Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 19.02.2004, Az.: 1 W 5/04

Verfahren im Wettbewerbsrecht; Hinweis eines Vereins zur Fairness im Wettbewerbsrecht; Voraussetzungen für unlautere Werbung

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
19.02.2004
Aktenzeichen
1 W 5/04
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2004, 30931
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2004:0219.1W5.04.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Osnabrück - 17.12.2003 - AZ: 15 O 668/03

Fundstelle

  • WRP 2004, 652-653 (Volltext mit amtl. LS) "Kosten der negativen Feststellungsklage"

Prozessführer

M.M., L., L.

Rechtsanwälte S., W., H.

Prozessgegner

Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V.,
vertreten durch den M., L., B.

Rechtsanwälte S.,K.,O.

Der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg hat
durch
den Richter am Oberlandesgericht ... als Einzelrichter
nach § 568 ZPO
am19. Februar 2004
beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen die Kostenentscheidung im Anerkenntnisurteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Osnabrück vom 17.12.2003 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

1

Der Beklagte hatte die Klägerin, nachdem er diese wegen angeblich wettbewerbswidrigen Verhaltens erfolglos abgemahnt hatte, im Wege einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung der Werbung für bestimmte zeitlich begrenzte Angebote ihres Sortiments in Anspruch genommen. Die 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Osnabrück wies diesen Antrag nach mündlicher Verhandlung durch Urteil vom 22.8.2003 zurück. Der Beklagte legte hiergegen kein Rechtsmittel ein. Einige Zeit nach Rechtskraft dieser Entscheidung hat die Klägerin am 6.11.2003 negative Feststellungsklage bei Gericht eingereicht, mit der die Feststellung begehrt worden ist, dass der oben genannte Unterlassungsanspruch nicht besteht. Nach Anerkenntnis des Beklagten hat das Landgericht Anerkenntnisurteil erlassen und die Kosten des Rechtsstreits nach § 93 ZPO dem Kläger auferlegt. Gegen diese Kostenentscheidung wendet sich die Klägerin mit der sofortigen Beschwerde; das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

2

Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist nach §§ 99 Abs. 2, 567 ZPO zulässig, in der Sache aber nicht begründet.

3

Das Landgericht hat zu Recht der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits nach § 93 ZPO auferlegt, weil der Beklagte hinsichtlich des Feststellungsantrags ein sofortiges Anerkenntnis abgegeben und er unter Berücksichtigung der hier vorliegenden Umstände keine Veranlassung zur Klage gegeben hat. Für diese Entscheidung kommt es letztlich nicht auf die Streitfrage an, ob vor einer negativen Feststellungsklage nach unberechtigter Abmahnung zur Vermeidung nachteiliger Kostenfolgen für den Kläger generell eine sog. "Gegenabmahnung" erforderlich ist, was in der Rechtsprechung und Literatur teilweise angenommen wird (vgl. KG WRP 1980, 206; w. Nachw. bei Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 41, Rdnr. 71 Fn. 223), von der wohl ganz überwiegenden Auffassung aber verneint wird (vgl. OLG Köln WRP 1986, 428, 429; OLG Stuttgart WRP 1985, 449; Baumbach/Hefermehl, UWG, 22. Aufl.. Einl. UWG, Rdnr. 561; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., vor § 13, Rdnr. 206; Teplitzky, a.a.O., Rdnr. 74, jeweils m.w.N.). Der Senat folgt dieser überwiegenden Auffassung (zuletzt Beschluss vom 10.2.2004, 1 W 7/04).

4

Aber auch die herrschende, zutreffende Auffassung geht - wenn auch mit teilweise unterschiedlicher Akzentuierung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses - davon aus, dass auch bei einer zunächst unberechtigten Abmahnung die Umstände der konkreten Fallgestaltung (ausnahmsweise) die vorherige Abmahnung gebieten können (vgl. Baumbach/Hefermehl, a.a.O.; Köhler/Piper, a.a.O., Teplitzky, a.a.O.).

5

Ob der Beklagte im Einzelfall Veranlassung zur Klage gegeben oder nicht gegeben hat, wovon die Kostenbelastung des Klägers nach § 93 ZPO abhängt, muss jeweils unter Berücksichtigung des gesamten Verhaltens des Beklagten beurteilt werden, wie es sich für den Kläger im Zeitpunkt der Klageerhebung darstellt. Wenn für den Kläger trotz der unberechtigten Abmahnung seitens des Beklagten konkrete Anhaltspunkte vorhanden sind, die dafür sprechen, dass der Beklagte auch ohne eine weitere gerichtliche Auseinandersetzung und gerichtliche Klärung sein (unberechtigtes) Unterlassungsbegehren nicht mehr aufrechterhält, dann dürfte vom Kläger zu erwarten sein und ist es ihm meist auch zuzumuten, sich durch eine Gegenabmahnung mit entsprechender Fristsetzung vor Klageerhebung Klarheit zu verschafften. Wenn nach den Umständen die nahe liegende, sich eventuell sogar aufdrängende Möglichkeit besteht, einen (weiteren) Prozess und damit eine unnötige Inanspruchnahme der staatlichen Gerichte zu vermeiden, was insbesondere auch im Kosteninteresse der beteiligten Parteien liegt, dann ist es geboten und dem insoweit nicht unter Handlungsdruck stehenden Kläger regelmäßig auch zuzumuten, dass er vor Klageerhebung durch eine Gegenabmahnung klärt, ob der Beklagte den zunächst geltend gemachten Unterlassungsanspruch definitiv fallen lässt.

6

Das Landgericht hat hier zu Recht einen solchen Ausnahmefall angenommen.

7

Nachdem das Landgericht im August 2003 durch Urteil den Antrag des Beklagten auf Erlass einer entsprechenden Unterlassungsverfügung zurückgewiesen hatte und der Beklagte daraufhin weder ein Rechtsmittel eingelegt noch Hauptsacheklage erhoben hatte, sprach alles dafür, dass er den Unterlassungsanspruch gegen die Klägerin nicht mehr weiterverfolgte. Es lag zur hier relevanten wettbewerbsrechtlichen Streitfrage bereits eine Entscheidung des für die Sache zuständigen Gerichts vor (wenn auch nur im einstweiligen Verfügungsverfahren). Beide Parteien mussten davon ausgehen, dass auch bei einer entsprechenden Hauptsacheklage das hierfür zuständige Landgericht genauso entscheiden würde wie im einstweiligen Verfügungsverfahren. Relevant sein konnte nur noch eine Überprüfung der Entscheidung des Landgerichts durch das Rechtsmittelgericht; darauf hat der Beklagte jedoch - für die Klägerin erkennbar - verzichtet. Die Klägerin hatte in dieser Situation keine Veranlassung und aus Sicht des Senats kein berechtigtes Interesse (mehr), ohne eine weitere Klärung sofort negative Feststellungsklage zu erheben.

8

Die Interessenlage entsprach hier der, wie sie sich im umgekehrten Fall nach erfolglos gebliebener (berechtigter) Abmahnung und einem erfolgreichen einstweiligen Verfügungsverfahren für den Kläger (Anspruchsteller) ergibt; hier hat der Kläger zur Vermeidung von für ihn negativen Kostenfolgen aus § 93 ZPO regelmäßig eine Aufforderung zur Abschlusserklärung an den Beklagten zu richten, bevor er Hauptsacheklage erhebt (vgl. Pastor/Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 4. Aufl., Kap. 62, Rdnr.34).

9

Das Landgericht hat nach alledem der Klägerin zu Recht die Kosten des Rechtsstreits nach § 93 ZPO auferlegt.

10

Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren beruht auf § 97 Abs.1 ZPO und [...].

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis 2.500 EUR festgesetzt.

[D]ie Streitwertfestsetzung [beruht] auf §§ 12 Abs.1 GKG, 3 ZPO.