Oberlandesgericht Braunschweig
v. 31.03.2011, Az.: 1 U 33/10
Mietzins-, Wertersatz- und Schadensersatzansprüche während der Weiternutzung von Fahrzeugen durch den Insolvenzschuldner für die Zeit der vorläufigen Insolvenzverwaltung durch den Beklagten als sog. schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 31.03.2011
- Aktenzeichen
- 1 U 33/10
- Entscheidungsform
- Teilurteil
- Referenz
- WKRS 2011, 22140
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGBS:2011:0331.1U33.10.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Göttingen - 16.04.2010 - AZ: 7 O 29/09
- LG Göttingen - 16.04.2010 - AZ: 7 O 49/09
- nachfolgend
- BGH - 08.03.2012 - AZ: IX ZR 78/11
Rechtsgrundlagen
- § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO
- § 55 Abs. 2 InsO
- § 169 S. 2 InsO
Fundstellen
- EWiR 2011, 507
- InsbürO 2012, 76
- ZIP 2011, 1275-1279
- ZInsO 2011, 1895-1901
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Der aussonderungsberechtigte Vermieter muss auch nicht unbegrenzt auf seine Mietzinsen verzichten; er wird nicht vollständig mit anderen Insolvenzgläubigern auf eine Stufe gestellt
- 2.
Der Unternehmerbegriff erfaßt auch den Insolvenzverwalter, der ein Unternehmen verwaltet.
- 3.
Der Insolvenzverwalter ist kein Kaufmann.
In dem Rechtsstreit
...
hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig
durch
den Präsidenten des Oberlandesgerichts H. sowie
die Richter am Oberlandesgericht G. und B.
mit Zustimmung der Parteien
im schriftlichen Verfahren (§ 128 Abs. 2 ZPO) auf die bis zum 3. März 2011 eingegangenen Schriftsätze
für Recht erkannt:
Tenor:
- I.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 16.04.2010 - 7 O 29/09 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
- 1.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 24.281,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 03.09.2009 sowie weitere Zinsen in Höhe von jeweils 3 Prozentpunkten aus weiteren 10.040,45 EUR seit dem 03.09.2009 und aus weiteren 13.388,17 EUR seit dem 19.10.2009 zu zahlen; wegen der weitergehenden Zinsforderung aus dem vorgenannten Betrag von 24.281,10 EUR wird die Klage abgewiesen.
- 2.
Der darüber hinaus geltend gemachte Klageanspruch wird dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, soweit die Klägerin von dem Beklagten die Zahlung eines Ausgleichs für den an den Sattelaufliegern Tautliner Edscha Joloda, Fahrgestellnummer WKESDP27051255285, amtliches Kennzeichen OHA-FO 378 und Fahrgestellnummer WKESDP27051255286, amtliches Kenn-zeichen OHA-FO 379, sowie an den Sattelzugmaschinen Mercedes-Benz 2544L, Fahrgestellnummer WDB9302131L116142, amtliches Kennzeichen OHA-FO 732 und Fahrgestellnummer WDB9302131L119634, amtliches Kennzeichen OHA-FO 733, in der Zeit vom 19.02.2009 bis zum 31.03.2009 einschließlich insgesamt - insbesondere durch die Nutzung wie auch durch dabei entstandene Schäden - eingetretenen Wertverlust begehrt.
- II.
Wegen der über den obigen Tenor zu Ziff. I 1, Halbsatz 1, hinausgehend geltend gemachten weitergehenden Zinsforderung aus dem vom Landgericht Göttingen bereits rechtskräftig zuerkannten Betrag von 24.281,10 EUR wird die Berufung zurückgewiesen.
- III.
Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
- IV.
Die Revision wird hinsichtlich des mit dem Urteilstenor zu Ziffer I 2 dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärten Klageanspruch zugelassen.
- V.
Der Streitwert für dieses Teil- und Grundurteil wird auf 14.642,36 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin vermietet Lastwagen (Sattelzugmaschinen und Sattelauflieger). Die Insolvenzschuldnerin und Mieterin ist eine Spedition, der Beklagte ist der Insolvenzverwalter über deren Vermögen. Die Insolvenzschuldnerin hatte die im obigen Urteilstenor zu Ziffer I 2 bezeichneten Fahrzeuge von der Klägerin gemietet.
Die Parteien streiten jetzt noch um etwaige Mietzins- Wertersatz- und Schadensersatzansprüche während der Weiternutzung der Fahrzeuge durch die Insolvenzschuldnerin für die Zeit der vorläufigen Insolvenzverwaltung durch den Beklagten als sog. schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter vom 19.02.2009 bis zum 31.03.2009.
Wegen des Sach- und Streitstands erster Instanz sowie der darin gestellten Anträge wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Seite 2 - 9 = Bl. 104 - 111 d.A.) Bezug genommen. Dieser ist klarstellend dahingehend zu ergänzen, dass in dem Klagegesamtbetrag auch ein Betrag in Höhe von 150,00 EUR für einen von der Klägerin behaupteten Kaskoselbstbeteiligungsbetrag für einen Kaskoschaden an der Sattelzugmaschine mit dem amtlichen Kennzeichen OHA-FO 732 vom Juni 2009 geltend gemacht worden ist (Klageerweiterung v. 01.10.2009, S. 2 = Bl. 47 d.A, Anlage K16 = Bl. 51 d.A.).
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 24.281,10 EUR stattgegeben und im Übrigen abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Ausgleich eines am 19.03.09 verursachten Kaskoschadens in Höhe von 1.000,00 EUR entsprechend der Rechnung Nr. GR 1076539 (Bl. 56 d.A.). Dieser Schaden sei vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden und somit nicht erstattungsfähig. Weitere Ansprüche in Höhe von insgesamt 11.455,25 EUR entsprechend der Rechnungen Nr. GR 1024595 (Bl. 23 d.A.) und Nr. GR 1024599 (Bl. 24 d.A.) bestünden ebenfalls nicht. Diese Rechnungsposten beziehen sich auf die Nutzung der Fahrzeuge in der Zeit vom 19.02.2009 bis zum 31.03.2009. In dieser Zeit sei der Beklagte lediglich sog. schwacher Insolvenzverwalter gewesen, so dass ein Anspruch gemäß § 55 Abs. 2 InsO ausscheide. Ein Anspruch der Klägerin folge auch nicht aus §§ 21 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. 169 Satz 2 InsO. Danach könne Zahlung erst für einen Zeitraum, der drei Monate nach der Anordnung liege, gefordert werden, d.h. hier ab dem 19.05.2009 und nicht schon ab dem 19.02.2009. Letztlich ergebe sich auch kein Anspruch auf Ersatz eines in diesem Zeitraum entstandenen Wertverlustes nach § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO. Diese Vorschrift, die das vorläufige Insolvenzverfahren betreffe, begründe gerade keine Masseansprüche. Im Übrigen ergebe sich aus dem Wortlaut der Vorschrift nur dann ein Zahlungsanspruch, wenn der Wertverlust die Sicherung eines absonderungsberechtigten Gläubigers beeinträchtige, was vorliegend nicht der Fall sei.
Die Klägerin habe außerdem keinen Anspruch auf Zahlung von insgesamt 2.037,11 EUR entsprechend den Rechnungen Nr. GR 1078801 (Bl. 59 f. d.A.) und Nr. GR 1078805 (Bl. 64 f. d.A.) wegen behaupteter Schäden an den Fahrzeugen im Zeitpunkt der Rückgabe im August 2009 gem. § 55 Abs. 2 InsO. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass die Schäden nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, d.h. nach dem 01.04.2009 entstanden seien. Den in der Klageforderung enthaltenen Kaskoselbstbeteiligungsbetrag von 150,00 EUR hat das Landgericht ohne nähere Begründung ebenfalls aberkannt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die landgerichtlichen Entscheidungsgründe (LGU S. 4-9 = Bl. 104-111 d.A.) Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 22.04.2010 zugestellte Urteil (Bl. 123 d.A.) hat die Klägerin mit dem am 06.05.2010 eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag (Bl. 132 d.A.) Berufung eingelegt, die sie innerhalb der Berufungsbegründungsfrist mit dem am 22.06.2010 eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag (Bl. 139 d.A.) fristgerecht begründet hat.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klageziel, soweit diesem nicht entsprochen worden ist, in vollem Umfang weiter. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, ihr stehe als Aussonderungsberechtigte durchaus ein Anspruch auf Mietzinszahlung auch für den Zeitraum 19.02.09 bis 31.03.09 gem. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 169 Satz 2 InsO zu. Das folge aus der Norm, jedenfalls aus deren verfassungskonform mit Rücksicht auf Art. 14 GG vorzunehmenden Auslegung. Zumindest habe sie - die Klägerin - aber aufgrund § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 169 Satz 2 InsO gegen den Beklagten einen Anspruch auf Ausgleich des Wertverlustes ihrer, von der Insolvenzschuldnerin weiter genutzten Fahrzeuge für diesen Zeitraum, der mindestens in Höhe des vereinbarten Nutzungsentgelts eingetreten sei. Die daneben geltend gemachten Schäden habe der Beklagte in diesem Zeitraum ebenfalls als Wertminderungen auszugleichen, sodass es nicht darauf ankomme, ob diese nach Insolvenzeröffnung entstanden seien. Der Zinsanspruch bestehe - auch hinsichtlich des bereits rechtskräftig zuerkannten Betrages - in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz. Wegen der weiteren Einzelheiten des klägerischen Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 22.06.2010 (Bl. 148-155 d.A.) und den Schriftsatz vom 08.02.2011 (Bl. 182 d.A.) verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
unter teilweiser Abänderung und Einbeziehung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Göttingen vom 16.04.2010 - 7 O 49/09 -
- 1.
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 38.923,46 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus 25.535,29 EUR seit Rechtshängigkeit und aus 13.388,17 EUR seit dem 01.09.2009 zu zahlen,
- 2.
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Zum einen sei der Wortlaut des § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO eindeutig, wonach § 169 Satz 2 und 3 InsO auch auf Aussonderungsrechte entsprechend anzuwenden sei. Eine Mietzinszahlungspflicht scheide daher aus. Für die von der Klägerin angestrebte verfassungskonforme Auslegung sei kein Raum. Es liege schon keine unzulässige "Ausdehnung" des § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO vor, weil die Norm lediglich entsprechend dem Gesetzeswortlaut angewandt werde. Unabhängig davon stehe der Klägerin auch kein Wertersatzanspruch zu. Nach dem Wortlaut des § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO bestehe eine solche Verpflichtung nur bei Absonderungsrechten. Davon losgelöst begründe die Norm auch keine Masseverbindlichkeit, da kein Verweis auf § 55 InsO enthalten sei. Eine analoge Auslegung auf aussonderungsberechtigte Gläubiger scheitere bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Erstmals bestreitet der Beklagte die Höhe des geltend gemachten Wertverlustes. Hinsichtlich der geltend gemachten Kaskoschäden und der behaupteten Schäden der Fahrzeuge bei Rückgabe hält er die Berufung mangels zureichender Begründung für unzulässig und verteidigt sich in der Sache neben der Argumentation des Landgerichts damit, dass er die Schäden sowie Aufwendungen der Klägerin für diese erstmals bestreitet. Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens des Beklagten wird auf die Berufungserwiderung vom 17.08.2010 (Bl. 168-175 d.A.) und den Schriftsatz vom 31.01.2011 (Bl. 180 d.A.) Bezug genommen.
Der Senat hat die Parteien mit Verfügung vom 17.01.2011 (Bl. 176f. d.A.) darauf hingewiesen, dass zwischen ihnen nicht streitig sei, dass überhaupt irgendein weiterer Wertverlust an den streitgegenständlichen Transportfahrzeugen infolge der Weiternutzung vom 19.02.2009 bis 31.03.2009 eingetreten ist, sondern nur die genaue Höhe des Wertverlustes. Dem sind die Parteien nicht mehr entgegengetreten.
II.
Die Berufung ist in vollem Umfang zulässig (1.), insbesondere rechtzeitig eingelegt und begründet worden. Sie hat in der Sache hinsichtlich der von der Klägerin weiter verfolgten Hauptforderung zwar nicht (auch) als Mietzinsforderung (2.), aber als Wertverlustausgleichsanspruch gem. § 21 Abs. 2 Nr. 5 Satz 1, 3. Teilsatz InsO dem Grunde nach Erfolg; ob der Klägerin ein Wertersatzanspruch in der von ihr geltend gemachten Höhe von 14.642,36 EUR zusteht, kann noch nicht endgültig beurteilt werden, weshalb insoweit durch Grundurteil zu entscheiden war (3.). Hinsichtlich der aus dem vom Landgericht Göttingen bereits rechtskräftig zuerkannten Betrag von 24.281,10 EUR geltend gemachten weitergehenden Zinsen ist die Berufung überwiegend begründet, sodass darüber endgültig durch Teilurteil entschieden werden konnte (4.).
Im Einzelnen:
1.
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Berufung der Klägerin auch insoweit zulässig und scheitert nicht an den Begründungserfordernissen des § 520 Abs. 1 und 3 ZPO, als die Klägerin den Ausgleich von behaupteten Kaskoschäden und Schäden an den Fahrzeugen bei Rückgabe verlangt. Die Klägerin führt in ihrer Berufungsbegründung an, dass ihr dieser unter dem Gesichtspunkt des Wertersatzes zustehe und sie wegen der Höhe auf ihren erstinstanzlichen Vortrag Bezug nehme (BB S. 7 = Bl. 154 d.A.). Ob diese Begründung tragfähig ist (was der Fall ist, s. u. Ziffer 3 lit. a dd ), ist keine Frage der Zulässigkeit sondern der Begründetheit der Berufung (vgl. BGH MDR 2003, 1130; BGHReport 2003, 1236; BGH VersR 1980, 580).
2.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Mietzinses für den Zeitraum des vorläufigen Insolvenzverfahrens vom 19.02.2009 bis zum 31.03.2009 für die streitgegenständlichen Fahrzeuge.
Ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung bzw. Mietzins stünde der Klägerin als Masseverbindlichkeit nur nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 InsO i.V.m. § 169 Satz 2 InsO zu. Dessen Voraussetzungen lagen jedoch für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht vollständig vor.
a)
Nach § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO kann das Insolvenzgericht anordnen, dass Aussonderungsgegenstände nicht eingezogen oder verwertet werden dürfen, wenn sie für die Fortführung des Unternehmens des Insolvenzschuldners eingesetzt werden und für dieses von erheblicher Bedeutung sind.
Dieses ist durch den Beschluss des Amtsgerichtes Arnsberg vom 19.02.2009 (Bl. 17 ff. d.A.) geschehen. Die Anordnung ist wirksam. Das Insolvenzgericht hat ordnungsgemäß selbst die Maßnahmen angeordnet und nicht delegiert (vgl. BGH, Urt. v. 03.12.2009 - IX ZR 7/09 = BGHZ 183, 269, Rn. 22, hier zit. n. [...]; BGHZ 151, 353, 365 ff). Aus der gerichtlichen Anordnung ist bereits selbst zu erkennen, welche Beschränkungen angeordnet sind (vgl. BGH, Urt. v. 03.12.2009, Az. IX ZR 7/09, a.a.O.; BGHZ 151, 353, 367).
Für einen solchen Fall bestimmt § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO i.V.m. § 169 Satz 2 InsO, dass die geschuldeten Zinsen für die betroffenen Gegenstände spätestens von dem Zeitpunkt an zu zahlen sind, der drei Monate nach der gerichtlichen Anordnung des § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO liegt. Bis zu diesem Zeitpunkt aber mutet der § 169 Satz 2 InsO den Gläubigern eines Aus- und Absonderungsrechtes ein Zuwarten auf Ausgleichszahlungen entschädigungslos zu (vgl. BGH, Urteil v. 03.12.2009, Az. IX ZR 7/09, hier zit. n. [...] Rn. 33 u. 36,). Unter "Zinsen" i.S.d.§ 21 InsO ist für Aussonderungsgegenstände das laufende Nutzungsentgelt zu verstehen (HambK/Schröder, 2009, 3. Auflage, § 21, Rn. 69e).
Die Dreimonatsfrist beginnt mit der gerichtlichen Anordnung i.S.d. § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 28 Satz 1). Sie begann also mit dem 19.02.2009 und endete am 18.05.2009. Da vorliegend bereits am 01.04.2009 und somit vor Ablauf der Dreimonatsfrist das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, findet § 21 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 169 InsO als Anspruchsgrundlage gegen die Masse keine Anwendung. Die Mietforderung bleibt für diesen Zeitraum eine bloße Insolvenzforderung (Graf-Schlicker/Voß, Kommentar zur InsO, 2010, 2. Auflage, Rn. 25).
Sofern die Klägerin behauptet, § 169 InsO beziehe sich nur auf Absonderungsrechte, weil sich die Norm im Abschnitt "Gegenstände mit Absonderungsrechten" befindet, so dass der Dreimonatszeitraum nicht für Aussonderungsrechte gelte, kann dem nicht gefolgt werden. Der Verweis in § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO gilt sowohl für Absonderungs- wie auch für Aussonderungsrechte. Denn nach dem Wortlaut des § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO gilt § 169 Satz 2 und 3 InsOentsprechend. Dieser Verweis muss im Zusammenhang mit dem vorstehenden Halbsatz des § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO gelesen werden, der sich ausdrücklich auch auf Aus sonderungsrechte bezieht. Warum dann aber von der Verweisung auf § 169 InsOnurAb sonderungsrechte betroffen sein sollen, ist nicht nachvollziehbar. Zudem wäre eine "entsprechende" Anwendung des § 169 Satz 2 InsO überflüssig, wenn sowieso nur Absonderungsrechte, für die die Norm ohnehin gilt, erfasst werden sollten. Vielmehr ist von einer Gleichstellung der Absonderungs- und Aussonderungsrechte in Bezug auf die Anwendung des § 169 Satz 2 InsO auszugehen (vgl. BGH, Urt. v. 03.12.2009, Az. IX ZR 7/09, hier zit. n. [...], Rn. 36, Satz 3 und 4). Folglich müssen auch Aussonderungsberechtigte drei Monate ohne Zahlung eines Nutzungsausgleichs zuwarten.
b)
Diese Auslegung des § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO verstößt auch nicht gegen den Eigentumsschutz der Insolvenzgläubiger aus Art. 14 GG. Zwar wird in der Literatur bei entsprechender Auslegung der Norm vereinzelt von einer unzulässigen temporären Enteignung gesprochen (Pape, NZI 2007, 425 ff., 430). Solche Bedenken sind jedoch zu weitgehend (vgl. BGH Urt. v. 03.12.2009, Az. IX ZR 7/09, Rn. 43 ff., zit. n. [...]; so auch KG Berlin Urt. v. 11.12.2008, Az. 23 U 115/08, Rn. 30 ff., zit. n. [...]; Uhlenbruck/Vallender, InsO, 13. Auflage, § 21, Rn. 38h).
Zwar wird die Klägerin als Insolvenzgläubigerin durch die Regelung des § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO i.V.m. § 169 Satz 2 InsO in ihrem Eigentum beeinträchtigt. Jedoch handelt es sich dabei um eine zulässige und verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S.d. Art. 14 GG.
Bereits für den Rahmen des § 112 InsO steht fest, dass dem neu eingesetzten Insolvenzverwalter ein gewisser Zeitraum gewährt werden muss, um die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners sowie die Bedeutung auch der einzelnen Gegenstände dafür zu erfassen, die möglicherweise mit Aus- oder Absonderungsrechten belastet sind (BGH, Urt. vom 18.07.2002, Az. IX ZR195/01, Rn. 56 zit. n. [...]). Während dieser Prüfungszeit muss grundsätzlich der vorgefundene Verbund des Schuldnervermögens erhalten bleiben. Auch gemietete oder gepachtete Gegenstände sollen dem Verwalter nicht aufgrund von Zahlungsrückständen des Schuldners selbst entzogen werden, weil sie für eine Fortführung eines Unternehmens erforderlich sein können. Dabei kann es allerdings zu gewissen begrenzten Forderungsausfällen der Gläubiger kommen, die aber unter Berücksichtigung der Interessen aller Gläubiger und dem Interesse der Allgemeinheit an der Erhaltung eines sanierungsfähigen Unternehmens (BGH a.a.O., Rn. 53) als "kleineres Übel" hingenommen werden müssen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass diese Regelung letztlich sogar Vermietern etc. zugute kommt, soweit diese mit Ansprüchen auf Nutzungsentschädigung vor der Insolvenzeröffnung ausgefallen sind (BGH a.a.O. Rn. 58).
Diese Erwägungen gelten auch hier. Letztlich stellt die Beeinträchtigung des Eigentums im Rahmen des § 21 InsO keine stärkere Beeinträchtigung dar, als den Aussonderungsberechtigten bereits nach § 112 InsO zugemutet wird. In beiden Fällen wird dem Insolvenzverwalter für einen begrenzten Zeitraum eine Prüfungspflicht mit Aussonderungsverbot gewährt, wobei die aussonderungsberechtigten Gläubiger mit einem ggf. entschädigungslosen Forderungsausfall rechnen müssen.
Das ist zudem kein Risiko, dass den aussonderungsberechtigten Gläubiger unbillig trifft. Er könnte ihm durch Sicherungsmaßnahmen oder Wahl eines anderen Vertragspartners begegnen. Die Klägerin hat sich das nunmehr insolvente Unternehmen als Vertragspartner selbst ausgesucht und bei Vertragsschluss auf ausreichende Kautionen für einen solchen Fall indes letztlich verzichtet. Dass der Vertragspartner seine versprochenen Leistungen nicht ordnungsgemäß erfüllen kann, ist aber ein allgemeines Risiko des Gläubigers, welches durch entsprechende Kautionen hätte abgemildert werden können.
Der aussonderungsberechtigte Gläubiger muss auch nicht unbegrenzt auf seine Mietzinsen verzichten; er wird nicht vollständig mit anderen Insolvenzgläubigern auf eine Stufe gestellt. Vielmehr "verliert" er lediglich für drei Monate die Rechte eines aussonderungsberechtigten Gläubigers. Nach Ablauf der drei Monate stehen ihm gem. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 InsO i.V.m. § 169 Satz 2 InsO (wieder) die Ansprüche gegen die Masse zur Verfügung, sodass die grundsätzlich stärkere Position des aussonderungsberechtigten Gläubigers auch hier Berücksichtigung findet.
3.
Sofern die Klägerin "hilfsweise" die Auffassung vertritt, sie habe gegen den Beklagten für im Zeitraum vom 19.02.2009 bis zum 31.03.2009 an ihren Fahrzeugen eingetretene Wertverluste einen Anspruch auf Wertersatz, dringt sie damit dem Grunde nach in der Berufung durch (a). In welcher Höhe genau der geltend gemachte Wertersatzanspruch (oder: Wertverlustausgleichsanspruch) besteht, kann mangels Entscheidungsreife derzeit noch nicht beurteilt werden (b).
a)
Ob dem aussonderungsberechtigten Gläubiger nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5, 3. Teilsatz InsO neben einem etwaigen Zinszahlungsanspruch auch noch ein Wertersatzanspruch zusteht, wird in der Literatur nicht übereinstimmend bewertet (dafür: HambK/Büchler, InsO, 2009, 3. Auflage, § 172, Rn. 13a f.; Uhlenbruck/Vallender, InsO, 13. Auflage, § 21, Rn. 38k; FK-InsO/Schmerbach, 6. Aufl., § 21 Rn. 56; Kübler/Prütting/Pape, InsO, Stand Juli 2007, § 21 Rn. 40w; unklar: Braun, InsO, 2010, 4. Auflage, § 21, Rn. 36a; ebenfalls unklar, wohl eher dagegen: Nehrlich/Römermann/Mönning, InsO, Bearb. März 2008, § 21 Rn. 157/163; dagegen: HambK/Schröder, InsO, 2009, 3. Auflage, § 21, Rn. 69e;). Soweit ersichtlich ist noch keine (höchstrichterliche) Rechtssprechung zu dieser Rechtsfrage ergangen. In dem Urteil des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 03.12.2009, Az. IX ZR 7/09) hat sich dieser - wie auch vorangegangen das Berufungsgericht (KG Berlin, Urt. v. 11.12.2008, Az. 23 U 115/08, Rn. 36, zit. n. [...]) - nicht zu dem Problem des Wertersatzanspruches eines Aussonderungsberechtigten geäußert, da es auf diese Frage im Ergebnis nicht ankam. Der Wertersatz war in jenem Fall bereits ausgeglichen worden (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 43 aE).
Der befürwortenden Auffassung ist zu folgen. Bei zutreffender Auslegung der streitgegenständlichen Norm steht der Klägerin als aussonderungsberechtigter Gläubigerin ein Wertersatzanspruch dem Grunde nach zu:
aa)
Aus dem Wortlaut der Norm und seiner Systematik lässt sich durchaus entnehmen, dass ein solcher Wertersatzanspruch auch für aussonderungsberechtigte Gläubiger besteht.
§ 21 Abs. 2 Nr. 5, Satz 1, 3. Teilsatz InsO besagt: "[...]; ein durch die Nutzung eingetretener Wertverlust ist durch laufende Zahlungen an den Gläubiger auszugleichen".
Insoweit beschränkt sich die Norm nicht nur auf den Absonderungsberechtigten. Der 3. Teilsatz des 1. Satzes muss im Zusammenhang mit dem gesamten 1. Satz gelesen werden. Im 1. Teilsatz des 1. Satzes wird ausdrücklich von dem Ab- und Aussonderungsberechtigten gesprochen. Die Regelung über den Wertverlustausgleich ist daher auch auf diese beiden Gläubigergruppen anzuwenden (so auch HambK/Büchler, InsO, 2009, 3. Auflage, § 172, Rn. 13a f.).
Zwar heißt es in § 21 Abs. 2 Nr. 5 Satz 2 InsO: "Die Verpflichtung zur Ausgleichszahlung besteht nur, soweit der durch die Nutzung entstehende Wertverlust die Sicherung desab sonderungsberechtigten Gläubiger beeinträchtigt" [Unterstreichung hier durch den Senat]. Aus dieser Formulierung kann gleichwohl nicht geschlossen werden, dass ein Wertersatz nur für Absonderungsrechte zu entrichten ist (anders aber wohl HambK/Schröder, InsO, 2009, 3. Auflage, § 21, Rn. 69e; Braun, InsO, 2010, 4. Auflage, § 21, Rn. 36a). Die Überlegung, dass dann, wenn beide Gläubiger einen Wertersatz erhalten sollten, Satz 2 in diesem Zusammenhang überflüssig wäre, ist nicht stichhaltig.
Der Wortsinn und Regelungszusammenhang weist vielmehr dahin, dass bei einem Ab sonderungsgegenstand nur in dem speziellen Fall des Satzes 2 ein Wertersatzanspruch bestehen soll, davon unabhängig aber fürAus sonderungsberechtigte uneingeschränkt. Das ist auch konsequent, denn ein Aussonderungsberechtigter verdient den Schutz seiner materiellen und wirtschaftlichen Eigentumssubstanz unabhängig davon, ob diese zur Sicherung seiner Forderungen geeignet ist oder nicht. Ein Absonderungsberechtigter hingegen hat seine Stellung nur aus dem Sicherungsrecht und verdient daher nur Schutz - hier durch Wertersatz -, falls und soweit sein Sicherungsrecht leidet.
bb)
Auch die Begründung zum "Gesetz zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens" (BT-Drucksache 16/3227, S. 15-16) spricht für einen Wertersatzanspruch der aussonderungsberechtigten Gläubiger.
Im BT-Druck auf Seite 16 (linke Spalte, 2. Absatz) heißt es:
(Satz 1)
"Den Interessen der [...] Aussonderungsberechtigten [...] wird ebenfalls Rechnung getragen."
(Satz 3)
"Soweit § 169 Satz 2 und 3 InsO für den Fall einer längeren Vorenthaltung im Eröffnungsverfahren eine Zinszahlungspflicht für den Zugriffsverlust des Absonderungsberechtigten vorsehen, gilt diese Regelung nunmehr auch für den durch ein Verwertungsverbot betroffenen Aussonderungsberechtigten."
(Satz 4)
"Daneben ist der vorläufige Insolvenzverwalter verpflichtet, einen Wertverlust auszugleichen, der durch die Benutzung der Gegenstände eintritt.
(Satz 5)
"Ein angeordneter Verwertungsstopp hat keine Auswirkungen auf ein etwaiges Kündigungsrecht des Gläubigers und die Herausgabe der Gegenstände im eröffneten Verfahren."
Diese Gesetzesbegründung enthält zwar keine explizite, aber gleichwohl eindeutige Aussage zu Gunsten eines Wertersatzanspruchs von Aussonderungsberechtigten. Ihr Satz 4 muss im Zusammenhang mit dem vorherigen und dem folgenden Satz gelesen werden. Satz 3 bezieht sich eindeutig und gezielt auch auf Aussonderungsberechtigte. Satz 4 enthält keine ausdrückliche Stellungnahme, ob dieser Satz nur für Absonderungsberechtigte oder für beide Gläubiger gelten soll. Insoweit ist indes aufgrund des Kontextes und der Aufeinanderfolge der beiden Sätze davon auszugehen, dass sich die jeweils nachstehenden Erläuterungen auch weiterhin auf beide Gläubiger erstrecken sollen. Zudem - und das ist entscheidend - beginnt Satz 4 mit dem Wort "daneben". Satz 4 knüpft also gerade mit seiner Regelung zu einem weiteren Ausgleichsanspruches in Form von Wertersatz an Satz 3 an. Dieser Anspruch soll neben einen etwaigen Zinsanspruch (aus Satz 3) treten. Warum davon ohne ausdrückliche Formulierung aussonderungsberechtigte Gläubiger ausgenommen werden sollen, obwohl sie ja auch gerade einen Anspruch auf eine Zinszahlung nach § 169 Satz 2 InsO haben, wäre nicht nachvollziehbar.
Dagegen spricht auch nicht der nachfolgende Satz 5. Dieser enthält eine Regelung zu einem Kündigungsrecht des betroffenen Gläubigers im Falle eines angeordneten Verwertungsstopps. Ein solches Kündigungsrecht ist auch gerade bei vermieteten Gegenständen von Bedeutung, wenn z.B. die Miete nicht mehr entrichtet wird, so dass es sich grundsätzlich auch auf aussonderungsberechtigte Gläubiger beziehen kann.
Ein Wertverlust, der an einem Aussonderungsgut während seiner, dem Berechtigten insolvenzgerichtlich "aufgezwungenen" Weiterbenutzung durch die Insolvenzschuldnerin eintritt, stellt mindestens wirtschaftlich einen Teilverbrauch des Gegenstands dar. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist von der Erlaubnis die mit Absonderungs- und Aussonderungsrechten belasteten Gegenstände weiter zu nutzen, der Verbrauch nicht erfasst (BT-Drucksache 16/3227, Seite 16, linke Spalte, Absatz 1). Es kann auch deshalb nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, dass der Berechtigte - auch nur zeitweise - den einem wirtschaftlichen Teilverbrauch gleichkommenden Wertverlust an einem Aussonderungsgut ohne Ausgleich hinzunehmen hat.
cc)
Die teleologische Auslegung der streitgegenständlichen Norm lässt ebenfalls auf einen Wertersatzanspruch für aussonderungsberechtigte Gläubiger schließen.
Ursprünglich war der Wertersatzanspruch nur für absonderungsberechtigte Gläubiger gem. § 172 InsO bestimmt.
Sinn und Zweck der Norm war, dass der Insolvenzverwalter eine Sache, die er grundsätzlich schon verwerten und dadurch auch den Absonderungsberechtigten befriedigen könnte, weiter nutzen darf, wenn er durch Wertersatzzahlungen sicherstellt, dass der Absonderungsberechtigte aufgrund der weiteren Nutzung nicht schlechter steht. D.h. wenn der Insolvenzverwalter die streitgegenständliche Sache auch nach Insolvenzeröffnung weiter nutzen kann und durch diese Nutzung ein Wertverlust an der Sache eintritt, der die Befriedigungschancen des Gläubigers schmälert, soll dieses Risiko durch laufende Wertersatzzahlungen an den Gläubiger ausgeglichen werden.
Dieses Risiko des absonderungsberechtigten Gläubigers durch Anordnung eines zeitweiligen Verwertungsstopps trifft den Aussonderungsberechtigten in ähnlicher Weise. Der Insolvenzverwalter zögert zwar nicht die Verwertung des Gegenstandes hinaus wie bei einem Absonderungsberechtigten. Jedoch hält er den Aussonderungsgegenstand für mindestens drei Monate, ggf. sogar entschädigungslos, zurück. D.h. durch die Anordnung des Verwertungs- und Rückgabestopps nach § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO i.V.m. § 169 InsO besteht auch für den Aussonderungsberechtigten das Risiko, dass er nach der weiteren Nutzung der Sache finanziell schlechter steht, als wenn er gleich nach Eröffnung des (vorläufigen) Insolvenzverfahrens seinen Gegenstand zurückerhalten hätte. Das Risiko des Wertverlustes durch eine weitere Nutzung des Aussonderungsgegenstandes ist identisch mit dem Risiko eines Absonderungsberechtigten und entsteht auch aufgrund derselben Anordnung durch das Insolvenzgericht.
Somit ist zwingende Folge der durch die Gesetzesänderung in Form der Schaffung von § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 InsO ausgeweiteten Anwendung des Verwertungsstopps (auch) auf Aussonderungsberechtigte, ihnen ebenfalls etwaige durch die Anordnung entstandenen Wertverluste an ihren zurückgehaltenen Gegenständen zu ersetzen.
dd)
Der mithin auch zu Gunsten der Klägerin bestehende Wertersatzanspruch ist auch auf den Ausgleich solcher Wertminderungen gerichtet, die eingetreten sind, indem während der angeordneten Weiternutzung die dem (ausgesetzten) Aussonderungsrecht unterliegenden Fahrzeugen beschädigt wurden (vgl. Rechnungen Nr. GR1053254 [Bl. 51 d.A.], Nr. GR1076539 [Bl. 56 d.A.], Nr. GR1078801 [Bl. 59f. d.A.] und GR1078805 [Bl. 64 d.A.]). Diese Beschädigungen ergeben sich aus der Verwirklichung des typischen Gebrauchsrisikos der Fahrzeuge. Der Unterschied zum "normalen" Wertverlust, der auch ohne Beschädigung eintritt, besteht lediglich in der - derzeit noch nicht entscheidungsreifen (s. u.) - Berechnung der Höhe. Der "normale" Wertverlust wird durch einen Vergleich des Wertes des Aussonderungsgutes zu Beginn und am Ende der Nutzung bestimmt, bei durch (zusätzliche) Beschädigungen (= ungewöhnliche Abnutzung) entstandene Wertminderungen erfolgt der (zusätzlich) zu zahlende Wertausgleich in Gestalt einer Schadensersatzforderung (Vallender in Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 21 Rn. 38k). Es kommt daher auch entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht darauf an, ob die zu solchen Wertminderungen führenden Schäden vor oder nach Insolvenzeröffnung (01.04.2005) eingetreten sind. Im Übrigen ist das Entstehen von Wertverlusten infolge Beschädigungen ohnehin kein "Begründen einer Verbindlichkeit" i.S.v.§ 55 InsO.
ee)
Der geltend gemachte (Gesamt-)Wertersatzanspruch stellt entgegen der Ansicht des Landgerichts auch eine Masseverbindlichkeit dar.
Nach ganz überwiegender Literaturmeinung handelt es sich bei dem Wertersatzanspruch nach § 21 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m.§ 172 InsO um eine Masseforderung i .S. d. § 55 InsO (vgl. Vallender in Uhlenbruck, InsO, 13. Auflage, 2010, § 21, Rn. 38k; Voß in Graf-Schlicker, InsO, 2. Auflage, 2010, § 21, Rn. 25; Schröder in HambK, InsO, 3. Auflage, 2009, § 21, Rn. 69e; Brinkmann in Uhlenbruck, InsO, 13. Auflage, 2010, § 172, Rn. 5; a. A. wohl Marotzke ZInsO 2008, 1108, 1109).
Dieser überwiegenden Auffassung ist zu folgen. Andernfalls würde der Gedanke des Gesetzgebers, die aus- und absonderungsberechtigten Gläubiger des insolventen Unternehmens trotz Anordnung eines Verwertungs- und Einziehungsstopps möglichst schonend zu treffen, nicht bzw. nicht angemessen umgesetzt. Mit einem Wertersatzanspruch als bloße Insolvenzforderung könnten die Gläubiger durch die Regelung des§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 InsO keinen validen Ausgleich erlangen. Der Wertersatzanspruch stünde dann lediglich neben einem z.B. sowieso bestehenden Mietzinsanspruch für den Dreimonatszeitraum nach (vorläufiger) Insolvenzeröffnung. Die nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 InsO vorgesehene Besserstellung der betroffenen Gläubiger als Ausgleich dafür, dass ihr Aussonderungs- oder Absonderungsrecht blockiert wird, würde unterbleiben und die Regelung zum Wertersatz damit leerlaufen.
Zudem wäre der Wertersatzanspruch als bloße Insolvenzforderung gegen den Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu richten und nicht schon gegen den vorläufigen Insolvenzverwalter. Das widerspräche schon dem Wortlaut von § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5, 3. Halbsatz InsO: "... ist durch laufende Zahlungen an den Gläubiger auszugleichen" (Vallender, a.a.O.; Büchler ZInsO 2008, 719, 720 [Hervorhebung hier durch den Senat]).
Schließlich handelt es sich bei dem Wertersatzanspruch um einen Anspruch, der dadurch entsteht, dass der (vorläufige) Insolvenzverwalter die Insolvenzmasse verwaltet. Der Wertersatzanspruch bestand also nicht schon vor und unabhängig von der Verwaltung gegenüber dem insolventen Schuldner, wie es bei Insolvenzforderungen i.S.d. § 38 InsO üblich ist (vgl. Sinz in Uhlenbruck, InsO, 13. Auflage, 2010, § 38, Rn. 26). Er entsteht vielmehr erst durch die Verwaltung der Insolvenzmasse, d.h. ähnlich wie bei § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.
Dagegen spricht auch nicht die Regelung des § 55 Abs. 2InsO, wonach der vorläufige schwache Insolvenzverwalter grundsätzlich keine Masseverbindlichkeiten begründen kann. Denn bei dem Wertersatzanspruch handelt es sich gerade nicht um eine vom vorläufigen Insolvenzverwalter begründete Verbindlichkeit, sondern um eine gesetzlich angeordnete Ausgleichszahlungsverpflichtung.
b)
Die Entscheidung insoweit durch Grundurteil (§ 304 ZPO) ist angezeigt, da zwischen den Parteien jedenfalls unstreitig ist, dass überhaupt ein Wertverlust während der streitgegenständlichen Weiternutzung an den Sattelzugmaschinen und Aufliegern entstanden ist. Die Klägerin hat bereits in erster Instanz zu einem etwaigen Wertersatzanspruch schlüssig vorgetragen, worauf sie in der Berufungsbegründung ausdrücklich Bezug nimmt.
In welcher Höhe der Wertersatzanspruch der Klägerin besteht, kann derzeit noch nicht beurteilt werden. Insofern wird Beweis zu erheben sein (durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, evtl. auch durch Zeugenvernehmungen).
Das Bestreiten des Beklagten hinsichtlich der geltend gemachten Forderungshöhe ist zwar i.S.v. § 531 ZPO neu, aber gem. § 531 Abs. 2 Nr. 1 und 3 ZPO zuzulassen. Der Beklagte konnte davon ausgehen, dass kein Anlass zum Bestreiten des Anspruchs der Höhe nach bestand. Das Landgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 24.03.2010 den Hinweis erteilt, dass es weder die Voraussetzungen des Anspruchs auf Nutzungsersatz noch auf Wertersatz als gegeben ansieht (Bl. 100 d.A.; vgl. Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 31. Auflage, § 531, Rn. 16.).
4.
Hinsichtlich der aus dem vom Landgericht Göttingen bereits rechtskräftig zuerkannten Betrag von 24.281,10 EUR geltende gemachten weitergehenden Zinsen ist die Berufung nur im Umfang des obigen Tenors zu Ziff. I 1, Halbsatz 1, begründet. Im Übrigen ist sie jedoch unbegründet, sodass darüber durch Teilurteil entschieden werden konnte, § 301 Abs. 1 ZPO (a). Die Entscheidung über die Zinsen im Übrigen bleibt dem Betragsverfahren über die dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärten weiteren Hauptforderung vorbehalten (b).
a)
Sofern die Klägerin die Auffassung vertritt, das Landgericht habe ihr auf den vom Landgericht Göttingen bereits rechtskräftig zuerkannten Betrag von 24.281,10 EUR zu Unrecht lediglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zugesprochen, obwohl sie 8%-Punkte beantragt habe, hat sie damit in der Berufung überwiegend Erfolg (aa). Der für die mit der erstinstanzlichen Klageerweiterung geltenden gemachten Beträge weiter verfolgte frühere Zinsbeginn (01. statt 03.09.2009) ist nicht begründet (bb).
aa)
Nach § 288 Abs. 2 BGB beträgt der Zinssatz bei Rechtsgeschäften für Entgeltforderungen, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(1)
Beide Parteien sind Unternehmer i.S.d. § 288 Abs. 2 BGB. Nach § 14 BGB ist ein Unternehmer jede natürliche und juristische Person, die am Markt planmäßig und dauerhaft Leistungen gegen ein Entgelt anbietet. Unter den Unternehmerbegriff fallen aber auch gesetzliche Vermögensverwalter, wie etwa der Insolvenzverwalter, der ein Unternehmen verwaltet (Ellenberger in Palandt, 70. Auflage, § 14, Rn. 2 BGB). Insofern findet die Vorschrift auf beide Parteien Anwendung.
Soweit der Beklagte meint, er sei als Insolvenzverwalter kein Kaufmann, sodass eine Verzinsung nur in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz in Frage komme, ist dem nicht zu folgen. Richtig ist zwar, dass der Insolvenzverwalter kein Kaufmann ist (Uhlenbruck in Uhlenbruck, InsO, 13. Auflage, 2010, § 80, Rn. 11). Jedoch kommt es bei der Anwendung des § 14 BGB nicht auf die Kaufmannseigenschaft an. Die Begriffe "Unternehmer" i.S.d. § 14 BGB und "Kaufmann" i.S.d. HGB entsprechen einander nicht; das Merkmal des Unternehmers geht über das des Kaufmanns hinaus (Staudinger/Habermann, BGB, Berab. März 2004, § 14 Rn. 14). Unerheblich für den Unternehmerbegriff ist auch, ob eine Gewinnerzielungsabsicht besteht (Ellenberger a.a.O.).
(2)
Auch handelt es sich bei einem Großteil der durch das Landgericht zugesprochenen Klage um eine Entgeltforderung. Eine Entgeltforderung ist eine Forderung, die auf Zahlung eines Entgelts für die Lieferung von Gütern oder die Erbringung von Leistungen gerichtet ist. Der Zahlungsanspruch muss ein Äquivalent für die erbrachte Leistung darstellen, was z.B. bei einer Schadensersatzforderung nicht der Fall ist (Grüneberg in Palandt, BGB, 70. Auflage, 2010, § 286, Rn. 27).
Bei dem vom Landgericht rechtskräftig zugesprochenen Teil der Klage in Höhe von insgesamt 24.281,11 EUR handelt es sich nicht ausschließlich um Entgeltforderungen. Der Betrag enthält zu einem Anteil von insgesamt 852,48 EUR Schadensersatzforderungen, die nach der obigen Erläuterung aber nicht unter den Begriff der Entgeltforderung fallen und daher mit 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen sind. Den verbleibenden Teil von 23.428,62 EUR hat das Landgericht für die Nutzung der Fahrzeuge zugesprochen. Dabei handelt es sich um einen vertraglich vereinbarten Mietzins, der ein Äquivalent für die Nutzungsmöglichkeit der Fahrzeuge darstellt. Somit hat die Klägerin hinsichtlich dieses Betrages einen Anspruch auf Zinsen in Höhe von 8%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz. Die Aufspaltung des Beginns der erhöhten Verzugszinsen auf den Entgeltbetrag von 23.428,62 EUR ergibt sich aus den nachfolgenden Ausführungen zu lit. bb (2).
bb)
Soweit die in dem vom Landgericht Göttingen bereits rechtskräftig zuerkannten Betrag von 24.281,10 EUR Beträge von insgesamt 13.388,17 EUR enthalten sind, die erst mit der Klageerweiterung vom 01.10.2009 geltend gemacht worden sind (Bl. 46ff. d.A.) und für die die Klägerin eine Verzinsung ab dem 01.09.2009 begehrt, ist die Berufung nicht begründet.
(1)
Die Voraussetzungen für einen Verzug ab 01.09.2009 sind nicht vorgetragen. Aus den AGB der Klägerin Nr. 4.6 ergibt sich zwar, dass die Insolvenzschuldnerin grundsätzlich 14 Tage nach Rechnungszustellung in Verzug gerät, ohne dass es einer Mahnung bedarf (Bl. 31 d.A.). § 309 Nr. 4 BGB findet hier gem. § 310 Abs. 1, Satz 1 BGB keine Anwendung. Da die letzten Rechnungen mit Datum vom 12.08.2009 (Bl. 67-68 d.A.) versehen sind, wäre ein vorzeitiger Verzugsbeginn möglich und dementsprechend auch eine Zinszahlung ab dem 01.09.2009 denkbar. Jedoch hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt vorgetragen, dass sie dem Beklagten diese Rechnungen auch unmittelbar nach Rechnungsstellung zugesandt hat.
(2)
Mit dem ab Zustellung der Klageschrift am 03.09.2009 (Bl. 38 d.A.) zuerkannten Zinsbeginn hat das Landgericht sogar einen weitgehend überhöhten (weil "verfrühten") Zinsanspruch zugebilligt. Die Zinspflicht begann für den in der Klageerweiterung geltend gemachten Betrag in Höhe von 13.388,17 EUR nach § 261 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erst ab Zustellung des Schriftsatzes an den Beklagten, d.h. am 19.10.2009 (Bl. 77 d.A.) begann. Nach § 261 Abs. 2 ZPO tritt die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs in dem Zeitpunkt ein, in dem der anderen Partei dieser Schriftsatz in entsprechender Weise des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zugestellt worden ist. Da der Beklagte keine Anschlussberufung eingelegt hat, kommt es darauf jedoch nicht mehr an, soweit es um die bereits in Höhe von 5%-Punkten vom Landgericht auch auf Teile des Klageerweiterungsbetrages zuerkannten Zinsen geht.
Soweit aber nach den obigen Ausführungen zu lit. a.A. der Klägerin bis zur Höhe von 23.428,62 EUR auf den rechtskräftig zuerkannten Betrag weitergehend Zinsen in Höhe weiterer 3%-Punkte über dem Basiszinssatz zustehen, greift der Grundsatz des Verschlechterungsverbotes nicht ein. Im Umfang des Erweiterungsbetrages von 13.388,17 EUR kann die Klägerin nach den vorstehenden Ausführungen Zinsen in Höhe von weiteren 3%-Punkten über den Basiszinssatz erst ab Zustellung des Klageerweiterungsschriftsatzes, also erst ab 19.10.2009 beanspruchen, im Übrigen (10.040,45) ab der am 03.09.2009 erfolgten Zustellung der Klageschrift.
b)
Die Entscheidung über die Zinsen im Übrigen erfolgt im Betragsverfahren über die weitere, dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärte Hauptforderung.
III.
Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Die Revision war gem. § 543 Abs. 2 ZPO hinsichtlich des mit dem Urteilstenor zu Ziffer I 2 dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärten Klageanspruch zuzulassen. Die Rechtssache hat insoweit grundsätzliche Bedeutung und die Revision dient der Fortbildung des Rechts. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 InsO in der zum 30.06.2011 in Kraft tretenden Fassung nicht geändert. Die Frage, ob aus § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 InsO grundsätzlich ein Wertersatzanspruch für einen aussonderungs-berechtigten Gläubiger folgt (hier bejaht), ist entscheidungserheblich. Diese Rechtsfrage, die sich zukünftig noch in einer Vielzahl von Fällen stellen kann, wird in der Literatur kontrovers diskutiert, ohne dass bislang eine höchstrichterliche Klärung stattgefunden hat.
Die Wertfestsetzung folgt aus §§ 3 ZPO, 47 Abs. 1 GKG.