Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 17.10.2008, Az.: Ws 349/08

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
17.10.2008
Aktenzeichen
Ws 349/08
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2008, 42399
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:2008:1017.WS349.08.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Göttingen - 04.09.2008 - AZ: 51 StVK 218/08

Fundstelle

  • StraFo 2009, 40 (Volltext mit red. LS)

In der Maßregelvollstreckungssache

...

wegen Vergewaltigung ...

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig am 17. Oktober 2008

beschlossen:

Tenor:

  1. Die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Göttingen vom 4. September 2008 wird verworfen.

  2. Der Betroffene hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

1

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

2

I.

Durch den angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer die Fortdauer der Unterbringung des Betroffenen in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet; zugleich hat sie den externen Sachverständigen Prof. Dr. Lothar Adler, Mühlhausen, mit der Erstattung eines Prognosegutachtens beauftragt. Zu den Einzelheiten hinsichtlich des Sachverhalts und der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen. Gegen die im genannten Beschluss enthaltene Entscheidung über die Fortdauer der Unterbringung hat der Betroffene die sofortige Beschwerde eingelegt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat deren Verwerfung beantragt.

3

II.

  1. 1

    Die sofortige Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. Da die im angefochtenen Beschluss enthaltene Fortdauerentscheidung mit der Entschließung der Einholung eines externen Prognosegutachtens verbunden ist, ist sie als vorläufige Fortdauerentscheidung anzusehen, die lediglich bis zur erneut auf der Grundlage des einzuholenden externen Gutachtens zu treffenden Entscheidung gilt. Insoweit war das Rechtsmittel aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses zu verwerfen.

  2. 2

    Der Senat weist jedoch darauf hin, dass die Strafvollstreckungskammer erneut und unverzüglich aufgrund des einzuholenden externen Gutachtens über die Frage der Unterbringung zu entscheiden hat.

    Gem. § 463 Abs. 4 StPO n.F. hat die Kammer im Rahmen der Überprüfungen nach § 67e StGB nach jeweils 5 Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das Gutachten eines sog. externen Sachverständigen einzuholen. Da die Unterbringung nach den Feststellungen der Kammer bereits seit dem 24. Juni 2003 vollzogen wird, hat sie in der angefochtenen Entscheidung die Beauftragung eines externen Gutachters auch beschlossen. Dies hat jedoch - wie sich aus dem Wortlaut des § 463 Abs. 4 S. 1 StPO n.F. ergibt - bereits "im Rahmen der Überprüfung nach § 67e des Strafgesetzbuches" zu geschehen.D.h. die Kammer hat das Gutachten bereits für das jeweils anstehende Regelüberprüfungsverfahren nach § 67e StGB einzuholen und darf nicht - wie hier geschehen - erst nach Abschluss dieses Prüfungsverfahrens die Einholung dieses Gutachtens beschließen, welches dann aufgrund eines damit verbundenen erheblichen Zeitaufwandes möglicherweise sogar erst beim nächsten (jährlichen) Überprüfungsverfahren zur Grundlage einer Entscheidung gemacht wird (OLG Frankfurt, Beschl.v. 28.04.2008 - 3 Ws 401/08 - zit. nach juris). Denn Sinn dieser neuen Vorschrift, die auf der Basis der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts novelliert worden ist, ist es gerade, dass mit Ablauf der 5 Jahresfrist auf der Tatsachengrundlage eines sog. externen Sachverständigengutachtens und nicht nur aufgrund von klinikinternen Stellungnahmen, welche mit einer zunehmenden Gefahr der Routinebeurteilung verbunden sind, entschieden wird (OLG Frankfurt, a.a.O.).

    Zwar hat die Nichteinhaltung der vom Gesetzgeber festgesetzten Überprüfungsfristen im Maßregelverzug keine sachlich-rechtliche Wirkung, etwa derart, dass der Verurteilte freizulassen wäre ( BVerfG NStZ-RR 2005, 92, 94 [BVerfG 16.11.2004 - 2 BvR 2004/04]; OLG Jena ZfStrVO 2006, 51; Ruth Rissing-van Saan/Jens Peglau in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Aufl., § 67e, Rn. 28). Daher war die im angefochtenen Beschluss enthaltene vorläufige Entscheidung über die Fortdauer der Unterbringung aufrechtzuerhalten. Jedoch ist die Strafvollstreckungskammer nunmehr verpflichtet, die versäumte Prüfung unverzüglich nachzuholen (BVerG, a.a.O.; Ruth Rissing-van Saan/Jens Peglau in Leipziger Kommentar, a.a.O.; Stree in Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 67e, Rn. 6). Dass die bislang versäumte Entscheidung umgehend zu treffen ist, beruht insbesondere darauf, dass eine Überprüfung der Fortdauer der Unterbringung ohne die gesetzlich vorgeschriebene Tatsachengrundlage eines externen Sachverständigengutachtens das Grundrecht des Betroffenen aus Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG berührt (vgl. BVerfG, a.a.O.).

4

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.

Haase
Neef
Tröndle