Amtsgericht Hannover
Urt. v. 26.04.2016, Az.: 534 C 247/16

Übernahme der Rechtsanwaltsgebühren als erstattungsfähiger Schaden durch den Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer des unfallverursachenden Fahrzeuges; Entstehung des Rechtsanwaltsvertrages mit der telefonischen Beauftragung der Verfahrensbevollmächtigten

Bibliographie

Gericht
AG Hannover
Datum
26.04.2016
Aktenzeichen
534 C 247/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 18086
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGHANNO:2016:0426.534C247.16.0A

Fundstellen

  • ZAP EN-Nr. 552/2016
  • ZAP 2016, 738

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Rechtsanwaltsgebühren, die durch die Geltendmachung und Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen aus Verkehrsunfällen herstammen, sind ein vom Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer des unfallverursachenden Fahrzeuges zu übernehmender erstattungsfähiger Schaden.

  2. 2.

    Ein Rechtsanwaltsvertrag entsteht mit der telefonischen Beauftragung der Verfahrensbevollmächtigten.

In dem Rechtsstreit
des Herrn I
Kläger
Prozessbevollmächtigte: Rechlsanwältinnen und Rechtsanwälte Ochsendorf & Coll.,
Beim Strohhause 27, 20097 Hamburg
Geschäftszeichen: 43029/14/GS
gegen
Geschäftszeichen:
Beklagte
Prozessbevollmächtigte:
hat das Amtsgericht Hannover auf die mündliche Verhandlung vom 06.04.2016 durch den Richter am Amtsgericht Ziegele für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 552,28 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hierauf seit dem 25.07.2014 zu zahlen.

  2. 2.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

  3. 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  4. 4.

    Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtüchen Rechtsanwaltskosten i.H.v, weiteren 552,28 € aus § 7 Abs, 1 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 Nr. 1 WG, § 1 PflVG BGB zu. Nach diesen Vorschriften kann der Geschädigte seinen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Haftpflichtversicherer geltend machen, wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt. Dies ist hier der Fall.

Die Haftung der Beklagten als Haftpflichtversicherer für die im Rahmen des Unfalls vom 02.06,2014 in W entstandenen Schäden ist dem Grunde nach unstreitig. Die Beklagte haftet deshalb auch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren, weil die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts zur Schadensregulierung nach einem Verkehrsunfall erforderlich und zweckmäßig war. Die Schadensersatzpfitcht erstreckt sich nach § 249 Abs. 2 BGB auch auf die durch Geltendmachung und Durchsetzung des Schadensersatzanspruches verursachten Kosten, Die entstandenen Anwaltskosten sind auch ersatzfähig, wert sie in den Schutzbereich der vorliegend verletzten Norm (§ 7 Abs. 1 StVG) fallen. Deshalb hat die Beklagte an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren nach der unstreitig gewordenen Höhe des erstattungsfähigen Schadens zu zahlen Dass der Kläger seine Prozessbevolimächtigten am 03.06.2014 mit der außergerichtlichen Wahrnehmung seiner Interessen gegenüber der Beklagten beauftragt hat, steht nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung fest.

So hat der Kläger im Rahmen seiner persönlichen Anhörung glaubhaft bekundet, er habe am 03.06.2014 seine Prozessbevollmächtigten telefonisch beauftragt, die bei ihm entstandenen Schäden gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Die Vollmacht wurde sodann am 06.06.2014 unterzeichnet (Bl. 7 d.A.).

Auf Grundlage des erteilten Auftrages wurde die Beklagte mit Schreiben vom 03.06 2014 (Bt. 8f. d.A). 06.06.2014 (Bl. 11f. d.A.) und 08.07.2014 (Bl. 13f. d.A.) zur Schadensregulierung aufgefordert. Die Beklagte rechnete sodann mit Schreiben vom 15.07.2014 ab, d.h. nach der Beauftragung der klägerischen Prozessbevollmächtigten mit der außergerichtlichen Geltendmachung der klägerischen Ansprüche gegenüber der Beklagten.

Der ersatzfähige Gesamtschäden beträgt im vorliegenden Fall unstreitig 8.485,70 €, so dass die gesamten außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren sich danach berechnen.

Ausgehend von einem Gebührenstreitwert von 8.485,70 € durfte der Kläger für seine außergerichtliche Tätigkeit eine Geschäftsgebühr von 1,3 gemäß Nr. 2300 W RVG, §§ 2 Abs. 2, 13, 14 RVG in Höhe 659,10 € zuzüglich Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gemäß Nr. 7002 W RVG i.H.v. 20,00 € und Umsatzsteuer (19%) gemäß Nr. 7008 W RVG in Höhe 129,03 € verlangen. Insgesamt lassen sich erstattungsfähige außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren auf 808,13 € beziffern. Da die Beklagte hierauf bereits 255,85 € gezahlt hat, stehen lediglich 552,28 € offen.

Des Weiteren ist die Forderung des Prozessbevollmächtigten auch nach § 8 Abs. 1 RVG fällig, weil der diesbezügliche Auftrag erledigt ist. Die Erstellung einer dem § 10 RVG entsprechenden Kostenrechnung wurde zumindest mit der Klageschrift nachgeholt.

Schließlich kann der Kläger unmittelbar Zahlung der Vergütung verlangen. Zwar ist nicht belegt, dass er seine Prozessbevollmächtigten diesbezüglich entlohnt hat, so dass an sich lediglich ein Anspruch auf Freistellung gemäß § 257 BGB statthaft wäre. Indes hat die Beklagte nach vorangegangener Fristsetzung die Zahlung vorgerichtüch endgültig abgelehnt. Dieser Umstand berechtigt den Kläger wiederum dazu, unmittelbar Zahlung zu verlangen.

2. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 280 Abs 1 und 2, 286, 288 Abs. 1, 187 Abs. 1 BGB.

II.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Volistreck barkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO

2. Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO nicht vorlagen.

Ziegele Richter am Amtsgericht