Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 27.03.2003, Az.: 8 U 232/02
Anspruch auf Zahlung eines Restwerklohnes; Fehlerhafte Berechnung eines Werklohns für eine Dachentkiesung; Minderung eines für eine Entkiesung vereinbarten Einheitspreises
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 27.03.2003
- Aktenzeichen
- 8 U 232/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 30066
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2003:0327.8U232.02.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Osnabrück - 23.10.2002 - AZ: 16 O 222/02
Rechtsgrundlagen
- § 513 Abs. 1 ZPO
- § 529 ZPO
- § 631 BGB
- § 632 BGB
- § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B
- § 2 Nr. 5 VOB/B
Fundstellen
- BauRB 2003, XI Heft 8 (Kurzinformation)
- BauRB 2004, 35 (Volltext mit amtl. LS)
- KGReport Berlin 2003, 89
- OLGR Düsseldorf 2003, 89
- OLGR Frankfurt 2003, 89
- OLGR Hamm 2003, 89
- OLGR Köln 2003, 89
- OLGReport Gerichtsort 2003, 397-398
- OLGReport Gerichtsort 2003, 89
Prozessführer
Firma S.,K.,B.
Rechtsanwältin Dr. H.H.O.
Prozessgegner
Firma K.,A.,W.
Rechtsanwälte H.,M.M.
Der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg hat
auf die mündliche Verhandlung vom 20. März 2003
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und
die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 23.10.2002 verkündete Schlussurteil der 16. Zivilkammer (4. Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Osnabrück wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar
Der Wert der Beschwer übersteigt nicht 20.000,- EUR.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Denn das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass Klägerin aus ihrer Schlussrechnung vom 18.6.2002 über den nach Rechtshängigkeit gezahlten Betrag von 10.000,- EUR sowie über den anerkannten und mit Teilurteil vom 23.10.2002 ausgeurteilten Betrag von 15.849 EUR hinaus ein Restwerklohn von 10.915,17 EUR aus den §§ 631, 632 BGB zusteht.
I)
Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, sind die über den Betrag von 10.915,17 EUR hinausgehenden Rechnungskürzungen und Abzüge der Beklagten bis auf die von der Klägerin anerkannte und von ihr berücksichtigte Kürzung bezüglich der bekiesten Dachfläche unberechtigt. Die angefochtene Entscheidung beruht insoweit im Ergebnis weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 513 Abs. 1 ZPO noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen die von der Beklagten erstrebte Klageabweisung.
Im Einzelnen gilt Folgendes:
1)
Die Klägerin hat in ihrer Schlussrechnung unter der Position 2 zu Recht für die Berechnung des Werklohns bezüglich der Dachentkiesung eine Fläche von 4.869,76 qm zu Grunde gelegt. Die Kürzung dieser Fläche auf 4.234,29 qm durch die Beklagte ist unberechtigt.
Die Fläche von 4.869,76 qm entspricht dem Aufmaß, das die Beklagte selbst für die entsprechende Dachfläche nach Prüfung des Aufmaßes der Klägerin vom 12.12.2001 anerkannt und der Klägerin mit Schreiben vom 21.12.2001 nebst Anlage als Ergebnis ihrer Prüfung mitgeteilt hat. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich insoweit um ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis. Denn die Beklagte hat mit dem Schreiben vom 21.12.2001 aus der maßgeblichen Sicht der Klägerin als Erklärungsempfängerin zu verstehen gegeben, dass sie die von ihr geprüfte und korrigierte Fläche als Grundlage für die Berechnung des Werklohns bezüglich der Dachentkiesung akzeptieren wollte. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist es unerheblich, dass das Anerkenntnis im Zusammenhang mit der Prüfung der Abschlagrechnungen und nicht der Schlussrechnung der Klägerin erfolgt ist. Zwar ist es zutreffend, dass Abschlagszahlungen nur vorläufige Vergütungen für bereits erbrachte Teilleistungen und damit kein Anerkenntnis des Vergütungsanspruches darstellen (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Aufl., Rz. 1224 m.w.N.). Hier geht es aber nicht um die Wirkung einer Abschlagszahlung, sondern um die rechtliche Bindung bezüglich eines selbst überprüften Aufmaßes einer Fläche, auf der zum Zeitpunkt der Prüfung schon die Entkiesungsarbeiten ausgeführt waren. Bei einer solchen Prüfung tritt entsprechend der Wirkung eines gemeinsam erstellten und anerkannten Aufmaßes (vgl. insoweit Werner/Pastor, a.a.O., Rz. 2034 m.w.N.) eine rechtliche Bindung hinsichtlich der Feststellungen über den Umfang der ausgeführten Arbeiten ein.
Dies bedeutet, dass die Beklagte wegen Einwendungen gegen die Größe der geprüften Fläche ausgeschlossen ist, soweit sie diese Einwendungen bei Abgabe des Anerkenntnisses kannte oder kennen musste. Dies betrifft insbesondere ihre Einwendung, dass das rechnerische Aufmaß der Klägerin einen offenkundigen Rechenfehler enthalte. Diese Einwendung ist übrigen auch unbegründet. Denn in dem Aufmaß der Klägerin vom 1.12.2001 ist eine zusätzliche Fläche von 622 qm aufgeführt, die abgesaugt und schon bekiest worden sei. Die Beklagte hat insoweit nach Prüfung eine Fläche von 618 qm anerkannt, die als entkieste Fläche zu den übrigen abgesaugten Flächen hinzuzurechnen ist.
2)
Soweit die Beklagte die Fläche für die Dachbekiesung auf 3.015,60 qm gekürzt hat, hat die Klägerin diese Kürzung mit Schriftsatz vom 26.8.2002 anerkannt und bei der Berechnung des von ihr im ersten Rechtszug geltend gemachten Werklohns von insgesamt 36.764,17 EUR berücksichtigt. Diese Berechnung liegt dem vom Landgericht in dem angefochtenen Schlussurteil ausgeurteilten Betrag zu Grunde. Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen des Landgerichts dazu, das die Rechnungskürzung der Beklagten bezüglich der Dachbekiesungsarbeiten unberechtigt sei, überflüssig und ohne Auswirkungen auf die berechtigte Werklohnforderung der Klägerin.
3)
Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, muss sich die Klägerin wegen der ersparten Entsorgungskosten bezüglich des abgesaugten und auf dem Gelände des Bauherrn gelagerten Kieses keinen Abzug in Höhe des von der Beklagten geltend gemachten Betrages von 7.034,64 EUR anrechnen lassen.
a)
Das Landgericht hat es auf der Grundlage der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme zu Recht als nicht beweisen angesehen, dass die Parteien die Gewährung einer entsprechenden Gutschrift für die Beklagte vereinbart haben.
Im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten ist die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht zu beanstanden. Sie kann nach § 513 Abs. 1 ZPO i.V. mit § 546 ZPO n.F. nur darauf nachgeprüft werden, ob sie in sich widersprüchlich ist, den Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen zu wider läuft oder Teile des Beweisergebnisses ungewürdigt lässt (vgl. Zöller - Gummer, ZPO, 23. Aufl., Rz. 13 zu § 546 m.w.N.). Dass diese Voraussetzungen hier vorliegen, ist nicht ersichtlich und nicht von der Beklagten nach § 520 Abs. 2 Nr. 3 ZPO verdeutlicht worden.
b)
Wegen der ersparten Entsorgungskosten hat darüber hinaus schon aus Rechtsgründen keine Minderung des für die Entkiesung vereinbarten Einheitspreises entsprechend § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B zu erfolgen. Denn von der Vorschrift des § 2 Nr. 3 VOB/B werden nur Fälle erfasst, in denen sich Mengenmehrungen oder Mengenminderungen über 10 % hinaus von selbst, d.h. ohne jede Entwurfsänderung und ohne jeden Eingriff des Auftragnehmers selbst, also allein auf Grund falscher oder ungenauer Schätzung bei der Ausschreibung ergeben (vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 8. Aufl., Rz. 77 zu § 2 VOB/B m.w.N.). Dies trifft hier aber nicht zu. Denn die Lagerung des abgesaugten Kieses auf dem Gelände des Bauherrn ist unstreitig auf Grund einer Anweisung des Bauherrn erfolgt.
c) Wegen der ersparten Entsorgungskosten hat auch keine Anpassung des für die Dachentkiesung vereinbarten Einheitspreises gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B zu erfolgen.
Zwar hat die Klägerin durch die Anordnung des Bauherrn die Entsorgung des abgesaugten Kieses erspart. Es ist aber nicht ersichtlich und nicht von der Beklagten verdeutlicht worden, dass dadurch die Grundlagen für den für die Dachentkiesung vereinbarten Einheitspreises geändert worden sind. Denn die Klägerin hat zwar einerseits die Kosten für den Abtransport des Kieses erspart. Anderseits ist ihr aber ein Gewinn aus der Verwertung des abgesaugten Kieses entgangen. Insoweit hat sie mit Schreiben vom 27.5.2002 das mit Schreiben der Beklagten vom 7.5.2002 gestellte Verlangen auf Offenlegung ihrer Kalkulation für die Dachentkiesung ohne Entsorgungskosten zu Recht unter Hinweis darauf, dass sie in der Nähe des Bauvorhabens eine Entsorgungs- - und Verwertungsstelle für den Kies gehabt habe, zurückgewiesen. Denn daraus ergibt sich, dass die Klägerin allenfalls geringe Transportkosten erspart hat und ihr ein Gewinn aus der Verwertung des Kieses entgangen ist.
4)
Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der von der Beklagten wegen eigener Stundenlohnarbeiten vorgenommene Abzug in Höhe von 180,96 EUR unberechtigt ist.
Die Klägerin hat sich mit Schriftsatz vom 8.8.2002 gegen einen entsprechenden Abzug gewehrt und insbesondere vorgetragen, dass die Beklagte "im Zusammenhang mit der Auftragserledigung keinen entsprechenden Aufwand gehabt" habe. Daraus wird deutlich, dass sie zumindest den Umfang und die Höhe der geltend gemachten Aufwendungen bestreiten wollte. Die Beklagte hat im ersten Rechtszug aber weder durch Vorlage von Stundenzetteln einen entsprechenden Aufwand an Stundenlohnarbeiten nachgewiesen noch unter Beweis gestellt. Ihre Abrechnung vom 3.7.2002 stellt keinen Nachweis dafür dar, dass die in Rechnung gestellten Arbeiten ausgeführt worden sind.
Soweit die Beklagte nunmehr mit ihrer Berufungsbegründung unter Zeugenbeweis stellt, dass vier Stunden angefallen seien, ist dieses Vorbringen neu und nicht zuzulassen, da nicht ersichtlich und nicht von der Beklagten verdeutlicht worden ist, dass die Voraussetzungen für eine Zulassung dieses neuen Vorbringens gemäß § 531 Abs. 2 ZPO vorliegen.
5)
Ein Abzug von 50,- EUR für Stromkosten ist nicht berechtigt.
Gemäß § 4 Nr. 4 c) VOB/B hat grundsätzlich die Beklagte als Auftragnehmerin der Dacharbeiten gegenüber ihrem Auftraggeber die Kosten für den Baustrom zu tragen. Zwar haben sich mehrere Auftragnehmer anteilig an den Kosten des Baustroms zu beteiligen. Im Verhältnis der Beklagten als Auftragnehmerin und der Klägerin als Nachunternehmerin untereinander bedarf dies aber einer Vereinbarung. Ausweislich des Verhandlungsprotokolls vom 9.5.2001 ist eine Beteiligung der Klägerin an dem Baustrom nicht vereinbart worden.
II)
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist eine - auch von Amts wegen vorzunehmende - Änderung der Kostenentscheidung des Landgerichts nicht angezeigt.
Soweit das Landgericht der Beklagten bezüglich des anerkannten Teilbetrages von 15.849,- EUR und des durch Zahlung von 10.000,- EUR erledigten Teils der Klage der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt hat, ist die Kostenentscheidung nicht zu beanstanden. Denn die Beklagte hat für die gemäß § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Klageerhöhung mit Schriftsatz der Klägerin vom 26.8.2002 Veranlassung gegeben, weil sie trotz der Prüfung der Schlussrechnung am 21.6.2002, die mit einem Betrag von 16.213,05 EUR zu Gunsten der Klägerin lautete, bis zu der Klageerhöhung keinerlei Zahlungen geleistet hatte.
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713, 546 Abs. 2 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.
Streitwertbeschluss:
Der Wert der Beschwer übersteigt nicht 20.000,- EUR.