Verwaltungsgericht Stade
Beschl. v. 12.04.2021, Az.: 6 B 395/21
Corona; Covid; COVID-19; Impftermin; Impfung; Zweitimpfung
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 12.04.2021
- Aktenzeichen
- 6 B 395/21
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2021, 70843
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 5 CoronaImpfV
- § 8 CoronaImpfV
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Eine Zuständigkeit der Landkreise für die Vergabe von Terminen für Zweit- oder Wiederholgungsimpfungen ist nicht geregelt.
Gründe
Der Antragsteller möchte einen Termin für seine zweite Corona-Impfung, der statt neun Wochen frühestens zwölf Wochen nach der ersten Impfung liegt.
Der Antragsteller ist Zahnarzt. Er wurde am 2. März 2021 im Impfzentrum in B-Stadt mit dem AstraZeneca Impfstoff gegen Covid-19 geimpft. Er erhielt im Anschluss an die Impfung einen Termin für die zweite Impfung, der neun Wochen nach dem der ersten Impfung liegt.
Der Antragsteller macht geltend, er habe im Aufklärungsgespräch erklärt, dass er mit der Impfung nur einverstanden sei, wenn die Zweitimpfung zwölf Wochen nach der ersten Impfung erfolge. Das sei ihm auch zugesagt worden. Der Antragsteller habe gegenüber dem Impfzentrum mehrmals versucht, den Termin zu verschieben, den er nach der ersten Impfung für die zweite Impfung erhalten habe. Das sei von der „Antragsgegnerin“ abgelehnt worden
Der Antragsteller ist der Auffassung, dass die Zweitimpfung sich nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission des Robert-Koch-Instituts zu richten habe. Die aktuellen Empfehlungen sähen eine zweite Impfung frühestens nach zwölf Wochen vor. Damit werde eine möglichst große Wirksamkeit gewährleistet. Der Impfstoff für diese zweite Impfung des Antragstellers müsse nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission des Robert-Koch-Instituts bereits im Impfzentrum vorhanden und dort geblockt sein. Kapazitätsgründe ständen einer Verlegung des Termins nicht entgegen, weil das Impfzentrum nicht ausgelastet sei.
Der Antragsteller habe einen Anspruch auf die Terminverlegung aus § 5 der Coronavirus-Impfverordnung (CoronaImpfV). Die Behörde habe kein Ermessen hinsichtlich des Zeitraums der Folgeimpfung. Der Antragsteller habe ein eigenes Interesse an einer möglichst wirksamen Impfung zugunsten seiner Gesundheit aus Artikel 1 Absatz 1 und 2 Absatz 2 des Grundgesetzes (GG) und auch gegenüber seinen Mitarbeitern und Patienten, und zwar aus Artikel 1 Absatz 1, 2 Absatz 2 und 12 GG. Wenn er den Impftermin nicht wahrnähme, würde das dazu führen, dass die Impfserie auf Kosten der Gemeinschaft wiederholt werden müsste.
Der Antragsteller beantragt,
den Antragsgegner durch eine einstweilige Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller einen Zweittermin für die Folgeimpfung frühestens zwölf Wochen, spätestens nach Ablauf von 13 Wochen, nach der Erstimpfung am 2. März 2021 entsprechend den aktuellen Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts zu erteilen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsgegner trägt vor, er betreibe ein Impfzentrum. Der Antragsteller habe sich selbst und seine Mitarbeiter dort am 1. März 2021 per E-Mail zur Impfung angemeldet. Er habe daraufhin einen Termin für den 2. März 2021 erhalten und diesen auch wahrgenommen. Er habe dann für die zweite Impfung einen Termin neun Wochen später erhalten.
Der Antragsgegner meint, er sei nicht passivlegitimiert. Für die Impfleistungen sei nach § 6 CoronaImpfV das Land Niedersachsen zuständig. Der Antragsgegner führe im Impfzentrum lediglich „die Aufgaben des Landes auf lokaler Ebene“ aus. Die Terminvergabe werde durch das Land über eine Software zentral gesteuert und sei an die Bereitstellung des Impfstoffs gekoppelt. Der Antragsgegner könne nur Termingesuche entgegennehmen und in dieser zentralen Software eintragen. Die Terminvergabe erfolge über die vom Land bereitgestellte Terminvergabesoftware. In dieser würden die Termine über eine Terminvergabehotline, ein Onlineportal des Landes und für berechtigte Berufsgruppen über die Impfzentren erfasst. Damit die Termine erfasst werden könnten, seien vom Impfzentrum „Terminkapazitäten“ zu „hinterlegen“. Je nach Impfstoff würden solche „Kapazitäten“ nach den vorgegebenen Impfintervallen für die erste und zweite Impfung eingetragen. Damit sei sichergestellt, dass jeder den Zweittermin im vorgegebenen Abstand erhalte. Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport habe am 10. Februar 2021 bekanntgegeben, dass die Terminvergabesoftware für den AstraZeneca-Impfstoff ein Impfintervall von 63 Tagen vorsehe. Daher seien „Kapazitäten“ in diesem Abstand zu „hinterlegen“ und so in das „System“ einzustellen, dass der benötigte Impfstoff vorhanden sei und in kürzester Zeit verimpft werden könne.
Der Antragsgegner hält den Antrag außerdem für unbegründet. Der Hersteller des Impfstoffs empfehle einen Abstand von vier bis zwölf Wochen zwischen der ersten und der zweiten Impfung. Die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission des Robert-Koch-Instituts sähen einen Mindestabstand von neun Wochen vor. Der Termin, den der Antragsteller wünsche, liege an der äußersten Grenze für eine wirksame Grundimmunisierung. Bei einem solchen Termin könnte Unwägbarkeiten, wie kurzfristigen Lieferengpässen, nicht mehr Rechnung getragen werden. Außerdem habe der Impfstoff nur eine kurze Haltbarkeitsdauer und müsse nach dem Anbruch eine Einheit von elf Impfdosen je „Vial“ innerhalb von 48 Stunden verbraucht werden. Eine Vorratshaltung der Impfstoffe sei nicht gestattet. Die ersten Lieferungen des AstraZeneca-Impfstoffs habe das Impfzentrum des Antragsgegners am 24. Februar und am 9. März 2021 erhalten. Die Lieferungen für die Zweitimpfungen würden nach der aktuellen Aussage des Ministeriums neun Wochen später erfolgen, also zum 28. April und zum 11. Mai 2021. Dieser Impfstoff werde dann denen geimpft, die neun Wochen vorher den Ersttermin gehabt hätten. Der zweite Termin für den Antragsteller sei so automatisch auf den 4. Mai 2021 terminiert worden.
Inzwischen habe das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung mit einem Erlass vom 11. März 2021 die Impfintervalle für den AstraZeneca-Impfstoff auf 84 Tage (also 12 Wochen) verlängert. Das gelte aber erst für Impftermine, die ab dem 11. März 2021 neu vergeben würden. An dem Tag, an dem der Antragsteller seine zweite Impfung erhalten wolle, würde für ihn daher kein Impfstoff zur Verfügung stehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird die Gerichtsakte mit den Unterlagen Bezug genommen, die der Antragsgegner eingereicht hat.
II.
Der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Absatz 1 Satz 1 VwGO ist eröffnet (so auch VG Hannover, Beschlüsse vom 25. Januar 2021 – 15 B 269/21 – und vom 30. März 2021 – 15 B 2535/21). Der Verwaltungsrechtsweg ist nach dieser Vorschrift in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Das Gericht teilt nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts Oldenburg (Beschluss vom 11. Januar 2021 – 7 B 347/21), dass Streitigkeiten über Corona-Schutzimpfungen nach § 51 Absatz 1 Nummer 2 und Absatz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) den Sozialgerichten zugewiesen seien, weil es sich um Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung handele. Bei § 51 SGG handelt es sich um eine abdrängende Sonderzuweisung (Ruthig in: Kopp/Schenke, VwGO, Rdnr. 48 ff zu § 40). § 51 SGG ist eng auszulegen (Ruthig a.a.O. Rdnr. 52 zu § 40). Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nach dieser Vorschrift setzt voraus, dass im Sozialgesetzbuch die Vorschriften zumindest im Grundsatz angelegt sind, die heranzuziehen sind, um die streitigen Rechtsfragen zu klären. Das ist für Ansprüche ersichtlich nicht der Fall, die sich aus der Corona-Impfverordnung ergeben sollen, die wiederum auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes erlassen wurde. Die Rechtswegzuweisung in § 68 Absatz 3 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) spricht, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Oldenburg, für die hier vertretene Auffassung. Bei § 68 Absatz 3 IfSG handelt es sich um eine Sonderzuweisung, die nicht erforderlich gewesen wäre, wenn für die dort aufgezählten Materien der Sozialrechtsweg ohnehin nach § 51 SGG gegeben wäre. Es überzeugt auch nicht, die gesamte Materie der Impfungen als von § 68 Absatz 3 IfSG erfasst anzusehen, weil sie einen Sachzusammenhang mit den Entschädigungsansprüchen für Impfschäden nach § 60 IfSG hätte, die dort angesprochen sind. Das Gegenteil ist der Fall. Wenn § 68 Absatz 3 IfSG ausschließlich Geldleistungsansprüche aus dem 12. Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes auf den Sozialrechtsweg verweist, spricht das dafür, dass die anderen IfSG-Streitigkeiten im Zusammenhang mit Impfungen unter § 40 Absatz 1 Satz 1 VwGO fallen sollen.
Der Antrag bleibt jedoch ohne Erfolg.
Gemäß § 123 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig. Voraussetzung ist dann, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, dass diese Regelung um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Gemäß § 123 Absatz 3 VwGO und § 920 Absatz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) hat der Antragsteller sowohl die Eilbedürftigkeit der begehrten gerichtlichen Regelung (Anordnungsgrund) als auch seine materielle Anspruchsberechtigung (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen. Die einstweilige Anordnung dient ausschließlich dazu, von einem Antragsteller schlechterdings unzumutbare künftige Nachteile abzuwenden, die diesem drohen, wenn seinem Begehren nicht stattgegeben wird. Sie ist hingegen nicht dafür gedacht, dem Betreffenden schneller, als dies in einem Klageverfahren möglich ist, zu seinem Recht zu verhelfen, es sei denn, es wäre eine besondere Dringlichkeit gegeben, die es unzumutbar erscheinen lässt, den Ausgang eines Klageverfahrens abzuwarten.
Der Antragsteller hat nicht dargelegt, dass er einen Anspruch gegen den Antragsgegner hat.
Zwar liegt die Auffassung des Antragsgegners neben der Sache, dass er ein Impfzentrum betreibe, in diesem Impfzentrum aber lediglich „die Aufgaben des Landes auf lokaler Ebene“ ausführe. Eine gesetzliche Grundlage für eine solche Aufgabenausführung durch den Antragsgegner besteht nicht. Eine derartige Verwaltungskonstruktion ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage ist verfassungsrechtlich nicht zulässig: Denn nach Artikel 57 Absatz 4 der Niedersächsischen Verfassung (NV) können den Gemeinden und Landkreisen und den sonstigen kommunalen Körperschaften nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Verordnung Pflichtaufgaben zur Erfüllung in eigener Verantwortung zugewiesen werden und staatliche Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung übertragen werden. Ihre Angelegenheiten verwalten die Gemeinden und Landkreise und die sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften gemäß Artikel 57 Absatz 1 NV im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung. Im Übrigen sind gemäß Artikel 57 Absatz 3 NV die Gemeinden in ihrem Gebiet die ausschließlichen Träger der gesamten öffentlichen Aufgaben, soweit nicht die Gesetze ausdrücklich etwas anderes bestimmen.
Aber der Antragsteller hat nicht dargelegt, dass der Antragsgegner befugt oder auch nur zuständig ist, Termine für Zweitimpfungen gegen die Covid-19 Krankheit festzusetzen. Dafür ist auch nichts ersichtlich.
Der Antragsteller beruft sich auf § 5 der Coronavirus-Impfverordnung (CoronaImpfV, vom 31. März 2021 – BAnz AT 01.04.2021 V1). Diese Vorschrift enthält Bestimmungen über Folge- und Auffrischimpfungen. Sie regelt jedoch nichts darüber, wer Impftermine für Folge- und Auffrischimpfungen vergibt.
Die Terminvergabe für Termine in den Impfzentren ist in § 8 CoronaImpfV geregelt. Dort wird nicht zwischen Terminen für Erstimpfungen und Terminen für Folge- oder Auffrischimpfungen unterschieden. Aus § 8 CoronaImpfV ergibt sich aber nichts für eine Zuständigkeit oder für eine Regelungsbefugnis des Antragsgegners. Die Landkreise sind in dieser Regelung nicht angesprochen: Nach Absatz 1 Satz 1 dieser Vorschrift entwickelt und betreibt die Kassenärztliche Bundesvereinigung ein standardisiertes Modul zur telefonischen und digitalen Vereinbarung von Terminen in den Impfzentren, das den Ländern zur Organisation der Terminvergabe zur Verfügung gestellt wird. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung ist gemäß § 6 Absatz 3 Satz 2 CoronaImpfV allerdings nicht verpflichtet, bei der Organisation der Terminvergabe mitzuwirken. Nach § 8 Absatz 1 Satz 2 CoronaImpfV kann die bundeseinheitliche Telefonnummer im Sinn des § 75 Absatz 1a Satz 2, 1. Halbsatz SGB 5 zur Steuerung der Anrufe in die „Callcenter“ genutzt werden, die von den Ländern oder durch die Länder beauftragten Dritten betrieben werden. Nach § 8 Absatz 1 Satz 4 CoronaImpfV dürfen „die zuständigen“ „Callcenter“ und die Impfzentren auf das Modul nach Satz 1 zugreifen, um die Daten der Terminsuchenden in ihrem Zuständigkeitsbereich abzurufen. Nach § 8 Absatz 1 Satz 4 CoronaImpfV dürfte ein Impfzentrum eines Landkreises also zwar auf das „Modul nach Satz 1“ zugreifen, um Daten von Terminsuchenden abzurufen. Jedoch ist in § 8 Absatz 1 Satz 4 CoronaImpfV nicht eine Befugnis oder gar eine Verpflichtung geregelt, anhand dieser Daten einen Termin zu bestimmen.
Schließlich ergibt sich auch aus § 6 CoronaImpfV nichts für eine Zuständigkeit oder Befugnis des Antragsgegners für eine Terminbestimmung. Nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 CoronaImpfV werden die „Leistungen nach § 1 Absatz 1 und 4“ durch Impfzentren und durch weitere Stellen erbracht. Diese Verweisung geht zwar zum Teil ins Leere. Denn § 1 Absatz 1 CoronaImpfV regelt keine Leistungen, sondern regelt in Satz 1 einen Anspruch auf Leistungen (die an anderer Stelle zu definieren sind) und bestimmt dazu in Satz 2 den Kreis der Anspruchsberechtigten. § 1 Absatz 4 bestimmt jedoch den Umfang eines Anspruchs und zählt in diesem Zusammenhang Tätigkeiten auf, die Inhalt des Anspruchs sind.
Nach § 6 Absatz 1 Satz 2 CoronaImpfV werden diese Impfzentren von den Ländern oder im Auftrag der Länder errichtet und betrieben. Nach § 6 Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 Nummer 3 CoronaImpfV bestimmen die obersten Landesgesundheitsbehörden oder die von ihnen bestimmten Stellen für die Länder das Nähere zur Organisation der Erbringung von Schutzimpfungen, insbesondere zur Terminvergabe der Leistungserbringer nach § 6 Absatz 1 Nummer 1. Der Antragsgegner hat dazu dargelegt, dass das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung eine „Software“ eingerichtet habe, mit der die Impftermine automatisch vergeben werden. Der Antragsteller ist dem nicht entgegengetreten, anderes ist auch nicht ersichtlich. Der Antragsgegner kann in diese Automatik nach seinem Vorbringen nicht eingreifen. Der Antragsteller ist dem nicht entgegengetreten, etwas Anderes ist auch nicht ersichtlich.
Auch aus den allgemeinen Regelungen des Landesrechts im Niedersächsischen Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst ergibt sich eine Zuständigkeit oder Befugnis des Antragsgegners für die Terminvergabe nicht. Zwar ist der Antragsgegner nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Niedersächsischen Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst (NGöGD) eine Behörde des öffentlichen Gesundheitswesens. Er wird dabei nach Satz 2 der Vorschrift im eigenen Wirkungskreis tätig, soweit die Aufgabe nicht durch Gesetz oder Verordnung dem übertragenen Wirkungskreis zugeordnet ist. Nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 NGöGD obliegen ihm aber im Sachgebiet des Infektionsschutzrechts nur die Aufgaben des Gesundheitsamtes, der zuständigen Behörde oder der zuständigen Stelle nach dem Infektionsschutzgesetz oder einer aufgrund des Infektionsschutzgesetzes erlassenen Verordnung. Die Vergabe von Impfterminen ist aber - wie oben dargestellt - weder im Infektionsschutzgesetz noch in einer Verordnung, die auf dessen Grundlage ergangen ist, dem Gesundheitsamt, der zuständigen Behörde oder der zuständigen Stelle nach dem Infektionsschutzgesetz zugewiesen. Nach § 20 Absatz 1 IfSG informieren die Gesundheitsämter lediglich die Bevölkerung zielgruppenspezifisch über die Bedeutung von Schutzimpfungen und andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe übertragbarer Krankheiten. Nach § 20 Absatz 5 Satz 1 IfSG können die obersten Landesgesundheitsbehörden bestimmen, dass die Gesundheitsämter unentgeltlich Schutzimpfungen oder andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe gegen bestimmte übertragbare Krankheiten durchführen und die zuständigen Behörden können nach Satz 2 der Vorschrift Dritte mit den Maßnahmen nach Satz 1 beauftragen. - Es ist aber nicht ersichtlich, dass eine Bestimmung in diesem Sinn ergangen ist. Insbesondere sind die Impfungen in der Coronavirus-Impfverordnung nicht als eine Aufgabe der Gesundheitsämter geregelt worden. - Auch im Übrigen bestimmen die §§ 20 bis 22 IfSG nichts dazu, dass das Gesundheitsamt, die zuständige Behörde oder die zuständige Stelle nach dem Infektionsschutzgesetz mit der Vergabe von Impfterminen befasst sein soll.
Die Verpflichtung des Antragsgegners ist, selbständig tragend, in der Sache auch deshalb nicht auszusprechen, weil eine solche einstweilige Anordnung zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führte (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, Rdnr. 13 zu § 123). Eine Vorwegnahme der Hauptsache läge hier darin, dass der Antragsteller einen Impftermin im Mai 2021 erhielte. Mehr könnte der Antragsteller aber auch nicht erreichen, wenn er in einem Hauptsacheverfahren Erfolg hätte. Eine solche Entscheidung des Gerichts widerspricht grundsätzlich dem Wesen und Zweck des Verfahrens, das nur auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gerichtet ist. Denn in einem solchen Verfahren dürfen grundsätzlich nur Regelungen getroffen werden, die nicht schon das zuerkennen, was im Hauptsacheverfahren zu erreichen ist.
Vom Verbot einer Vorwegnahme der Hauptsache ist auch keine Ausnahme zuzulassen. Das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache gilt im Hinblick auf Artikel 19 Absatz 4 GG dann nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung wirksamen Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist. Das setzt voraus, dass die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und irreparabel wären und zudem ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache besteht (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 26. Oktober 1979 - I B 83/79 - BRS 35 Nr. 174; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 19. Oktober 1984 - 9 S 2423/84 - NVwZ 1985, 594, vom 23. September 1985 - 1 S 712/85 - VBlBW 1986, 21 und vom 13. Dezember 1991 - 3 S 2931/91 -). Hier fehlt ein zwingender Grund, der die Vorwegnahme der Hauptsache ausnahmsweise rechtfertigen könnte. Durch eine - grundsätzliche - Verweisung auf ein Hauptsacheverfahren entstehen dem Antragsteller zwar voraussichtlich Nachteile (vgl. zu diesen Anforderungen OVG Lüneburg, Beschluss vom 26. Oktober 1979, a.a.O., mit weiteren Nachweisen), nämlich weil er nicht den Impfschutz erreicht, der nach gegenwärtigem Kenntnisstand der Beste wäre. Das wäre aber nicht unzumutbar. Denn § 5 Absatz 2 Satz 2 CoronaImpfV ordnet sogar ausdrücklich an, dass am 8. März 2021 bereits vereinbarte oder in der Vereinbarung befindliche Termine für die Zweitimpfung, wie der des Antragstellers, davon unberührt bleiben, dass ab dem 1. April 2021 nach § 5 Absatz 2 Satz 1 CoronaImpfV bei dem Vektorviren-Impfstoff Vaxzevria von AstraZeneca ein Abstand von zwölf Wochen zwischen Erst- und Folgeimpfung eingehalten werden soll. Es ist auch nicht ersichtlich, dass es die Gesundheit des Antragstellers beeinträchtigte, wenn er eine zweite Impfung bereits neun Wochen nach der ersten Impfung erhält. Zwar ist es möglich, dass eine Impfung nach zwölf Wochen einen noch besseren Wirkungsgrad hätte. Jedoch steht dem Antragsteller nicht ein Anspruch auf optimalen Schutz zu, sondern nur ein Anspruch in dem Umfang, den die Coronavirus-Impfverordnung regelt. Dieser ist bei dem Abstand von neun Wochen, wie ausgeführt, offensichtlich erfüllt.
Ob der Antragsteller der ersten Impfung nur unter der Bedingung zugestimmt hat, dass er die zweite Impfung nach zwölf Wochen erhält, kann dahinstehen. Eine solche Bedingung würde ihm keinen Anspruch auf einen bestimmten Termin verschaffen können. Denn in welchem Umfang im Zusammenhang mit Corona-Impfungen Ansprüche bestehen, ist in der Coronavirus-Impfverordnung geregelt. Dass die Bedingung des Antragstellers zu einer im Sinn des § 38 Absatz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes in Verbindung mit § 1 Absatz 1 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes verbindlichen schriftlichen Zusicherung einer Behörde geführt hätte, ist nicht ersichtlich. Insbesondere liegt eine solche Zusicherung nicht in der handschriftlichen Anmerkung auf der Impfeinwilligung vom 1. März 2021: „Bitte 2. Termin in 12 Wochen“. Das gilt schon deshalb, weil nicht ersichtlich ist, wer diese Anmerkung dort eingetragen hat.
Die Verpflichtung des Antragsgegners ist schließlich, selbständig tragend, auch deshalb nicht auszusprechen, weil die Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch nach § 5 CoronaImpfV nicht vorliegen. Das Gericht lässt deshalb offen, ob § 5 CoronaImpfV überhaupt subjektive Ansprüche regelt. Nach § 5 Absatz 2 Satz 1 CoronaImpfV soll der von der Ständigen Impfkommission beim Robert-Koch-Institut empfohlene Abstand zwischen Erst- und Folgeimpfung beim Vektorviren-Impfstoff von AstraZeneca von zwölf Wochen eingehalten werden. Das gilt aber nicht für den Antragsteller. Denn diese Maßgabe gilt nach § 5 Absatz 2 Satz 2 CoronaImpfV, wie bereits ausgeführt, nicht für Termine für die Zweitimpfung, die am 8. März 2021 bereits vereinbart waren oder noch in der Vereinbarung befindlich waren. Der Termin für die Zweitimpfung des Antragstellers war am 8. März 2021 bereits vereinbart, weil er schon am 3. März 2021 vereinbart worden war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO. Danach trägt der Unterliegende die Kosten des Verfahrens.
Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß § 53 Absatz 2 und § 52 Absatz 2 GKG. Das Gericht sieht davon ab, den Streitwert herabzusetzen. Eine Herabsetzung ist nicht angezeigt. Denn es handelt sich zwar um ein Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes. Der Antragsteller will aber eine Regelung erreichen, die die Hauptsache vorwegnimmt und einen endgültigen Zustand schafft.