Amtsgericht Oldenburg (Oldenburg)
Urt. v. 25.02.2020, Az.: 1 Ca 319/19 Ö

Befristung; Beteiligung; Lehrkraft für besondere Aufgaben; Personalrat

Bibliographie

Gericht
AG Oldenburg (Oldenburg)
Datum
25.02.2020
Aktenzeichen
1 Ca 319/19 Ö
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 71594
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Bei einem befristeten Arbeitsverhältnis ist bei nicht ordnungsgemäßer Beteiligung des Personalrates gemäß §§ 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG die Befristung unwirksam.

Tenor:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristungsvereinbarung vom 21.09.2016 beendet ist.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt das beklagte Land.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 6.439,77 € festgesetzt.

4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Befristung.

Die am 00.00.1971 geborene Klägerin ist seit dem 19.10.2015 bei dem beklagten Land an der Universität V. als Lehrkraft für besondere Aufgaben i. S. d. § 32 Niedersächsisches Hochschulgesetz (NHG) beschäftigt. Sie lehrte dort im Fach Philosophie. Ihrer Tätigkeit lag zunächst eine sachgrundlose Befristung gem. Arbeitsvertrag vom 14.10.2015 (Bl. 60 ff. d.A.) für den Zeitraum vom 19.10.2016 bis zum 30.09.2016 zugrunde. Danach schlossen die Parteien einen neuen befristeten Arbeitsvertrag unter dem 21.09.2016 (Bl. 18 ff. d.A.), der eine Sachgrundbefristung für den Zeitraum vom 01.10.2016 bis zum 30.09.2019 vorsah. Als Befristungsgrund hat das beklagte Land die gesetzliche Regelung des § 14 Abs. 1 Nr. 1 Teilzeitbefristungsgesetz angegeben.

In der Zeit vom 01.10.2016 bis zum 30.09.2017 arbeitete die Klägerin in Teilzeit mit 75 % einer Vollzeitstelle, ab dem 01.10.2017 arbeitete sie in Teilzeit mit 50 % einer Vollzeitstelle. Die Klägerin erzielte zuletzt eine monatliche durchschnittliche Bruttovergütung von 2.146,59 Euro. Sie ist in die Entgeltgruppe 13 des TV-L eingruppiert.

Im Rahmen ihrer Tätigkeit lehrte die Klägerin neben kulturwissenschaftlichen Veranstaltungen insbesondere auch die sozialwissenschaftlichen Veranstaltungen der Module SW 4 Einführung in die Philosophie und SW 5.3 Grundlagen und Perspektiven der praktischen Philosophie. Zum Ende der Vertragslaufzeit teilte das beklagte Land der Klägerin mit, dass eine Verlängerung ihres Arbeitsverhältnisses nicht beabsichtigt sei.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die mit Arbeitsvertrag vom 21.09.2016 vereinbarte Befristung mangels Vorliegen eines hinreichenden Befristungsgrundes gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG unwirksam sei. Ein lediglich vorübergehender betrieblicher Bedarf für die Tätigkeit der Klägerin habe das beklagte Land nicht hinreichend dargetan. Vielmehr seien der Klägerin Daueraufgaben der Lehre in einem bestimmten wissenschaftlichen Bereich übertragen worden, die von dem beschäftigten Stammpersonal an der Universität in V. mangels ausreichender Personalausstattung nicht erledigt werden konnten.

Überdies sei zu beachten, dass die Klägerin nur in geringem Umfange tatsächlich im Bereich der Sozialwissenschaften in den Modulen SW 4.1 und SW 5.3 tätig gewesen sei. Innerhalb ihrer drei Beschäftigungsjahre bei dem beklagten Land habe sie lediglich drei dieser Module gelehrt, wobei jede Lehrveranstaltung lediglich einen Umfang von zwei Wochenstunden gehabt habe. Berücksichtige man weiter, dass die Klägerin zuletzt zumindest einen Lehrumfang von 50% einer Vollzeitstelle innehatte, entspreche dies einer Lehrverpflichtung für neun Lehrveranstaltungen mit den 18 Semesterwochenstunden im Jahr. Diese seien durch die von dem beklagten Land angeführten Tätigkeit der Klägerin im Bereich der Sozialwissenschaften nicht abgedeckt. Hierdurch werde verdeutlicht, dass die Klägerin auch umfangreich in anderen Fachbereichen einer Lehrtätigkeit nachgegangen ist.

Ferner bestreitet die Klägerin die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrates bei der streitgegenständlichen Befristung gem. § 65 Abs. 2 Nr. 4 des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes.

Sie beantragt,

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristungsvereinbarung vom 21.09.2016 nicht beendet wird.

Das beklagte Land beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es ist der Auffassung, dass die Sachgrundbefristung der Klägerin mit Arbeitsvertrag vom 21.09.2016 gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG wegen des nur vorübergehenden betrieblichen Bedarfs an der Arbeitskraft sachlich gerechtfertigt sei. Dabei stützt es sich insbesondere darauf, das zum Wintersemester 2016 / 2017 das Studienfach Philosophie aus der Verankerung der Sozialwissenschaften herausgelöst und Bestandteil des Studienfaches Kulturwissenschaften geworden sei. Diese Veränderung habe zur Folge gehabt, dass die bisher im Bereich der Sozialwissenschaften gelehrten Module SW 4 und SW 5 nicht mehr Inhalte des Studienfaches Philosophie enthielten, sondern durch die Module SW 4 Statistik der Sozialwissenschaften sowie SW 5 Entwicklung in der Weltgesellschaft ersetzt worden sind. Da trotz dieser Änderung noch eine Betreuung der Studierenden, die bis einschließlich Wintersemester 2015 / 2016 im Studienfach Sozialwissenschaften ihr Studium begonnen hatten, sichergestellt werden musste, seien übergangsweise die alten SW-Module parallel angeboten worden. Hierin sei der nur vorübergehende Beschäftigungsbedarf der Klägerin begründet.

Wegen der von der Klägerin angegriffenen ordnungsgemäßen Beteiligung des Personalrates bei der streitgegenständlichen Befristungsvereinbarung legt das beklagte Land die Zustimmungserteilung des Personalrates vom 15. September 2016 (Bl. 45 d.A.) vor und erklärt, weitere Unterlagen zur Durchführung einer Beteiligung des Personalrates seien bei ihm nicht vorhanden.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Inhalte der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle der Güteverhandlung vom 18.09.2019 und der Kammerverhandlung vom 14.01.2020 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht aufgrund der im Arbeitsvertrag vom 21.09.2016 vereinbarten kalendermäßigen Befristung zum 30.09.2019 geendet.

Unabhängig von der Frage des Vorliegens eines hinreichenden sachlichen Grundes gem. § 14 Abs. 1 S. 1 TzBfG, woran bereits deshalb erhebliche Zweifel bestehen, da das beklagte Land mit dem angeführten Sachgrund lediglich einen Teil des der Klägerin zugewiesenen Arbeitszeitvolumens begründet und den darüber hinausschießenden Teil ihrer Tätigkeit nicht durch einen Sachgrund rechtfertigt (vgl. hierzu LAG Hamm, Urt. v. 06.07.2017 – 17 Sa 172/17, Rz. 78 f., juris), ist die streitgegenständliche Befristung zumindest wegen des fehlenden Nachweises einer ordnungsgemäßen Beteiligung des Personalrates gem. § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG unwirksam.

1.

Nach § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG hat der Personalrat bei der Befristung eines Arbeitsvertrages im Anschluss an ein zuvor befristetes Arbeitsverhältnis mitzubestimmen. Dies umfasst insbesondere auch die hinreichende Unterrichtung des Personalrates über die beabsichtigte Anschlussbefristung. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urt. v. 10.03.2004 – 7 AZR 397/03, Rz. 29; Urt. v. 18.07.2012 – 7 AZR 443/09, Rz. 51, juris) genügt der Arbeitgeber diese Unterrichtungspflicht nur, wenn für den Personalrat der Sachgrund für die Befristung seiner Art nach hinreichend deutlich wird. Dabei erfordert der Schutzzweck des Mitbestimmungsrechts zwar keine weitergehende unaufgeforderte Begründung des Sachgrundes durch den Arbeitgeber, er ist jedoch zumindest durch seine typologisierende Bezeichnung gegenüber dem Personalrat anzugeben, damit gewährleistet ist, dass der Arbeitgeber den Sachgrund in einer etwaigen Auseinandersetzung mit dem Arbeitnehmer nicht austauschen kann.

2.

Gemessen an diesen Grundsätzen hat das insoweit darlegungsbelastete beklagte Land nicht hinreichend dargetan, dass der bei ihr bestehende Personalrat ausreichend i. S. d. § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG bei der erneuten Befristung der Klägerin beteiligt wurde. Es hat leidglich die Zustimmungserteilung des Personalrates vom 15. September 2016 (Bl. 45 d.A.) vorgelegt und zugleich erklärt, weitere Unterlagen zur Durchführung einer Beteiligung des Personalrates seien bei ihm nicht vorhanden. Mangels Vorliegens eines schriftlichen Nachweises der ordnungsgemäßen Beteiligung des Personalrates und der fehlenden Darlegung des beklagten Landes hierzu – trotz der gerichtlichen Schriftsatzauflage im Gütetermin, im Einzelnen zur Anhörung des Personalrates vorzutragen, – ist das beklagte Land seiner Darlegungslast nicht hinreichend nachgekommen. Insbesondere kann ohne konkreten Vortrag zur Beteiligung des Personalrates nicht davon ausgegangen werden, dass die Mindestanforderungen nach der Rechtsprechung, wie etwa die Mitteilung des zugrundeliegenden Befristungsgrundes bei der Beteiligung des Personalrates eingehalten wurden.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO. Hiernach trägt das beklagte Land als unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits.

Der Wert des Streitgegenstandes ist gem. § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen und beläuft sich auf ein Quartalverdienst gem. § 42 Abs. 2 GKG.

Die Berufung war nicht gesondert zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 64 Abs. 3 ArbGG nicht erfüllt sind.