Amtsgericht Helmstedt
Beschl. v. 18.11.2002, Az.: 3 II 7/01 (3C)
Gültigkeit des Beschlusses einer Wohnungseigentümerversammlung bezüglich Sonderzahlungen
Bibliographie
- Gericht
- AG Helmstedt
- Datum
- 18.11.2002
- Aktenzeichen
- 3 II 7/01 (3C)
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2002, 28829
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGHELMS:2002:1118.3II7.01.3C.0A
Fundstelle
- ZMR 2003, 964 (Volltext mit red. LS)
Das Wohnungseigentumsgericht des Amtsgerichts Helmstedt hat
nach vorausgegangener mündlicher Verhandlung vom 14.11.2002
durch
den Richter am Amtsgericht Hauke
am 18.11.2002
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 19.7.2001 zu TOP 6 a) I. - Sonderzahlungen - wird hinsichtlich der zum 1.3. und zum 1.8.2003 beschlossenen Sonderzahlungen von jeweils 100.000,- DM für ungültig erklärt.
Der weitergehende Antrag, den Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 19.7.2001 zu TPO 6 a) I. bezüglich der Flachdachsanierung und der beschlossenen Sonderzahlungen zum 1.12.2001 (50.000,- DM), zum 1.3. und zum 1.8.2002 (jeweils 100.000,- DM) für unwirksam zu erklären, wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Gerichtskosten des Verfahrens tragen der Antragsteller zu 34 und die Antragsgegner zu 1/4; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der Antragsteller wendet sich als Mitglied der Antragsgegner gegen den in der Wohnungseigentümerversammlung vom 19.7.2001 zu TOP 6 a) I. gefassten Beschluss über die Flachdachsanierung und die Sonderzahlungen.
Zu TOP 6 a) I. fasste diese Versammlung u.a. folgende Beschlüsse:
- die Wohnungseigentümer beschließen, dass nach und nach alle Flachdächer im Objekt bei Kosten in Höhe von rund 480.000,- DM inklusive Beratungs- und Betreuungskosten instandgesetzt werden und
- die Wohnungseigentümer beschließen, dass für die Instandsetzung der Flachdächer die Rücklage angehoben wird und zwar durch Sonderzahlungen mit 50.000,- DM per 1.12.2001 und jeweils 100.000,- DM zum 1.3. und zum 1.8.2002 sowie 2003.
Der Beschluss über die Flachdächersanierung wurde mit 25 Ja-Stimmen und 3 Nein-Stimmen angenommen und der Beschluss über die Erhöhung der Rücklage mit 26 Ja-Stimmen und 2 Nein-Stimmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des Beschlusses der Kammer vom 14. Mai 2002 Bezug genommen.
Zwischenzeitlich wurden seitens der Verwaltung der Antragsgegner weitere Angebote zur Flachdachsanierung eingeholt. Aktuell beläuft sich der Auftragsumfang auf durchschnittlich 135.000,- EUR, also ca. 264.000,- DM.
Die Kostenreduzierung resultiert teilweise aus einer vom Antragsteller gerügten Massedifferenz, die dem beratenden Diplom-Ingenieur ... unterlaufen ist (vgl. Bl. 125 d.A.).
In der am 28.11.2002 stattfindenen Wohnungseigentümerversammlung soll über die zwischenzeitlich eingeholten neuen Angebote abgestimmt und auch der Wegfall der für das Jahr 2003 vorgesehenen Sonderzahlungen beschlossen werden.
Der Antragsteller ist weiterhin der Auffassung, daß die angefochtenen Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 19.7.2001 zu TOP 6 a) I. - Flachdachsanierung und Sonderzahlungen - nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprächen.
Er beantragt deshalb,
die beiden genannten Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 19.7.2001 zu TOP 6 a) I. - Flachdachsanierung und Sonderzahlung - für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegner beantragen,
die Anträge zurückzuweisen.
Sie vertreten die Auffassung, daß mit dem angefochtenen Beschluß zur Flachdachsanierung nur das grundsätzliche Einverständnis der Eigentümerversammlung für diese Instandsetzungsmaßnahme eingeholt worden sei. Im Rahmen dieses grundsätzlichen Einverständnisses sei es dann auch erforderlich gewesen, über die voraussichtlichen Kosten der Sanierungsmaßnahme abzustimmen. Da die Flachdachsanierungen aus den laufenden Instandhaltungsrücklagen nicht hätten finanziert werden können, sei es auch erforderlich gewesen, über etwaige Sonderzahlungen zu beschließen. Ein Sanierungsauftrag würde ohnehin nur dann vergeben werden, wenn ausreichend vergleichbare Angebote vorlägen. Das sei eventuell in der Wohnungseigentümerversammlung vom 28.11.2002 der Fall.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Antrag, den Beschluss zu den Sonderzahlungen zu TOP 6 a) I. der Eigentümerversammlung vom 19.7.2001 für unwirksam zu erklären, ist nur für die im Jahre 2003 zu erbringenden Sonderzahlungen begründet.
Es dürfte nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen haben, am 19.7.2001 über Sonderzahlungen in Gesamthöhe von 450.000,- DM zu beschließen, obwohl tatsächlich zu diesem Zeitpunkt noch kein konkreter Sanierungsaufwand feststand. Die vom Dipl.-Ing. ... bezifferten 480.000,- DM waren "die Spitze des Eisberges", und zwar auch aufgrund des Herrn ... unterlaufenen Aufmaßfehlers. Insoweit ist die vom Antragsteller zu Punkt 7.) seines Schreibens vom 17.9.2002 (Bl. 119 d.A.; Bl. 121 d.A.) gerügte Massendifferenz nicht in Abrede gestellt worden, sondern wurde vielmehr auch vom Dipl.-Ing. ... in seinem Schreiben vom 24.10.2002 (Bl. 125 d.A.) eingeräumt. Darüber hinaus gab es seinerzeit - 19.7.2001 - auch günstigere Kostenprognosen bezüglich der Flachdachsanierung.
Ordnungsgemäßer Verwaltung hätte es wohl eher entsprochen, wenn Sonderzahlungen nur etwa in Höhe bis zu 2/3 der voraussichtlichen Sanierungskosten beschlossen worden wären.
Der weitergehende Antrag des Antragstellers ist zumindest jetzt unbegründet. Denn der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 19.7.2001 zu TPO 6 a) I. bzgl. der grundsätzlichen Flachdachsanierung und der zu leistenden Sonderzahlungen in 2001 und 2002 ist nicht zu beanstanden.
Die Flachdachsanierung bzgl. der Grundstücke ... ist unstreitig erforderlich. Zweifel hat - der Antragsteller - nur hinsichtlich der Sanierungsnotwendigkeit bei Flachdächern der Grundstücke .... Die Antragsgegner gehen insoweit auch von einer Sanierungsnotwendigkeit aus.
Vor diesem Hintergrund entspricht der Beschluss bzgl. der Flachdachsanierug ordnungsgemäßer Verwaltung.
Dem Beschluss kann auch entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht entnommen werden, dass eine Flachdachsanierung auch tatsächlich mit einem Kostenaufwand von bis zu 480.000,- DM ausgeführt werden sollte. Dies ergibt sich aus den Umständen, die der Vertreter der Verwaltung im Termin vom 14.11.2002 dargelegt hat. Seinerzeit habe man nämlich keinerlei Anhaltspunkte über den tatsächlichen Sanierungsaufwand gehabt und aus diesem Grunde den Dipl.-Ing. ... hinzugezogen. Dessen Ausführungen selbst lassen sich der Niederschrift der Wohnungseigentümerversammlung vom 19. Juli 2001 zu TOP 6 a) I. entnehmen. Danach sollte nur über die reine Instandsetzung beschlossen werden. Hierzu erfolgten die Ausführungen des Dipl.-Ing. ..., der seinerzeit davon ausging, dass auch bei Beibehaltung der jetzigen Dachstruktur ein Gefälledach eingebaut werden könne, dessen Kosten bei rund 450.000,- DM liegen würden. Hinzu kämen eventuell Honorare für die Überwachung und Planung des Bauvorhabens von rund 30.000,- DM.
Vor diesem Hintergrund lag also der Schwerpunkt des Beschlusses zur Flachdachsanierung nicht bei den voraussichtlichen Kosten, sondern darin, die Sanierung der Flachdächer überhaupt in Angriff zu nehmen.
Da die Sanierung auch nach Auffassung des Antragstellers zumindest bei den Dächern ... notwendig ist, bestehen keine Bedenken gegen diese Beschlussfassung, zumal zum Zeitpunkt der Eigentümerversammlung vom 19.7.2001 keinerlei konkretes Unternehmerangebot bzgl. der Flachdachsanierung vorlag, das seitens der Verwaltung hätte umgesetzt werden können.
Auch die am 19.7.2001 von der Eigentümerversammlung beschlossenen Sonderzahlungen entsprechen zumindest für 2001 und 2002 ordnungsgemäßer Verwaltung.
Aus den Rücklagen der Gemeinschaft konnte die Sanierung der Flachdächer unstreitig nicht getragen werden.
Aktuelle Flachdachsanierungsangebote belaufen sich auf einem Betrag von bis 140.000,- EUR mithin auf ca. 274.000,- DM. Vor diesem Hintergrund waren Sonderzahlungen von DM 250.000,- notwendig, um die Sanierungskosten bestreiten zu können.
Dass zwischenzeitlich mit der Sanierung der Flachdächer zumindest der Hausgrundstücke ... noch nicht begonnen wurde, liegt sicherlich auch an dem vorliegenden Verfahren, das offenbar deshalb weiter betrieben wird, um feststellen zu können, welche Wohnungseigentumsverwaltung sich nun gesetzeskonformer verhält. Denn im Ergebnis dürfte sich der ursprüngliche Streitpunkt zwischenzeitlich erledigt haben, da sich seit dem Beschluss vom 19.07.01 die Dinge weiterentwickelten. Jetzt scheint es nur noch darum zu gehen, welche Seite mit ihrer Auffassung durchdringt. Deshalb war auch die im Termin vom 14.11.2002 angestrebte gütliche Streitbeilegung; vgl. § 44 I a.E. WEG - wenigstens durch die vom Gericht angeregte Abgabe von Erledigungserklärungen - nicht zu erreichen.
Die Gerichtskosten sind den Parteien wie tenoriert aufzuerlegen, da ihr Verhältnis das jeweilige Obsiegen und Unterliegen widerspiegelt.
Bezüglich der außergerichtlichen Kosten besteht keine Veranlassung, von der gesetzlichen Grundkostenregelung in FGG - Verfahren abzuweichen, wonach jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat.