Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 25.06.1985, Az.: 21 UF 1/84

Ausgleichspflicht bei Versorgungsanwartschaften; Berechnung der betrieblichen Altersvorsorge; Ermittlung des Ehezeitanteils nach der sogenannten "VBL-Methode" und der sogenannten Hochrechnungsmethode

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
25.06.1985
Aktenzeichen
21 UF 1/84
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1985, 15074
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1985:0625.21UF1.84.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Großburgwedel - 14.11.1983 - AZ: 4 F 196/81

Verfahrensgegenstand

Ehescheidung

Durchführung des Versorgungsausgleichs

In der Familiensache
hat der 21. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...
sowie die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
am 25. Juni 1985
beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengerichts - Burgwedel vom 14. November 1983 geändert:

Zwischen den Parteien findet der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich nicht statt.

Die Kosten des gesamten Verfahrens werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben.

Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

Beschwerdewert: 1.000 DM.

Gründe

1

I.

Die Parteien haben am 30. Dezember 1969 die Ehe miteinander geschlossen. Der Scheidungsantrag der Antragstellerin ist dem Antragsgegner am 19. September 1981 zugestellt worden. Durch rechtskräftiges Urteil vom 22. Oktober 1981 ist unter Abtrennung des Versorgungsausgleichs die Ehe der Parteien geschieden worden.

2

Während der Ehezeit vom 1. Dezember 1969 bis 31. August 1981 hat die Antragstellerin Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Höhe von 379,50 DM, der Antragsgegner ebensolche in Höhe von 353,50 DM erworben.

3

Außerdem steht dem am 7. Dezember 1941 geborenen Antragsgegner ein Anspruch auf betriebliche Altersversorgung gegenüber seinem Arbeitgeber, der Firma ... zu, bei dem er seit 1. Juni 1971 beschäftigt ist. Das Versorgungswerk ... sieht nach seiner Versorgungssatzung vom 1. Januar 1970, auf die im einzelnen Bezug genommen wird, sowohl eine Alters-, wie auch eine Invaliditätsrente vor. Die Altersrente wird bei Vollendung des 65. Lebensjahres gewährt, wobei die monatliche Altersrente für jedes anrechnungsfähige Dienstjahr 1 % des rentenfähigen Einkommens, das ist das monatliche Durchschnittseinkommen der letzten drei anrechnungsfähigen Dienstjahre, beträgt, wobei die anrechnungsfähige Dienstzeit auf 25 volle Dienstjahre begrenzt ist. § 5 Abs. 4 der Versorgungsregelung sieht vor, daß die Firmenrente zusammen mit der auf Pflichtbeiträgen beruhenden Sozialversicherungsrente 100 % des rentenfähigen Einkommens nicht übersteigen darf. Aufgrund dieser Satzungsbestimmungen hat die Firma ... für die Vollendung des 65. Lebensjahres eine Altersrente von monatlich 589 DM (ohne Berücksichtigung der Anrechnungsklausel) errechnet, für die nach ihren Angaben nicht eine Anpassung der Anwartschaften und Leistungen in gleicher oder nahezu gleicher Weise wie in der gesetzlichen Rentenversicherung vorgesehen ist.

4

Durch den angefochtenen Beschluß - auf den Bezug genommen wird - hat das Amtsgericht den Versorgungsausgleich in der Weise geregelt, daß es vom Rentenkonto der Antragstellerin 13 DM auf das Rentenkonto des Antragsgegners übertragen und im übrigen wegen der betrieblichen Altersversorgung den Parteien die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs vorbehalten hat.

5

Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie auf Seiten des Antragsgegners die Berücksichtigung seiner betrieblichen Altersversorgung und damit den Wegfall ihrer Ausgleichspflicht erstrebt.

6

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist begründet. Sie führt dazu, daß der angefochtene Beschluß zu ändern und festzustellen ist, daß zwischen den Parteien ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich nicht stattfindet.

7

Das Amtsgericht hat bei seiner Entscheidung die gesetzliche Systematik des Versorgungsausgleichs verkannt und lediglich den Ausgleich der von den Parteien in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anwartschaften berücksichtigt. Fehlerhaft hat es dabei die vom Antragsgegner erworbene betriebliche Altersversorgung außer Betracht gelassen. Diese Versorgungsart ist zwar, wenn das rechnerisch zum Tragen kommt, schuldrechtlich auszugleichen. Bei der Ermittlung desjenigen, der ausgleichspflichtig ist, müssen dagegen nach § 1587 a Abs. 1 BGB alle Versorgungsanwartschaften berücksichtigt werden, auch diejenigen, die der Ausgleichsform nach nicht in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einbezogen werden können (vgl. Soergel, BGB, 11. Aufl., § 1587 a Rz. 3 und § 1587 b Nachtr. Rz. 210, 278). Die Berücksichtigung dieser Betriebsrente auf Seiten des Antragsgegners führt dazu, daß rechnerisch er und nicht die Antragstellerin ausgleichspflichtig ist. Denn der Ehezeitanteil seiner betrieblichen Altersversorgung ist mit mehr als 26 DM, nämlich der Differenz der beiderseitigen Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung (379,50 DM der Ehefrau abzüglich 353,50 DM des Ehemannes = 26 DM), zu bewerten. Da der danach ausgleichspflichtige Antragsgegner in der gesetzlichen Rentenversicherung niedrigere Anwartschaften erworben hat als die Antragstellerin und seine betriebliche Altersversorgung, da die Satzung des Versorgungswerks keine Realteilung vorsieht, schuldrechtlich auszugleichen ist, hat zwischen den Parteien der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich nicht stattzufinden.

8

Der Ehezeitanteil der vom Antragsgegner erworbenen betrieblichen Altersversorgung beträgt 32,46 DM. Zutreffend geht die Firma ... in ihrer Auskunft vom 21. Oktober 1981 davon aus, daß sich die bei Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren ergebende Altersrente auf monatlich 589 DM beläuft. Die dazu vorgenommene Berechnung entspricht der vorliegenden Versorgungsregelung und wird von den Parteien auch nicht in Zweifel gezogen. Als Ehezeitanteil dieser Versorgung ist gemäß § 1587 a Abs. 2 Ziff. 3 a BGB der Teil der Versorgung zugrunde zu legen, der dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zu der in der Versorgungsregelung vorgesehenen festen Altersgrenze entspricht. Die Betriebszugehörigkeit während der Ehezeit, also die Zeit vom 1. Juni 1971 bis 31. August 1981 beträgt 10 Jahre und 3 Monate = 10,25 Jahre, während die Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres 35 Jahre und 6 Monate = 35,5 Jahre ausmacht. Daraus ergibt sich rechnerisch ein Ehezeitanteil von 170,06 DM (589 × 10,25: 35,5).

9

Bei dieser Form der Berechnung ist jedoch nicht berücksichtigt, daß § 5 Abs. 4 des Versorgungswerkes eine Begrenzung der Betriebsrente auf 100 % des rentenfähigen Einkommens vorsieht, wenn sich aus Betriebsrente und gesetzlicher Rentenversicherung ein höherer Betrag ergeben würde. Wie in solchen Fällen zu errechnen ist, ob eine Kürzung der betrieblichen Altersversorgung stattfindet und wie insoweit der Ehezeitanteil zu ermitteln ist, ist im Schrifttum streitig und höchstrichterlich noch nicht entschieden. Neuere Entscheidungen der Gerichte liegen, soweit ersichtlich, nicht vor, was daran liegen mag, daß seit Inkrafttreten des VAHRG sich die Frage meist deswegen nicht stellt, weil der Inhaber einer solchen betrieblichen Altersversorgung auch die gegenüber dem anderen Ehegatten höheren Rentenanwartschaften hat.

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Es werden dazu, ebenso wie zu der vergleichbaren Frage, wie bei einer Gesamtversorgung der Ehezeitanteil ermittelt wird, im wesentlichen zwei Theorien vertreten:

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a)

Nach der einen Theorie in Anlehnung an die sogenannte VBL-Methode wird der für die feste Altersgrenze vorgesehene Höchstversorgungsbetrag nach dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden versorgungsfähigen Zeit zu der insgesamt angenommenen versorgungsfähigen Betriebszeit "pro rata temporis" aufgeteilt und von dem so ermittelten Ehezeitanteil der höchstmöglichen Versorgung die während der Ehezeit erworbene Rente in der gesetzlichen Rentenversicherung abgezogen; ist der sich ergebende Betrag niedriger als der nach der Versorgungszusage rechnerisch zunächst geschuldete Betrag, ist dieser entsprechend zu kürzen.

12

b)

Demgegenüber ist nach der sogenannten Hochrechnungsmethode die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung fiktiv auf den normalen Eintritt des Versicherungsfalls hochzurechnen und dieser Betrag von dem Höchstbetrag der möglichen Gesamtversorgung abzusetzen, so daß sich als Differenz die berücksichtigungsfähige Betriebsrente ergibt; diese ist sodann im Verhältnis der Ehezeit zur Gesamtzeit pro rata temporis aufzuteilen. Dabei gehen im Rahmen dieser Berechnungsart die Meinungen darüber auseinander, ob die gesetzliche Rentenanwartschaft mit der am Ende der Ehezeit erworbenen persönlichen Bemessungsgrundlage hochgerechnet werden soll oder ob das auf der Grundlage einer durchschnittlichen, auf die letzten drei Jahre vor dem Ende der Ehezeit bezogenen persönlichen Bemessungsgrundlage erfolgen soll oder mit dem Vomhundertsatz aus dem letzten Monat vor dem Versicherungsfall (Literaturnachweise zu den einzelnen Theorien bei BGH FamRZ 1985, 363).

13

In dieser Entscheidung hat sich der Bundesgerichtshof für den Fall einer Gesamtversorgung (VBL-Versorgungsrente) für die Anwendung der sogenannten VBL-Methode ausgesprochen. Die Argumente, die dafür im einzelnen vorgebracht werden, haben aber ebenso ihre Gültigkeit, wenn es nicht um eine Gesamtversorgungszusage, sondern um eine Anrechnungsklausel geht. Der Senat hält auch bei den Anrechnungsklauseln die VBL-Methode für die dem Gesetz am ehesten entsprechende Lösung, die überdies die Gefahr von Ungerechtigkeiten am ehesten ausschließt. Wenn die Vertreter der Hochrechnungsmethode (vgl. z.B. Soergel-Zimmermann, BGB-Kommentar § 1587 a Rdn 137 ff., sowie Nachtrag Rz. 138; Ruland-Thiemann, Versorgungsausgleich und steuerrechtliche Folgen der Ehescheidung, Rdn 299; OLG Celle - 18. ZS. - FamRZ 1980, 804) sich auf die Entstehungsgeschichte und den Gesetzeswortlaut des § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 a BGB berufen, vermag sich dem der Senat nicht anzuschließen. Die Entstehungsgeschichte kann ohnehin nur von Bedeutung sein, wenn sie sich im Gesetzeswortlaut in irgendeiner Weise niederschlägt. Im Gesetz findet sich für die Bewertung von betrieblichen Altersversorgungen lediglich die Angabe, daß "die Versorgung" zu quoteln sei. Daraus kann jedoch nicht, wie die Vertreter dieser Meinung dies tun, zwingend der Schluß gezogen werden, als Versorgung könne nur die vom Arbeitgeber zugesagte Differenz zwischen Sozialversicherungsrente und der Obergrenze angesehen werden, sondern ebenso auch die Gesamtversorgung oder der Höchstbetrag der möglichen Versorgung. Denn eine Regelung von Gesamtversorgungssystemen oder Versorgungszusagen mit Anrechnungsklauseln ist im Gesetz nicht getroffen worden. Der Berechnungsmodus der Hochrechnungsmethode wird im übrigen lediglich der Systematik der betrieblichen Altersversorgung gerecht, berücksichtigt aber nicht die besonderen Bewertungsvorschriften der Reichsversicherungsordnung und des Angestelltenversicherungsgesetzes über die in der gesetzlichen Rentenversicherung bestehenden Anwartschaften. Hinzu kommt, daß - wie auch das OLG Celle, 18. Senat a.a.O. einräumt - eine fiktive Hochrechnung der gesetzlichen Rentenanwartschaft im Gesetz nicht vorgesehen ist.

14

Der Senat hält daher mit dem BGH dafür, daß die sogenannte VBL-Methode nicht nur in Fällen der Gesamtversorgung, sondern auch in Versorgungszusagen mit Anrechnungsklauseln zu ausgewogeneren Ergebnissen führt. Denn wenn eine Rente mit der am Ehezeitende gegebenen persönlichen Bemessungsgrundlage hochgerechnet wird, werden damit die Bewertungsgrundsätze der gesetzlichen Rentenversicherung verlassen, bei der die bis zum Ende der Ehezeit insgesamt erworbenen Werteinheiten zu den während der Ehezeit erworbenen ins Verhältnis gesetzt werden. Je nach dem Verhältnis, in dem sich die vor der Ehezeit erworbenen Anrechte gegenüber denjenigen während der Ehezeit verändern, wird zum Vorteil oder zum Nachteil des Ausgleichspflichtigen (oder auch des Ausgleichsberechtigten) der Ehezeitanteil der betroffenen Versorgungen verändert.

15

Die Anwendung der VBL-Methode führt dazu, daß der mit 170,06 DM ermittelte Ehezeitanteil der betrieblichen Altersversorgung ungekürzt in den Versorgungsausgleich einzubeziehen ist. Die Höchstgrenze der Versorgung ist durch das am Ehezeitende erzielte rentenfähige Durchschnittseinkommen der letzten drei Jahre vorgegeben (§ 5 Abs. 4 des Versorgungswerkes). Das sind beim Antragsgegner monatlich 2.356 DM. Diese Obergrenze der höchstmöglichen Versorgung ist im Verhältnis der während der Ehezeit zurückgelegten betriebsversorgungsfähigen Dienstzeit zu der bis zum Erreichen der Altersgrenze erweiterten Dienstzeit insgesamt zu bestimmen, also ebenso wie der Ehezeitanteil der Betriebsrente unabhängig von der Berücksichtigung der Anrechnungsklausel. Das sind 680,25 DM (nämlich 2.356 × 10,25: 35,5). Davon ist die während der Ehezeit erworbene Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung von 353,50 DM abzusetzen, so daß eine höchstmögliche ehezeitanteilige Versorgung von 326,75 DM nach der Anrechnungsklausel in Betracht käme; tatsächlich beträgt diese jedoch nur 170,06 DM. Eine Kürzung scheidet demnach aus.

16

Die Betriebsrente steigt nach der Auskunft der Firma ... nicht in gleicher oder vergleichbarer Weise wie die Anwartschaften und Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Damit erhebt sich die Frage, in welcher Weise diese einzubeziehende Anwartschaft umzurechnen ist, um sie mit den in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anwartschaften vergleichbar zu machen. Bei näherer Sachprüfung erweist sich allerdings die Annahme der Firma ..., es finde keine Anpassung statt, als nicht stichhaltig. Der Umstand, daß sich die Betriebsrente nach dem Durchschnittseinkommen der letzten drei Arbeitsjahre errechnet, legt zunächst den Schluß nahe, daß es sich bei dieser Versorgung um eine jedenfalls im Anwartschaftsstadium dynamische Versorgung handelt, weil über die Bezugnahme auf das Einkommen der letzten Arbeitsjahre eine Teilhabe an der allgemeinen Einkommensentwicklung stattfindet. Gleichwohl kommt eine Bewertung der betrieblichen Altersversorgung nach der Tabelle 4 der BarwertVO nicht in Betracht. Denn diese durch die Anknüpfung an das letzte Durchschnittseinkommen gegebene Dynamik ist nicht unverfallbar, weil sie automatisch ihr Ende findet, wenn der Arbeitnehmer aus dem Betrieb ausscheidet (so auch OLG Celle FamRZ 1985, 297). Damit aber ist die Versorgung in der Anwartschaftsphase statisch.

17

Nach der Mitteilung (und der Satzung des Versorgungswerks) findet eine Anpassung gewährter Renten an die allgemeine Einkommensentwicklung oder auch nur die Preissteigerungen nicht statt; im Gegenteil sieht § 11 Abs. 3 eine Kürzung oder Einstellung von Altersrenten vor, insbesondere bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Unternehmens. Dennoch ist dadurch noch nicht ausgeschlossen, daß gleichwohl eine Erhöhung der Renten zu erfolgen hat. Denn § 16 Betriebs-AVG sieht für betriebliche Altersversorgungen in dreijährigem Turnus eine Anpassung der Betriebsrenten zwar nicht an die Einkommens-, wohl aber an die Preisentwicklung vor. Zwar können auch nach dieser Norm wirtschaftliche Schwierigkeiten des Unternehmens bei der Anpassung berücksichtigt werden. Für den Regelfall und bei normalem Verlauf der wirtschaftlichen Entwicklung muß jedoch davon ausgegangen werden, daß eine Anpassung nach dem Gesetz zu erfolgen hat. Damit ist im vorliegenden Fall die Anwartschaft auf eine Betriebsrente der Firma ... ab Leistungsbeginn jedenfalls nicht statisch. Andererseits ist aber auch die Anpassung an die Steigerung der Lebenshaltungskosten nicht mit einer Volldynamik in der Leistungsphase gleichzusetzen. Denn der Begriff der Volldynamik im Sinne der BarwertVO setzt eine einkommensabhängige Anpassung voraus. Die BarwertVO in der Fassung vom 22. Mai 1984 geht ebenso wie die vorher geltende von einem Dynamisierungsfaktor von 5,5 % aus, weil sie langfristig eine Wertänderung volldynamischer Anwartschaften in dieser Höhe voraussetzt (vgl. Heubeck/Zimmermann BB 1981, 1225; Ellger/Glockner, FamRZ 84, 733). Demgegenüber ist die Preissteigerungsrate, die nach § 16 BetrAVG eine Erhöhung der Anrechte auslöst, langfristig allenfalls mit etwa 3 % anzunehmen (vgl. Heubeck/Zimmermann a.a.O.; Löffler/Theurer FamRZ 1981, 8). Damit ist der Dynamisierungsfaktor von 5,5 % zu hoch, um den Barwert einer lediglich preisdynamischen Anwartschaft zutreffend zu bewerten. Das gilt einerseits für die auf rein statische Anwartschaften zugeschnittenen Dynamisierungsfaktoren der Tabelle 1 der BarwertVO; ebensowenig kann aber auch der um 60 % erhöhte Faktor der Tabelle 1 der BarwertVO für ab Leistungsbeginn volldynamische Anwartschaften zu einem der Wirklichkeit hinreichend angenäherten Ergebnis führen.

18

Es liegt damit eine im Leistungsstadium teilweise dynamische Versorgung vor. Damit stellt sich die Frage, ob diese als nicht volldynamische Leistung gleichwohl nach der Tabelle 1 der (neuen) BarwertVO umzurechnen ist oder ob eine davon abweichende Berechnung Platz zu greifen hat. Letzteres ist nach Auffassung des Senats der Fall, weil die BarwertVO auch in ihrer jetzigen Fassung einer abweichenden Bewertung nicht entgegenstehen kann. Der Bundesgerichtshof (FamRZ 1983, 40) hatte bereits für die BarwertVO alter Fassung festgestellt, daß sie für die Gerichte nicht bindend sei, soweit sie eine mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes nicht vereinbare Bewertung vorsehe. Er hatte deshalb auch eine Bewertungsregel für teildynamische Versorgungen vorgesehen. Demgegenüber sieht die neue BarwertVO zwar eine abgestufte Bewertung vor, je nachdem, ob ein Anrecht nur im Anwartschaftsstadium oder aber im Leistungsstadium statisch oder volldynamisch ist. Das ist gemessen am alten Zustand ein Fortschritt, beseitigt aber die Ungerechtigkeiten nicht, die sich aus der Nichtberücksichtigung einer Teildynamik ergeben, wie sie der Bundesgerichtshof ausdrücklich gefordert hatte (vgl. Soergel-Zimmermann, § 1587 a Nachtr. Rz. 271). Soweit die Bewertungsvorschriften zu krassen, nicht mehr aus Gründen zwangsläufig vorzunehmender Pauschalierung hinnehmbaren kleineren Abweichungen von den tatsächlichen Wertverhältnissen führen, sind sie nicht mehr mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG vereinbar. Soweit im übrigen die fehlerhafte Bewertung dazu führt, daß - von mit Rücksicht auf Pauschalierung nicht umgehbare geringfügigen Toleranzen abgesehen - deutlich mehr oder weniger als die Hälfte der Wertdifferenz von beiden Ehegatten ausgeglichen wird, verstößt sie auch gegen die Ermächtigungsgrundlage, die eine solche Gleichbewertung im Interesse des Grundgedankens des Versorgungsausgleichs gerade fordert. Der Senat hält daher die BarwertVO in ihrer stringenten Form vorliegend für nicht anwendbar.

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Hier ist es aber auch nicht erforderlich, den Wert der vom Antragsgegner erworbenen Versorgung versicherungsmathematisch durch ein Gutachten ermitteln zu lassen. Denn aufgrund der eingehenden versicherungsmathematisch untermauerten Abhandlungen von Heubeck/Zimmermann und Löffler/Theurer (jeweils a.a.O.) kann der Senat dieses Anrecht mit hinreichender Genauigkeit selbst bewerten (so für alte BarwertVO bereits OLG Düsseldorf FamRZ 83, 192). In Übereinstimmung mit dem 18. Zivilsenat des OLG Celle (FamRZ 85, 297) hält der Senat entsprechend den Bewertungen von Heubeck/Zimmermann für Anwartschaften mit im Leistungsteil nach § 16 BetrAVG preisangepaßter Dynamik einen Zuschlag von 30 % zu den Faktoren der Tabelle 1 der BarwertVO für sachgerecht.

20

Danach ergibt sich die nachfolgende Berechnung: Der Jahresbetrag der Monatsrente von 170,06 DM ist nicht mit dem für das Lebensalter 39 Jahre bei Ehezeitende geltenden Faktor von 2,2, sondern mit (um 30 % erhöht) 2,86 zu multiplizieren. Rechnet man den so ermittelten Barwert mit den Faktoren der Tabellen 5 und 2 der Verordnung über die Rechengrößen zum Versorgungsausgleich um (170,06 × 12 × 2,86 × 0,01952467 × 0,2848375 = 32,46), ergibt sich eine volldynamische Betriebsrente von 32,46 DM (Ehezeitanteil). Rechnet man diese Betriebsrente den vom Antragsgegner erworbenen Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung hinzu (353,50 + 32,46 = 385,96 DM), ergibt sich, daß der Antragsgegner während der Ehezeit höhere Anwartschaften als die Antragstellerin (379,50 DM) erworben hat und mithin ausgleichspflichtig ist. Da er in der gesetzlichen Rentenversicherung niedrigere Anrechte als die Antragstellerin hat, scheidet ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich nach § 1587 b Abs. 1 BGB aus, was auf die Beschwerde der Antragstellerin festzustellen ist. Wegen des überschießenden Anteils der Betriebsrente wird gemäß § 2 VAHRG, falls die gesetzlichen Voraussetzungen eintreten, zugunsten der Antragstellerin gegebenenfalls der schuldrechtliche Versorgungsausgleich durchzuführen sein.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 93 a ZPO.

22

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache, die sich einerseits aus der Berechnung von Betriebsversorgung mit Anrechnungsklauseln, zum andern wegen der (teilweisen) Verfassungswidrigkeit der BarwertVO ergeben, hat der Senat die weitere Beschwerde zugelassen.

Streitwertbeschluss:

Beschwerdewert: 1.000 DM.