Amtsgericht Syke
Urt. v. 27.09.2004, Az.: 24 C 988/04
Gefahrübergang bei einem Versendungskauf
Bibliographie
- Gericht
- AG Syke
- Datum
- 27.09.2004
- Aktenzeichen
- 24 C 988/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 32940
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGSYKE:2004:0927.24C988.04.0A
Rechtsgrundlagen
- § 313a Abs. 1 ZPO
- § 474 Abs. 2 BGB
- § 447 BGB
- § 433 Abs. 1 BGB
- § 119 Abs. 1 BGB
- § 155 BGB
- § 119 Abs. 1 BGB
- § 756 Abs. 1 ZPO
- § 256 ZPO
Fundstelle
- MMR 2004, 825-826 (Volltext mit red. LS)
Das Amtsgericht Syke hat
im Wege schriftlichen Verfahrens am 27.09.2004
durch
den Richter am Amtsgericht ...
für Rechterkannt:
Tenor:
- 1.)
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger
- a)
das Eigentum an einem Drucker ...,
- b)
20 Druckerpatronen für den ... jeweils 4 Patronen mit der Bezeichnung 3eBK, schwarz; 6 BK, schwarz; 6C, cyan; 6M, magenta; 6Y, gelb
- c)
1 passendes USB-Kabel für den Drucker ...,
jeweils neu und originalverpackt, zu übergeben und zu übereignen.
- 2.)
Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich im Verzug befindet.
- 3.)
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- 4.)
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.
I.
Die Klage ist zulässig; insbesondere ist das Amtsgericht Syke örtlich zuständig. Bei dem in Rede stehenden Rechtsgeschäft handelt es sich um einen Verbrauchsgüterkauf im Sinne des § 474 BGB (der Kläger ist Verbraucher, die Beklagte Unternehmerin). Mithin findet § 447 BGB keine Anwendung (§ 474 Abs. 2 BGB). Daher bleibt es für den Gefahrübergang auch im Falle des - hier vorliegenden - Versendungskaufes bei der Bestimmung des § 446 BGB mit der Rechtsfolge, dass Erfüllungs- und Leistungsort der Wohnsitz des Klägers und folglich das Amtsgericht Syke örtlich zuständig ist (§§ 13, 29 Abs. 1 ZPO).
II.
Die Klage ist auch begründet; Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 433 Abs. 1 BGB.
Die Beklagte hat, in der Headline ihres eBay-Angebotes, die in Rede stehenden Artikel .zum Gesamtpreis von 1,00 EUR angeboten; die Headline ist keineswegs "missverständlich", wie die Beklagte meint. An diesem Angebot muss sie sich festhalten lassen. Denn bei dem eBay-Portal handelt es sich, worauf auch der Kläger zu Recht hinweist, um einen Markt, der in besonderem Maße auf die Entschlossenheit und Schnelligkeit des potenziellen Käufers setzt. Das gilt vor allem dann, wenn sich eine Offerte erkennbar als Trouvaille (sog. Schnäppchen) erweist, bei dem die Gefahr, zu spät zu kommen und also vom Leben bestraft zu werden, besonders groß und evident ist. Der Kläger muss sich daher nicht darauf verweisen lassen, dass am Angebotsende und damit erst einen oder gar mehrere Mausklicke später die Artikelbeschreibung anders ausfiel als auf der ersten Seite. Dies folgt zwanglos bereits aus dem Umstand, dass schon eingangs des Angebotes der "Sofort kaufen"-Button erscheint und somit dem ganz besonders schnell Entschlossenen einen - oft entscheidenden - Vorteil gegenüber jenem einräumt, der sich erst bis ans Ende des Angebotes durchklickt und dort erst den zweiten Button aktiviert. Die optische und inhaltliche Gestaltung der Offerte insgesamt legt daher, auch und gerade in Ansehung der Rechtsverteidigung der Beklagten, den Gedanken nahe, dass man bei der Angebotsgestaltung auf die dargestellten Spezifika des eBay-Geschäftes setzte, um den "schlauen", weil schnellentschlossenen Nutzer mit Hilfe einer - vorsichtig formuliert - missverständlichen Auszeichnung des Kaufpreises zu fangen, um ihn dann erst im weiteren, und also mit der für den "dummen" Nutzer erkennbaren so genannten Richtigstellung des Angebotes im Nachhinein zu düpieren. Welchen anderen Sinn die zweifach eingeräumte Möglichkeit des Sofortkaufes machen soll, erschließt sich dem Gericht jedenfalls nicht.
Die Ansicht der Beklagten, es liege ein versteckter Einigungsmangel vor, geht fehl. Denn die beiderseitigen Erklärungen (Angebot und Annahme) stimmen, in ihrem - maßgeblichen - objektiven Erklärungsinhalt, überein. Damit ist § 155 BGB unanwendbar.
Schließlich ist der Vertrag auch nicht, infolge Irrtumsanfechtung seitens der Beklagten (§ 119 Abs. 1 BGB), nichtig. Das für die behauptete Rechtshandlung angeführte Schreiben gibt dafür nichts her. Ihm ist zwar zu entnehmen, dass die Beklagte nicht gewillt war, die Ware für 1,00 EUR auszuliefern, vielmehr jetzt den höheren "Zweitpreis" verlangte. Hierin ist aber eine Anfechtungserklärung nicht zu sehen, zumal es unter anderem weiter heißt: "Sie haben natürlich die Möglichkeit, vom Kauf zurückzutreten, wenn Sie nicht mit dem Preis einverstanden sind." Die Beklagte ging also selbst davon aus, dass der Vertrag erst infolge einer - künftigen - Rechtshandlung des Klägers aufgelöst werden konnte. Dieser wiederum hat, wie sich zeigte, davon aber gerade keinen Gebrauch gemacht.
Nach allem war auch antragsgemäß festzustellen, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug befindet (§§ 756 Abs. 1 i.V.m. 256 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.