Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.02.2016, Az.: 2 K 11398/14
Erfassung von Zahlungen aus Argentinien-Anleihen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 17.02.2016
- Aktenzeichen
- 2 K 11398/14
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2016, 17977
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2016:0217.2K11398.14.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 28.05.2019 - AZ: VIII R 7/16
Rechtsgrundlagen
- § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG
- § 32d Abs. 1 EStG
Fundstellen
- DStR 2016, 8
- DStRE 2016, 1418-1421
- EFG 2016, 1347-1349
- ErbStB 2016, 305
Amtlicher Leitsatz
Unter dem Geltungsbereich der Abgeltungssteuer sind bei den an das Bruttoinlandsprodukt gebundenen sog. Argentinienanleihen lediglich die Erträge der Abgeltungssteuer zu unterwerfen, die auf Anleihen entfallen, die ab dem 15. März 2007 erworben wurden.
Tatbestand
Streitig ist die Erfassung von Zahlungen aus Argentinien-Anleihen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen des Klägers. Aufgrund der mündlichen Verhandlung ist nur noch streitig, ob die Erträge aus den BIP-gebundenen Wertpapieren im vollen Umfang der Abgeltungssteuer unterliegen.
Der Kläger verwahrte in seinem Depot bei der Bank neben Aktien so genannte Argentinien-Anleihen. Zum 31. Dezember 2011 hatte er Argentinien-Anleihen DL-Bonds 2005 (24-33) Disc mit Fälligkeit 31. Dezember 2033 (sog. Discounts) mit einem Nennbetrag von 1,32 Mio. USD. Weiterhin hatte er Argentinien-Bonds mit der Kennung DL-FLR Bonds 2005 (35) IO GDP (so genannte BIP-gebundene Wertpapiere, BIPs) mit einem Nennwert von 3 Mio. USD.
Zum 31. Dezember 2005 betrug der Nennbetrag an Discount-Wertpapieren 704 TUSD, der an BIP-gebundenen Anleihen 2.089 TUSD. Diese Papiere resultierten aus dem Umtausch. Zum 31. Dezember 2006 betrug der Nennbetrag der Discount-Anleihen 826.087 USD, der der BIP-gebundenen Anleihen 2.451 TUSD. Es wurden somit 2006 BIPs mit einem Nennwert von 361 TUSD erworben. Am 5. Januar 2009 wurden BIP-Anleihen mit Nennbetrag von 548 TUSD erworben.
Die Bank hat Kapitalerträge in Höhe von 133 T€ für das Kalenderjahr 2011 in der Steuerbescheinigung ausgewiesen. Aus der Zinsgutschrift vom 5. Dezember 2011 (Bl. 168 Einkommensteuerakte) ergibt sich eine Ausschüttung für die BIP-gebundenen Wertpapiere in Höhe von 131 TUSD, das sind 101 T€. Für die Discounts wurden im Juni 2011 Erträge i.H.v. 45 TUSD, d.h. 31 T€ ausgeschüttet. Dies ergibt zugeflossene Erträge aus den Argentinien-Anleihen im Jahr 2011 in Höhe von 132 T€. Der Beklagte hat die bescheinigten Erträge in Höhe von 133 T€ bei der Veranlagung nach § 32 d Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) erfasst und die bescheinigten Steuern angerechnet.
Aus dem Verkaufsprospekt vom 28. Dezember 2004 der Argentinischen Republik zum öffentlichen Umtauschangebot der Argentinien-Anleihen ergibt sich, dass die früheren Argentinien-Anleihen (festverzinsliche Wertpapiere) in vier verschiedene Wertpapiere umgewandelt wurden. Es handelt sich um so genannte Par-Schuldverschreibungen (Pars) mit einer Laufzeit bis zum 31. Dezember 2038 in USD, Discount-Schuldverschreibungen (Discounts) mit einer Laufzeit bis zum 31. Dezember 2033 ebenfalls in USD, Quasi Par-Schuldverschreibungen (Quasi-Pars) mit einer Laufzeit bis zum 31. Dezember 2045 in Peso nach argentinischem Recht und an das Bruttoinlandsprodukt von Argentinien gebundene Wertpapiere (BIP-gebundene Wertpapiere, BIPs), die spätestens am 15. Dezember 2035 verfallen und nach dem Umtausch für 180 Tage an die jeweilige Serie von Pars, Discounts und Quasi-Pars gekoppelt waren.
Die Discounts sind wie folgt ausgestaltet:
Emittent: | Argentinien |
---|---|
Fälligkeit: | Laufzeit bis zum 31. Dezember 2033 |
Kapitalzahlungen: | In 20 gleichen halbjährlichen Teilzahlungen, jeweils am 30. Juni und 31. Dezember eines jeden Jahres, erstmalig am 30. Juni 2024. |
Laufende Zinsen: | Zinslauf vom 31. Dezember 2003 bis 31. Dezember 2033. Jährlicher Zinssatz bei USD 8,28 %. Vor dem 31. Dezember 2013 auflaufende Zinsen werden teilweise bar bezahlt und teilweise kapitalisiert. Das bedeutet, dass am entsprechenden Zahlungstag der Anteil der kapitalisierten Zinsen nicht in bar ausgezahlt wird, sondern dem Nennbetrag des Discounts des jeweiligen Anlegers hinzugerechnet wird und künftige Zinsberechnungen auf Grundlage dieses angepassten Nennbetrages erfolgen. |
Jährlicher Aufschlüsselungsbetrag für Zinsen: | 31. Dezember 2008 bis 31. Dezember 2013 bei USD, bar 5,77%, kapitalisiert 2,51%. |
Zahltag: | Am 30. Juni und 31. Dezember eines jeden Jahres. |
Der Nennbetrag der Discounts, die ein Anleger nach Abrechnung des Angebots erhält, beinhaltet den ursprünglichen Nennbetrag, auf den er einen Anspruch hat, zuzüglich dieser kapitalisierten Zinsen.
Für die BIP-gebundenen Wertpapiere gelten die folgenden allgemeinen Bestimmungen:
Emittent: | Argentinien |
---|---|
Fälligkeit: | Am 15. Dezember 2035 oder, falls früher, beim Erreichen der Zahlungsobergrenze. |
Bindung an andere Wertpapiere: | Diese gilt nur für die ersten 180 Tage, dann werden die BIP-gebundenen Wertpapiere von den zu Grunde liegenden Pars, Discounts und Quasi-Pars am 28. September 2005 getrennt und sind unabhängig von diesen handelbar. |
Nennbetrag: | Fiktiver Nennbetrag, der dem Betrag der umgetauschten Anleihen entspricht. |
Kapitalrückzahlung: | Nicht verbrieft. Während der Laufzeit oder bei Verfall Kapitalzahlung nur in beschriebenen Fällen. |
Laufende Zahlungen: | Zum 15. Dezember eines jeden Jahres, letztmals im Jahr 2034. Die Höhe ist abhängig von der Höhe des verfügbaren BIP-Überschusses für das entsprechende Referenzjahr multipliziert mit dem gesamten fiktiven Nennbetrag der BIP-Anleihen. |
Verfügbarer BIP-Überschuss = (0,05 x BIP-Überschuss) x Währungsquotient je Einheit. Währungsquotient bei USD 1/81,8 = 0,012225. BIP-Überschuss ist der Betrag, um den das tatsächliche reale BIP das Basis-BIP übersteigt. Das Basis-BIP ist in einer Tabelle dargestellt. Für 2011 beträgt es 349.720,39 Mio. Peso. Das tatsächliche reale BIP ist das argentinische Bruttoinlandsprodukt in konstanten Peso. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Seiten 102ff des Verkaufsprospekts (Bl. 11ff Einspruchsheftung) verwiesen. Es wurde eine Zahlungsobergrenze von 0,48 pro Währungseinheit vorgesehen. Wird diese Zahlungsobergrenze erreicht, verfällt das BIP-gebundene Papier vor dem Ende der festgelegten Laufzeit.
Zahlungsvoraussetzungen: | Zahlungen aus BIP-gebundene Wertpapiere sind von folgenden drei Voraussetzungen abhängig: |
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a) Das tatsächliche reale BIP übersteigt für das Referenzjahr das Basis-BIP, | |
b) das jährliche Wachstum des tatsächlichen realen BIP für das Referenzjahr ist größer als die für dieses Jahr angegebene Wachstumsrate des Basis-BIP und | |
c) die insgesamt auf ein BIP-gebundenes Wertpapier geleisteten Zahlungen übersteigen nicht die Zahlungsobergrenze für dieses BIP-gebundene Wertpapier. |
Der Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 vom Mai 2013 wurde mit Einspruchsbescheid vom Oktober 2014 als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.
Der Kläger macht geltend, dass die BIP-gebundenen Wertpapiere selbstständige Wirtschaftsgüter seien, die unabhängig von den Discount-Papieren zu beurteilen seien. Es lägen keine Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG und auch keine Zinsscheine im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG vor. Es handele sich um reine Spekulationspapiere, die lediglich die Vermögensebene berührten. Auf diese sei § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG nicht anwendbar. Aufgrund des zeitlichen Anwendungsbereichs seien nur Erträge aus den BIPs, die vor dem 15. März 2007 erworben worden seien, zu berücksichtigen.
Bei den Discounts und den BIPs handele es sich um zwei eigenständige Wirtschaftsgüter, die einkommensteuerlich unabhängig voneinander zu beurteilen seien. Wirtschaftsgut sei ein greifbarer Vermögenswert, der selbstständig bewertbar und verkehrsfähig sei, gegebenenfalls auch zusammen mit einem Betrieb. Aufgrund der genauen und getrennten Beschreibung dieser Wertpapiertypen in den Emissionsbedingungen lägen zwei getrennte Wirtschaftsgüter vor. Diese hätten auch einen eigenständigen Wert. Eine Einzelveräußerbarkeit sei zwar nicht erforderlich, liege jedoch vor, da die 180 Tage-Bindungsfrist abgelaufen sei.
Bei den BIPs handele es sich nicht um Erträge aus Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. (vor Abgeltungssteuer). Es mangele an einer Kapitalforderung, da eine Kapitalrückzahlung nicht zugesagt worden sei. Es bestehe weder ein Versprechen in den Emissionsbedingungen noch habe zum Emissionszeitpunkt festgestanden, dass eine (teilweise) Kapitalrückzahlung möglich sei.
§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. scheide auch aus, da zwar ein Entgelt für eine Kapitalüberlassung zugesagt bzw. gewährt worden sei, die Höhe jedoch von einem ungewissen Ereignis abhänge. In den Emissionsbedingungen fehle es an einer Zusage hinsichtlich einer Mindesthöhe der Verzinsung. Die o.g. Vorschrift sei jedoch nicht einschlägig, wenn nicht sicher sei, ob überhaupt Zahlungen erfolgten. Kapitalrückzahlungen würden weder gewährt werden noch seien solche zugesagt worden. Diese seien vielmehr aufgrund der Emissionsbedingungen ausgeschlossen. Es sei auch keine Entgeltszusage im Sinne dieser Vorschrift gegeben. Zahlungen seien von drei Bedingungen abhängig. Dies bedeute, dass das Entgelt sowohl dem Grunde wie auch der Höhe nach von der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts Argentiniens abhänge. Dieses stelle ein ungewisses Ereignis dar. Es sei unsicher, ob überhaupt Zahlungen erfolgten, da die Entgeltgewährungen abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung Argentiniens seien. Die Emissionsbedingungen enthielten keine Gewähr, dass es überhaupt zu Zahlungen komme. Soweit das Finanzministerium Schleswig-Holstein bzw. die Thüringische Landesfinanzdirektion in Verwaltungsanweisungen davon ausgingen, dass reine Ertragsscheine im Sinne des § 20 Abs. 2 Nr. 2 EStG bei den Argentinien-Anleihen vorlägen, sei es fraglich, ob sich die dortige Aussage auf die BIP-gebundenen Wertpapiere beziehe.
Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 EStG a.F. seien ebenfalls nicht erfüllt. Es fehle an einer Veräußerung im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG, da die Wertpapiere weiterhin gehalten würden.
Bei den BIP-gebundenen Wertpapieren handele es sich um so genannte Vollrisikozertifikate, die keine Termingeschäfte im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nummer 4 EStG a. F. darstellten. Es fehle an dem erforderlichen zeitlichen Auseinanderfallen von Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft, weil das Rechtsgeschäft über die verbrieften Titel sofort durch Lieferung erfüllt werde. Außerdem würden keine Aktien vertreten, so dass auch § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG a.F. nicht erfüllt sei. Die Jahresfrist sei zudem überschritten, da die letzten BIP-gebundenen Anleihen im Januar 2009 erworben worden seien.
Aufgrund der zeitlichen Übergangsregelungen finde zumindest in Höhe von 82 T€ die Altregelung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. und § 23 Abs. 1 EStG a.F. weiterhin Anwendung. Vor dem 15. März 2007 seien BIP-gebundene Wertpapiere mit einem Nennbetrag von 2.451 TUSD vorhanden gewesen. Für 3 Mio. USD habe es im Streitjahr einen Ertrag von 101 T€ gegeben. Dieser entfalle in Höhe von 82 T€ auf Wertpapiere, die vor dem 15. März 2007 erworben worden seien (101 T€ x 2.451 TUSD : 3 Mio. USD = 82 T€). Nach § 52 a Abs. 8 Satz 1 EStG in der Fassung des Unternehmenssteuerreformgesetzes 2008 gelte § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG für Kapitalerträge, die nach dem 31. Dezember 2008 zuflössen. Dies gelte jedoch nicht, wenn die Voraussetzungen des § 52 a Abs. 10 Satz 6 bis 8 EStG vorlägen. Danach sei § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG nach dem 31. Dezember 2008 für Kapitalerträge anzuwenden, wenn die Kapitalforderungen ab dem 15. März 2007 angeschafft worden seien. Für diese reinen Spekulationsprodukte bleibe § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. sowie § 23 Abs. 1 EStG a.F. anwendbar.
§ 52 a Abs. 8 Satz 1 EStG n.F. setze eine Veräußerung von Kapitalforderungen nicht voraus. Diese Vorschrift und § 52 a Abs. 10 Satz 8 EStG 2008. sprächen von "Kapitalerträgen". § 52 a Abs. 7 Satz 6 EStG n.F. verlange aber "Erträge aus der Veräußerung". Damit spreche die Gesetzessystematik für die Auslegung, dass § 52 a Abs. 8 Satz 1 laufende Erträge und Abs. 10 Satz 1 EStG n.F. Veräußerungserträge aus Kapitalforderungen erfassten. In den Gesetzesentwürfen der Bundesregierung vom 14. März 2007 (Bundestagsdrucksache 16/5377) und der Fraktionen CDU/CSU und SPD vom 27. März 2007 (Bundestagsdrucksache 16/4841) seien die zeitliche Anwendbarkeit der Alt- und Neuregelungen für laufende Erträge aus Kapitalforderungen einerseits und für Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalforderungen andererseits einheitlich geregelt gewesen. Die eigenständige Regelung des § 52 a Abs. 8 EStG sei durch Vorbehalt und Verweise auf § 52 a Abs. 10 Satz 6 - 8 EStG ersetzt worden. Aus der Gesetzesbegründung ergebe sich allerdings, dass diese Änderungen rein redaktioneller Art sein sollten.
Zentrales Anliegen der durch das Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 eingeführten Abgeltungssteuer sei die Gleichbehandlung aller Kapitaleinkünfte gewesen. Im Hinblick auf reine Spekulationsprodukte habe der Gesetzgeber dabei zum Ausdruck gebracht, dass solche Produkte auch weiterhin nicht der Besteuerung nach § 20 EStG n.F. unterliegen sollten, wenn sie vor dem 15. März 2007 angeschafft worden seien (Bundestagsdrucksache 16/5491, Seite 21f). Da die Gleichbehandlung aller Kapitaleinkünfte angestrebt worden sei, müsste dies für laufende Zahlungen als auch für Veräußerungsgewinne in Bezug auf reine Spekulationsprodukte gelten. Vor der Abgeltungssteuer hätten diese Arten von Erträgen allenfalls innerhalb der Jahresfrist des § 23 Abs. 1 EStG a.F. der Besteuerung unterlägen.
Bei den BIP-gebundenen Wertpapieren handele es sich auch nicht um Zinsscheine im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG. Die Vorschrift erfasse nur verbriefte Zinsscheine bzw. unverbriefte Zinsforderungen. Die Erfassung von Ertragsscheinen sei contra legem. Der Begriff Zinsen sei enger als der Begriff der Erträge. Zinsen seien von der Laufzeit abhängige Vergütungen für den Gebrauch eines auf Zeit überlassenen Kapitals. Dies setze das Bestehen einer Hauptleistung, somit einer Kapitalschuld, voraus, die Zinsen stellten lediglich eine Nebenleistung dar. Voraussetzung sei, dass es auch eine Verpflichtung zur Rückzahlung des hingegebenen Kapitals gebe. BIP-gebundene Wertpapiere stellten somit keine Forderungen auf Zahlung eines Entgelts für eine Kapitalüberlassung und auch keine Forderung auf Rückzahlung von hingegebenem Kapital verbrieft dar. Somit seien diese Wertpapiere nicht einmal Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 a.F.. Damit könnten sie auch nicht Zinsen im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG sein, da der Zinsbegriff enger sei. Dass die Emissionsbedingungen von Zahlungsterminen redeten sei unschädlich. Es werde keine Aussage darüber getroffen, ob es sich um Zinsen handele. Da die Zahlungen jedoch voll von verschiedenen Bedingungen abhängig seien, lägen keine "Zinsen" vor.
Weiterhin erfasse § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG nur die Erträge aus der getrennten Veräußerung von Zinsscheinen oder Zinsforderungen bzw. der Einlösung von getrennten Zinsscheinen oder Zinsforderungen durch den ehemaligen Stammrechtsinhaber. Laufende Erträge aus ungetrennten Zinsscheinen oder -forderungen und Erträge aus deren Einlösung durch Steuerpflichtige, die nicht ehemalige Stammrechtsinhaber seien, seien nicht erfasst. Die Erträge aus den BIP-gebundenen Wertpapieren stellten allerdings keine Erträge aus einer Veräußerung dar, da die BIP-gebundenen Wertpapiere nach wie vor gehalten würden. Die Stammrechte seien auch nicht veräußert worden, da die Discount-Papiere von Anfang an eigenständige Wirtschaftsgüter gewesen seien. Es habe sich hierbei nicht um Stammrechte gehandelt. Außerdem fehle es an einer Veräußerung der Discount-Papiere.
Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 24. Februar 2015, VIII R 54/12, habe bestätigt, dass es sich bei den BIP-gebundenen Wertpapieren um reine Spekulationsprodukte handele. Diese Wertpapiere führten nur zu einem Vermögenszuwachs, stellten daher kein Entgelt für eine Kapitalüberlassung dar.
Bei den Discounts wurde ursprünglich vorgetragen, dass neben den tatsächlich ausgezahlten Zinsen auch der Kapitalisierungsbetrag der Besteuerung unterworfen werde. Der Kapitalisierungsbetrag in Höhe von 15 T€ sei im Veranlagungszeitraum 2011 nicht steuerbar. Es fehle an einem Zufluss. Zufluss setze die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Einnahmen voraus. Bei Schuldverschreibungen, bei denen Erträge nicht laufend, sondern erst bei Rückzahlung als Unterschiedsbetrag zwischen dem Ausgabe- und dem Rückgabebetrag ausgezahlt würden, führe erst die Rückzahlung zum Zufluss der betreffenden Erträge. Dies gelte auch für die Discount-Papiere. 2011 sei einerseits ein Zinssatz von 5,77% und andererseits ein Kapitalisierungsbetrag von 2,51% zu berücksichtigen. Die Zinsen seien unstreitig zugeflossen, der Kapitalisierungsbetrag jedoch nicht. Über diesen könne erst bei Rückzahlung der Wertpapiere verfügt werden.
Es lägen entgegen der Auffassung des Beklagten auch keine ausschüttungsgleichen Erträge im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 2 Investmentsteuergesetz (InvStG) vor. Diese Regelung beinhalte die Umsetzung des Transparenzprinzips. Bei Fonds werde so gehandelt, als ob die Fonds-Anleger direkt in die Anlagegegenstände des Fonds investiert hätten. Dies erfordere eine Zuflussfiktion. Discount-Anteile stellten jedoch keine Anteile an Investmentfonds dar. Es handele sich um verzinsliche Schuldverschreibungen. Da auch der Beklagte den Zufluss fingiere, sei davon auszugehen, dass es an einem tatsächlichen Zufluss mangele.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2011 in der Gestalt des Einspruchsbescheids bei der Steuerberechnung nach § 32 d Abs. 1 EStG die Kapitalerträge um 82 T€ herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er macht geltend, dass § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG eingreife, wenn (teilweise) eine Kapitalrückzahlung zugesagt oder gewährt werde. Bei der Emission von Wertpapieren sei zumindest ein Versprechen diesbezüglich erforderlich. Die Höhe der Rückzahlung könne von einem ungewissen Ereignis abhängen. Erfasst würden laufende oder einmalige Kapitalnutzungsentgelte. Ab 2009 würden auch Kapitalforderungen erfasst, auch wenn deren (teilweise) Rückzahlung weder rechtlich noch faktisch garantiert sei, es sich somit um reine Spekulationsanlagen handele. Der Gesetzgeber habe das Wort "gewährt" in dieser Vorschrift durch das Wort "geleistet" ersetzt.
Ursprünglich habe es sich bei den Argentinien-Anleihen um festverzinsliche Wertpapiere gehandelt, die der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG unterlegen hätten. 2004 habe es ein Umtauschangebot gegeben, das bis 25. Februar 2005 anzunehmen gewesen sei.
Auch nach dem Tausch stellten die Wertpapiere Finanzinnovationen dar. Eine Emissionsrendite könne nicht berechnet werden, auch fehle es an einer klaren Abgrenzung zwischen der Ertrags- und der Vermögensebene. Dies ergäbe sich insbesondere aus der Koppelung der BIP-Wertpapiere an die Discounts, Pars oder Quasi-Pars. Eine Emissionsrendite könne bei den Discounts nicht berechnet werden, da die Erträge teilweise thesauriert würden.
Durch die Abspaltung der BIP-Papiere 180 Tagen nach Umtausch entstünden bei diesen weder Anschaffungskosten noch ein Anspruch auf Kapitalrückzahlung. Der BFH habe jedoch im Urteil zum Aktenzeichen VIII R 54/12 entschieden, dass es sich bei den Pars um Finanzinnovationen handele.
Die BIP-gebundenen Wertpapiere stellten einen reinen Ertragsschein im Sinne des § 20 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b EStG dar. Die Erträge seien deshalb gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG steuerpflichtig. Es werde ein Entgelt für eine Kapitalüberlassung gewährt, die Höhe sei von ungewissen Ereignissen abhängig. Auf die BIPs sei Entgelt im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG geleistet worden, da Zinsen gezahlt worden seien.
Für die Zahlung eines Entgelts sei es unerheblich, dass mittlerweile die Kapitalforderung abgetrennt worden sei. Dies sei auch beim Bonds-Stripping so.
Für eine Besteuerung spreche auch die Steuerbescheinigung, die von einem Zins ausginge. Außerdem seien die Zinszahlungstermine sowohl in den Depotauszügen wie auch in den Kaufabrechnungen beziffert worden.
Die Zukäufe im Jahr 2006 und 2009 hätten bei den Veräußerern zu Erträgen gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b EStG geführt. Es liege eine Abtretung/Veräußerung von Zinsforderungen gegen Entgelt vor. Die Erwerbenden hätten in dieser Höhe Anschaffungskosten. Aus diesem Grunde stellten die laufenden Zahlungen in voller Höhe Erträge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar.
Bei den Discounts wurde ursprünglich vorgetragen, dass der Kapitalisierungsbetrag zwar nicht bar ausgezahlt, jedoch halbjährlich ausgewiesen werde. Durch die Hinzurechnung zum Nennbetrag der Discounts erhöhten sich die künftigen Zinsen. Daraus ergeben sich ausschüttungsgleiche Erträge, die bei § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu erfasst seien.
Bei den Discounts ergebe sich aus den allgemeinen Bedingungen, dass Kapitalzahlungen erstmals zum 30. Juni 2024 stattfänden. Zinsen würden vor dem 31. Dezember 2013 teilweise bar bezahlt, teilweise kapitalisiert. Sie würden jedoch halbjährlich jedes Jahr gezahlt werden. Der Kapitalisierungsanteil stelle deshalb nicht ausgezahlte Zinsen dar, die wieder angelegt würden. Diese gelten als zugeflossen.
Das Urteil des BFH zum Aktenzeichen VIII R 54/12 sei hier nicht einschlägig, da Pars betroffen seien. Es ergebe sich hieraus nicht, dass die Kursentwicklungen der Pars und der BIPs voneinander abhängig seien.
Hinsichtlich des weiteren Vortrags wird auf den Inhalt der Gerichts- und Steuerakten verwiesen.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger klargestellt, dass er sein ursprüngliches Begehren, bei den Erträgen aus den Discounts einen Kapitalisierungsbetrag herauszurechnen, nicht mehr aufrechterhalte. Er gehe davon aus, dass lediglich die auszuzahlenden Zinsen mit 5,77% bescheinigt und erfasst seien. Hiermit habe das Finanzamt die Zinsen insoweit zutreffend in der zugeflossenen Höhe erfasst.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
Soweit Kapitalerträge aus den BIP-gebundenen Argentinien-Papieren erfasst wurden, die auf Wertpapiere entfallen, die vom Kläger vor dem 15. März 2007 erworben wurden, ist die Unterwerfung unter die Abgeltungssteuer zu Unrecht erfolgt. Die Einkünfte, die der Abgeltungssteuer unterliegen sind deshalb um 82 T€ auf 50 T€ zu vermindern.
1. Die Zinsen aus den BIPs stellen grundsätzlich Erträge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung dar.
a. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG 2011 gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder geleistet worden ist, auch wenn die Höhe der Rückzahlung oder des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt.
Unter den Begriff der Kapitalforderung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG fallen alle auf eine Geldleistung gerichteten Forderungen, deren Steuerbarkeit sich nicht bereits aus einem anderen Tatbestand i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 oder 8 bis 11 EStG ergibt, und zwar ohne Rücksicht auf die Dauer der Kapitalüberlassung oder den Rechtsgrund des Anspruchs. Nicht darunter fallen indes Ansprüche auf die Lieferung anderer Wirtschaftsgüter, insbesondere auf eine Sachleistung gerichtete Forderungen (BFH, Urteil vom 12. Mai 2015 - VIII R 35/14 -, BFHE 250, 71, BStBl II 2015, 834 [BFH 12.05.2015 - VIII R 35/14]).
aa. Seit dem Jahr 2009 werden hier auch Erträge aus reinen Spekulationspapieren erfasst. Dies ergibt sich aus der Änderung des Gesetzeswortlauts, der nur noch voraussetzt, dass ein Entgelt geleistet (und nicht mehr wie früher "gewährt") wird (so auch Schmidt-Weber-Grellet, § 20 EStG, Rn. 102). Der Gesetzgeber hat diese Änderung - wie sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs ergibt - ausdrücklich vorgenommen, um künftig auch alle laufenden Erträge aus Spekulationsanlagen (Vollrisikozertifikaten) zu erfassen. Erfasst werden sollten Kapitalforderungen, bei denen sowohl die Höhe des Entgelts als auch die Höhe der Rückzahlung von einem ungewissen Ereignis abhängt, auch wenn deren volle oder teilweise Rückzahlung weder rechtlich noch faktisch garantiert wird (BT-Drs 16/4841, S. 54 zu § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG).
bb. Neben dem Willen des Gesetzgebers wird dies auch durch den veränderten Wortlaut der Vorschrift gestützt. Das Wort "gewährt" wurde durch das Wort "geleistet" ersetzt.
Zahlungen von Erträgen auf die BIPs sind in Höhe von 101 T€ unstreitig im Streitjahr erfolgt. Insofern wurde ein Entgelt geleistet.
b. Die BIPs stellen Spekulationspapiere dar, da es an einem Versprechen für eine Kapitalrückzahlung fehlt. Vorliegend wurde es sogar ausgeschlossen, da lediglich Erträge auf ein nominelles Kapital gezahlt werden. Es fehlt somit an einer Kapitalrückzahlung, was aber unschädlich ist, da genau solche Papiere erfasst werden sollten.
Weiterhin hängt die Höhe der Erträge von einem ungewissen Ereignis ab, da sie von der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts der Republik Argentinien abhängig ist. Je nach dessen Entwicklung kommt es zu Zahlungen, die aber in einzelnen Jahren auch ausbleiben können. Aufgrund der Gesetzesänderung ab 2009 unterliegen Erträge aus solch spekulativen Papieren grds. der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.
c. Unerheblich ist, ob die Veräußerung von BIPs nach § 20 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b EStG 2011 zu erfassen wäre.
Der Kläger hat im Streitjahr keine BIP-gebundenen Wertpapiere veräußert und daraus Erträge erzielt. Es handelt sich unstreitig um laufende Erträge, nicht um Veräußerungserlöse.
Nachdem der Gesetzgeber im Rahmen der Einführung der Abgeltungssteuer ausdrücklich klargestellt hat, dass Spekulationsanlagen erstmals durch die Gesetzesänderung in § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG erfasst werden sollen, erübrigt es sich, diese Anlagen unter weitere Vorschriften zu subsumieren. Zudem ergibt sich aus § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG nicht, dass dort alle laufenden Erträge erfasst werden sollen, deren Veräußerung nach § 20 Abs. 2 EStG erfasst wird. Eine Verknüpfung mit der Steuerpflicht von Veräußerungsvorgängen ist dieser Vorschrift in keiner ihrer Fassungen zu entnehmen.
Nach der im Streitjahr geltenden Fassung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG ist es nicht mehr erforderlich, dass eine Kapitalrückzahlung vorgesehen ist. Dann kann es auch nicht entscheidend sein, ob die Erträge vom Kapital getrennt und gesondert gehandelt werden. Es liegt ein Vollrisikozertifikat vor, das nach dem Willen des Gesetzgebers zu der Steuer unterliegenden Erträgen führen soll. Mit der Gesetzesfassung ab 2009 ist der Gesetzgeber vom Tatbestand der Fruchtziehung aus einer Kapitalüberlassung im engeren Sinne abgerückt, die Zahlung von Tilgungsbeträgen ist nicht mehr Voraussetzung (so auch Jochum in K/S/M § 20 EStG, Rn C/7 16).
Die laufenden Erträge aus den BIP-gebunden Wertpapieren unterliegen somit grundsätzlich der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.
2. Aus dem zeitlichen Anwendungsbereich ergibt sich jedoch, dass die Erträge nicht vollumfänglich erfasst werden können.
a. Nach § 52a Abs. 8 i.d.F. des Regierungsentwurfs zum Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 sollten Erträge aus Kapitalforderungen, die vor 2009 erworben wurden und nicht unter § 20 EStG in der bis Ende 2008 geltenden Fassung fielen, von der Besteuerung ausgenommen werden (BT-Drs 16/4841, S. 17, 72 zu § 52a Abs. 8 EStG). Diese Erträge sollten der bisherigen Fassung des § 23 EStG unterfallen. Aufgrund einer Bundesratsinitiative erfolge eine Änderung bei § 52a Abs. 10 EStG 2009 (Anwendungs-Vorschrift für die Veräußerung von Wertpapieren) mit der erreicht werden sollte, dass die Nichtsteuerbarkeit von Veräußerungen bei länger laufenden Zertifikaten möglichst langfristig gesichert werden sollte.
Letztlich verweist § 52a Abs. 8 S. 1 EStG 2009 nun für die Besteuerung der laufenden Erträge auf § 52a Abs. 10 S. 6 bis 8 EStG. Demnach findet die im Streitjahr geltende Gesetzesfassung Anwendung, wenn die Erträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG 2008 nicht zu erfassen gewesen wären, diese nach dem 30. Juni 2009 zufließen und die Kapitalforderung wurde ab dem 15. März 2007 angeschafft (vgl. auch Littmann/Bitz/Pust-Schlotter § 20 EStG, Rn 601; Lademann-Jachmann/Lindenberg § 20 EStG, Rn 437; Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Jochum § 20 EStG, Rn C/7 13).
Nach der im Streitjahr geltenden Fassung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG ist es nicht mehr erforderlich, dass eine Kapitalrückzahlung vorgesehen ist. Dann kann es auch nicht entscheidend sein, ob die Erträge vom Kapital getrennt und gesondert gehandelt werden. Es liegt ein Vollrisikozertifikat vor, das nach dem Willen des Gesetzgebers zu der Steuer unterliegenden Erträge führen soll. Mit der Gesetzesfassung ab 2009 ist der Gesetzgeber vom Tatbestand der Fruchtziehung aus einer Kapitalüberlassung im engeren Sinne abgerückt, die Zahlung von Tilgungsbeträgen ist nicht mehr Voraussetzung (so auch Jochum in K/S/M § 20 EStG, Rn C/7 16).
Allerdings war die Besteuerung von Erträgen aus BIPs bis einschließlich 2008 nicht von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der damaligen Fassung erfasst.
Nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der bis 2008 geltenden Fassung liegen dann steuerpflichtige Kapitalerträge vor, wenn die Kapitalrückzahlung zugesagt ist, aber die Zahlung eines Entgelts dem Grunde und der Höhe nach ungewiss ist (Alternative 1), oder die Kapitalrückzahlung nicht zugesagt ist, aber dem Gläubiger für die Kapitalüberlassung ein Entgelt zugesagt oder gewährt wird, wobei die Höhe des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängen kann (Alternative 2; vgl. BFH-Urteil vom 4. Dezember 2007, VIII R 53/05, BStBl II 2008, 563 zur Rechtslage bis 2008). Zwar erfordert es der Tatbestand der Alternative 1 des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG nicht, dass die Rückzahlung des gesamten überlassenen Geldbetrags zugesagt oder geleistet wird (vgl. BFH-Urteil vom 4. Dezember 2007, VIII R 53/05, BStBl II 2008, 563). Vorliegend ist aber nach der Aufspaltung der zuvor ausgegebenen Wertpapiere in die "Discount-Schuldverschreibungen" und in die hier in Rede stehenden "BIPs" mit den "BIPs" keine - auch keine der Höhe nach beschränkte - Kapitalrückzahlungsforderung des Klägers mehr verbunden. Vielmehr verfallen die BIPs spätestens am 15. Dezember 2035 ersatzlos, ohne dass zuvor Rückzahlungen auf den nach der Aufspaltung (nur noch) fiktiven Nennwert an die Inhaber der BIPs zu leisten sind.
Die Entgelte aus den BIPs unterfallen auch nicht dem Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Alternative 2 EStG bis 2008. Der Wortlaut des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Alternative 2 EStG ist teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG nur dann vorliegen, wenn entweder die Kapitalrückzahlung oder die Höhe eines (Mindest-)Entgelts im Vorhinein sicher feststehen (vgl. BFH-Urteil vom 4. Dezember 2007, VIII R 53/05, BStBl II 2008, 563). Da die Erträge der BIPs von der Entwicklung des Bruttoinlandprodukts der Republik Argentinien abhängen und damit nicht im Vorhinein sicher feststanden, stand auch kein Mindestertrag aus den BIPs im Zeitpunkt des Erwerbs dieser Wertpapiere durch den Kläger im Voraus fest. Die Tatbestandsvariante der Alternative 2 des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, nach der Erträge aus einer Kapitalforderung auch dann gegeben sind, wenn ein Entgelt zwar nicht zugesagt, aber tatsächlich gewährt worden ist, ist im Streitfall nicht erfüllt. Mit diesem Tatbestandsmerkmal werden lediglich solche Fälle erfasst, in denen ohne eine ausdrückliche Zusage die Leistung des Entgelts aufgrund der vertraglichen Ausgestaltung der Kapitalforderung von vornherein, d.h. im Zeitpunkt der Emission, sicher ist (vgl. BFH-Urteil vom 4. Dezember 2007, VIII R 53/05, BStBl II 2008, 563). Auch ein derartiges Entgelt stand im Streitfall nicht fest.
Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Urteil des VIII. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 24. Februar 2015 (VIII R 54/12, BStBl II 2015, 693). In dem dortigen Fall hatte der BFH zu entscheiden, ob Gewinne aus der Veräußerung der "Pars-Schuldverschreibungen" nach Maßgabe des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 Buchst. c EStG als steuerpflichtige Einnahmen zu erfassen sind. Zwar hat der BFH in der vorgenannten Entscheidung unter Textziffer II. 2. a) bb) ausgeführt, die Zuordnung von Wertpapieren und Kapitalforderungen zu dem in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 Buchst. c EStG beschriebenen Typus von Finanzinnovationen hänge von den Verhältnissen im Zeitpunkt der Emission ab, so dass dem Umstand, dass vor der Veräußerung der Discount-Schuldverschreibungen diese von den BIPs abgetrennt worden seien, keine Bedeutung zukomme. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist dieser für den Anwendungsbereich des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 Buchst. c EStG geltende Grundsatz im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG auf den Streitfall indes nicht anwendbar. Die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG berücksichtigt in der Gesamtschau ihrer oben dargestellten Regelungsalternativen, dass bei bestimmten Kapitalanlagen die Entgeltzahlung wirtschaftlich mit der Kapitalrückzahlung austauschbar ist und das Risiko vom Entgelt auf die Rückzahlung verlagert werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 4. Dezember 2007, VIII R 53/05, BStBl II 2008, 563; zum Ganzen vgl. auch FG Münster, Urteil vom 21. Oktober 2015 - 11 K 457/11 E -, Rn. 33, ).
b. Danach sind Erträge aus den BIPs als Vollrisikopapieren von der Besteuerung ausgenommen, wenn die Wertpapiere vor dem 15. März 2007 angeschafft worden sind.
Dies ist hier bei den im Rahmen des Umtauschs erworbenen BIPs mit einem "Nennwert" von 2.089 TUSD der Fall. Auch die Erträge aus den im Jahr 2006 erworbenen BIPs mit einem Wert von 246 TUSD können nicht erfasst werden.
Soweit die BIPs vor dem 15. März 2007 erworben wurden, stellen ihre Erträge gem. § 52a Abs. 8, Abs. 10 S. 8 EStG keine Erträge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG 2011 dar, da die Papiere bis einschließlich 2008 von der Besteuerung nach dieser Vorschrift ausgenommen waren und dies auch so bleiben sollte. Der Kläger hatte zum 31. Dezember 2006 BIPs mit einem Nennbetrag von 2.451 TUSD in seinem Depot. Weitere BIPs wurden erst 2009 gekauft. Die in der Steuerbescheinigung ausgewiesenen Erträge von 101 T€, die auf einen Nennbetrag von 3.000.000 USD entfallen, sind deshalb aufzuteilen.
Somit sind lediglich 18 T€ zu berücksichtigen.
Dem steht das Urteil des BFH vom 24. Februar 2014 (VIII R 54/12, BStBl II 2015, 693) nicht entgegen, da dort die Rechtslage bis einschließlich 2008 zu beurteilen war. Aufgrund der Gesetzesänderung ab 2009 werden erstmals Erträge aus Spekulationspapieren durch § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG erfasst, so dass sich eine geänderte Beurteilung ergibt.
Soweit die Finanzverwaltung der Ansicht ist, dass es sich bei den BIPs um reine Ertragsscheine handelt (OFD Rheinland, Kurzinformation DStR 2009, 637) deren Erträge voll steuerpflichtig sind, kann ihr nicht gefolgt werden, da sie sich nicht mit der Frage des zeitlichen Anwendungsbereichs nach § 52a Abs. 8 und 10 EStG beschäftigt hat. Wie bereits oben ausgeführt, sind die Erträge nur teilweise zu erfassen.
3. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass weitere angeführte Vorschriften nicht einschlägig sind.
Da es sich nicht um einen Veräußerungsvorgang handelt - sämtliche Wertpapiere wurden behalten - sind die Vorschriften der § 20 Abs. 2 und § 23 EStG nicht relevant. Es ist lediglich die Erfassung von laufenden Zahlungen zu beurteilen.
a. § 23 EStG ist vorliegend nicht einschlägig, da es sich nicht um eine Veräußerung von Wertpapieren handelt. Es mangelt an der Übertragung von rechtlichem oder wirtschaftlichem Eigentum. Hinsichtlich der Argumentation schließt sich der Senat insoweit den Ausführungen des Klägervertreters an.
b. Auch § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG in der Fassung bis einschließlich 2008 scheidet aus, da diese Vorschrift Einnahmen aus der Veräußerung oder Abtretung von
aa. aufgezinsten oder abgezinsten Schuldverschreibungen, Schuldbuchforderungen und sonstigen Kapitalforderung, unabhängig vom Vorhandensein eines Zinsscheins erfasst, bzw.
bb. von Zinsscheinen oder Zinsforderungen die vom zugrundeliegenden Geschäft gelöst wurden erfasst. Dies gilt auch, wenn Stückzinsen nicht in Rechnung gestellt werden oder die Höhe von einem ungewissen Ereignis abhängt oder
cc. die Erträge in unterschiedlicher Höhe oder für unterschiedlich lange Zeiträume gezahlt werden, soweit sie rechnerisch der auf die Besitzzeit entfallenden Emissionsrendite entsprechen. Nach S. 3 dieser Vorschrift bleibt die Besteuerung der Zinsen nach § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG unberührt.
Vorliegend handelt es sich nicht um Zinsscheine, die an ein Geschäft gebunden waren, sondern Vollrisikopapiere bei denen eine Kapitalrückzahlung nicht gewährt wird und die Gewährung von Erträgen von einen ungewissen Ereignis abhängt. Nach dem Willen des Gesetzgebers sind die laufenden Erträge der Spekulationspapiere nur nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu erfassen, wenn die Anschaffung erst ab dem 15. März 2007 erfolgte. Insoweit handelt es sich um eine Spezialregelung. Im Übrigen überzeugen die Ausführungen des Klägervertreters hierzu. Der Senat macht sie sich hilfsweise zu Eigen.
c. § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG 2011 erfasst Gewinne aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art im Sinne des § 20 1 Nr. 7 EStG. Mangels Veräußerungsvorgang ist diese Vorschrift ebenfalls nicht einschlägig.
4. Ausführungen zur Besteuerung der Erträge aus den Discounts erübrigen sich, da dieser Punkt in der mündlichen Verhandlung fallen gelassen wurde. Insoweit wird auf die Rechtslage nicht weiter eingegangen.