Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 22.05.2017, Az.: 3 A 3012/16

Einwohner; Nutzung; öffentliche Einrichtung; Selbstbindung; Verwaltung; Verwaltungsrechtsweg; Widmung; Zulassung

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
22.05.2017
Aktenzeichen
3 A 3012/16
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 54075
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Zum rechtlichen Charakter der "Überlassung" von Veranstaltungsräumen in einem städtischen Kulturzentrum (hier: (ggf. aufschiebend bedingte) Zulassung durch einen (grundsätzlich konkludent erlassenen) Verwaltungsakt und privatrechtlich geregelte Nutzung der Einrichtung - Zweistufentheorie -).

2. Zur Anspruchsgrundlage für die Zulassung zu einer öffentlichen Einrichtung (hier: Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung auch für ortsfremde Nutzer nach Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit einer Selbstbindung der Beklagten aufgrund ihrer Richtlinien).

3. Die Rechtsprechung zu Vergabeentscheidungen der öffentlichen Hand ist auf die Benutzung öffentlicher Einrichtungen nicht übertragbar.

Gründe

Der Kläger begehrte (für die „B.“) die Überlassung eines Vortragsraums im städtischen Kulturzentrum X. der Beklagten und damit auch die Zulassung zu dieser Einrichtung.

Mit E-Mail vom 15. April 2016 teilte er der Beklagten mit, dass die „B.“ gerne den Vortragssaal im X. mieten würde. Redner sei der israelische Menschenrechtsaktivist R.. Vorgesehen sei der Zeitraum vom 18. bis 20. Mai 2016. Ein Mitarbeiter des Kulturbüros der Beklagten antwortete, momentan seien alle drei Termine im Vortragssaal (90 Plätze, Reihenbestuhlung) belegt. Angeboten werden könne der Seminarraum 2 (45 Plätze, Tische und Stühle). Nach weiterem Schriftverkehr teilte der Kläger der Beklagten per E-Mail am 9. Mai 2016 mit, sie wollten verbindlich den Seminarraum 2 für Mittwoch, den 18. Mai 2016, 18 bis 22:00 Uhr, bestellen. Ein Mitarbeiter der Beklagten erwiderte am selben Tag, er bedanke sich für die Nachricht des Klägers, und erklärte, der Kläger könne jederzeit vorbeikommen, seine Tür stehe offen. Mit Schreiben vom 9. Mai 2016 bestätigt die Beklagte dem Kläger die Raumreservierung im Kulturzentrum X. für den 18. Mai 2016 im Vortragssaal für die Uhrzeit „(18:00 Uhr) 19:00 - 22:00 Uhr“. Die Raummiete betrage 55,00 € und nach erfolgter Veranstaltung werde dem Kläger eine Rechnung zugeschickt. Der Kläger wurde außerdem darum gebeten, „anliegendes Arbeitspapier“ für die Hausorganisation bitte bis 8 Tage vor Beginn der Veranstaltung zurückzusenden. Im „Überlassungsvertrag“ zwischen der Beklagten und der „B. c/o C.“ heißt es sinngemäß, der Veranstalterin/dem Veranstalter werde der Vortragssaal (90 Plätze, Reihenbestuhlung) für die Veranstaltung „B. - ... “ (Vortrag) überlassen. Der Kläger verpflichtete sich, gegenüber der Beklagten eine Raummiete in Höhe von 55,00 € zu entrichten.

Mit einem per E-Mail übersandten Schreiben vom 13. Mai 2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie trete von dem mit ihm abgeschlossenen „Überlassungsvertrag“ vom 9. Mai 2016 für den Vortragssaal im Kulturzentrum X. zurück. Gemäß § 1 Abs. 4 ihrer „Richtlinien für die Überlassung von Veranstaltungsräumen im städtischen Kulturzentrum X.“ (Richtlinien) könne sie aus einem wichtigen Grund von einem Überlassungsvertrag zurücktreten.

Den Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vom 17. Mai 2016 lehnte das Verwaltungsgericht Oldenburg mit Beschluss vom 18. Mai 2016 ab (3 B 2172/16).

Der Kläger hat am 17. Juni 2016 Klage erhoben.

Weil die Beklagte mit Schriftsatz vom 7. Juli 2006 die Zulässigkeit des Rechtswegs gerügt hat, hat das beschließende Gericht vorab über die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs zu entscheiden (s. § 17a Abs. 3 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) i.V.m. § 173 Satz 1 Verwaltungsgerichtordnung (VwGO)).

Der Verwaltungsrechtsweg ist entgegen der Auffassung der Beklagten gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO gegeben.

Mangels ausdrücklicher Zuweisung der Streitigkeit an ein anderes Gericht richtet sich die Frage, ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich oder bürgerlich-rechtlich ist, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der geltend gemachte Anspruch hergeleitet wird. Dabei kommt es regelmäßig darauf an, ob die Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und sich der Träger hoheitlicher Gewalt der besonderen Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit kann auch auf einem Gleichordnungsverhältnis beruhen. Gleichordnungsverhältnisse sind öffentlich-rechtlich, wenn die das Rechtsverhältnis beherrschenden Rechtsnormen nicht für jedermann gelten, sondern Sonderrecht des Staates oder sonstiger Träger öffentlicher Aufgaben sind, das sich zumindest auf einer Seite nur an Hoheitsträger wendet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Mai 2007 - 6 B 10.07 -, juris, Rn. 4, mit Veröffentlichungshinweis u. a. auf BVerwGE 129, 6 ff. [BVerwG 26.04.2007 - BVerwG 7 C 7.06]).

Ausgehend vom dargelegten Maßstab ist das Gericht der Auffassung, dass die Streitigkeit dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist, weil der Kläger beantragt festzustellen, dass die am 13. Mai 2016 erfolgte Aufhebung des Zulassungsverwaltungsakts - also eines öffentlichen-rechtlichen Aktes - vom 9. Mai 2016 zur „Überlassung“ des Vortragssaals im städtischen Kulturzentrum X. am 18. Mai 2016 im Zeitraum von 18:00 Uhr bis 22:00 Uhr rechtswidrig war. Rechtsgrundlage für die nach Auffassung des Gerichts konkludent erfolgte Aufhebung der Zulassung zum städtischen Kulturzentrum X. der Beklagten kann nur § 1 Abs. 1 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (NVwVfG) i.V.m. § 48 oder § 49 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) sein, wenn man - wie das Gericht - davon ausgeht, dass die (ggf. aufschiebend bedingte - dazu s. unten -) Zulassung durch Verwaltungsakt (s. § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 35 VwVfG) gewährt wird.

Die für die Zulassung allein in Betracht kommende Anspruchsgrundlage des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit einer Selbstbindung der Beklagten aufgrund ihrer Richtlinien ist dem öffentlichen Recht zuzuordnen (vgl. - ohne ausdrückliche Prüfung der Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs - Nds. OVG, Beschluss vom 28. Februar 2007 - 10 ME 74/07 -, juris, zum (erfolglos) geltend gemachten Anspruch des Landesverbands P. - auf Überlassung eines Veranstaltungssaals im X.).

Der Kläger konnte sein Begehren auf Zulassung nicht auf § 30 Abs. 1 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) stützen, nach der die Einwohnerinnen und Einwohner im Rahmen der bestehenden Vorschriften berechtigt sind, die öffentlichen Einrichtungen der Kommune zu benutzen. Bei dem städtischen Kulturzentrum X. handelt es sich zwar um eine öffentliche Einrichtung im Sinne von § 30 NKomVG, deren Trägerin die Beklagte ist. Gemäß § 4 Satz 2 NKomVG stellen die Kommunen in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die für ihre Einwohnerinnen und Einwohner erforderlichen sozialen, kulturellen, sportlichen und wirtschaftlichen öffentlichen Einrichtungen bereit. Der Begriff der öffentlichen Einrichtung ist dadurch geprägt, dass die Kommune eine in ihren Wirkungskreis fallende Aufgabe gegenüber ihren Einwohnern dadurch erfüllt, dass sie eine zu diesem Zweck von ihr unterhaltene sächliche, personelle oder organisatorische Einheit zur allgemeinen Benutzung zur Verfügung stellt. Konstitutives Merkmal einer öffentlichen Einrichtung ist deren Widmung, mit der die Zweckbestimmung der Einrichtung (Widmungszweck) festgelegt wird, also ihre Öffentlichkeit und damit der allgemeine kommunalrechtliche Zulassungsanspruch geschaffen werden. Die Widmung kann durch formalen Akt (etwa durch Satzung oder Beschluss) oder durch konkludentes Handeln erfolgen (Nds. OVG, Beschluss vom 11. Dezember 2012 - 10 ME 130/12 -, juris, Rn. 19 f., mit Veröffentlichungshinweis u. a. auf NdsVBl. 2013, 204; Wefelmeier in KVR-NKomVG, Stand: März 2012, § 30 Rn. 2 ff.). Der Kläger wohnte aber in der Gemeinde W. und war damit nicht Einwohner der Beklagten. Nach § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 NKomVG ist Einwohnerin oder Einwohner einer Kommune, wer in dieser Kommune den Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt hat. Der Wohnsitz im Sinne dieses Gesetzes ist der Ort der Wohnung im Sinne des Melderechts (Satz 2).

Hervorzuheben ist allerdings, dass die Möglichkeit des Anspruchs auf Nutzung des städtischen Kulturzentrums X. dadurch erweitert worden ist, dass auch ortsfremde Nutzer nach Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit einer Selbstbindung der Beklagten aufgrund ihrer Richtlinien einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung haben. Die Zweckbestimmung des städtischen Kulturzentrums X. wurde in dem gegenwärtigen Umfang durch die vom Rat der Beklagten am 21. Mai 2007 beschlossenen Richtlinien festgelegt. Dabei ist es rechtlich unerheblich, dass die Richtlinien, deren hier nicht entscheidungsrelevanten Bestimmungen der §§ 6 und 7 mit Beschluss des Rates der Beklagten vom 22. November 2010 mit Wirkung vom 1. Januar 2011 geändert wurden, in der ursprünglichen Fassung laut Beschluss des Rates mit Wirkung vom 1. Mai 2007 galten, obwohl es in § 7 der Richtlinien hieß, sie träten ab 1. Juni 2007 in Kraft und mit gleichem Datum träten frühere diesbezügliche Regelungen außer Kraft. § 1 der Richtlinien (Grundsätze der Überlassung) lautet auszugsweise wie folgt:

(1) „Räume und die darin befindlichen Einrichtungsgegenstände im städtischen Kulturzentrum X. können auf Antrag Personen, Vereinen, Verbänden, Institutionen usw. (nachfolgend Nutzer genannt) zur Durchführung von Veranstaltungen überlassen werden, wenn die Veranstaltung einen kulturellen, sozialen oder bildungspolitischen Charakter aufweist oder einen regionalspezifischen Bezug zu Oldenburg oder der Region Oldenburg - Bremen hat und dadurch dem Interesse der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Oldenburg dient.

Eine Überlassung der Räume für Veranstaltungen, die rein gewerblichen oder rein geschäftlichen Zwecken dienen, wird ausgeschlossen. Gleiches gilt für die Überlassung der Räume für Veranstaltungen von politischen Parteien, freien Wählergemeinschaften und ihnen nahe stehenden Organisationen, es sei denn, die Veranstaltung selbst hat überparteilichen Charakter, wie z. B. eine Podiumsveranstaltung mit Teilnehmern mehrer Parteien.

Eine Überlassung von Räumlichkeiten an Nutzer, die aufgrund ihrer Satzung oder ihrer Ziele nicht für die freiheitlich demokratische Grundordnung einstehen, erfolgt nicht.

Die Überlassung von Räumen beinhaltet nicht gleichzeitig die Nutzungsberechtigung z. B. vorhandener technischer Geräte (Beamer, Musikanlage, Flügel u. ä.). Hierzu bedarf es einer besonderen ergänzenden Vereinbarung. Dies gilt auch für eine Änderung der regulären Bestuhlung. Die Kosten für die Sonderwünsche werden zusammen mit dem Entgelt für die Raumnutzung nach erfolgter Veranstaltung in Rechnung gestellt. (…)

(4) Die Stadt ist berechtigt, jederzeit aus wichtigem Grund von dem Überlassungsvertrag zurückzutreten.

Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor

- wenn die Gefahr besteht, dass die Durchführung von Veranstaltungen zu Schäden an den Räumen oder deren Einrichtungen führen könnte,

- Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu befürchten sind,

- wenn in dem Antrag auf Überlassen Angaben, auf die es bei der Entscheidung über den Antrag ankommt, unrichtig sind,

- die Bestimmungen dieser Richtlinie missachtet werden.

In diesen Fällen steht den Nutzern weder ein Anspruch auf Rückzahlung bereits gezahlter Entgelte, noch auf Ersatz des durch den Rücktritt etwa entstehenden Schadens zu. (…)

(6) Durch die Überlassung werden keine anderen notwendigen Erlaubnisse (z. B. ordnungsrechtliche Genehmigungen) oder Anmeldungen (z. B. nach der Versammlungsstätten-Verordnung) in Aussicht gestellt, erteilt oder ersetzt. (…)

(8) In allen Fällen der Nutzungsüberlassung sind die Bestimmungen dieser Richtlinie zum Inhalt der Nutzungsgenehmigung zu machen. Der Veranstalter ist ausdrücklich darauf hinzuweisen.“

Ausgehend von diesem Inhalt des § 1 der Richtlinien und der bisherigen Praxis der Beklagten, soweit sie bekannt ist, ist das Gericht der Auffassung, dass die „Überlassung“ von Veranstaltungsräumen im städtischen Kulturzentrum X. nicht ausschließlich privatrechtlich geregelt wird, sondern dies nur für die Nutzung der Einrichtung gilt und die Zulassung zu dieser vom Erlass eines Verwaltungsakts abhängig gemacht wird, der - wie hier - grundsätzlich konkludent erlassen wird (vgl. Wefelmeier, a.a.O., Rn. 7; zur Zweistufentheorie vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Mai 2007 - 6 B 10.07 -, a.a.O., Rn. 15, und Beschluss vom 21. Juli 1989 - 7 B 184/88 , juris, Rn. 5, mit Veröffentlichungshinweis u. a. auf NJW 1990, 134 ff.; Schoch, Rechtsprechungsentwicklung - Zugang zu kommunalen öffentlichen Einrichtungen, NVwZ 2016, 257 (265); Wefelmeier, a.a.O., Rn. 42 f.). Dabei handelt es sich bei den Richtlinien nicht um Rechtsnormen oder allgemeine Geschäftsbedingungen (privatrechtlicher Natur), sondern um ermessenslenkende Richtlinien, die lediglich u.a. die ausgeübte Praxis der Zulassung zum städtischen Kulturzentrum X. wiedergeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 1979 - 3 C 111.79 -, juris, Rn. 20, mit Veröffentlichungshinweis u.a. auf BVerwGE 58, 45 ff.; Nds. OVG, Urteil vom 15. April 1992 - 7 L 3790/91 -, juris, Rn. 54).

Für die vom Gericht vertretene Auffassung spricht zunächst, dass es in § 1 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinien heißt, Räume könnten „auf Antrag“ überlassen werden, und in Abs. 8 von einer „Nutzungsgenehmigung“ die Rede ist. Diese Begriffe („Antrag“ und „Genehmigung“) sind - jedenfalls im Zusammenhang mit öffentlichen Einrichtungen - vornehmlich öffentlich-rechtlich geprägt. Des Weiteren streitet für den öffentlich-rechtlichen Charakter des Zugangs zu der Einrichtung, dass in derselben Regelung, in den folgenden beiden Unterabsätzen 2 und 3 sowie in § 1 Abs. 3 Unterabs. 2 die wesentlichen Voraussetzungen enthalten sind, die vorliegen müssen, um im Rahmen der Ermessensentscheidung („können“) eine zugunsten der Nutzer positive Entscheidung treffen zu können. Weitere Kriterien für die Ermessensentscheidung zeigen § 1 Abs. 2, Abs. 3 Unterabs. 1 und Unterabs. 5 der Richtlinien auf, wobei davon ausgegangen wird, dass diese Regelungen nicht abschließend sind. Denn es sind beispielsweise auch Situationen denkbar, in denen mangels ausreichender Kapazität - also wegen nicht ausreichend zur Verfügung stehender Räume - Auswahlentscheidungen zu treffen sind, für die sachgerechte Kriterien gelten müssen. Bezüglich des § 1 Abs. 6 Unterabs. 2 der Richtlinien wird wegen der Bestimmung in Satz 2 („Die Regelung in Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.“) auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen. Bezeichnend ist ferner, dass der zwischen den Beteiligten geschlossene „Überlassungsvertrag“ nicht eine Regelung im Sinne von § 1 Abs. 8 Satz 1 der Richtlinien enthält. Auch dieser Gesichtspunkt spricht dafür, dass der „Überlassungsvertrag“ nicht der Nutzungsgenehmigung entspricht. Dagegen ist in dem „Überlassungsvertrag“ unter D.3. geregelt, Sonderwünsche hinsichtlich der Einrichtung und/oder Nutzung der technischen Anlagen im Hause seien dem Kulturbüro mit dem Vordruck „Arbeitspapier für die Hausorganisation“ mitzuteilen. Die Kosten für die Sonderwünsche würden zusammen mit dem Entgelt für die Raumnutzung nach erfolgter Veranstaltung in Rechnung gestellt. Diese vertragliche Bestimmung steht im Einklang mit § 1 Abs. 1 Unterabsatz 4 der Richtlinien. Danach bedarf es trotz der „Überlassung von Räumen“, also der durch Verwaltungsakt genehmigten Zulassung zu der Einrichtung für die Nutzungsberechtigung zum Beispiel vorhandener technischer Geräte einer besonderen ergänzenden Vereinbarung. Des Weiteren ist es angesichts der zeitlich und räumlich eingeschränkten Nutzungsmöglichkeiten des städtischen Kulturzentrums X. und der damit gegebenenfalls zu treffenden Auswahlentscheidungen auch zweckmäßig, den Zugang zu dieser Einrichtung durch einen Verwaltungsakt (öffentlich-rechtlich) zu regeln (vgl. Schoch, a.a.O.). Der Auffassung des Gerichts steht nicht entgegen, dass nach § 1 Abs. 4 der Richtlinien für die Beklagte ein wichtiger Grund, von dem „Überlassungsvertrag“ zurückzutreten, unter anderem dann gegeben ist, wenn in dem „Antrag auf Überlassen“ Angaben, auf die es bei der Entscheidung über den Antrag ankommt, unrichtig sind. Es ist vielmehr sinnvoll, dass beispielsweise dann, wenn die Beklagte wegen falscher Angaben bei der Antragstellung berechtigt ist, den Verwaltungsakt bezüglich der Zulassung zum städtischen Kulturzentrum X. aufzuheben, gleichzeitig eine Regelung gegeben ist, die die Beklagte berechtigt, von dem „Überlassungsvertrag“ zurückzutreten.

Die Einwendungen der Beklagten führen zu keiner anderen Entscheidung.

Sie trägt u.a. vor, dass ihre Entscheidung darüber, wem die Räume im X. zur Nutzung überlassen werden, nicht im Wege eines hoheitlichen Zulassungsakts, sondern ausschließlich durch Abschluss eines privatrechtlichen Mietvertrags getroffen werde. Bei der Frage, ob zwischen den Parteien ein „Überlassungsvertrag“ geschlossen werden solle oder nicht, handele es sich mangels eines vorgeschalteten behördlichen Zulassungsverfahrens um einen einheitlichen Lebensvorgang. Es gebe keine vorgeschaltete und „dem Nutzungswillen bekannt gegebene“ Raumvergabeentscheidung, die durch einen Verwaltungsakt ausgesprochen werde. Das entspreche nicht der von ihr ausgeübten und auch nicht der landesweiten Praxis. Hierzu ist anzumerken, dass in der Praxis in der Vielzahl der Fälle, in denen ein „Überlassungsvertrag“ geschlossen wird, nur der Eindruck erweckt wird, dass es sich um einen einheitlichen Lebensvorgang handelt. Tatsächlich wird - davon ist das Gericht überzeugt - in diesen Fällen die Zulassung zum städtischen Kulturzentrum X. konkludent durch einen Verwaltungsakt gewährt, und zwar entweder - ggf. unmittelbar - vor der Unterzeichnung des Überlassungsvertrags oder gleichzeitig mit ihr. Es liegt in der Natur der Sache, dass in diesen Fällen in der Regel das Vorliegen eines konkludenten (vorgeschalteten) Verwaltungsakts nicht nachgewiesen werden kann. Dass eine Entscheidung durch Verwaltungsakt quasi „auf der ersten Stufe“ getroffen wird, wird besonders deutlich in dem Fall, der dem oben genannten Beschluss des Nds. Oberverwaltungsgericht vom 28. Februar 2007 zugrunde lag. In jenem Fall hatte der Landesverband P. mit seinem Antrag vom 4. Januar 2007 begehrt, ihm einen Raum im städtischen Kulturzentrum X. am 11. März 2007 zur Verfügung zu stellen. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 31. Januar 2007 den Antrag des Antragstellers u.a. mit der Begründung ab, vom Widmungszweck des X. seien parteiorganisatorische und damit parteiinterne Veranstaltungen wie Parteitage nicht umfasst, so dass der Antragsteller nicht beanspruchen könne, das X. zu nutzen (a.a.O., Rn. 1 f.). Das Nds. Oberverwaltungsgericht hat in dem genannten Beschluss übrigens ausgeführt, aus den vom Verwaltungsausschuss der Beklagten am 12. Februar 2007 beschlossenen „Allgemeinen Richtlinien der Stadt zur Überlassung von Räumen des Kulturzentrums X. und von Schulräumen an Dritte“ ergebe sich ein Anspruch des Antragstellers in jenem Verfahren auf Überlassung eines Veranstaltungsraums im X. nicht. Dieser Beschluss des Verwaltungsausschusses ist, wie sich der Vorlage Nummer 07/0215 „Richtlinien für die Überlassung von Veranstaltungsräumen im städtischen Kulturzentrum X.“ vom 7. März 2007 entnehmen lässt, Grundlage der hier zu berücksichtigenden Richtlinien gewesen. Es heißt in der Vorlage, durch die anliegenden Richtlinien würden diese - also die am 12. Februar 2007 beschlossenen - Grundsätze in eine praktikable Handlungsgrundlage überführt. Soweit die Beklagte vorgetragen hat, es könne - wie hier geschehen - „auf Antrag“ auch in die privatrechtlichen Vertragsverhandlungen über die Benutzung der Einrichtung eingestiegen werden, ist dazu auszuführen, dass sich den bisher von der Beklagten vorgelegten Unterlagen nicht entnehmen lässt, dass mit dem Kläger tatsächlich über die Frage des Zugangs zum städtischen Kulturzentrum unter Berücksichtigung der dafür maßgeblichen, oben dargestellten Regelungen verhandelt worden ist. Vielmehr ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die Beklagte bereits nach Erhalt der ersten E-Mail des Klägers vom 15. April 2016, 8:45 Uhr nach einer - ggf. nicht ausreichenden - Prüfung ohne irgendeine Beteiligung des Klägers zu der zunächst internen „Entscheidung auf der ersten Stufe“ kam, dass die von ihm beabsichtigte Veranstaltung insbesondere mit den in § 1 der Richtlinien enthaltenen Grundsätzen im Einklang stehen würde. Denn andernfalls wäre es unverständlich, dass die Beklagte dem Kläger mit der E-Mail vom 15. April 2016, 9:49 Uhr u.a. mitteilte, man könne ihm den Seminarraum 2 anbieten. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit der inzwischen vorhandenen Kenntnis der Sachlage in einem vergleichbaren Fall einen Antrag nicht durch Verwaltungsakt ablehnen würde. Abgesehen hiervon hat der Kläger bisher unwidersprochen vorgetragen, es habe nicht über die Höhe des Nutzungsentgelts und auch nicht über die Veranstaltungsdauer von drei Stunden verhandelt werden können.

Des Weiteren macht die Beklagte zwar geltend, dass sie den „Überlassungsvertrag“ nur zeitlich befristet anbiete. Dieses Angebot könne mit einer positiven Vorabentscheidung im Sinne einer hoheitlichen Zulassung zur Benutzung nicht in Einklang gebracht werden, da eine solche positive Zulassung dann unter einem Auflösungsvorbehalt stünde. Vielmehr sei mit dieser zeitlich begrenzten Bindung das Einvernehmen der Vertragsparteien über die Überlassungseinzelheiten gekoppelt, was einer Bewertung nach der Zweistufentheorie zuwiderlaufe. Bei der Annahme eines zweistufigen Verfahrens stieße dies auf erhebliche Probleme, da jeweils zu klären wäre, ob mit Detailforderungen nicht die grundsätzliche Zulassung infrage gestellt werde und auf welcher Stufe betreffende Zweifelsfragen zu prüfen wären. In Nr. 9. des zwischen den Beteiligten geschlossenen „Überlassungsvertrags“ heißt es, „Dieser Überlassungsvertrag wird gültig, wenn er bis zum 13.05.2016 unterschrieben an das Kulturbüro zurückgeschickt wird. Sollte dieser Termin nicht eingehalten werden, behält sich das Kulturbüro eine anderweitige Vermietung der Räumlichkeiten vor.“ Dieses Vorbringen führt aber ebenfalls nicht zu einer anderen Entscheidung. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Regelung unter Nr. 9. in dem zwischen den Beteiligten geschlossenen „Überlassungsvertrag“ regelmäßig in entsprechenden Verträgen - lediglich mit einer anderen Frist - enthalten ist, steht sie der Auffassung des Gerichts nicht entgegen. Denn die Zulassung zu einer öffentlichen Einrichtung kann auch aufschiebend bedingt erfolgen (s. § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG), wobei das zukünftige Ereignis die (fristgerechte) Rückgabe/Rücksendung des vom jeweiligen Antragsteller unterschriebenen „Überlassungsvertrags“ darstellt. Der konkludent erlassene Verwaltungsakt wird spätestens dann bekanntgegeben, sobald der Antragsteller den „Überlassungsvertrag“ zum Zwecke der Unterschrift erhalten hat.

Schließlich ist die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung zu Vergabeentscheidungen der öffentlichen Hand nach Auffassung des Gerichts auf die Benutzung öffentlicher Einrichtungen nicht übertragbar. Während die Kommune eine in ihren Wirkungskreis fallende Aufgabe dadurch erfüllt, dass sie eine öffentliche Einrichtung zur Benutzung im Rahmen des Widmungszwecks zur Verfügung stellt, wird sie bei der Vergabe öffentlicher Aufträge als „Nachfrager“ am Markt tätig, um einen Bedarf an bestimmten Gütern und Dienstleistungen zu decken. In dieser Rolle als „Nachfrager“ unterscheidet sie sich nicht grundlegend von anderen Marktteilnehmern. Die von der öffentlichen Hand abgeschlossenen Werk- und Dienstverträge gehören ausschließlich dem Privatrecht an. Das gleiche gilt für das dem Abschluss des Vertrages vorausgehende Vergabeverfahren, das der Auswahl der öffentlichen Hand zwischen mehreren Bietern dient. Mit der Aufnahme der Vertragsverhandlungen entsteht zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und den Bietern ein privatrechtliches Rechtsverhältnis, welches bis zur Auftragsvergabe an einen der Bieter andauert. Die öffentliche Hand trifft in diesem Vergabeverfahren eine Entscheidung über die Abgabe einer privatrechtlichen Willenserklärung, die die Rechtsnatur des beabsichtigten bürgerlich-rechtlichen Rechtsgeschäfts teilt. Die Vergabe öffentlicher Aufträge ist als einheitlicher Vorgang insgesamt dem Privatrecht zuzuordnen (BVerwG, Beschluss vom 2. Mai 2007, a.a.O., Rn. 6).