Amtsgericht Syke
Urt. v. 19.02.2003, Az.: 9 C 1683/02
Verfall eines Gutscheins für eine Heißluftballonfahrt; Qualifiziertes oder hinkendes Inhaberpapier; Individuell abgeschlossene Haftpflichtversicherung; Verfall der Einlösungsfrist
Bibliographie
- Gericht
- AG Syke
- Datum
- 19.02.2003
- Aktenzeichen
- 9 C 1683/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 30433
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGSYKE:2003:0219.9C1683.02.0A
Rechtsgrundlagen
- § 801 Abs. 3 BGB
- § 808 BGB
- § 796 BGB
- § 50 LuftVG
Fundstelle
- NJW 2003, 1054-1055 (Volltext mit amtl. LS)
Redaktioneller Leitsatz
Ein Gutschein in Form eines namentlich ausgestellten Flugtickets für eine Heißluftballonfahrt stellt ein qualifiziertes Inhaberpapier gem. § 808 BGB dar, bei dem sich der Luftfrachtführer auf den Verfall einer ausgewiesenen einjährigen Einlösungsfrist berufen kann.
Das Amtsgericht Syke hat
auf die mündliche Verhandlung vom 06.02.2003
durch
den Direktor des Amtsgerichts ...
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.)
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.)
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- 3.)
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.
Die Klage ist unbegründet.
Der Kläger kann aus dem "Gutschein für die Fahrt mit einem Heißluftballon" der Beklagten keine Rechte mehr herleiten.
Bei dem Gutschein und dem damit verbundenen Flugticket handelt es sich um ein qualifiziertes oder hinkendes Inhaberpapier gemäß § 808 BGB, das zwar ein Leistungsversprechen enthält, sich aber von einem normalen Inhaberpapier dadurch unterscheidet, dass der Berechtigte individualisiert ist und dass der Aussteller nicht schon auf Grund der Vorlage der Urkunde zur Leistung an den Inhaber verpflichtet, sondern hierzu nur berechtigt ist.
Dass eine Übertragung dieses Gutscheines als Inhaberpapier nach sachenrechtlichen Grundsätzen nicht möglich ist, ergibt sich schon aus der gesetzlichen Verpflichtung der Beklagten, für den Kläger individuell eine Haftpflichtversicherung für seine vorgesehene Ballonfahrt abzuschließen. Ein derartiger Gutschein ist deshalb - ähnlich wie bei einem Flugticket - nur mit Zustimmung der Beklagten übertragbar.
Damit kann sich die Beklagte auf den Verfall der Einlösungsfrist des Gutscheins gemäß § 796 BGB berufen, wobei unter Hinweis auf § 801 Abs. 3 BGB nicht zu beanstanden ist, dass die in dem Gutschein ausgewiesene Frist nur ein Jahr beträgt. Diese Frist ist weder unangemessen noch treuwidrig. Sie steht im Einklang mit der gesetzlichen Verpflichtung der Beklagten, für den Kläger für ein Jahr eine Haftpflichtversicherung abzuschließen und die entsprechende Versicherungsprämie zu zahlen.
Die Versäumung der Vorlagefrist durch den Kläger führt zum Wegfall des Anspruchs auf eine Ballonfahrt mit der Beklagten, damit zum Untergang dieses Anspruchs und zum Erlöschen des verbrieften Rechts. Eine Hemmung und Unterbrechung der Vorlagefrist wie bei der Verjährung findet nicht statt (Erman-Heckelmann, BGB, 10. Auflage, § 801, Rd.-Nr. 3).
Bereicherungsrechtliche Ansprüche scheiden schon deshalb aus, weil der Kläger den Gutschein von seinem Sohn als Geschenk zur Verrechnung des Flugpreises für eine Fahrt mit dem Heißluftballon mit der Beklagten erhalten hat. Dafür war er gedacht, nicht aber um
sich den Flugpreis - unabhängig aus welchen Gründen - erstatten zu lassen. Der Sohn des Klägers wollte seinem Vater gerade keinen Geldbetrag als Geschenk zuwenden. Der Kläger ist damit nicht entreichert (vergl. auch AG Nordheim, NJW-RR 1989, 54).
Ob der Kläger darüber hinaus seinen Anspruch auf eine Fahrt mit dem Heißluftballon wegen Annahmeverzuges ohnehin verwirkt hätte, kommt es damit nicht mehr an.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.