Amtsgericht Meppen
Beschl. v. 27.08.2015, Az.: 22 M 535/15

Anforderungen an die Anspruchshöhe bei Einholung einer Drittauskunft im Zwangsvollstreckungsverfahren

Bibliographie

Gericht
AG Meppen
Datum
27.08.2015
Aktenzeichen
22 M 535/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 29517
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGMEPPN:2015:0827.22M535.15.0A

Fundstelle

  • JurBüro 2016, 102-103

In der Zwangsvollstreckungssache
...
hat das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - Meppen durch die Richterin am Landgericht Dr. Sandhaus am 27.08.2015 beschlossen:

Tenor:

Der Obergerichtsvollzieher wird angewiesen, den Antrag der Gläubigerin auf Einholung einer Drittauskunft nach § 802I Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht mit der Begründung zu verweigern, die zu vollstreckende Forderung übersteige nicht den Betrag von 500 Euro.

Gründe

I. Die Gläubigerin beantragte unter dem 14.07.2015 unter Vorlage eines Vollstreckungsbescheides des AG Uelzen vom 07.11.2014 sowie eines Kostenfestsetzungsbeschlusses des AG Meppen vom 12.06.2015, die Vermögensauskunft Dritter nach § 802I Abs. 1 Nr. 2 ZPO einzuholen.

Der Obergerichtsvollzieher lehnte den Antrag mit Schreiben vom 17.07.2015 mit der Begründung ab, die Voraussetzungen für die Drittauskunft seien nicht gegeben, da die zu vollstreckenden Ansprüche nicht min. 500 Euro betrügen. Kosten der Zwangsvollstreckung und Nebenforderungen seien bei der Berechnung nur dann zu berücksichtigen, wenn sie alleiniger Gegenstand des Vollstreckungsauftrages seien.

Die Gläubigerin hat gegen diese Ablehnung mit bei Gericht am 05.08.2015 eingegangenem Schreiben Erinnerung eingelegt.

II. Die Erinnerung ist gemäß § 766 Abs. 2 ZPO zulässig und begründet.

Die Gläubigerin wendet sich hier gegen die Weigerung des Obergerichtsvollziehers, eine Vollstreckungshandlung dem Auftrag gemäß auszuführen.

Zu Unrecht weigert sich der Obergerichtsvollzieher, Drittauskünfte gem. § 802I ZPO, wie von der Gläubigerin beantragt, einzuholen. Gemäß § 802I Abs. 1 Satz 2 ZPO ist die begehrte Drittauskunft nur zulässig, wenn die zu vollstreckenden Ansprüche mindestens 500 Euro betragen. Kosten und Nebenforderungen sind nur dann zu berücksichtigen, wenn sie allein Gegenstand des Vollstreckungsauftrages sind.

Der zu vollstreckende Anspruch, auf den abzustellen ist, umfasst jedoch auch die Zinsen und Nebenkosten, soweit sie im Titel betragsmäßig ausgewiesen sind (Musielak/Voit, 12. Auflage, § 802I ZPO, Rn. 8). Unter Kosten der Zwangsvollstreckung und Nebenforderungen sind im Sinne dieser Vorschrift damit lediglich solche zu verstehen, die nicht tituliert sind, also insbesondere Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 ZPO und fortlaufende Zinsen (LG Lüneburg, Beschluss vom 05.05.2014 - Az. 5 T 33/14). Titulierte Nebenforderungen und Zinsen sind zu berücksichtigen, da sie für die vergangene Zeit bereits betragsmäßig ausgewiesen sind (LG Köln, DGVZ 2014, 149; AG Augsburg, DGVZ 2013, 215; AG Siegburg, DGVZ 2014, 104; AG Schöneberg, DGVZ 2013, 246; s. auch LG Bochum, JurBüro 2015, 382; aA AG Osnabrück, DGVZ 2014, 244).

Ein solches Verständnis ist mit dem Wortlaut der Vorschrift vereinbar, der zunächst weit von den "zu vollstreckenden Ansprüchen" spricht. Aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift sowie insbesondere der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass die Einschränkung für Kosten der Zwangsvollstreckung und Nebenforderungen im oben genannten Sinne zu verstehen ist. Denn in der Bundestagsdrucksache 16/13432 Seite 45 heißt es: "Durch die gegenüber dem Bundesrats-Entwurf geänderte Formulierung des Satzes 2 wird klargestellt, dass es bei der Wertgrenze auf den Betrag der titulierten Forderung ankommt; Kosten der Vollstreckung können daher zum Erreichen der Schwelle von 500 Euro nicht beitragen. Durch bloßes Zuwarten und Auflaufenlassen von Zinsen als Nebenforderung kann die Wertgrenze ebenfalls nicht erreicht werden." Damit wird klargestellt, dass es auf die Titulierung der Forderung entscheidend ankommt und zudem - in Bezug auf Zinsen - die Möglichkeit des Auflaufenlassens verhindert werden soll. Dies kommt jedoch im Falle der Titulierung von Zinsen nicht in Betracht.

Vorliegend überschreiben die vollstreckbaren Ansprüche im Sinne des § 802I ZPO die Bagatellgrenze von 500 Euro. Im Vollstreckungsbescheid des AG Uelzen vom 07.11.2014 ist eine Hauptforderung in Höhe von 224 Euro, Verfahrenskosten in Höhe von 113 Euro, Nebenforderungen in Höhe von 89 Euro sowie Zinsen in Höhe von 22,60 Euro - insgesamt somit 448,80 Euro - tituliert. Der Kostenfestsetzungsbeschluss des AG Meppen vom 12.06.2015 setzt die Vollstreckungskosten auf 94,50 Euro fest.

Dr. Sandhaus Richterin am Landgericht