Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 12.07.2018, Az.: 6 W 45/18

Vollstreckung einer durch Anerkenntnisurteil titulierten Unterlassungsverpflichtung

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
12.07.2018
Aktenzeichen
6 W 45/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 51958
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Aurich - 16.05.2018 - AZ: 6 O 1028/13

Fundstelle

  • MMR 2019, 397

Redaktioneller Leitsatz

1. Der Schuldner eines Unterlassungsanspruchs hat alles zu unternehmen, was im konkreten Fall erforderlich und zumutbar ist, um künftige Verletzungen des Gebots zu verhindern. Er hat insbesondere durch geeignete Maßnahmen sicher zu stellen, dass die durch das Unterlassungsgebot betroffenen Inhalte seiner Webseite nicht mehr im Internet aufgerufen werden können, weder über die Webseite direkt noch über eine Internet-Suchmaschine. Seine Verpflichtung umfasst dabei auch die Vornahme von Handlungen, vor allem auch dann, wenn allein dadurch dem Unterlassungsgebot Folge geleistet werden kann.

2. Spätestens seit Erlass eines Anerkenntnisurteils, durch das der Schuldner zur Unterlassung bestimmter Werbeangaben verurteilt wurde, liegt eine schuldhafte Zuwiderhandlung gegen das für vorläufig vollstreckbar erklärte Unterlassungsgebot vor.

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers vom 06.06.2018 wird der (die Verhängung eines Ordnungsmittels zurückweisende) Beschluss des Vorsitzenden der 6. Zivilkammer des Landgerichts Aurich - dem Gläubiger zugestellt am 23.05.2018 - geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Gegen den Schuldner wird wegen einer Zuwiderhandlung gegen das durch Anerkenntnisurteil vom 01.04.2018 - 6 O 1028/13 Landgericht Aurich - ausgesprochene Unterlassungsgebot ein Ordnungsgeld in Höhe von 2.000,- € festgesetzt, ersatzweise für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, für jeweils 1.000,- € ein Tag Ordnungshaft.

Das Ordnungsgeld ist bis zum 31.08.2018 an die Gerichtskasse zu zahlen.

Der Schuldner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Wert des Verfahrens wird abweichend von der Wertfestsetzung des Landgerichts auf 2.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

In einer wettbewerbsrechtlichen Streitigkeit hat das Landgericht auf das Anerkenntnis des Beklagten gegen diesen am 01.04.2014 ein Anerkenntnisurteil erlassen. Nach dem Inhalt des Anerkenntnisurteils wurde dem Beklagten untersagt, im geschäftlichen Verkehr für eine Magnetfeldtherapie, insbesondere eine "pulsierende Magnetfeldtherapie (PMT)" mit bestimmten (im Anerkenntnisurteil wiedergegeben) Angaben zu werben. Wegen der Einzelheiten wird auf das dem Schuldner am 11.04.2014 zugestellte Anerkenntnisurteil verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 12.03.2018 hat der Gläubiger die Verhängung einer angemessenen Ordnungsmaßnahme beantragt, weil der Schuldner gegen das Unterlassungsgebot verstoßen haben soll.

Das Landgericht hat - nach Gewährung rechtlichen Gehörs - mit dem angefochtenen Beschluss vom 16.05.2018 den Antrag auf Verhängung von Ordnungsmitteln (kostenpflichtig) zurückgewiesen.

Dagegen wendet sich der Gläubiger mit dem Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde.

Das Landgericht hat mit dem Beschluss vom 14.06.2018 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Oldenburg zur Entscheidung über das Rechtsmittel zugeleitet.

II.

Die gemäß §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 793 ZPO statthafte und auch ansonsten zulässige (§ 569 Abs. 1 ZPO) sofortige Beschwerde des Gläubigers ist insgesamt sachlich gerechtfertigt.

Entgegen der Annahme des Landgerichts war gegen den Schuldner das beantragte Ordnungsmittel festzusetzen, da die entsprechenden Voraussetzungen für die Verhängung eines Ordnungsgeldes erfüllt sind.

§ 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann gegen den Schuldner wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,-€ verhängt werden, wenn der Schuldner der Verpflichtung zuwiderhandelt, eine Handlung zu unterlassen.

Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung für die Verhängung eines Ordnungsgeldes aufgrund von Zuwiderhandlungen liegen vor. Insbesondere war der zugrunde liegende Titel (Anerkenntnisurteil vom 01.04.2014) auch zur Zeit der Zuwiderhandlungen durch den Schuldner vollstreckbar.

Der Schuldner, der durch das Anerkenntnisurteil vom 01.04.2014 zu Unterlassungen bestimmter, dort im einzelnen aufgeführter Werbeangaben verurteilt wurde, hat schuldhaft gegen das Unterlassungsgebot aus dem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil verstoßen. An diesem Verstoß trifft den Schuldner auch das für die Festsetzung von Ordnungsmitteln erforderliche Verschulden.

Der Schuldner eines Unterlassungsanspruchs hat alles zu unternehmen, was im konkreten Fall erforderlich und zumutbar ist, um künftige Verletzungen des Gebots zu verhindern. Er hat insbesondere durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die durch das Unterlassungsgebot betroffenen Inhalte seiner Website nicht mehr im Internet aufgerufen werden können, weder über die Website direkt noch über eine Internetsuchmaschine (OLG Celle WRP 2015, 475 in juris Rn. 20; OLG Karlsruhe MMR 2013, 122 [OLG Karlsruhe 12.09.2012 - 6 U 58/11] in juris Rn. 22 ff; KG NJW-RR 2010, 968 [KG Berlin 27.11.2009 - 9 U 27/09] in juris Rn. 29 ff). Notfalls hat sich der Schuldner fachkundiger Hilfe zu bedienen, um dem Unterlassungsgebot zu genügen. Seine Verpflichtung umfasst dabei auch die Vornahme von Handlungen vor allem auch dann, wenn allein dadurch dem Unterlassungsgebot Folge geleistet werden kann. Da eine Zuwiderhandlung regelmäßig in einem Verhalten des Schuldners liegt und damit seiner Sphäre zuzuordnen ist, hat er darzulegen, welche Maßnahmen er ergriffen hat, um einen Verstoß gegen das titulierte Unterlassungsgebot zu verhindern (OLG Celle MD 2012, 287 in juris Rn. 18) und von ihm alles Erforderliche veranlasst wurde, um einen Verstoß auszuschließen (OLG Celle WRP 2015, 475 [OLG Celle 29.01.2015 - 13 U 58/14] in juris Rn. 19 m.w.N.).

Dem ist der Schuldner nicht nachgekommen und hat damit gegen das titulierte Unterlassungsgebot verstoßen.

Spätestens mit der Zustellung des Anerkenntnisurteils vom 01.04.2014 am 11.04.2014 war dem Schuldner bekannt, dass das vom Landgericht ausgesprochene Unterlassungsgebot ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar war. Das nimmt der Schuldner auch nicht in Abrede.

Der Gläubiger hat durch Vorlage entsprechender Internetausdrucke nachgewiesen, dass die inkriminierten Werbeaussagen nach Zustellung des Anerkenntnisurteils weiterhin im Internet aufgerufen werden konnten (Anlagen K 1, OA 2 und 3 zur Antragsschrift vom 12.03.2018). Der Schuldner ist damit dem Unterlassungsgebot nicht ausreichend nachgekommen, auch wenn er behauptet, die Inhalte sowie die dazugehörigen Domains und Domainpfade von seiner Website und aus dem Internet entfernt zu haben. Zu der Verpflichtung des Schuldners, durch Sicherstellung geeigneter Maßnahmen das Unterlassungsgebot umzusetzen, gehört, nicht nur die betroffenen Inhalte durch Änderung oder Löschung der Website zu entfernen, sondern auch die Abrufbarkeit über häufig genutzte Suchmaschinen im Internet auszuschließen. Ferner oblag ihm die Sicherstellung, dass nur noch die Neufassung der Homepage für Dritte abrufbar war. Dies macht auch Kontrollen der erforderlichen Arbeitsschritte des Providers und vor allem von deren Ergebnis erforderlich. Unter den gegebenen Umständen oblag es dem Schuldner insbesondere, die Präsenz nur der Neufassung im Internet zu überprüfen (OLG Köln GRUR-RR 2001, 24 in juris Rn. 4; OLG Celle WRP 2015, 475 [OLG Celle 29.01.2015 - 13 U 58/14] in juris Rn. 20).

Dass er nachhaltige Maßnahmen unternommen hat, um das weitere Erscheinen der Anzeigen zu verhindern, trägt der Schuldner nicht vor.

Infolge des schuldhaften und dem Schuldner zurechenbaren Verstoßes gegen das Unterlassungsgebot hat der Gläubiger zu Recht beantragt, gegen den Schuldner eine angemessene Ordnungsmaßnahme zu verhängen.

Von den gemäß § 890 Abs. 1 ZPO nach Wahl des Gerichts zu treffenden Maßnahmen der Zwangsvollstreckung zur Durchsetzung eines Unterlassungsgebot kommt hier die Verhängung eines Ordnungsgeldes in Betracht. Dabei ist das Ordnungsgeld in bestimmter Höhe nach Ermessen des Gerichts festzusetzen. Bei der Bemessung des Ordnungsgeldes ist dem Unwertgehalt der Verletzungshandlung (Schwere und Ausmaß der Zuwiderhandlung, Dauer des Verstoßes sowie Folgen für den Gläubiger) und dem Grad des Verschuldens des Zuwiderhandelnden ebenso Rechnung zu tragen wie dem Umstand, dass dem Schuldner erkennbar werden soll, dass die Titelverletzung wirtschaftlich nicht lohnend erscheint, sodass weitere Zuwiderhandlungen auch deshalb unterbleiben (Zöller-Stöber, ZPO, 32. Auflage, § 890 Rn. 18 mit weiteren Nachweisen).

Dem Senat erscheint danach die Verhängung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 2.000,- € angemessen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91 Abs. 1, 891 Satz 3 ZPO.