Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 26.01.1995, Az.: 6 A 61310/94
Genehmigung zum Führen eines akademischen Grades ; Führen eines ausländischen Hochschulgrades
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 26.01.1995
- Aktenzeichen
- 6 A 61310/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 30748
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:1995:0126.6A61310.94.0A
Rechtsgrundlagen
- § 26 Abs. 2 S. 1 NdsHG
- § 3 AkGradVO
Verfahrensgegenstand
Führung eines akademischen Grades.
Das Verwaltungsgericht Braunschweig - 6. Kammer - hat
auf die mündliche Verhandlung vom 26. Januar 1995
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht ...
den Richter am Verwaltungsgericht ...,
den Richter ... sowie
die ehrenamtlichen Richter ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann eine Vollstreckung durch den Beklagten in Höhe des festgesetzten Vollstreckungsbetrages abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der am 22. Dezember 1957 geborene Kläger erhielt nach einem zehnjährigen allgemeinbildenden Schulbesuch im Jahre 1972 den Hauptschulabschluß. Von Februar 1985 bis Februar 1987 unterzog er sich an einer Schule für Naturheilkunde in Hannover einer Ausbildung zum Heilpraktiker. Am 10. August 1988 wurde ihm vom Bezirksamt Wilmersdorf von Berlin die Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung erteilt. Seitdem ist der Kläger heilpraktisch berufstätig.
Am 18. Juli 1994 suchte der Kläger bei dem Beklagten unter Vorlage einer von der Universal Life Church (ULC) in Modesto (Kalifornien) ausgestellten Urkunde um die Genehmigung zum Führen eines akademischen Grades nach. In der auf den 06. Juni 1994 datierten Verleihungsurkunde war dem Kläger der Grad eines "Doctor of Philosophy in Religion" zuerkannt worden.
Mit Bescheid vom 17. August 1994 lehnte der Beklagte den Antrag auf Genehmigung zum Führen dieser Bezeichnung ab, weil die verleihende Institution keine den Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland vergleichbare Hochschule sei. Eine Vergleichbarkeit sei nur gegeben, wenn die betreffende Institution von dem jeweils zuständigen regionalen Hochschulverband anerkannt worden sei. Die ULC habe eine solche Anerkennung nicht erhalten.
Am 01. September 1994 hat der Kläger den Verwaltungsrechtsweg beschritten. Er trägt vor:
Die ULC sei eine in den USA anerkannte kirchliche Fakultät, die berechtigt sei, Titel und Lehramtstitel zu verleihen. Bei dem von ihm erworbenen Titel handele es sich nicht um einen akademischen Grad, sondern um einen kirchlichen Lehramtstitel. Eine Verwechslung mit einem deutschen Hochschulgrad sei nicht zu befürchten. Die voll ausgeschriebene Titelbezeichnung und der Herkunftsort ließen keinen Irrtum entstehen. Außerdem sei nicht jede Fakultät, die nicht einer deutschen Hochschule gleichgesetzt werden könne, automatisch minderwertig. Unzutreffend sei, daß er keine Qualifikation nachgewiesen habe. Er habe ein fünfjähriges Studium an einer Schule für Naturheilkunde in Hannover mit abschließender Prüfung absolviert. Seit fünf Jahren betreibe er eine Naturheilkundepraxis. Diese Vorkenntnisse seien denen ähnlich, die bei deutschen Hochschulen üblich seien. Das Studium an der ULC habe er als Fernstudium betrieben und mit einer achtzigseitigen Arbeit abgeschlossen. Schließlich sei noch darauf hinzuweisen, daß selbst von deutschen Hochschulen Ehrendoktortitel vergeben würden, ohne daß die zuständigen Ministerien besondere Studiennachweise forderten.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 17. August 1994 zu verpflichten, ihm die Genehmigung zum Führen des von der Universal Life Church in Kalifonien verliehenen Titels eines "Doctors of Philosophy in Religion" in der abgekürzten Form "Dr. phil Rel." zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er entgegnet:
Die Genehmigung zum Führen eines ausländischen Hochschulgrades setze voraus, daß die verleihende Hochschule zum Zeitpunkt der Verleihung eine staatliche Einrichtung oder staatlich anerkannt sei und zudem eine den deutschen Hochschulen vergleichbare Qualifikation habe, die durch gesetzliche Bestimmungen oder durch die Mitgliedschaft in einer anerkannten Hochschulorganisation nachgewiesen werde. Die ULC habe eine solche Anerkennung nicht erfahren, so daß schon aus diesem Grunde die von ihr vergebenen Bezeichnungen keine genehmigungsfähigen akademischen Grade, Titel oder Bezeichnungen seien. Die Auffassung des Klägers, daß die hier maßgeblichen Vorschriften des Nds. Hochschulgesetzes auf kirchliche Titel keine Anwendung fänden, treffe nicht zu. Nach den Vorschriften des Nds. Hochschulgesetzes ergebe sich, daß ein deutscher akademischer Grad durch die Benutzung gleicher oder ähnlicher Bezeichnungen, deren Erwerb aber nicht mit einer gleichwertigen wissenschaftlichen Qualifikation verbunden sei, entwertet werde. Der Genehmigungspflicht unterlägen deshalb auch Bezeichnungen und Grade, die wie akademische Grade lauteten, jedoch keine seien. Der vom Kläger erworbene Grad "Doctor of Philosophy in Religion" erwecke eindeutig den Anschein eines akademischen Grades, da solche Grade im angelsächsischen Sprachraum von anerkannten Hochschulen verliehen würden. Die ULC, sei darüber hinaus eine sogenannte "degree-mill", die gegen ein Entgelt Bezeichnungen vermittle, die akademischen Graden zum Verwechseln ähnelten. Dies sei offensichtlich auch beim Kläger der Fall, der weder über die Qualifikation für ein Studium noch für einen Doktorgrad verfüge.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mundlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Genehmigung zum Führen des von der ULC verliehenen Grades "Doctor of Philosophy in Religion".
Nach § 26 Abs. 2 Satz 1 des Nds. Hochschulgesetzes - NHG - in der hier anzuwendenden Fassung der Bekanntmachung vom 21. Januar 1994 (Nds. GVBl. Seite 13) dürfen ausländische Hochschulgrade, Hochschulbezeichnungen und Hochschultitel sowie entsprechende staatliche Grade, Bezeichnungen und Titel geführt werden, wenn sie von einer den deutschen Hochschulen vergleichbaren ausländischen Hochschule oder von einer entsprechenden staatlichen Stelle verliehen worden sind. Die Führung bedarf nach Satz 2 dieser Vorschrift einer Genehmigung, deren Voraussetzungen in der Verordnung über die Führung ausländischer akademischer Grade - AkGradVO - vom 29. Mai 1991 (Nds. GVBl. Seite 200) geregelt sind.
Bei dem dem Kläger verliehenen Titel mit der im Herkunftsland gebräuchlichen abgekürzten Schreibweise "Dr. phil. Rel." handelt es sich um eine Bezeichnung (doctor-degree), die in der Bundesrepublik Deutschland als akademischer Grad nur von einer wissenschaftlichen Hochschule verliehen werden darf (Maurer, Handbuch des WissR 1982, 838). Die Gestattung zum Führen eines solchen ausländischen Hochschulgrades ist zudem gemäß § 3 AkGradVO davon abhängig, daß eine Vergleichbarkeit der verleihenden ausländischen Institution mit den deutschen wissenschaftlichen Hochschulen gegeben ist. Diese Regelung trägt dem Schutzzweck der gesetzlichen Bestimmungen über die Führung akademischer Grade Rechnung, der darauf gerichtet ist, deutsche akademische Grade vor der unkontrollierten Führung nicht vergleichbarer ausländischer Grade zu schützen, einer Entwertung der an deutschen Hochschulen erworbenen Grade vorzubeuen und eine Irreführung der Allgemeinheit durch nicht vergleichbare ausländische Titel zu verhindern (BVerwG, Urt. vom 25.08.1993 - Buchholz 421.11§ 2 GFaG Nr. 14; VGH München, Urt. vom 09.04.1984 - Bay. VBl. 1984, 750 m.w.N.). Dürften ausländische Bezeichnungen, die wie akademische Grade lauten, aber nicht von einer den deutschen wissenschaftlichen Hochschulen adäquaten Einrichtung des ausländischen Bildungswesens verliehen werden, gleichwohl im Inland uneingeschränkt geführt werden, so würde damit die den deutschen akademischen Graden immanente wissenschaftliche Qualifikation unterlaufen.
Bei der ULC als der den Titel "Doctor of Philosophy in Religion" verleihenden Institution handelt es sich um eine ausländische kirchliche Einrichtung, die unzweifelhaft nicht eine den deutschen wissenschaftlichen Hochschulen gleichwertige Qualifikation besitzt (vgl. hierzu: BVerwG, Beschl. vom 08.01.1992 - Buchholz, a.a.O., § 2 GFaG Nr. 13; OVG Münster, Urt. vom 16.11.1993 - 19 A 1482/93 -). Diese Einrichtung kann nach den dem Gericht vorliegenden Unterlagen der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden, sind, schon nicht als Hochschule im weitesten Sinne angesehen werden, die - übertragen auf die Verhältnisse im Ausland - sinngemäß dem Begriffsverständnis einer Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes entspricht (vgl. hierzu: VGH München, Urt. vom 03.04.1985 - Bay. VBl. 1985, 752; OVG Lüneburg, Urt. vom 18.09.1984 - 10 OVG A 3/84 - m.w.N.). Dieser Einrichtung würde außerdem die für eine den deutschen Hochschulen in der Bundesrepublik wissenschaftliche Vergleichbarkeit fehlen, die bei einer Hochschule nur dann gegeben wäre, wenn sie nach kalifornischem Recht eine Akkreditierung, d.h. eine Anerkennung nach See. 94310 a oder 94310 b des kalifornischen Ausbildungsgesetzes (California. Education Code) erfahren hätte (vgl. zu diesen Bestimmungen: OVG Lüneburg, Urt. vom 18.09.1984, a.a.O., VG Braunschweig, Urt. vom 23.01.1985 - 6 VG A 2/83 -). Schon aus diesen Gründen kann dem Kläger die beantragte Genehmigung zur Titelführung nicht erteilt werden.
Soweit der Kläger geltend macht, daß es sich bei dem ihm verliehenen Grad um einen kirchlichen Lehramtstitel handelt, führt dieser Umstand zu keinem anderen Ergebnis. Auch derartige Bezeichnungen unterfallen, wenn sie - wie dies hier der Fall ist - wie akademische Grade lauten, den landesrechtlichen Vorschriften über die Führung akademischer Grade (BVerwG, Beschl. vom 18.06.1987, Buchholz, a.a.O., § 2 GFaG Nr. 9; OVG Lüneburg, Urt. vom 18.09.1984, a.a.O.). Weder aus dem Recht auf Bildung (Art. 12 GG) noch aus Art. 4 GG läßt sich die vom Kläger erstrebte Genehmigung zum Führen des ihm verliehenen Titels noch ein Recht auf ein genehmigungsfreies Führen eines ausländischen kirchlichen Grades herleiten. Das Recht auf Bildung wird durch die Vorschriften des § 26 Abs. 2 NHG und der Verordnung über die Führung ausländischer akademischer Grade vom 29. Mai 1991 in zulässiger Weise eingeschränkt; ein Eingriff in das Recht des Klägers auf ungestörte Religionsausübung liegt ebenfalls nicht vor, weil der Kläger nicht daran gehindert wird, die mit der kirchlichen Würde verbundenen Rechte im innerkirchlichen Bereich wahrzunehmen (BVerwG, Beschl. vom 08.01.1992, a.a.O.).
Die Klage ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Nebenentscheidungen im übrigen beruhen auf den §§ 167 VwGO. 708 Nr. 11, 711 ZPO.