistungsfähigen Krankenkasse, welche die Pflichtversicherungsbeiträge erhalten hat, ohne hierfür Leistungen zu erbringen, auferlegt worden sei. Für die territoriale Begrenzung der Vorschrift des § 157 Abs 3a AFG spreche Satz 4 dieser Regelung.

7

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts O vom 18. November 1997 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Der Kläger tritt der angefochtenen Entscheidung bei.

9

Die mit Senatsbeschluss vom 8. Juni 1998 Beigeladene stellt keinen Antrag, teilt aber die Rechtsauffassung der Beklagten.

10

Neben den Gerichtsakten beider Rechtszüge haben die den Kläger betreffenden Leistungsakten (StammNr: ) vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die kraft Zulassung durch das SG gemäß § 144 Abs l Nr l Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist nicht begründet.

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Gemäß § 157 Abs 3a AFG hat der Versicherte der Beklagten die Beiträge zu erstatten, soweit die Entscheidung, die zu einem Bezug von Alg, Arbeitslosenhilfe oder Unterhaltsgeld geführt hat, rückwirkend aufgehoben und die Leistung zurückgefordert worden ist. Diese Voraussetzungen liegen vor, weil der Rückforderungsbescheid vom 18. November 1996 bestandskräftig ist, soweit die Beklagte den Kläger auf Erstattung zu Unrecht bezogenen Alg in Anspruch genommen hat. Der Kläger hat sich gegen die Rückerstattung des Alg nicht gewandt, sondern lediglich im Hinblick auf die Zahlungsabwicklung sich gegen seine Heranziehung zur Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen zur Wehr gesetzt.

13

§ 157 Abs 3a Satz 1 AFG knüpft mit der Erstattungspflicht an Beiträge im Sinne des § 157 Abs l AFG an. Es handelt sich mithin um Beiträge für die nach § 155 AFG Versicherten, welche Alg, Arbeitslosenhilfe oder Unterhaltsgeld beziehen. Insoweit besteht eine Versicherung für den Fall der Krankheit. Danach sind arbeitslose Leistungsempfänger als Pflichtversicherte in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen, §§ 155 Abs 2 Satz 1 AFG, 5 Abs l Nr 2 SGB V. Die Mitgliedschaft beginnt mit dem Tag, von dem an Alg bezogen wird. Sie endet mit Ablauf des letzten Tages des Leistungsbezuges, § 155 Abs 3 Satz 2 HalbSatz 1 AFG. Die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beigeladenen auf Grund dieses Sachverhalts dauerte mithin zunächst vom 1. März 1995 bis zum 14. August 1995 und galt auch für den 24. August 1996.

14

Nach dem Gesetzeswortlaut ist entscheidend, ob die Leistung bezogen wird, das heißt, es kommt darauf an, ob der Arbeitslose die Leistung tatsächlich erhält. Denn ein Arbeitsloser im Leistungsbezug kann auf jeden Fall auf bestehenden Versicherungsschutz vertrauen (BSG SozR 4100 § 159 Nr 5). Die Versicherung nach § 155 AFG entsteht auch, wenn der Arbeitslose Alg zu Unrecht erhält (BSG SozR 1100 § 159 Nr 5; SozR 3-4100 § 155 Nr l und § 157 Nr 1). Eine Rückabwicklung des Versicherungsverhältnisses findet in diesen Fällen nicht statt. Selbst eine AFG-Leistung, die zurückgefordert und zurückgezahlt wird, bleibt ausreichende Grundlage zur Krankenversicherung nach § 155, wie sich aus Abs 2 Satz 3 ergibt (BSG SozR 3-2400 § 26 Nr 6). Wird ohne Anzeige neben dem dann nicht rechtmäßigen Leistungsbezug eine Beschäftigung aufgenommen, bestehen zwei Versicherungsverhältnisse, die beitragsrechtlich getrennt zu behandeln sind. Rechtsfolge des Leistungsbezuges oder - anspruchs ist die Begründung einer Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung, die nach den Vorschriften des SGB V durchgeführt wird. Die Rechtsfolge tritt ein, wenn vorher eine Krankenversicherung nicht bestanden hat. Ein Antrag des Arbeitslosen ist nicht erforderlich. Die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung entsteht für Arbeitslose kraft Gesetzes, sie beruht nicht auf einer Entscheidung der Beklagten (Niesel/Düe, AFG, 2. Aufl, § 155 Rdnr 12). Eine Befreiungsmöglichkeit etwa nach § 8 SGB V ist nicht vorgesehen.

15

Nach § 157 Abs 3a Satz 2 AFG begründet ein während des Leistungsbezugs aktuell bestehendes weiteres Krankenversicherungsverhältnis die Erstattungspflicht derjenigen Krankenkasse, die die Krankenversicherung nach den §§ 155 - 161 AFG durchführt und führt zum Ausschluss der Erstattungspflicht des Leistungsempfängers. So liegen die Dinge hier, da der Kläger in den hier streitigen Zeitabschnitten neben der durch den Leistungsbezug durch die Beklagte begründeten Krankenversicherung einer weiteren Krankenversicherung im National Health System unterlag. Nach den unwidersprochen gebliebenen Erklärungen des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat handelt es sich dabei um ein beitragsfinanziertes gesetzliches Krankenversicherungssystem, dessen monatliche Beitragsanteile durch den Arbeitgeber vom Arbeitslohn einbehalten und an die Versicherung abgeführt werden. Die Versicherung gegen Krankheit erfolgt mithin in einem der gesetzlichen Krankenversicherung im Sinne des SGB V vergleichbaren System.

16

§ 157 Abs 3a Satz 2 AFG stellt eine Reaktion des Gesetzgebers dar auf die zuvor ergangene Rechtsprechung des BSG (BT-Drucksache 12/3211 S 28 zu Nr 45), die eine Rückzahlung der von der Beklagten während eines unrechtmäßigen Leistungsbezugs gezahlten Beiträge zur Krankenversicherung durch den Leistungsempfänger nicht nur ausschloss, wenn neben die Krankenversicherung wegen Leistungsbezugs eine solche wegen Aufnahme einer Beschäftigung getreten war (BSG SozR 3-4100 § 157 Nr 1), sondern auch im Falle des Betruges (BSG SozR 3-4100 § 155 Nr 2; BSG SozR 3-4100 § 157 Nr 2).

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Krankenversicherungsverhältnis im Sinne des § 157 Abs 3a Satz 2 AFG ist grundsätzlich ein Pflicht- oder freiwilliges Krankenversicherungsverhältnis zu Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung im Geltungsbereich des AFG, vgl §§ 5, 9 SGB V.

18

Der Gesetzgeber hatte bei Schaffung der Regelung des § 157 Abs 3a Satz 2 AFG die Fallgestaltungen im Blick, bei denen aus einem Nebeneinander von Leistungsbezug und einem anderen zur Krankenversicherung führenden Sachverhalt, zB einem Beschäftigungsverhältnis eine zweifache Versicherung begründet wird und Beitragspflicht aus jedem dieser Tatbestände erwächst (vgl BSG SozR 3-4100 § 157 Nr 2 mN). Die Situation der Leistungsempfänger ist in der vorliegenden Konstellation dadurch gekennzeichnet, dass ihr Krankenversicherungsschutz in der Regel bereits durch eigene Beitragsleistung begründet worden ist, sodass es unbillig wäre, sie zusätzlich mit dem Ersatzanspruch für die von der Beklagten geleisteten Beiträge zur Krankenversicherung zu belasten.

19

Die Entscheidung des SG, dass eine Beschränkung der Regelung des § 157 Abs 3a Satz 2 AFG auf im Geltungsbereich des SGB V bestehende Krankenversicherungsverhältnisse nicht gerechtfertigt ist, ist zutreffend jedenfalls dann, wenn das umstrittene "weitere" Krankenversicherungsverhältnis wie hier im Geltungsbereich der Regelungen des Vertrages über die Europäische Union vom 7. Februar 1992 (BGBl. II, 1253) in der Fassung des Beitrittsvertrages vom 24. Juni 1994 (BGBl. 11, 2022) in Verbindung mit dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vom 25. März 1957 in der Fassung des Beitrittsvertrages vom 24. Juni 1994 angesiedelt ist.

20

Der Wortlaut des § 157 Abs 3a AFG -selbst enthält schon keine Beschränkung auf Versicherungsverhältnisse im räumlichen Geltungsbereich des AFG.

21

Die Vorschrift ist bei einem durch den Grenzübertritt des Klägers mit Aufnahme einer in Großbritannien Versicherungspflichtigen Tätigkeit bestehenden gemeinschaftsrechtlichen Bezug (vgl dazu EUGH SozR 3-6030 Art 48 Nr 12) unter Berücksichtigung der Ziele der Art 48 ff EWGVtr auszulegen, um soweit wie möglich zu verhindern, dass ihre Auslegung geeignet ist, einen Wanderarbeitnehmer davon abzuhalten, von seinem Recht auf Freizügigkeit aus Art 48 EWGVtr tatsächlich Gebrauch zu machen. Dies wäre jedoch der Fall, folgte man der Auffassung der Beklagten und der Beigeladenen. Denn der Umstand, dass zwei gleichzeitig bestehende Krankenversicherungsverhältnisse im Geltungsbereich des SGB V und des (hier noch: ) AFG den Kläger von der Erstattungspflicht nach § 157 Abs 3a Satz 2 AFG befreit hätten, diese Vergünstigung aber entfallen soll, wenn die vom Kläger selbst beitragsfinanzierte Krankenversicherung im europäischen Ausland - Geltungsbereich der Europäischen Union - durchgeführt ist, kann ein Hindernis darstellen, sich im europäischen Ausland um eine Arbeitsstelle zu bewerben. Art 48 EWGVtr ist zwar hier nicht unmittelbar anzuwenden, weil der Kläger von seinem Recht auf Freizügigkeit tatsächlich Gebrauch gemacht hat. Indes kann nicht unmittelbar anwendbares europäisches Recht zur europarechtskonformen Auslegung nationalen Rechts herangezogen werden (EUGH Fall Haaga, S lg 1974, 1201). Überdies stellt die durch Art 48 EWGVtr garantierte Freizügigkeit der Arbeitnehmer im System der Gemeinschaften eine grundlegende Freiheit dar, die mit dem umfassenden Verbot der Diskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen verbunden ist (EuGH C - 415/93 B; Slg 1995 I - 5040 ff). Daraus folgt, dass die tatsächliche Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit nicht mit Nachteilen verbunden sein darf, die nicht entstanden wären, hätte der Arbeitnehmer dieses Recht nicht für sich in Anspruch genommen.

22

§ 157 Abs 3a Satz 3 AFG steht hier nicht entgegen, denn der Kläger hat nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat in den hier streitigen Zeitabschnitten von der Beigeladenen Leistungen aus der Krankenversicherung nicht in Anspruch genommen. Die Beigeladene selbst hat die Inanspruchnahme anmeldepflichtiger Leistungsbezüge wie Krankengeld, Kur- oder Krankenhausaufenthalte durch den Kläger im Schriftsatz vom 7. Oktober 1998 verneint und mitgeteilt, über die Versichertenkarte abgerechnete Leistungen seien nicht mehr feststellbar. Die Voraussetzungen der ihr günstigen Norm des § 157 Abs 3a Satz 3 AFG hat sie mithin nicht dargelegt. Für die entgegenstehende Auffassung der Beklagten und der Beigeladenen spricht auch nicht die Vorschrift des § 157 Abs 3a Satz 4 AFG, wonach die Bundesanstalt und die Spitzenverbände der Krankenkassen (§ 213 SGB V) das Nähere über die Erstattung der Beiträge nach den Sätzen 2 und 3 durch Vereinbarung regeln können. Denn es handelt sich lediglich um eine Ermächtigung zu verfahrensrechtlicher Regelung, die einen nicht im räumlichen Geltungsbereich des AFG angesiedelten Träger der Krankenversicherung zwangsläufig nicht erfassen kann. Darauf beschränkt sich indes der Regelungsgehalt der Norm.

23

Für den Beitrag zur Pflegeversicherung für den 24. August 1996 gilt nichts anderes. Einmal verweist § 166e AFG auf § 157 Abs 3a AFG. Im Übrigen stellen Leistungen aus der Pflegeversicherung solche dar, auf die - europarechtlich aus der VOEWG 1407/71 - die Vorschriften über Leistungen bei Krankheit anzuwenden sind (EUGH vom 5. März 1998 - Fall M; NZS 1998, 240 m Anm Gassner NZS 1998, 313).

24

Die Beklagte kann mithin den Kläger nicht auf Rückzahlung der rechnerisch zutreffend ermittelten (vgl Bl 73 der Beklagtenakten) Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Anspruch nehmen.

25

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.