Landgericht Hannover
Urt. v. 17.06.1992, Az.: 13 O 140/92

Ansprüche auf Wertersatz für erbrachte Pflegeleistungen; Schenkungsrückforderungsansprüche

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
17.06.1992
Aktenzeichen
13 O 140/92
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1992, 14958
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:1992:0617.13O140.92.0A

Verfahrensgegenstand

Forderung

Prozessführer

...

Prozessgegner

...

In dem Rechtsstreit
hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover
auf die mündliche Verhandlung vom 27. Mai 1992
unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Landgericht ...
sowie der Richter am Landgericht ... und ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14.020,00 DM nebst 7 % Zinsen auf 10.024,00 DM für die Zeit vom 01.08.1991 bis 14.04.1992 und auf 14.020,00 DM für die Zeit seit dem 15.04.1992 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 4/9 und der Beklagte 5/9.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar und zwar für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 14.500,00 DM. Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 1.900,00 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

1

Mit der Klage macht die Klägerin Ansprüche auf Wertersatz für Pflegeleistungen gemäß Artikel 96 EBBGB in Verbindung mit §§ 15, 16 des Nds. AGBGB sowie Schenkungsrückforderungsansprüche gemäß § 528 BGB geltend.

2

Die Mutter des Beklagten, ..., ist seit dem 14.04.1988 wegen Heimpflegebedürftigkeit im Altenheim ... untergebracht. Die durch die Heimunterbringung entstehenden Restkosten trägt die Klägerin aus Mitteln der Sozialhilfe in Form von Hilfe zur Pflege nach § 68 BSHG, soweit Frau diese nicht aus ihren eigenen Einnahmen zahlen kann. Für die Zeit vom 14.04.1988 bis 31.12.1991 hat die Klägerin für die Mutter des Beklagten 101.379,74 DM gezahlt.

3

Durch notariellen Vertrag vom 27.07.1971 hatte die Mutter des Beklagten u.a. dem Beklagten ein Grundstück in Hannover Kirchrode übertragen. Die Mutter hat sich in diesem Vertrag ein lebenslängliches Wohnrecht im Erdgeschoß dieses Hauses vorbehalten. § 2 Abs. 3 dieses Vertrages hat folgenden Wortlaut:

"Der Erschienenen zu 1) (die Mutter des Beklagten) steht ferner das Recht auf Hege und Pflege in kranken und schwachen Tagen durch den Erschienenen zu 2) (den Beklagten) zu. Dieser verpflichtet sich im übrigen zur Bezahlung der Kosten für Arzt. Apotheke und Krankenhausaufenthalt 3. Klasse, soweit solche Kosten nicht von der von der Erschienenen zu 1) aufrecht zu erhaltenden Krankenversicherung gezahlt werden."

4

Noch während die Mutter des Beklagten bei diesem in dem Haus, welches sie dem Beklagten übertragen hat, wohnte und zwar in den Jahren 1984/85, hat sie aus ihrem ererbten Vermögen insgesamt 12.846,38 DM für bestimmte Instandhaltungsmaßnahmen an diesem Haus aufgewandt.

5

Die Klägerin trägt nunmehr vor, der Beklagte sei seit Beginn der Heimunterbringung seiner Mutter von der tatsächlichen Pflege für diese freigestellt. Er wäre entsprechend verpflichtet, seiner Mutter eine Geldrente für die nicht mehr vorgenommene Pflege zu bezahlen. Diesen Anspruch habe sie, die Klägerin, auf sich übergeleitet. Die Höhe der Rente habe sich dabei an dem Pflegesatz gemäß § 69 Abs. 3 des BSHG zu orientieren und stelle die unterste Grenze dar. Insgesamt seien insoweit für den Zeitraum ab 01.05.1988 bis 31.12.1991 Pflegegelder nach der genannten Vorschrift von insgesamt 14.020,00 DM angefallen. Diesen Betrag habe der Beklagte an sie, die Klägerin, zu erstatten.

6

Darüberhinaus sei auch der Beklagte verpflichtet, den Betrag, der von der Mutter für Instandhaltungsmaßnahmen aufgewandt worden sei, an sie zu erstatten. Insoweit habe es sich um eine Schenkung der Mutter an den Beklagten gehandelt. Diese Schenkung sei wegen Bedürftigkeit seitens der Mutter zu widerrufen und den Rückforderungsanspruch habe sie die Klägerin, auf sich übergeleitet. Unter Berücksichtigung von § 88 Abs. 3 Nr. 8 BSHG stünde ihr bezüglich der Schenkungsaufwendungen ein Betrag von 11.737,21 DM.

7

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 25.757,21 DM nebst 7 % Zinsen auf 21.761,21 DM für die Zeit vom 01.08.1991 bis zum 14.04.1992 und auf 25.757,21 DM für die Zeit vom 14.04.1992 zu zahlen.

8

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

9

Er trägt vor, wegen des nicht genutzten Wohnrechts und des Nießbrauchsrechts habe er sich mit der Klägerin bereits geeinigt, und insoweit zahle er Raten in Höhe, von monatlich 750,00 DM ab 01.11.1991. Bezüglich der Pflege seiner Mutter habe er sich mit dem Vertrag vom 27.07.1971 lediglich zu einer eigenen persönlichen Pflege verpflichtet. Der Umstand, daß er diese Pflege seit dem Heimaufenthalt seiner Mutter nicht mehr selbst erbringen könne, sei ihm nicht anzulasten. Pflegekosten Dritter habe er nach dem Vertrag jedenfalls nicht übernommen. Dazu hätte er sich bei seinen eingeschränkten, finanziellen Mitteln auch gar nicht verpflichten können.

10

Bei den von seiner Mutter bezahlten Reparaturmaßnahmen habe es sich nicht um eine Schenkung gehandelt. Vielmehr habe seine Mutter damit lediglich das ihr zustehende Wohnrecht tatsächlich sichern wollen, da die Reparaturen allein die von ihr genutzten Räume betrafen. Im übrigen stünde dem von der Klägerin geltend gemachten Rückforderungsanspruch der Einwand aus § 529 Abs. 2 BGB entgegen.

11

Wegen des Vorbringens der Parteien im einzelnen wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

12

Die Klage ist nur teilweise erfolgreich.

13

Der Anspruch auf Erstattung der Pflegekosten in Höhe von 14.020,00 DM ist begründet. Der Einwand des Beklagten, er habe sich nach dem Vertrag vom 27.07.1971 allein zur häuslichen Pflege bezüglich seiner Mutter verpflichtet und nicht aber zur Erstattung von Pflegekosten, die durch eine anderweitige Unterbringung der Mutter entstanden sind, geht fehl. Bei dem Vertrag vom 27.07.1971 handelt es sich um einen Altenteilsvertrag im Sinne von § 16 Nds. AGBGB (vgl. dazu auch Palandt, Artikel 96 Einführungsgesetz zum BGB, Anm. 1). Mit der Heimunterbringung hat die Mutter des Beklagten das Wohngrundstück auch für dauernd verlassen, da unstreitig eine Rückführung aus dem Heim infolge ihres schlechten gesundheitlichen Zustandes nicht möglich ist. Damit ist aber gemäß § 15 des Nds. AGBGB an die Stelle der Pflegeleistung eine Verpflichtung des Beklagten zur Zählung einer Geldrente infolge der Befreiung von der tatsächlichen Pflege getreten (vgl. dazu auch Landgericht Osnabrück, NJW RR 1982, Seite 453).

14

Im übrigen ergibt sich auch aus der Formulierung des § 2 im Vertrag vom 27.07.1971, daß der Beklagte im Falle eines Krankenhausaufenthaltes seiner Mutter zur Übernahme der dadurch bedingten Kosten, soweit sie nicht von der Krankenkasse gedeckt werden, verpflichtet ist. Der Beklagte hat insoweit ausdrücklich die entsprechenden Kosten der Versorgung seiner Mutter durch Dritte zu tragen. Das muß auch entsprechend im Falle der Heimunterbringung seiner Mutter gelten, da keinerlei Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine Differenzierung zwischen Krankenhausunterbringung und Heimunterbringung rechtfertigen könnten.

15

Gegen die Höhe des Anspruchs sind von seiten des Beklagten keine Einwände erhoben worden und insoweit bestehen auch keine rechtlichen Bedenken. Entsprechend ist die Klage bezüglich der geltend gemachten Pflegekosten in Höhe von 14.020,00 DM begründet.

16

Nicht dagegen ist die Klage begründet bezüglich der nach Meinung der Klägerin widerrufenen Schenkung. Von einer solchen Schenkung kann nicht ausgegangen werden. Die Schenkung ist ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, wonach beide Teile darüber einig sein müssen, daß es sich um eine unentgeltliche Zuwendung handelt. Wenn die Klägerin dazu lediglich vorträgt, die Mutter des Beklagten habe 1984/85 Reparaturmaßnahmen am Haus, das sie dem Beklagten 1971 übertragen habe, bezahlt, ist darin nicht zwangsläufig eine Schenkung zu sehen. So ist völlig offen, wodurch die Reparaturmaßnahmen begründet worden sind, wenn sie aber z.B. von der Mutter ganz oder teilweise mitverursacht wurden, scheidet eine Schenkung naturgemäß aus. Auch wenn sich die Mütter des Beklagten auch nur moralisch zur Übernahme der Kosten verpflichtet gefühlt hat, wäre eine Schenkung nicht anzunehmen, da sie das Geld dann jedenfalls nicht dem Beklagten unentgeltlich wollte zu kommenlassen. Mangels näheren Sachvortrags seitens der Klägerin ist insoweit eine Schenkung nicht gegeben. Der diesbezügliche Rückforderungsanspruch ist damit unbegründet.

17

Der Zinsanspruch beruht auf §§ 284, 288 BGB.

18

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 709 und 711 ZPO.