Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.09.2006, Az.: 5 K 751/01
Repräsentationseigenverbrauch bei ausschließlicher Nutzung eines Gestüts für die Pferdezucht; Ausschluss des Vorsteuerabzugs für das Halten von Rennpferden und Zuchtpferden
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 21.09.2006
- Aktenzeichen
- 5 K 751/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 32428
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2006:0921.5K751.01.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 12.02.2009 - AZ: V R 61/06
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 Buchst. c UStG 1993
- § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG
- § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 4 EStG
Fundstellen
- EFG 2007, 636-637 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
- NWB direkt 2007, 8-9
Tatbestand
Streitig ist im Rahmen der Umsatzsteuerveranlagung 1999, ob im Zusammenhang mit einem von der Klägerin betriebenen Gestüt ein Repräsentationseigenverbrauch nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. c Umsatzsteuergesetz (UStG) 1993 anzunehmen ist, bzw. ob für derartige Aufwendungen der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 a Nr. 1 UStG ausgeschlossen ist.
Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft, die in S. eine Trakehnerzucht mit den Betriebszweigen Hengstaufzug, Hengsthaltung mit Besamungsstation, Stutenhaltung mit Nachzucht sowie eine Pensionspferdehaltung betreibt.
Nach einer Umsatzsteuersonderprüfung für die Jahre 1994 bis 1998 war das FA der Ansicht, die Klägerin habe in den genannten Jahren einen Repräsentationseigenverbrauch i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 c UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) getätigt, da sie den Pferdezuchtbetrieb ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben habe.
Für das Streitjahr 1999 gab die Klägerin für das 2. bis 4. Quartal 1999 Umsatzsteuervoranmeldungen ab, in denen jeweils ein Vorsteuerüberhang erklärt wurde. Für das 1. Quartal 1999 schätzte das FA eine Umsatzsteuervorauszahlung. Eine Jahreserklärung gab die Klägerin zunächst nicht ab. Nach einer Umsatzsteuersonderprüfung erließ das FA Änderungsbescheide zu den Umsatzsteuervorauszahlungen für das 2. bis 4. Quartal 1999, in denen die abziehbaren Vorsteuerbeträge jeweils auf 0 DM herabgesetzt wurden.
Am 8. November 2001 erteilte das FA einen Jahressteuerbescheid, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand. Darin wurden die zum Regelsteuersatz steuerpflichtigen Umsätze auf der Basis der geschätzten Umsätze aus dem 1. Quartal und erklärten Umsätze für das 2. bis 4. Quartal 1999 auf xx DM und die steuerpflichtigen Umsätze zu 7% auf xx DM geschätzt. Vorsteuerbeträge wurden nicht berücksichtigt.
Hiergegen wendet sich die Klägerin nach erfolglos gebliebenen Vorverfahren mit der Klage. Sie trägt mit der Klage vor, dass ein Ausschluss des Vorsteuerabzugs nach Art. 17 Abs. 6 der 6. EG-Richtlinie nur dann zulässig sei, wenn Vorsteuern nicht im Zusammenhang mit der Erzielung von steuerpflichtigen Umsätzen ständen. Deshalb habe das BMF-Schreiben vom 14. Juli 2000 IV D 1 - S 7303a - 5/00 (UR 2000, 399) zutreffend festgestellt, dass bei einer Tätigkeit wie die Klägerin sie ausübe, der Vorsteuerabzug nicht ausgeschlossen sei. Ihre unternehmerische Tätigkeit erschöpfe sich in der Pferdezucht; in diesem Fall sei es mit dem Sinn und Zweck des § 15 Abs. 1 a Nr. 1 UStG 1999 nicht zu vereinbaren, den Vorsteuerabzug aus sämtlichen Vorbezügen für die Pferdehaltung auszuschließen. Es käme hierdurch wirtschaftlich zu einer umsatzsteuerlichen Doppelbelastung, da einerseits die Umsätze aus der Pferdehaltung der Umsatzsteuer unterworfen würden, ohne dass gleichzeitig die Vorsteuerbeträge abzugsfähig wären.
Die Klägerin hat im Klageverfahren eine Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr abgegeben, in der sie steuerpflichtige Umsätze zum Regelsteuersatz i.H.v. xx DM und steuerpflichtige Umsätze zum ermäßigten Steuersatz i.H.v. xx DM sowie Vorsteuern i.H.v. xx DM erklärte. Auf dieser Grundlage errechnet sich ein Erstattungsanspruch i.H.v. xx DM.
Unter Berücksichtigung dieser Steuererklärung erließ das FA am 24. Oktober 2002 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid 1999. Dabei erhöhte das FA die erklärten steuerpflichtigen Umsätze zum Regelsteuersatz um einen Repräsentationseigenverbrauch nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 c UStG 1993 i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 4 EStG. Diesen Repräsentationseigenverbrauch für den Zeitraum bis zum 31.03.1999 berechnete das FA auf xx DM. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 08.10.2002 (Bl. 90 f. FG-Akte). Die für diesen Zeitraum abzugsfähigen Vorsteuerbeträge berechnete das FA mit xx DM. Die auf den Zeitraum ab 1. April 1999 entfallenen Vorsteuerbeträge ließ das FA unter Hinweis auf§ 15 Abs.1 a Nr. 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 4 EStG nicht zum Abzug zu.
Die Klägerin beantragt,
den geänderten Umsatzsteuerbescheid 1999 vom 24. Oktober 2002 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf ./. xx DM festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Finanzamt ist der Auffassung, dass das Halten von Reitpferden als "ähnlicher" Zweck i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) anzusehen sei und dass deshalb die im Rahmen eines Betriebes, der ohne Gewinnerzielungsabsicht geführt werde, anfallenden Vorsteuern grundsätzlich nicht nach§ 15 Abs. 1 a Nr. 1 UStG abzugsfähig seien. Der Auffassung der in dem BMF-Schreiben vom 14.07.2000 vertretenen Auffassung könne sich der Beklagte nicht anschließen, da die Tätigkeit im Rahmen eines Liebhabereibetriebes wegen der auf Dauer anfallenden Verluste nur mit den persönlichen Neigungen des Steuerpflichtigen erklärt werden könne. Deshalb hätten die damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen keinen geschäftlichen Charakter im Sinne des Artikel 17 Abs. 6 der EG-Richtlinie. Folglich könnten diese Aufwendungen unabhängig davon, ob die Tätigkeit nur eine von mehreren oder die einzige unternehmerische Betätigung des Steuerpflichtigen sei, nicht als Vorsteuern abgezogen werden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Das FA hat für die Klägerin zu Unrecht für die Zeit bis 31. März 1999 einen Repräsentationseigenverbrauch nach§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. c UStG 1993 angesetzt und ab 1. April 1999 den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 a Nr. 1 UStG nicht zugelassen.
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 UStG 1993 unterliegt der Eigenverbrauch im Inland der Umsatzsteuer. Eigenverbrauch liegt danach vor, wenn ein Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens Aufwendungen tätigt, die unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1-7 EStG fallen. Nach § 15 Abs. 1 a Nr. 1 UStG sind Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1-4 EStG gilt, entfallen.
Die hier allein in Betracht zu ziehende Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG betrifft Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen. Der Betrieb eines Gestüts ist in der Vorschrift nicht ausdrücklich aufgeführt, so dass im Streitfall lediglich Aufwendungen für "ähnliche Zwecke" in Betracht kommen.
Was unter "ähnliche Zwecke" i.S. dieser Vorschrift zu verstehen ist, entscheidet sich unter Berücksichtigung der in der Vorschrift ausdrücklich genannten vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossenen Aufwendungen. Hierbei handelt es sich um Repräsentationsaufwendungen, die häufig auch im Privatbereich anfallen und bei denen die betriebliche Veranlassung kaum nachprüfbar ist. Nach der Rechtsprechung des BFH müssen deshalb auch Aufwendungen für "ähnliche Zwecke" einer überdurchschnittlichen Repräsentation, der Unterhaltung von Geschäftsfreunden, der Freizeitgestaltung oder der sportlichen Betätigung des Unternehmers dienen (vgl. BFH-Urteile vom 30. Juli 1980 I R 111/77 BStBl II 1981, 58 und vom 10. Mai 2001 IV R 6/00, BStBl II 2001, 575) . Das Abzugsverbot greift demnach nicht, wenn weder die Repräsentation noch die Freizeitgestaltung des Steuerpflichtigen bei seiner Betätigung im Vordergrund stehen. Denn durch die Vorschrift soll lediglich verhindert werden, dass unangemessener betrieblicher Repräsentationsaufwand bei der Einkommensteuer berücksichtigt wird, weil dieser Teil der Aufwendungen privat veranlasst ist (vgl. Adamik in Hermann/Heuer/Raupach, Kommentar zum Einkommensteuergesetz Loseblattsammlung, Stand: 217. Ergänzungslieferung, März 2005,§ 4 Anm. 1328).
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Die Klägerin betreibt ausschließlich die Zucht von Trakehnern. Die Tätigkeit beschränkt sich auf die Aufzucht von Hengsten, deren Haltung mit Besamungsstation und der Stutenhaltung mit Nachzucht. Die Aufwendungen, die hiermit in Zusammenhang stehen, fallen also für solche Zwecke an, die allein und ausschließlich dem Ziel der unternehmerischen Betätigung der Klägerin dienen. Sie stehen deshalb in unmittelbarem Zusammenhang mit dem eigentlichen und einzigen Geschäftszweck der Klägerin und den von ihr erzielten Ausgangsumsätzen und betreffen nicht Aufwendungen für einen neben dem eigentlichen Unternehmenszweck liegenden repräsentativen Aufwand.
Diese Auffassung steht im Übrigen auch mit der im BMF-Schreiben vom 14. Juli 2000 (IV D 1-S7303a- 5/00) vertretenen Auffassung der Finanzverwaltung im Einklang. Danach ist es in den Fällen, in denen sich die unternehmerische Tätigkeit in der Pferdezucht und der Teilnahme an Pferderennen erschöpft, nicht mit dem Sinn und Zweck des§ 15 Abs. 1 a Nr. 1 UStG vereinbar, den Vorsteuerabzug aus sämtlichen Vorbezügen für das Halten von Renn- und Zuchtpferden auszuschließen. #
Diese Grundsätze lassen sich entsprechend auf die Regelung des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. c UStG 1993 anwenden. Denn die Neuregelung in § 15 Abs. 1 UStG 1999 wandelt lediglich steuertechnisch das mittelbare Vorsteuerabzugsverbot durch § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. c UStG 1993 in ein unmittelbares Vorsteuerabzugsverbot um, so dass beide Normen von Sinn und Zweck vergleichbar sind
Danach ist die Umsatzsteuer wie folgt festzusetzen:
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 FGO. Der Senat hat die Revision gegen dieses Urteil nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.