Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 26.11.2014, Az.: 6 A 6/14

Altkleidercontainer; Gewerbliche Sammlung; Kreislaufwirtschaft; Sondernutzungserlaubnis; Straßenbezogenes Kriterium

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
26.11.2014
Aktenzeichen
6 A 6/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 42603
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Standortsauberkeit ist zwar ein zulässiges straßenbezogenes Kriterium im Rahmen der Ermessensentscheidung über eine Sondernutzungserlaubnis zum Aufstellen von Altkleider- und Schuhcontainern. Der Verweis auf dieses Kriterium rechtfertigt aber nicht den dauerhaften Ausschluss auswärtiger Antragsteller gegenüber Antragstellern mit Ortsbezug.

2. Die Erlaubnisbehörde darf Sondernutzungserlaubnisse für Altkleider- und Schuhcontainer generell mit dem Argument ablehnen, auf diese Weise Gefahren für die Verkehrssicherheit durch Verschmutzungen von Containerstandorten verringern zu wollen.

3. Belange der Kreislaufwirtschaft sind von einer kreisangehörigen Gemeinde im straßenrechtlichen Erlaubnisverfahren auch dann nicht zu prüfen, wenn die Abfallbehörde des Landkreises durch einen Bescheid nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG zu erkennen gegeben hat, keine Einwände gegen die gewerbliche Sammlung von Altkleidern und Schuhen zu haben. Die generelle Ablehnung einer Sondernutzungserlaubnis ist regelmäßig auch dann nicht ermessensfehlerhaft.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von Altkleider- und Schuhcontainern.

Auf der Grundlage von § 18 Abs. 1 Satz 3 Niedersächsisches Straßengesetz (NStrG) hat die Beklagte eine Satzung über Erlaubnisse für Sondernutzungen an Gemeindestraßen und Ortsdurchfahrten vom 05.05.2008 (Sondernutzungssatzung - SNS -) erlassen. Zur Ausführung dieser Satzung fasste der Verwaltungsausschuss der Beklagten in seiner Sitzung vom 24.11.2011 einen Grundsatzbeschluss über ein Handlungskonzept. Danach werden Anträge zur Aufstellung von Altkleider- und Schuhcontainern durch gewerbliche Aufsteller, Textilverwertungsunternehmen usw. im öffentlichen Straßenraum der Beklagten grundsätzlich abgelehnt. Lediglich sozialen Einrichtungen mit örtlichem Bezug wird die Aufstellung derartiger Container gestattet. Zur Begründung bezog sich die Beschlussvorlage darauf, in den letzten Jahren seien mehrfach von verschiedenen gewerblichen Aufstellern Container ungenehmigt aufgestellt worden, regelmäßig etwa an Standorten vorhandener Container. Dadurch sei teilweise der Verkehr behindert worden. Das Umfeld der Container sei unaufgeräumt gewesen. Die Aufsteller seien oftmals nur schwer oder gar nicht erreichbar gewesen oder hätten Zusagen zur Entfernung bzw. Umstellung der Container nicht eingehalten. Die unaufgeräumten Stellplätze hätten zum Einsatz des Außendienstes geführt, der die Verursacher der Verunreinigung nicht hätte ermitteln können. Aufgrund dieser negativen Erfahrungen mit gewerblichen Aufstellern solle zukünftig nur noch das Aufstellen von Containern ortsnaher sozialer Einrichtungen wie DRK oder Tafel zugelassen werden, weil diese die gesammelten Kleidungsstücke nicht in erster Linie einer kommerziellen Verwertung zuführten, sondern über Kleiderkammern oder ähnliche Einrichtungen bedürftigen Personen zukommen ließen. Den sozialen Einrichtungen solle die Aufstellung kostenfrei gestattet werden.

Der Kläger sammelt unter der Firmenbezeichnung G. Altkleider und Schuhe. Nach eigenen Angaben in einem Exposé seines Unternehmens (Beiakte A) bewirtschaftet er in Norddeutschland (zu 90 Prozent, sowie in Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen), ohne Subunternehmer einzusetzen, mehr als 1.000 Alttextilcontainer, die wöchentlich mindestens einmal geleert werden. Die gesammelten Textilien werden an „Entsorger“ weitergegeben. Dabei handelt es sich nach Angaben des Klägers um „zertifizierte Betriebe im In- und Ausland“, bei denen eine umweltbewusste Weiterverarbeitung sichergestellt ist. Die Container werden nach Angaben des Klägers zu 80 Prozent im öffentlichen Straßenraum und zu 20 Prozent auf Privatgrundstücken aufgestellt.

Die Tätigkeit wird von ihm als gewerbliche Sammlung in dem Verfahren nach § 18 Abs. 1 und 2 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) bei den jeweils zuständigen Behörden angezeigt. Der Landkreis Gifhorn erließ gegenüber dem Kläger gem. § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG mit Datum vom 08.11.2012 einen Bescheid mit Nebenbestimmungen zu der mit Schreiben vom 08.08.2012 angezeigten gewerblichen Sammlung von Kleidung und Schuhen im Landkreis Gifhorn. Der Anzeige zufolge sammelt der Kläger im Landkreis Gifhorn jährlich ca. 90.000 kg Kleidung und Schuhe in 115 Containern.

Am 10.10.2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zur Aufstellung von drei Altkleidercontainern an den Standorten E., Hauptstraße und F., jeweils neben den Glascontainern. Der Kläger wies u. a. darauf hin, durch die wöchentliche Entleerung der Behälter und die Säuberung der Plätze garantiere er ein jederzeit einwandfreies Erscheinungsbild.

Mit Bescheid vom 09.12.2013 lehnte die Beklagte den Antrag auf Sondernutzung ab. Zur Begründung verwies sie u. a. darauf, der Aufstellung von Sammelcontainern für Altkleider, Schuhe und andere Textilien durch gewerbliche Aufsteller werde generell nicht zugestimmt. Bislang seien gewerbliche Container im Gemeindegebiet auf öffentlichen Flächen nur ungenehmigt aufgestellt worden. Bei Containern gewerblicher Aufsteller sei es in der Vergangenheit häufig zu Verschmutzungen des näheren Umfeldes und zum Blockieren von Parkflächen und Gehwegen durch unsachgemäß abgelegtes Containergut gekommen. Dieses sei sowohl auf die unsachgemäße Anlieferung von Kunden als auch auf die teilweise vorgenommene Aussonderung von Fehlwürfen bei der Containerleerung zurückzuführen gewesen. Durch unsachgemäß abgelagertes und umherwehendes Containergut gehe mit der negativen Beeinträchtigung des Ortsbildes auch eine Belästigung für Passanten und Anwohner einher. Gewerbliche Containeraufsteller seien häufig schwierig zu erreichen gewesen, Zusagen würden nicht eingehalten und Reinigungen aus wirtschaftlichen Gründen erst frühestens mit der nächsten Leerungstour vorgenommen. Die Verschmutzung des Umfeldes führe damit oftmals für die Dauer mehrerer Tage auch zu Beeinträchtigungen der Verkehrssicherheit. Genehmigungen würden daher ausschließlich an soziale Einrichtungen mit örtlichem Bezug erteilt, welche die gesammelten Kleidungsstücke nicht in erster Linie einer kommerziellen Verwertung zuführten. Gerade diese sozialen Einrichtungen hätten nach der Erfahrung der vergangenen Jahre - durch die unmittelbare Ortsnähe und die besondere Beobachtung durch die Öffentlichkeit - ein hohes Augenmerk auf die Container und ein gepflegtes Umfeld gehabt und deutlich häufigere Kontrollen und Leerungen als die gewerblichen Aufsteller vorgenommen. Aus den genannten Gründen könne dem Kläger die Aufstellung der Container nicht genehmigt werden. Es bleibe ihm jedoch unbenommen, sich um Stellplätze auf privaten Flächen zu bemühen. Hierzu könnten sich beispielsweise die fünf Lebensmittelmärkte in Isenbüttel oder andere Flächen privater Eigentümer anbieten. Der Container an der Hauptstraße befinde sich zudem auf dem Privatgelände eines Einkaufsmarktes.

Der Kläger hat am 09.01.2014 Klage erhoben, die er auf die Container in den Straßen E. und F. beschränkt.

Mit Beschlüssen des Verwaltungsausschusses vom 09.10.2014 und des Rates vom 23.10.2014 hat die Beklagte ihr Handlungskonzept und damit ihre Verwaltungspraxis bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Sammlung gebrauchter Textilien und Schuhe geändert. Danach wird die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Altkleider- und Schuhcontainern im öffentlichen Straßenraum ab sofort generell versagt, um die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, die Aufrechterhaltung eines störungsfreien Gemeingebrauchs und die Sauberkeit der öffentlichen Straßen zu gewährleisten. Der derzeit vom DRK genutzte Container auf dem Stellplatz „Am Wendehof“ sei auf eine private Fläche umzusiedeln. Zur Begründung wird auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Braunschweig in dem Urteil vom 04.12.2013 (6 A 65/12) verwiesen, wonach nicht auf die Gemeinnützigkeit als Auswahlkriterium zurückgegriffen werden dürfe, weil dieses Kriterium nicht straßenbezogen sei. Gleichwohl bestehe noch das Bedürfnis, Missstände zu vermeiden, die in der Vergangenheit durch das unerlaubte Aufstellen von Containern gewerblicher Unternehmen entstanden seien und die dem Handlungskonzept vom 24.11.2011 zugrunde gelegen hätten. Verunreinigungen an den Standorten, z. B. durch Tragetaschen, Kartons und Pappen müssten vermieden werden. Es gebe eine Vielzahl von Standorten für Container auf privaten Flächen. Neben den vorhandenen fünf Lebensmittelmärkten würden derzeit auch andere Flächen zur Aufstellung von Containern genutzt (z. B. H., Hotel I.). Aufgrund der besonders hohen Anzahl von privaten Flächen für Container sei die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen im öffentlichen Verkehrsraum für eine ausreichende Versorgung mit Altkleider- und Schuhcontainern nicht mehr erforderlich. Eine ordnungsgemäße Entsorgung von Altkleidern und Altschuhen sei auch so gewährleistet.

Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, die ursprüngliche Beschränkung auf soziale Einrichtungen mit Ortsbezug sei wegen eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in Art. 3 Abs. 1 GG rechtswidrig, weshalb der angefochtene Bescheid rechtswidrig sei. Das sei im Hinblick auf den nicht straßenbezogenen Gesichtspunkt der Gemeinnützigkeit, also der Verwendung der Einnahmen aus der Sammlung bzw. Weitergabe der Kleidung, bereits geklärt. Außerdem sei er genauso wie soziale Einrichtungen in der Lage, die Standorte sauber zu halten und Verunreinigungen zügig zu beseitigen. Das habe er vielfach in anderen Gemeinden bewiesen.

Er habe aufgrund einer Ermessensreduzierung auf Null einen Anspruch auf die beantragte Sondernutzungserlaubnis. Denn auch das neue Handlungskonzept der Beklagten sei mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Ein genereller Ausschluss jeglicher Sammlung von Altkleidern und Schuhen sei unzulässig. Die ihm nach dem § 17 Abs. 2 Satz 1 KrWG eingeräumte Möglichkeit einer gewerblichen Sammlung laufe sonst leer. Aufgrund einer Zusammenschau von straßen- und abfallrechtlichen Erwägungen sei von einer Ermessensreduzierung auf Null zugunsten der Erteilung einer Erlaubnis auszugehen. Bei der Altkleidersammlung stünden beide Rechtsbereiche in einem sachlichen Zusammenhang, wie das Nds. OVG in seinem Beschluss vom 31.01.2013 (7 LA 160/11, juris) festgestellt habe. Die Wechselwirkung von Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrW) und Niedersächsischem Straßengesetz (NStrG) sei im Lichte des Grundrechts aus Art. 12 GG (Berufsfreiheit) zu bewerten. Die gewerbliche Sammlung sei eine nach dem KrWG erwünschte berufliche Tätigkeit, die hier durch die vollständige Untersagung seitens der Beklagten in Anwendung des NStrG unmöglich gemacht werde. Darin liege ein Eingriff in die Freiheit der Berufswahl, der sich auf der dritten Stufe nach der Drei-Stufen-Theorie des BVerfG bewege, weil die Beklagte objektive Zulassungsbeschränkungen erlasse. Überragend wichtige Gemeinschaftsgüter, welche den Eingriff rechtfertigen könnten, seien nicht erkennbar. Auch liege keine schwere und unabweisbare Gefahr vor, weil die Beklagte (nur) auf Verschmutzungen der Stellplätze verweise. Maßstab für die Entscheidung dürfe im Übrigen nur sein eigenes Verhalten sein. Er habe die Standorte immer makellos sauber gehalten. Ein Fehlverhalten Dritter sei ihm nicht vorzuwerfen, auch wenn es „schwarze Schafe“ gebe. Ferner sei zu berücksichtigen, dass nur sehr wenige Stellflächen auf privaten Grundstücken zur Verfügung stünden. Viele Standorte seien auch schon belegt. Auf nur einige wenige Container dürfe er als Gewerbetreibender nicht verwiesen werden. Der Verweis auf eine Ausdehnung der Tätigkeit auf andere Gemeinden trage nicht, da die Container geleert und gewartet werden müssten, weshalb er diese nur in der Nähe seines Betriebes aufstellen könne. Wenn er nach dem KrWG berechtigt sei, die Sammlung durchzuführen, wie es der Bescheid des Landkreises Gifhorn vom 08.11.2012 bestätige, so müsse er auch die realistische Möglichkeit dazu haben. Im Ergebnis sehe er sich einem faktischen Berufsverbot gegenüber.

Die Beklagte verkenne auch, dass nach §§ 1, 17, 20 KrWG eine Pflicht zur Verwertung gem. §§ 6 bis 11 KrWG oder Beseitigung gem. §§ 15, 16 KrWG bestehe. Zur Erfüllung dieser Pflichten könnten gewerbliche Sammler einbezogen werden. Durch die Beschränkung auf private Standorte verletze die Beklagte diese Pflichten und durchbreche den Abfallkreislauf. Denn die Beschränkung auf wenige, entfernt liegende Standorte führe dazu, dass die Bürger ihre Alttextilien nicht ausschließlich den Sammlungen gäben, sondern über den Restmüll entsorgten, weil sie die Sammelplätze nicht kennen würden oder diese zu weit entfernt lägen. Die Beklagte sei aber zu einer Steigerung der Wiederverwendung verpflichtet. Das ergebe sich auch aus § 1 Nr. 3 Niedersächsisches Abfallgesetz (NAbfG). Die allgemeine Pflicht zur umweltverträglichen Abfallbewirtschaftung aus § 2 NAbfG habe die Beklagte nach § 3 Abs. 1 NAbfG zu beachten. Sie müsse sich danach vorbildlich verhalten, was hier nicht geschehe. Sie könne sich dieser Pflicht nicht durch den Verweis auf den Landkreis Gifhorn als unterer Abfallbehörde entziehen.

Sofern die Beklagte auf private Korb- und Sacksammlungen verweise, wolle sie in ihre zukünftige Entscheidung zweckfremde Erwägungen einbeziehen. Diese Sammlungen führten zu einer Verschmutzung der Straßen mit Textilien und Schuhen, die aus den Körben fielen oder aus zerrissenen Säcken stammten. Die Körbe und Säcke würden nämlich in der Regel leer oder gefüllt auf die Straße gestellt und blieben bei der üblichen Abholung erst nach einer Woche tagelang am Straßenrand stehen. Das erzielte Ergebnis stünde im Widerspruch zu dem angegebenen Ziel einer Förderung der Sauberkeit. Durch Korb- und Sacksammlungen würden - im Gegenteil - ganze Straßen und nicht nur Sammelinseln verunreinigt und der Straßenverkehr gefährdet. Das gelte vor allem im Dunkeln für Radfahrer und Fußgänger. Der Eingriff in den Gemeingebrauch sei intensiver.

Durch Auflagen sei eine Beschränkung auf „Abfallinseln“ möglich. Auf diese Weise könnten ein „Wildwuchs“ an Containern verhindert und die herumliegenden Abfälle Verursachern zugeordnet werden. Er sei außerdem bereit, die Leerungsfrequenz zu erhöhen, um der Beklagten eine verhältnismäßige Entscheidung zu ermöglichen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 09.12.2013 zu verpflichten, ihm die beantragte Sondernutzungsgenehmigung zur Aufstellung von zwei Alttextilcontainern in den Straßen E. und F. in der Gemeinde Isenbüttel zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, sie sei nicht verpflichtet, gewerbliche Sammlungen im öffentlichen Straßenraum durch Sondernutzungserlaubnisse für Container zuzulassen. Durch solche Sondernutzungserlaubnisse werde nicht etwas Erlaubtes verboten, sondern etwas nicht Erlaubtes nicht zugelassen. Die Nutzung der Straße für gewerbliche Sammlungen stelle nämlich straßenrechtlich eine Ausnahme dar. Aus sachlichen Gründen könne eine Gemeinde die Straßen von verkehrsfremden Nutzungen freihalten. Die Verschmutzung der Standorte sei ein anerkannter sachlicher und straßenbezogener Grund.

Die Zulässigkeit der Sammlung nach dem KrWG habe keine Bedeutung für die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis, der nur straßenbezogene Erwägungen zugrunde liegen dürften. Ein rechtswidriger Eingriff in die Berufswahlfreiheit liege nicht vor. Der Kläger könne aus Art. 12 GG auch keinen Teilhabeanspruch ableiten. Erwerbschancen seien nicht durch die Grundrechte geschützt. Das Gewerbe des Klägers sei außerdem nicht standortgebunden. Er könne die Container bundesweit aufstellen. Auch sei es ihm unbenommen, Sammelbehälter auf privaten Flächen aufzustellen oder Korb- und Sacksammlungen durchzuführen, die keinen intensiveren Eingriff in den Gemeingebrauch darstellten. Vielmehr werde dadurch der Gemeingebrauch gar nicht berührt. Gefahren für den Straßenverkehr würden nicht hervorgerufen. Die Säcke und Körbe würden in der Regel neben der Haustür bereitgestellt. Zu Beschwerden sei es bei den nur jährlich einmal stattfindenden Sammlungen bisher nicht gekommen.

In den Abfallkreislauf greife sie nicht ein. Es gebe genügend Standorte auf privaten Grundstücken. Die Behauptung, ohne Container im öffentlichen Straßenraum würden Altkleider und Schuhe vermehrt über den Restmüll entsorgt, sei aus der Luft gegriffen und nicht belegt. Für abfallrechtliche Bewertungen sei außerdem der Landkreis Gifhorn als untere Abfallbehörde zuständig.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

Der angefochtene Bescheid vom 09.12.2013 ist als rechtswidrig aufzuheben. Er verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO, 1.). Der Kläger hat einen Anspruch auf eine erneute Entscheidung der Beklagten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO); eine Ermessensreduzierung auf Null, die ihm einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis verleiht, ist hingegen nicht anzunehmen (2.).

1. Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung von Altkleider- und Schuhcontainern im öffentlichen Straßenraum ist § 18 Abs. 1 Satz 1 und 2 NStrG, wonach der zuständigen Behörde bei ihrer Entscheidung ein Ermessen zusteht. Das Aufstellen der in Rede stehenden Container ist nach § 18 NStrG erlaubnispflichtig, da die Straße über den Gemeingebrauch i. S. d. § 14 Abs. 1 Satz 1 NStrG hinaus in Anspruch genommen wird, wobei es unerheblich ist, wo sich der Container im Straßenraum genau befindet (Rand-, Seitenstreifen, öffentlicher Platz, Wertstoffsammelplatz, vgl. VG Braunschweig, Urt. v. 10.02.2009 - 6 A 240/07 -, juris Rn. 15, 18).

Der Bescheid vom 09.12.2013 ist ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig, weil es dem Kläger unter Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dauerhaft verwehrt bleiben sollte, bei der Vergabe der Sondernutzungserlaubnisse berücksichtigt zu werden und sich die Beklagte überdies mit der Beschränkung auf soziale Einrichtungen auf einen nicht straßenbezogenen Gesichtspunkt stützte.

Das der Beklagten nach § 18 NStrG und § 3 SNS zustehende Ermessen ist entsprechend dem Zweck des § 18 NStrG unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen auszuüben (§ 1 Abs. 1 Nds. VwVfG i. V. m. § 40 VwVfG). Das Gericht hat die Ermessensentscheidung der Behörde nur darauf zu überprüfen, ob sie diesen rechtlichen Rahmen eingehalten hat (§ 114 Satz 1 VwGO). Ermessenserwägungen können im Gerichtsverfahren ergänzt werden (§ 114 Satz 2 VwGO).

Das Erlaubnisverfahren soll sicherstellen, dass die zuständige Behörde Kenntnis von Ort und Umfang der beabsichtigten Straßennutzung erhält, damit sie von vornherein erkennbare Störungen verhindern oder in zumutbaren Grenzen halten sowie die unterschiedlichen und teilweise gegenläufigen Nutzungsabsichten der Straßennutzer ausgleichen kann. Für ihre Entscheidung muss die Behörde dementsprechend die betroffenen Interessen gegeneinander abwägen. Zu berücksichtigen hat sie dabei insbesondere das Interesse des Antragstellers an der Durchführung des Vorhabens und die öffentlichen Belange, deren Schutz der zuständigen Behörde anvertraut ist. Die Regelungen dienen dem Schutz der Straße und ihrer Funktion. Als öffentliche Belange darf die Behörde ihrer Ermessensentscheidung daher nur Gesichtspunkte zugrunde legen, die einen sachlichen Bezug zur Straße haben. Dazu gehören die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, die Aufrechterhaltung eines störungsfreien Gemeingebrauchs, der Schutz der Straßenanlieger vor Störungen und der Schutz der Straßensubstanz, aber auch alle anderen Gesichtspunkte, die noch in engem Zusammenhang mit dem Widmungszweck der Straße stehen. Dagegen darf die Behörde die Sondernutzungserlaubnis nicht wegen anderer rechtlicher Gesichtspunkte - etwa wegen drohender Straftaten, Ordnungswidrigkeiten oder sonstiger Verstöße gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften - ablehnen (VG Braunschweig, Urt. v. 15.01.2003 - 6 A 237/01 -; Urt. v. 04.12.2013 - 6 A 65/12 -, www.rechtsprechung.niedersachsen.de; Sauthoff, Öffentliche Straßen, 2. Aufl., Rn. 661, jeweils m. w. N).

Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte das Problem einer Verschmutzung des Containerstandorts und damit auch der Straße mit der Folge einer Gefährdung des Straßenverkehrs als maßgebenden Gesichtspunkt ihrer Ermessensentscheidung herangezogen hat. Das Ziel, derartige Verschmutzungen des Straßenraums zu vermeiden, ist ein unmittelbar auf den Straßengrund bezogenes Entscheidungskriterium, mit dem eine Straßenbehörde die Ablehnung einer Sondernutzungserlaubnis begründen darf (VG Braunschweig, Urt. v. 10.02.2009, a. a. O., Rn. 30 f., 47).

Die Ermessensentscheidung in dem angefochtenen Bescheid ist jedoch gleichwohl insofern rechtlich unzulänglich, als die Beklagte gegen das Gebot der Gleichbehandlung in Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 2 Nds. Verf. verstoßen hat. Das Gleichbehandlungsgebot zwingt die Kommunen zwar nicht dazu, Sondernutzungserlaubnisse für Alttextilcontainer in jedem Fall auf mehrere Unternehmen zu verteilen. Andere Anbieter haben aber einen Anspruch darauf, dass ihnen nicht aus unsachlichen Gründen eine solche Erlaubnis verwehrt wird (VG Braunschweig, Urt. v. 10.02.2009, a. a. O., juris Rn. 36, 38; Urt. v. 04.12.2013 - 6 A 65/12 -, a. a. O.). Diesem Maßstab ist die Beklagte bei ihrer ursprünglichen Ablehnung des klägerischen Antrags nicht gerecht geworden.

Der Kläger hat angegeben, auf die Standortsauberkeit in besonderem Maße zu achten und insofern dieselbe Leistung wie die von der Beklagten bislang bevorzugten sozialen Einrichtungen mit örtlichem Bezug zu bieten. Die Kammer hat nicht den Eindruck gewonnen, dass der aus anderen Gerichtsverfahren bekannte Kläger damit Versprechungen gemacht hat, die er von vornherein nicht halten kann oder will.

Außerdem sind die von der Beklagten insofern angeführten guten Erfahrungen mit sozialen Einrichtungen mit Ortsbezug kein sachlicher Grund dafür, den Kläger dauerhaft auszuschließen. Denn die Probleme mit der Sauberkeit beruhten nach dem Vorbringen der Beklagten in erster Linie auf dem „wilden“ Aufstellen von Altkleider- und Schuhcontainern durch gewerbliche Anbieter ohne Erlaubnis. Dass sich daran im Gebiet der Beklagten auch der Kläger beteiligte und infolgedessen von vornherein mit sachlichen Gründen von der Erlaubniserteilung ausgeschlossen werden konnte, wird indessen nicht dargelegt. Die Beklagte berief sich in dem angefochtenen Bescheid nicht auf individuelle Gründe, sondern auf ihr starres Handlungskonzept, das den generellen Ausschluss gewerblicher Anbieter vorsah.

Deshalb musste die Beklagte dem Kläger (und anderen gewerblichen Anbietern) die Möglichkeit einräumen, in absehbarer Zeit zumindest in das Auswahlverfahren einbezogen zu werden. Dies sollte nicht geschehen, was einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in Art. 3 Abs. 1 GG (Art. 3 Abs. 2 Nds. Verf.) darstellte. Der Verweis auf Stellflächen privater Grundstücke genügte nicht.

Es kommt hinzu, dass sich die Beklagte mit der Beschränkung auf „soziale Einrichtungen“ auf ein unzulässiges Unterscheidungskriterium bezogen hat. Die Kammer hat bereits entschieden, dass die Gemeinnützigkeit bei der Entscheidung nach § 18 NStrG nicht zugrunde gelegt werden darf, da dieser Umstand keinen Bezug zu der betroffenen Straße hat (VG Braunschweig, Urt. v. 04.12.2013, a. a. O., vgl. auch VG Gießen, Urt. v. 14.12.2000 – 10 E 31/00 –, juris Rn. 35).

Indem sich die Beklagte nunmehr auf das vom Rat der Beklagten am 23.10.2014 beschlossene neue Konzept für Altkleider- und Schuhsammlungen bezieht, kann die ermessensfehlerhafte Entscheidung der Beklagten durch den Bescheid vom 09.12.2013 nicht geheilt werden. Nach § 114 Satz 2 VwGO können Ermessenserwägungen zwar auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzt werden. Ein vollständiger Austausch der tragenden behördlichen Erwägungen ist jedoch keine Ergänzung im Sinne dieser Vorschrift (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 113 Rn. 72, § 114 Rn. 50, vgl. auch BVerwG, Urt. v. 05.05.1998 - 1 C 17.97 -, juris Rn. 37 zur Grenze „Wesensveränderung“ des Verwaltungsakts). Die Beklagte hatte sich im Kern zuvor auf die Vergabe an vermeintlich allein die Standortsauberkeit gewährleistende soziale Einrichtungen mit örtlichem Bezug gestützt und sieht nun generell keine Notwendigkeit mehr, überhaupt Container für Altkleider und Schuhe im öffentlichen Straßenraum zuzulassen, weshalb sie die Begründung des Bescheids vom 09.12.2013 nicht ergänzt, sondern vollständig ausgetauscht hat.

2. Das neue Handlungskonzept nach dem Ratsbeschluss vom 23.10.2014 darf von der Beklagten bei der erneuten Entscheidung über den klägerischen Antrag gem. § 18 Abs. 1 Satz 1 NStrG berücksichtigt werden. Durch das Konzept wird die Ermessensausübung der Beklagten im Interesse einer einheitlichen Entscheidungspraxis geprägt.

Das Gericht sieht in der generellen Ablehnung der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für Altkleider- und Schuhcontainer keinen Ermessensfehler.

Weder ergibt sich aus dem Verhältnis des § 18 NStrG zum KrWG eine Verpflichtung der Beklagten, Sondernutzungserlaubnisse an (gewerbliche) Sammler zu erteilen (a), noch folgt dies aus dem Grundrecht auf Berufsfreiheit oder einem anderen Grundrecht (b).

a) Aus der abfallrechtlichen Bestätigung seiner gewerblichen Sammlung durch den Erlass von Nebenbestimmungen in dem auf § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG gestützten Bescheid des Landkreises Gifhorn vom 08.11.2012 kann der Kläger für sein Klagebegehren in dem vorliegenden straßenrechtlichen Verfahren nichts herleiten. Die Kammer hat sich in dem Beschluss vom 17.01.2014 (6 B 286/13) eingehend mit dem Verhältnis des KrWG zum NStrG auseinandergesetzt. Antragsteller war der Kläger, untere Abfallbehörde der Landkreis Gifhorn und betroffene Gemeinde Meinersen (im Parallelverfahren die Gemeinde Leiferde, Beschluss vom selben Tag - 6 B 286/13 -, juris). Zugrunde lag der genannte Bescheid vom 08.11.2012. An den seinerzeitigen rechtlichen Wertungen ist festzuhalten.

In dem Beschluss hat die Kammer ausgeführt, mit einer Entscheidung der unteren Abfallbehörde nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG werde nicht schon über die Rechtmäßigkeit der straßenrechtlichen Sondernutzung durch Altkleidercontainer entschieden (Rn. 13 f.). Die Kammer hat ferner hervorgehoben, es sei nicht erkennbar, dass die abfallrechtlich zulässige Sammlung durch die Versagung der Sondernutzungserlaubnis faktisch unmöglich gemacht werde (Rn. 18). Insofern hat die Kammer auf Hol- und Bringsysteme und die Aufstellung auf privaten Grundstücken verwiesen. Diese Möglichkeiten hat auch der Kläger. Korb- und Sacksammlungen stehen ihm ungeachtet dazu bestehender unterschiedlicher Einschätzungen der Beteiligten (s. o. Tatbestand) genauso offen wie private Grundstücke, auf denen er auch im Gebiet der Beklagten über Container Altkleider und Schuhe sammeln kann. Dass der Kläger in absehbarer Zeit auf keinem privaten Grundstück zum Zuge kommen wird, hat er nicht substantiiert dargelegt. Dies ist angesichts der - nach Angaben der Beklagten - fünf Lebensmittelmärkte und anderer möglicher Standorte auch nicht ersichtlich. Außerdem kann der Kläger in anderen Gemeinden des Landkreises Gifhorn nach wie vor auch Container im öffentlichen Straßenraum aufstellen und auf diese Weise die ihm eröffnete abfallrechtliche Möglichkeit einer Sammlung nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nutzen.

Wie oben bereits ausgeführt, ist ferner auch hier hervorzuheben, dass nur straßenbezogene Gründe in die Ermessensentscheidung über die Sondernutzungserlaubnis einfließen dürfen. Belange der Kreislaufwirtschaft und allgemeine ordnungsrechtliche Gesichtspunkte haben keinen hinreichenden Bezug zur Straße als Regelungsgegenstand des Straßengesetzes (so auch der zuvor erwähnte Beschl. v. 17.01.2014                      - 6 B 285/13 -, a. a. O., Rn. 19). Dafür genügt beispielsweise nicht, dass eine gewerbliche Sammlung im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG auch im öffentlichen Straßenraum stattfinden kann oder üblicherweise dort vollzogen wird. Denn Zweck des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ist es, die Kreislaufwirtschaft zur Schonung der natürlichen Ressourcen zu fördern und den Schutz von Mensch und Umwelt bei der Erzeugung und Bewirtschaftung von Abfällen sicherzustellen (§ 1 KrWG). Diesem Ziel dienen die Bestimmungen des KrWG zu Vermeidung, Verwertung, Beseitigung von Abfällen oder sonstigen Maßnahmen der Abfallwirtschaft (s. § 2 Abs. 1 sowie die Grundsätze der Abfallhierarchie in § 6 Abs. 1 und 2 KrWG). Soweit gewerbliche Sammlungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG von der Überlassungspflicht für Abfälle ausgenommen werden, wird außerdem schon nach dem Wortlaut der Bestimmung ebenfalls eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung vorausgesetzt. Die Berücksichtigung der Ziele des KrWG ist indessen nicht Gegenstand der straßenrechtlichen Prüfung nach § 18 NStrG, die nur die Inanspruchnahme der Straße über den Gemeingebrauch hinaus zu bewerten hat. Daher vermag die auf eine „Durchbrechung des Abfallkreislaufs“ (s. dazu §§ 7 - 14 KrWG) gerichtete Argumentation des Klägers den generellen Ausschluss gewerblicher Aufsteller durch die Verweigerung von Sondernutzungserlaubnissen rechtlich nicht zu beeinflussen. Die Beklagte muss daher nicht prüfen, inwiefern die Ziele des KrWG durch eine Versagung beeinträchtigt werden, ob etwa Recycling, Wiederverwendung oder Verwertung von Kleidung und Schuhen effektiv nur über Aufstellflächen im öffentlichen Straßenraum gewährleistet werden kann. Eine Berücksichtigung abfallrechtlicher Belange mag in Betracht kommen, wenn einer gewerblichen Sammlung durch eine straßenrechtliche Entscheidung faktisch ganz der Boden entzogen wird und die abfallrechtliche Bewertung offensichtlich ist. Da der Kläger durch die Ablehnung der Beklagten nicht in diese Situation geraten wird, kann die Frage offengelassen werden. Seine abfallrechtlichen Möglichkeiten laufen nicht leer.

Auch die kompetenzrechtliche Zuordnung der betroffenen öffentlichen Aufgaben steht einer Berücksichtigung der Belange des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts entgegen. Die Durchführung des KrWG obliegt gem. §§ 41 Abs. 2 Satz 1, 42 Abs. 1 Niedersächsisches Abfallgesetz (NAbfG) den Landkreisen als unteren Abfallbehörden, hier dem Landkreis Gifhorn. Die Beklagte ist als Trägerin der Straßenbaulast hingegen gem. § 18 Abs. 1 Satz 2 2. Halbs. NStrG für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für Gemeindestraßen zuständig. Regelungen für eine Beteiligung der unteren Abfallbehörden, die eine Prüfung von Gesichtspunkten der Kreislaufwirtschaft im straßenrechtlichen Verwaltungsverfahren ermöglichen, existieren nicht, weshalb deren Berücksichtigung durch zwei Behörden unterschiedlicher Träger auch materiell-rechtlich zu unerwünschten Ergebnissen führen könnte. Eine nicht einheitliche Anwendung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts wäre zu befürchten (s. umgekehrt Beschl. v. 17.01.2014, a. a. O., Rn. 15, zur fehlenden Konzentrationswirkung im KrWG bzgl. straßenrechtlicher Belange).

Die Frage des Marktzugangs eines Unternehmens, welche die 2. Kammer des erkennenden Gerichts in den Beschlüssen vom 18.11.2013 (2 B 1403/13) und vom 30.07.2014 (2 B 152/14) behandelt hat, berührt die erneute Entscheidung der Beklagten nicht. Denn anders als die Stadt Wolfsburg und die Stadt Salzgitter in den dortigen Verfahren hat der Landkreis Gifhorn die gewerbliche Sammlung nicht nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG vollständig untersagt, sondern nur Auflagen gem. § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG verfügt.

Der von dem Kläger angesprochene Beschluss des Nds. OVG vom 31.01.2013 (7 LA 160/11, juris) weist lediglich auf einen sachlichen Zusammenhang der Sondernutzungserlaubnisse nach dem Straßenrecht mit der Zulassung gewerblicher Sammlungen von Altkleidern nach dem Abfallrecht hin. Ohne abfallrechtliche Berechtigung zur gewerblichen Sammlung sei die Sondernutzungserlaubnis wirtschaftlich sinnlos. Damit habe die straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis für 500 Container eine grundlegende verwaltungs- und umweltpolitische Dimension, die sie aus dem Kreis der nach eingefahrenen Grundsätzen zu erledigenden „Geschäfte der laufenden Verwaltung“ heraushebe, worüber das Oberverwaltungsgericht zu befinden hatte. Das Nds. OVG hat aber keine Prägung des Straßenrechts durch das Kreislaufwirtschafts- oder Abfallrecht gesehen oder sonst eine Berücksichtigung dieses Rechts bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen verlangt.

b) Der Beklagten ist es auch nicht im Hinblick auf die Grundrechte von gewerblichen Sammlern verwehrt, die Sammlung von Altkleidern und Schuhen im öffentlichen Straßenraum generell zu untersagen. Der Kläger kann sich insofern nicht mit Erfolg auf sein Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG berufen. Ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG liegt vor, allerdings wird der Kläger nicht mit einer objektiven Berufswahlschranke konfrontiert. Denn unter Berufswahl ist die freie Entscheidung, eine Berufstätigkeit aufzunehmen und einen bestimmten Beruf auszuüben, zu verstehen (v. Münch/Kunig, Grundgesetz, Band 1, 6. Aufl., Art. 12 Rn. 26). Die Berufsausübung ist durch tätigkeitsbezogene Aspekte wie Form, Inhalt, zeitlicher, räumlicher und gegenständlicher Umfang gekennzeichnet (v. Münch/Kunig, a. a. O., Art. 12 Rn. 27). Die Freiheit des Klägers, den Beruf eines Unternehmers, der Altkleider und gebrauchte Schuhe sammelt, zu ergreifen und auszuüben, wird durch die Entscheidungen der Beklagten nicht eingeschränkt. Das neue Handlungskonzept der Beklagten zielt auch nicht darauf ab. Die Beklagte will nur die Nutzung des öffentlichen Straßenraums für Sammlungen dieser Art ausschließen. Der Kläger kann und darf sich überall, auch im Landkreis Gifhorn, beruflich betätigen (s. o.). Er kann über Sammlungen auf privaten Grundstücken und über andere Sammlungsformen seinen Beruf ausüben sowie in anderen Gemeinden, auch im Landkreis Gifhorn, Container im öffentlichen Straßenraum aufstellen. Die in seinem Exposé aufgelisteten Gemeinden und Unternehmen zeigen sein auch geographisch breites Betätigungsfeld, das eine Beschränkung auf die Region Braunschweig, den Landkreis Gifhorn oder gar die Beklagte bzw. deren Umgebung nicht erkennen lässt (Beiakte A). Von einem faktischen Berufsverbot kann daher keine Rede sein.

Sofern die Stufenlehre aus dem Apothekenurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11.06.1958 (1 BvR 596/56) überhaupt noch angewandt wird (s. dazu v. Münch/Kunig, a. a. O., Rn. 25), ist ein Eingriff auf der ersten Stufe - Berufsausübungsregelung - zu prüfen. Vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls müssen den Grundrechtseingriff dann rechtfertigen (v. Münch/Kunig, a. a. O., Rn. 57). Insofern hat die Beklagte zu Recht auf den Aspekt der Standortsauberkeit verwiesen, den die Kammer - wie erwähnt - u. a. in dem Urteil vom 10.02.2009 (6 A 240/07, a. a.O.) als anzuerkennenden Gesichtspunkt (des Allgemeinwohls) bewertet hat (so auch Urt. v. 04.12.2013 - 6 A 65/12, a. a. O.). Denn durch Verschmutzungen drohen Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs. Reinigungskosten fallen häufig der Allgemeinheit zur Last, weil die Verantwortlichen regelmäßig nicht ermittelt werden können.

Im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte das Interesse des Klägers daran, die gewerbliche Sammlung auch im öffentlichen Straßenraum zu betreiben, hinter dem zuvor genannten öffentlichen Interesse an der Standortsauberkeit zurücktreten lässt. Das neue Handlungskonzept bildet eine sachgerechte Grundlage für die Verwaltungsentscheidung. Insofern weist die Beklagte zu Recht darauf hin, die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach § 18 NStrG sei ein Ausnahmefall, mit dem eine Straßennutzung ermöglicht wird, die die über den straßenrechtlich im Regelfall vorgesehenen Gemeingebrauch der Straße im Sinne des § 14 NStrG hinausgeht. Die gesetzgeberische Wertung, insofern ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt in das Straßengesetz aufzunehmen, darf im Rahmen der Abwägung der privaten Interessen des Klägers mit den öffentlichen Interessen berücksichtigt werden.

Die Beklagte muss sich als „mildere Mittel“ nicht auf eine Erteilung der Erlaubnis unter Auflagen einlassen. Zusätzliche Reinigungen oder eine erhöhte Leerungsfrequenz sind beispielsweise ebenso wenig in gleichem Maße geeignet, weiteren Verunreinigungen vorzubeugen, wie ein genereller Ausschluss von Altkleider- und Schuhcontainern. Auch das Aufstellen nur auf „Abfallinseln“, also neben schon vorhandenen Containern, beseitigt ungeachtet der Verantwortlichkeiten für die Reinhaltung der Standorte die Gefahr einer zusätzlichen Verschmutzung wegen der Altkleider- und Schuhcontainer nicht.

Ein rechtswidriger Eingriff in andere Grundrechte ist nicht festzustellen.

Bloße Erwerbschancen sind weder durch die grundrechtlich gewährleistete Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) noch durch die Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 geschützt (v. Münch/Kunig, a. a. O., Art. 14 Rn. 21, s. zu einem Anspruch aus Grundrechten auch VG Gießen, Urt. v. 02.11.2009 - 10 K 1099/09.GI -, juris Rn. 22 f.). Dass sie im Einzelfall als Ermessensgesichtspunkt berücksichtigt werden können (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 14.08.2002 - 5 S 1608/02 -, juris), ist vorliegend wegen des generellen Ausschlusses der Altkleider- und Schuhsammlung, der insoweit keinen Spielraum mehr lässt, nicht erheblich.

Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG liegt ebenfalls nicht vor. Denn die Erlaubnis des Deutschen Roten Kreuzes für die Altkleidersammlung an einem Standort wird von der Beklagten widerrufen. Die in der mündlichen Verhandlung von dem Kläger angesprochenen Altglascontainer unterliegen abfallrechtlich einem anderen Regime. Nach § 6 Abs. 3 Verpackungsverordnung (VerpackV) wird den Vertreibern von u. a. Glas als Verpackung auferlegt, ein verbrauchernahes Holsystem zu errichten, wobei sie unter bestimmten Voraussetzungen gem. § 6 Abs. 4 VerpackV Sammelsysteme der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger mitbenutzen oder übernehmen können. Eine solche Verpflichtung besteht für Altkleider (und Schuhe) nicht. Darin liegt ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung von Wertstoffcontainern für Altglas einerseits und Altkleider andererseits (vgl. VG Köln, Urt. v. 06.07.2012 - 18 K 73/12 -, juris Rn. 34; s. a. VG Gießen, Urt. v. 02.11.2009, a. a. O., Rn. 22). Die Beklagte muss daher die mit der Aufstellung von Altglascontainern einhergehenden Verschmutzungsgefahren hinnehmen, darf aber zusätzliche Verunreinigungen durch Altkleider- und Schuhcontainer vermeiden.

Der Beklagte wird danach ihren Ermessensspielraum bei einer Entscheidung für eine generelle Ablehnung gewerblicher Containeraufsteller auf der Grundlage des Ratsbeschlusses vom 23.10.2014 rechtlich beanstandungsfrei ausfüllen. Anhaltspunkte für eine Reduzierung des Ermessens auf Null, die eine Verpflichtung der Beklagten zur Erlaubniserteilung mit dem vorliegenden Urteil ermöglichen würde, sind nicht ersichtlich.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert ist gem. § 52 Abs. 1 GKG nach den Angaben des Klägers zum betrieblichen Gewinn pro Container und Jahr (500,00 EUR, s. das Sitzungsprotokoll) auf den Jahreswert für zwei Container bestimmt worden. Nach Nr. 43.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ, Beil. 2/2013) ist in Verfahren, welche die Erteilung von Sondernutzungen betreffen, der zu erwartende Gewinn bis zur Grenze des Jahresbetrages bei einem Mindestwert von 500,00 EUR maßgeblich.