Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.04.2022, Az.: 9 K 243/19

Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts und Ablehnung von Steuerbegünstigungen

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
20.04.2022
Aktenzeichen
9 K 243/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 40812
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - AZ: VIII R 14/22

Fundstelle

  • DStRE 2023, 1150

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) den Steuerbegünstigungen der §§ 16 Abs. 4 und 34 Einkommensteuergesetz (EStG) unterliegt.

Der Kläger, Herr TA, und Frau MA sind Eheleute und waren im Streitjahr Gesellschafter der A-GbR (Klägerin), einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Zweck der Betrieb einer gemeinschaftlichen Zahnarztpraxis ist. Die Praxis befindet sich im Erdgeschoss in N. Im Obergeschoss befindet sich eine Wohnung, die seit dem 1. Januar 2014 vom Sohn der Eheleute A, FA, bewohnt wird.

Bereits im Jahr 1982 hatten die Eheleute A eine zahnärztliche Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform einer GbR gegründet und in diesen Räumlichkeiten betrieben. Das Grundstück, einschließlich der Praxisräume, stand zu diesem Zeitpunkt im gemeinsamen Eigentum der Eheleute A. Das Erdgeschoss und die Hälfte der Garage und des Gartens wurden durch diese an die GbR vermietet und befanden sich, jeweils zu 50 %, im Sonderbetriebsvermögen der Eheleute A. In den Jahren 2003 bis 2013 war neben den Eheleuten A ein weiterer Gesellschafter (G) an dieser GbR beteiligt. Im Januar 2013 teilten die Gesellschafter ihrer steuerlichen Beratung mit, dass der Gesellschafter G aufgrund fortbestehender Differenzen die GbR zum Ende des Jahres 2013 verlassen werde.

Am 17. August 2013 schlossen die Eheleute A mit ihrem Sohn FA einen Vertrag mit Wirkung zum 1. Januar 2014 über die Gründung einer gleichberechtigten zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis in der Form einer GbR - die Klägerin - mit dem Zweck der gemeinsamen Ausübung zahnärztlicher Tätigkeiten. Die Gründung der Klägerin sollte unter gleichzeitigem Erlöschen der bis dahin geführten Gemeinschaftspraxis mit G erfolgen. Entsprechend der Präambel sollte der Sohn einen 50%igen Anteil an der Gemeinschaftspraxis von seinem Vater, dem Kläger, erwerben. Das gesamte Inventar der ehemaligen Gemeinschaftspraxis sollte ins Gesellschaftsvermögen übergehen, bis zum Anteilserwerb durch den Sohn allerdings im Eigentum der Eheleute verbleiben (§ 17 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags - GV -). Jedem Gesellschafter wurde das Recht eingeräumt, das Inventar und die Einrichtungen der Praxis zu nutzen. Aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehung verzichteten die Eheleute auf eine Nutzungsentschädigung durch den Sohn (§ 17 Abs. 2 GV). Ferner war eine zeitnahe Übernahme der Wohn- und Praxisräume durch den Sohn geplant (§ 2 GV).

Zum 31. Dezember 2013 schied der Gesellschafter G aus der GbR aus. Zum 1. Januar 2014 erfolgte die Gründung der Klägerin unter Beteiligung des Sohnes FA.

Mit Vertrag vom 4. April 2014 übertrugen die Eheleute A im Wege der vorweggenommenen Erbfolge die Gebäude- und Hofflächen, in N, auf den Sohn zum Alleineigentum. Der Besitz ging am selben Tag auf den Erwerber über. Dieser trat in den bestehenden Mietvertrag mit der Klägerin ein. Die Übertragung des Sonderbetriebsvermögens erfolgte gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG zu Buchwerten.

Mit Vertrag vom 15. September 2015 veräußerte der Kläger seinen (50%igen) Anteil an der Klägerin zum 1. Oktober 2015 an seinen Sohn. Der Kaufpreis betrug 100.000 € und entfiel mit einem Betrag von 30.000 € auf die Praxiseinrichtung und einem Betrag von 70.000 € auf den ideellen Wert der Praxis. Der Kaufpreis wurde vom Übernehmer am 22. September 2015 gezahlt.

In der am (...) beim Beklagten eingereichten Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2015 wurde ein Gewinn aus der Veräußerung des Mitunternehmeranteils zugunsten des Klägers nicht erklärt. Die Erklärung enthielt zudem lediglich einen (laufenden) Gewinnanteil für die Gesellschafter MA und FA.

Der Beklagte veranlagte zunächst erklärungsgemäß und erließ am (...) einen entsprechenden Feststellungsbescheid, welcher unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) erging.

In der Zeit vom (...) bis (...) führte der Beklagte bei der Klägerin eine allgemeine Außenprüfung für die Jahre 2007 bis 2016 durch. Neben weiteren, vorliegend nicht streitigen Punkten, gelangte der Außenprüfer zu der Feststellung, dass dem Kläger aus der Veräußerung seines Mitunternehmeranteils an den Sohn ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 100.000 € zuzurechnen sei. Allerdings sei weder der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG noch die Tarifbegünstigung gemäß § 34 EStG zu berücksichtigen, da bei der Veräußerung durch die vorherige, zeitnahe unentgeltliche Übertragung des Sonderbetriebsvermögens (Praxisgebäude) nicht alle stillen Reserven aufgedeckt worden seien.

Die steuerlichen Begünstigungsvorschriften fänden nur Anwendung, wenn bei der Veräußerung alle stillen Reserven des gesamten Mitunternehmeranteils aufgedeckt würden. Diese Voraussetzung liege im Streitfall nicht vor, da zum Mitunternehmeranteil auch das Sonderbetriebsvermögen gehöre, welches vorliegend in einem zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang unentgeltlichen auf den Sohn übertragen worden sei. Das Praxisgrundstück stelle dabei eine wesentliche Betriebsgrundlage dar, da in ihm erhebliche stille Reserven gebunden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Feststellungen wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom (...) Bezug genommen.

Der Beklagte folgte der Auffassung der Außenprüfung und erließ einen entsprechend geänderten Feststellungsbescheid für 2015 vom (...).

Mit ihrem hiergegen gerichteten Einspruch machte die Klägerin geltend, dass die unentgeltliche Übertragung des Grundstücks und die Veräußerung des Mitunternehmeranteils steuerlich gesondert zu beurteilen seien.

Ein Gesamtplan der Eheleute A habe im Hinblick auf die Übertragung des Grundstücks und des Mitunternehmeranteils auf den Sohn nicht bestanden. Bereits im Sommer 2013 hätten sich die Eheleute dazu entschlossen, jeweils zwei Grundstücke im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf ihre zwei Kinder zu übertragen, um die im Rahmen des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes gewährten Freibeträge auszunutzen. Dieses sei im April 2014 auch geschehen. Beide Kinder hätten zwei Grundstücke erhalten. Die Schenkung des streitbefangenen Grundstücks sei eine gemeinsame Entscheidung der Eheleute und nicht die alleinige Willensentscheidung des Klägers gewesen. Er habe sie auch nicht alleine treffen können. Zum Zeitpunkt der Grundstücksübertragung sei ein zeitnahes Ausscheiden des Klägers weder geplant noch absehbar gewesen. Vielmehr sei beabsichtigt gewesen, dass beide Ehegatten bis zum 65. Lebensjahr weiterarbeiten würden. Dieses wäre für den Kläger bis März 2017 und für Frau MA bis Juni 2019 gewesen. Es sei geplant gewesen, die Praxis in zwei Schritten an G zu verkaufen. G sei jedoch zu Ende 2013 aus der GbR ausgeschieden und die Klägerin unter Beteiligung des Sohnes gegründet worden. Dieser habe im September 2013 sowohl sein Anstellungsverhältnis als auch seine Wohnung in Oldenburg gekündigt und Ende 2013 die privaten Wohnräume im Praxisgebäude bezogen.

Im Sommer 2015 habe sich der Kläger dann aufgrund gesundheitlicher Probleme entschieden, vorzeitig auszuscheiden. Dieses sei dann auch zum 30. September 2015 vollzogen worden.

Zwischen der unwiderruflichen Schenkungszusage der Eheleute an den Sohn im August 2013 und der anschließenden Praxisveräußerung am 30. September 2015 läge ein Zeitraum von mehr als 18 Monaten, sodass bereits aus diesem Grund eine gesamtplanmäßige Betrachtung ausscheide.

Die Praxisräume seien zudem keine wesentliche Betriebsgrundlage einer Zahnarztpraxis. Wesentliche Betriebsgrundlagen seien in ersten Linie die Persönlichkeit und der Ruf des Zahnarztes sowie die Praxiseinrichtungsgegenstände, ohne die der Betrieb einer Zahnarztpraxis nicht aufrecht zu erhalten sei, nicht jedoch die Praxisräume. Darüber hinaus hätten sich zum Zeitpunkt der Übertragung in den Praxisräumen keine stillen Reserven befunden, da eine Veräußerung schwerlich möglich gewesen sei. Das bebaute Grundstück befinde sich in einem reinen Wohngebiet und sei dort ein Fremdkörper. Aufgrund des begrenzten Platzes sei kein weiterer Ausbau und somit keine Erweiterung des Praxisbetriebes möglich. Auch sei das Gebäude sehr alt. Zum Zeitpunkt der Übertragung habe ein Renovierungsstau vorgelegen.

Schließlich weisen die Kläger darauf hin, dass das Praxisgebäude als Teilbetrieb einzuordnen sei, da es in jeder Hinsicht eigenständig nutzbar und verwertbar sei. Damit habe es sich um die Übertragung eines Teilbetriebes gehandelt, welcher dann im Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters FA fortgeführt worden sei. Diese Übertragung sei losgelöst von der späteren Übertragung des Praxisanteils erfolgt.

Mit der Übertragung des Grundstücks sei nicht die Berufstätigkeit des Klägers als Zahnarzt beendet worden; diese sei erst zum 1. Oktober 2015 eingestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt seien alle stillen Reserven aufgelöst worden, sodass die Voraussetzungen des § 16 Abs. 4 EStG sowie der Tarifermäßigung des § 34 Abs. 3 EStG vorgelegen hätten.

Der Beklagte folgte der Auffassung der Kläger nicht und wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom (...) als unbegründet zurück.

In seiner Begründung führte er aus, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils nicht der Tarifbegünstigung unterliege, wenn der Steuerpflichtige zuvor aufgrund einheitlicher Planung und im zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung einen Anteil des ursprünglichen Mitunternehmeranteils ohne Aufdeckung der stillen Reserven übertragen habe.

Im Streitfall sei am 4. April 2014 zunächst das Grundstück unentgeltlich unter zwingender Fortführung der Buchwerte gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG übertragen worden.

Anschließend habe der Kläger am 1. Oktober 2015 seinen verbliebenen, aber verkleinerten Mitunternehmeranteils veräußert. Diese Veräußerung sei nicht nach den §§ 16, 34 EStG begünstigt. Denn der Sinn und Zweck dieser Regelungen bestehe darin, die zusammengeballte Realisierung stiller Reserven nicht dem progressiven Einkommensteuertarif zu unterwerfen. Aus diesem Zweck ergebe sich das Gebot einer zeitraumbezogenen Betrachtung, wenn aufgrund einheitlicher Planung und in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung der betrieblichen Sachgesamtheit eine dieser Sachgesamtheit zugeordnete wesentliche Betriebsgrundlage zuvor ohne Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven aus deren Betriebsvermögen ausgeschieden sei. Umfasse ein "Veräußerungsplan" mehrerer Teilakte, so gebiete es der Zweck der Tarifbegünstigung, sämtliche Teilakte tatbestandlich miteinander zu verklammern und als einen einheitlichen Vorgang im Hinblick auf die Zusammenballung der Einkünfte zu betrachten.

Vorliegend sei eine wesentliche Betriebsgrundlage des Sonderbetriebsvermögens, welches zum Mitunternehmeranteil gehöre, unentgeltlich, ohne Aufdeckung der stillen Reserven, aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden. Nach der herrschenden funktional-quantitativen Betrachtungsweise gehörten zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen nicht nur Wirtschaftsgüter, die funktional gesehen für den Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteils wesentlich sind, sondern auch solche in denen erhebliche stille Reserven gebunden seien. Dieses sei für das streitgegenständliche betriebliche Grundstück gegeben, welches funktional wesentlich für den Mitunternehmeranteil sei, da in dem Gebäude die Zahnarztpraxis betrieben werde. Darüber hinaus seien in dem Grundstück stille Reserven gebunden gewesen, da entsprechend der Angaben im Übertragungsvertrag das Grundstück mindestens einen Wert von 185.000 € gehabt, während der Buchwert unter 40.000 € gelegen habe.

Schließlich bildeten die beiden Rechtsgeschäfte vom 4. April 2014 und vom 1. Oktober 2015 einen einheitlichen Vorgang, da sie auf einem einheitlichen Plan zurückzuführen seien und in einem engen zeitlichen Zusammenhang stünden. Dass ein Veräußerungsplan bestanden habe, sei dem Gesellschaftsvertrag vom 17. August 2013 zu entnehmen. Dort heiße es in der Präambel, dass der Sohn einen 50%igen Anteil der Gemeinschaftspraxis vom Kläger erwerben werde. Dies werde durch § 17 Abs. 1 GV, der ebenfalls den Anteilserwerb des Sohnes erwähne, bestätigt. Ferner sei bereits geregelt, dass eine zeitnahe Übernahme der Wohnung und der Praxisräume durch den Sohn erfolgen solle. Diese vertraglichen Vereinbarungen zeigten, dass bereits im Sommer 2013 festgestanden und damit der Plan bestanden habe, dass der Sohn einen Gesellschaftsanteil von seinem Vater entgeltlich erwerben und dass ihm das Praxisgrundstück übertragen werden sollte.

Die beiden Übertragungsvorgänge vom 4. April 2014 und vom 1. Oktober 2015 seien auch in einem engen zeitlichen Zusammenhang vorgenommen worden. Zwischen den Vorgängen liege ein Zeitraum von rund 18 Monaten. Dieser sei nach der Rechtsprechung des BFH unbedenklich.

Entgegen der Auffassung der Kläger halte der BFH auch in Bezug auf die Tarifbegünstigung weiterhin an seiner Gesamtplan-Rechtsprechung fest.

Die Annahme der Übertragung eines Teilbetriebes lehnte der Beklagte ebenfalls ab.

Gegen diese Entscheidung wenden sich die Kläger mit ihrer beim Niedersächsischen Finanzgericht am (...) eingegangenen Klage, mit der sie weiter ihr Begehren auf Gewährung eines Freibetrages nach § 16 Abs. 4 EStG und der Anwendung der Tarifermäßigung nach § 34 EStG auf den ermittelten Gewinn aus der Veräußerung des Mitunternehmeranteils verfolgen.

Zur Begründung verweisen sie im Wesentlichen auf ihre Ausführungen im Vorverfahren und bekräftigen nochmals ihre Auffassung, dass zwischen der Willenserklärung der Eheleute A bezüglich der Schenkung des Praxisgebäudes und der Willensbildung des Klägers, seinen Mitunternehmeranteils an seinen Sohn zu veräußern, unterschieden werden müsse. Es handele sich dabei nicht um künstliche, rein steuerlich motivierte Einzelakte. Der erfolgten Übertragung des Mitunternehmeranteils, einschließlich Sonderbetriebsvermögen, vom Vater auf den Sohn habe in der durchgeführten Form kein Gesamtplan zugrunde gelegen. Vielmehr hätte der Kläger genauso gut die Entscheidung treffen können, seinen Praxisanteil, trotz Übertragung des Grundstücks an den Sohn, an einen fremden Dritten zu veräußern. Der Kläger habe mit Schenkung des Praxisgebäudes keinesfalls den Plan gehabt, seinen Mitunternehmeranteil in einem weiteren Teilakt zu veräußern. Erst nachdem festgestanden habe, dass sich der Sohn als Nachfolger eigne und zur Nachfolge auch bereit sei, habe der Kläger eine Entscheidung in diese Richtung treffen können.

Entgegen der Auffassung des Beklagten gehen die Kläger weiterhin davon aus, dass der BFH nicht nur im Rahmen der Buchwertübertragung nach § 6 Abs. 3 EStG, sondern auch im Hinblick auf die Steuervergünstigungen nach §§ 16, 34 EStG von seiner Gesamtplan-Rechtsprechung Abstand genommen habe und sämtliche Vorgänge nunmehr zeitpunktbezogen beurteile. Diese Annahme sehen die Kläger auch durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 20. November 2019 (VI C 6-S 2241/15/10003, BStBl I 2019, 1291) bestätigt. Nur wenn das nach vorheriger Auslagerung verbleibende "Restbetriebsvermögen" keine funktionsfähige betriebliche Einheit mehr darstelle, seien die Steuerbegünstigungen nach § 16 Abs. 4 und § 34 EStG zu verneinen.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid für 2015 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom (...), geändert durch Bescheid vom (...), in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom (...), dahin zu ändern, dass im Rahmen der Ermittlung des Veräußerungsgewinns ein Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG in Höhe von 45.000 € berücksichtigt wird und die Tarifbegünstigung nach § 34 EStG Anwendung findet.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält an seiner in der Einspruchsentscheidung vom (...) dargelegten Rechtsauffassung fest. Er hält weiter daran fest, dass die Übertragung des Gebäudes und die Übertragung des Mitunternehmeranteils jeweils Teilakte eines einheitlichen Vorgangs seien.

Entgegen der Ansicht der Kläger halte der BFH an seiner Gesamtplan-Rechtsprechung im Hinblick auf die Steuerbegünstigungen nach §§ 16, 34 EStG weiterhin fest. Auch die zitierten Fundstellen ließen keine andere Schlussfolgerung zu.

Das BMF-Schreiben vom 20. November 2019 stütze nicht die von den Klägern getätigte Behauptung der Aufgabe des Gesamtplangedankens. Vielmehr heiße es unter Textziffer 16: "Abweichend von den Aussagen unter 3. ist übereinstimmend mit der BFH-Rechtsprechung der Gedanke des Gesamtplans im Rahmen der Gewährung der Steuervergünstigungen nach § 16 Abs. 4 und § 34 EStG auch weiterhin anzuwenden. Der Gesamtplangedanke dient in diesem Bereich der Verwirklichung des Zweckes der Vergünstigung nach § 16 Abs. 4 und § 34 EStG, die zusammengeballte Realisierung der während vieler Jahre entstandenen stillen Reserven nicht ungemildert dem progressiven Einkommensteuertarif zu unterwerfen".

Auch der Umkehrschluss, eine begünstigte Betriebsaufgabe müsse (immer) vorliegen, wenn nach einer Übertragung gemäß § 6 Abs. 5 EStG das verbleibende Restvermögen eine funktionsfähige betriebliche Einheit bilde, könne bereits deshalb nicht gezogen werden, da das BMF klargestellt habe, dass das zitierte Schreiben nur Zweifelsfragen "im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Übertragung von Mitunternehmeranteilen" behandele.

Dem Senat haben die für die Klägerin unter der Steuernummer (...) geführten Steuerakten, einschließlich der Arbeitsakten der Außenprüfung zur Auftragsbuch-Nr. (...), vorgelegen. Wegen des weiteren Vorbringens wird hierauf sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom (...) Bezug genommen (§ 105 Abs. 3 Satz 2 Finanzgerichtsordnung - FGO-).

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid für 2015 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom (...), geändert durch Bescheid vom (...), in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom (...) ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den Gewinn aus der Veräußerung des (verbliebenen) Mitunternehmeranteils des Klägers als einen nach §§ 16 Abs. 4, 34 EStG begünstigten Veräußerungsgewinn im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG festzustellen.

I. Gegenstand der vorliegenden Entscheidung ist dabei ausschließlich die Frage, ob für den Gewinn aus der Veräußerung des verbliebenen Mitunternehmeranteils des Klägers die sachlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Steuerbegünstigungen nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4, § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 EStG vorliegen. Der Senat hat hingegen nicht darüber zu befinden, ob daneben auch die persönlichen Voraussetzungen des Freibetrags nach § 16 Abs. 4 EStG und der Tarifbegünstigung gemäß § 34 Abs. 3 EStG gegeben sind. Über das Vorliegen der persönlichen Merkmale für die Inanspruchnahme der Vergünstigungen nach § 16 Abs. 4 und § 34 Abs. 3 EStG ist im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Klägers zu befinden (vgl. BFH, Urteile vom 9. Dezember 2014 IV R 36/13, BFHE 248, 75, BStBl II 2015, 529 und vom 17. Dezember 2014 IV R 57/11, BFHE 248, 66, BStBl II 2015, 536 [BFH 17.12.2014 - IV R 57/11] zur Inanspruchnahme der Tarifbegünstigung nach § 34 Abs. 3 EStG; FG Köln, Urteil vom 18. Mai 2016 11 K 441/14, EFG 2016, 1148, zum Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG).

II. Bei dem Gewinn aus der Veräußerung des verbleibenden Mitunternehmeranteil des Klägers handelt es sich nicht um einen Veräußerungsgewinn im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, da mit der Übertragung an den Sohn nicht der gesamte Mitunternehmeranteil veräußert wurde. Der Feststellung eines Veräußerungsgewinns im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG steht dabei entgegen, dass das zum Sonderbetriebsvermögen des Klägers gehörende Grundstück zuvor aufgrund einheitlicher Planung und in zeitlichem Zusammenhang mit der Veräußerung des Mitunternehmeranteils gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG zum Buchwert und ohne Aufdeckung der stillen Reserven auf den Sohn übergegangen ist.

1. Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung des gesamten Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG).

a) Der Begriff des Mitunternehmeranteils im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG umfasst nach ständiger Rechtsprechung nicht nur den Anteil des Mitunternehmers am Vermögen der Gesellschaft, sondern auch etwaiges Sonderbetriebsvermögen des einzelnen Mitunternehmers (BFH, Urteile vom 17. Dezember 2014 IV R 57/11, BFHE 248, 66, BStBl II 2015, 536 und vom 19. März 1991 VIII R 76/87, BFHE 164, 260, BStBl II 1991, 635; Beschluss vom 28. September 2005 VIII B 234/04, BFH/NV 2006, 519; Wacker in: Schmidt, EStG, 41. Aufl. 2022, § 16 Rz. 406).

b) Ferner fordert § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG die Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils und grenzt diese von der Veräußerung eines Bruchteils ab, welche gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG zu einem laufenden Gewinn führt (vgl. Patt in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Stand Nov. 2018, § 16 EStG Anm. 293). Dabei soll § 16 EStG im Sinne einer (finalen) Schlussbesteuerung sicherstellen, dass sämtliche stillen Reserven der Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens im Falle der Veräußerung/Aufgabe eines Betriebs/Teilbetrieb/Mitunternehmeranteils als Einkünfte aus Gewerbebetrieb erfasst werden (Wacker in: Schmidt, 41. Aufl. 2022, § 16 Rz. 3 mit weiteren Hinweisen aus der Rechtsprechung). § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG setzt zwar nicht die Veräußerung aller Wirtschaftsgüter des Gesamthands- und Sonderbetriebsvermögen voraus, sondern nur derjenigen Wirtschaftsgüter, die funktional bzw. aufgrund in ihr ruhender stiller Reserven quantitativ wesentliche Betriebsgrundlage sind (BFH, Urteil vom 10. März 2016 IV R 22/13, BFH/NV 2016, 1438 [BFH 10.03.2016 - IV R 22/13]; Wacker in: Schmidt, EStG, 41. Aufl. 2022, § 16 Rz. 407; Patt in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Stand: Nov. 2018, § 16 EStG Anm. 296). Werden allerdings wesentliche Betriebsgrundlage des Sonderbetriebsvermögens (z.B. ein Grundstück) nicht mitveräußert, sondern zeitgleich mit der Anteilsveräußerung nach § 6 Abs. 5 EStG zu Buchwerten in ein anderes Betriebsvermögen oder Sonderbetriebsvermögen überführt (BFH, Urteil vom 10. März 2016 IV R 22/13, BFH/NV 2016, 1438 [BFH 10.03.2016 - IV R 22/13]), ist eine Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht gegeben (Wacker in: Schmidt, EStG, 41. Aufl. 2022, § 16 Rz. 410). Die Anteilsveräußerung unterliegt in diesem Fall - mangels Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils - keiner einkommensteuerlichen Begünstigung (BFH, Beschluss vom 18. Oktober 1999 GrS 2/98, BFHE 189, 565 [BFH 12.08.1999 - VII R 112/98], BStBl II 2000, 123; Urteil vom 6. Mai 2010 IV R 52/08, BFHE 229, 279, BStBl II 2011, 261; Wacker in: Schmidt, EStG, 41. Aufl. 2022, § 16 Rz. 410).

aa) Der Realisierungszeitpunkt für den Gewinn im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist nach dem Wortlaut der Vorschrift der Veräußerungsvorgang ("bei der Veräußerung"). Welcher zeitliche Umfang hierunter zu verstehen ist und welche Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens vor diesem zeitlichen Hintergrund den gesamten Mitunternehmeranteil des Gesellschafters bilden, ist umstritten.

(1) In Abgrenzung zum laufenden Gewinn gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG lehnt die herrschende Meinung eine steuerbegünstigende Veräußerung nach § 16 Abs. 1, Abs. 4 i.V.m. § 34 EStG ab, wenn wesentliche Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens bei der Veräußerung des Gesellschaftsanteils nicht mitveräußert, sondern aufgrund einheitlicher Planung in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Anteilsübertragung zum Buchwert in ein eigenes Betriebsvermögen oder anderes Sonderbetriebsvermögen überführt werden. Bei der Ausgliederung von funktional und/oder quantitativ wesentlichem (Sonderbetriebs-)Vermögen könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Mitunternehmer seine Mitunternehmeranteil insgesamt veräußert hat und dadurch sämtliche stille Reserven aufgedeckt worden sind (vgl. Seer in: Kirchhof/Seer, EStG, 21. Aufl. 2022, § 16 Rz. 123). Damit ist die tatbestandliche Beurteilung der Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils zeitraumbezogen vorzunehmen. Mit der Verklammerung sachlich zusammenhängender, aber zeitlich gestreckter Teilakte soll in Anlehnung an die sogenannte Gesamtplan-Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 17. Dezember 2014 IV R 57/11, BFHE 248,66, BStBl II 2015, 536, vom 9. Dezember 2014 IV R 36/13, a.a.O.; vom 30. August 2012 IV R 44/10, BFH/NV 2013, 376) der einheitliche Vorgang wiederhergestellt werden (Patt in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Stand: Nov. 2018, § 16 EStG Anm. 294; Wacker in: Schmidt, EStG, 41. Aufl. 2022, § 16 Rz. 4).

(2) In seinem Urteil vom 2. August 2012 (IV R 41/11, IV R 41/11, BFH 238, 135, BStBl II 2019,715 [BFH 02.08.2012 - IV R 41/11]) hat sich der BFH im Zusammenhang mit der Fortführung der Buchwerte nach § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG hingegen für eine tagbezogene Beurteilung des im Zeitpunkt der Übertragung des Gesellschaftsanteils existierende Betriebsvermögens ausgesprochen. Nach dieser Entscheidung sollen die Voraussetzungen für eine Fortführung der Buchwerte gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG auch dann vorliegen, wenn zuvor Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens entnommen oder veräußert wurden. Diese Rechtsprechung hat der BFH in seiner Entscheidung vom 10. September 2020 (IV R 14/18, BFHE 270, 363, BFH/NV 2021, 406) dahin präzisiert, dass maßgebend dafür, ob ein (gesamter) Mitunternehmeranteil übertragen wird, das Betriebsvermögen sei, welches im Zeitpunkt der Übertragung existiert habe. Abzustellen sei dabei nicht auf das am Tag der Übertragung vorhandene Betriebsvermögen, sondern (enger) auf das im Zeitpunkt der Übertragung vorhandene Betriebsvermögen. Es sei vielmehr eine zeitpunkt- und keine zeitraumbezogene Prüfung vorzunehmen (BFH, Urteil vom 10. September 2020 IV R 14/18, a.a.O. Rz. 28).

(3) Trotz dieser Entscheidung und eines Verweises auf das Urteil des BFH vom 9. Dezember 2014 zu § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (Urteil vom 10. September 2020 IV R 14/18, a.a.O. Rz. 2 mit Hinweis auf BFH-Urteil vom 9. Dezember 2014 IV R 36/13, BFHE 248, 75, BStBl II 2015, 529 Rz. 18) sieht der erkennende Senat hierin, entgegen der Auffassung der Kläger sowie einzelner Stimmen in der Literatur (vgl. u.a. Werthebach, DStR 2020, 6 und FR 2020, 2008; Förster/Förster, FR 2016, 596), keine Aufgabe der Gesamtplan-Rechtsprechung durch den BFH. Vielmehr ist nach Auffassung des erkennenden Senates das in § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG enthaltene Tatbestandsmerkmal der "Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils" weiterhin vor dem Hintergrund des Sinn und Zwecks der Vorschrift auszulegen.

(a) Zwar ist der Vorgang der Veräußerung in der Regel ein zeitpunktbezogenes Ereignis, wie auch § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG verdeutlicht, der den Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen auf den Zeitpunkt der Veräußerung bezieht. Allerdings stellt § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG die Aufgabe des Gewerbebetriebs/ Mitunternehmeranteils ausdrücklich einer Veräußerung gleich. Diese (Betriebs-)Aufgabe ist auch nach herrschender Auffassung weiterhin als zeitraumbezogener Vorgang zu verstehen, welcher zwar durch die Aufgabeabsicht geprägt sein muss, sich aber über mehrere Monate erstrecken kann. Sowohl die Aufgabe als auch die Veräußerung müssen sich dabei in einem einheitlichen Vorgang vollziehen. Die Verklammerung mehrerer Teilakte aufgrund eines Gesamtplans ist daher sowohl im Rahmen des Aufgabe- als auch des Veräußerungsvorgangs auf Tatbestandsebene weiterhin zu untersuchen (zustimmend: Sobanski, FR 2017, 384; Seer in: Kirchhof/Seer, EStG, 21. Aufl. 2022, § 16 Rz. 123f; Wacker in: Schmidt 41. Aufl. 2022, § 16 Rz. 4).

(b) Darüber hinaus beabsichtigt die Vorschrift des § 16 Abs. 1 EStG die Abgrenzung des (begünstigten) Veräußerungsgewinns vom (nicht begünstigten) laufenden Gewinn. Im Rahmen der Feststellung des Veräußerungsgewinns und den hieran anknüpfenden Steuerbegünstigungen der §§ 16 Abs. 4 und 34 EStG verfolgt die Norm den Zweck, in Bezug auf den einheitlichen Akt der Aufgabe/Veräußerung die Aufdeckung der stillen Reserven zu bewirken und einer finalen Besteuerung zuzuführen. Die hierbei durch die zusammengeballte Auflösung der stillen Reserven in einem Veranlagungszeitraum und die Auswirkung der progressiven Besteuerung entstehenden Härten sollen durch die Anwendung von Steuerbegünstigungen abgemildert werden. Bei der Auflösung/Beendigung der existenzsichernden Sachgesamtheit soll nach dem Willen des Gesetzgebers der erzielte Gewinn einer besonderen Besteuerung unterliegen, um so in erhöhtem Maße der Altersversorgung des Steuerpflichtigen zur Verfügung zu stehen. Werden bei einer Veräußerung eines Mitunternehmeranteils die für den Mitunternehmer als Steuersubjekt wesentlichen Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens nicht mitveräußert, sondern zum Buchwert nach § 6 Abs. 5 EStG in ein eigenes Betriebsvermögen oder anderes Sonderbetriebsvermögen überführt, erfüllt die anschließende isolierte Veräußerung des Mitunternehmeranteils nicht den mit der Steuerbegünstigung der §§ 16, 34 EStG beabsichtigten Zweck der endgültigen finalen Besteuerung der im Gesellschaftsanteil enthaltenen und über Jahre angehäuften stillen Reserven. Eine Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils findet mithin bei einer künstlichen Aufspaltung des Veräußerungsvorgangs in mehrere Teilakte nicht statt. Damit besteht in diesen Fällen auch kein Bedarf zur Anwendung einer Steuervergünstigung. Für die Erfassung des laufenden Gewinns aus der Veräußerung des Gesellschaftsanteils kommt als Rechtsgrundlage vielmehr § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in Betracht (Seer in: Kirchhof/Seer, EStG, 21. Aufl. 2022, § 16 Rz. 123).

(c) Der Annahme einer Aufgabe der Gesamtplan-Rechtsprechung durch die Entscheidung des BFH im Urteil vom 2. August 2012 (IV R 41/11, a.a.O.) steht zudem entgegen, dass der Gesamtplan in zeitlich nachfolgenden Entscheidungen des X. und III. Senats des BFH mehrfach bestätigt wurde (BFH, Urteile vom 22. Oktober 2013 X R 14/11, BFHE 243, 271, BStBl II 2014, 158; vom 5. Februar 2014 X R 22/12, BFHE 244, 49, BStBl II 2014, 388; Beschluss vom 22. Oktober 2013 III B 35/12, BFH/NV 2014, 531). Auch Wendt weist in seinen Anmerkungen (FR 2015, 710) zum Urteil des BFH vom 9. Dezember 2014 (IV R 36/13, a.a.O.) darauf hin, dass der Topos "Gesamtplan" als Kriterium zur teleologischen Auslegung von begünstigenden Steuernormen zu verstehen sei. Wo eine Norm grundsätzlich an einer zeitpunktbezogenen Voraussetzung ansetze, diese Voraussetzung aber nur durch eine in engerem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem zu besteuernden Vorgang vorgenommenen Gestaltung erfüllt worden sei, müsse untersucht werden, ob der Sinn und Zweck der Steuerbegünstigung erreicht werde, wenn sie für diesen Vorgang gewährt würde. Der Gesamtplan könne dabei bewirken, dass die zeitpunktbezogene Voraussetzung der Steuervergünstigung durch eine zeitraumbezogene Betrachtung ersetzt werde.

Hätte der IV. Senat des BFH mit seinen Ausführungen in den Urteilen vom 2. August 2012 und 10. September 2020 (IV R 41/11 und IV R 14/19, jeweils a.a.O.) zudem beabsichtigt, von seiner langjährigen Rechtsprechung zur Gesamtplanbetrachtung abzuweichen, so wäre zu erwarten gewesen, dass er hierzu detaillierter ausführt und es nicht bei einem schlichten Verweis auf eine einzelne Entscheidung belässt.

(d) Zwar ist in der Rechtsprechung umstritten, ob die Problematik der Gesamtplan-Rechtsprechung und das Erfordernis der angepeilten Realisierung der stillen Reserven bereits die Veräußerungs-/Aufgabetatbestandes des § 16 Abs. 1 EStG konkretisiert oder erst im Rahmen der Feststellung des Vorliegens der sachlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Steuerbegünstigungen nach §§ 16 Abs. 4, 34 EStG zu beachten ist (vgl. Wacker in: Schmidt, EStG, 41. Aufl. 2022, § 16 Rz. 4).

Ausweislich seiner Ausführungen in den Entscheidungen vom 9. Dezember 2014 (IV R 36/13, a.a.O. Rz. 24) und vom 17. Dezember 2014 (IV R 57/11, BFHE 248, 66, BStBl II 2015, 536 [BFH 17.12.2014 - IV R 57/11]) tendiert der BFH neuerdings zu der Ansicht, dass ein Veräußerungsgewinn im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG auch vorliegen kann, ohne dass dieser zur Inanspruchnahme der Steuerbegünstigungen nach §§ 16 Abs. 4, 34 EStG berechtigt. Die Entscheidung, ob ein begünstigter Veräußerungsgewinn anzunehmen ist, hätte damit erst im Rahmen der Anwendbarkeit der Begünstigungsnormen zu erfolgen. Dieser Auffassung vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen, sondern erachtet es als geboten, das Erfordernis der zusammengeballten Realisierung bereits auf Tatbestandsebene zu prüfen und in diesen Fällen das Tatbestandsmerkmal der "Veräußerung eines gesamten Mitunternehmeranteils" und damit das Vorliegen eines Veräußerungsgewinns im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu verneinen.

Denn während § 16 EStG im Hinblick auf die sich bereits aus § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 15 EStG ergebende Grundentscheidung, den gewerblichen Gesamtgewinn zu besteuern, lediglich deklaratorisch wirkt, enthält er bezüglich der Entscheidung des Gesetzgebers, den Veräußerungs-/Aufgabegewinn gemäß § 16 Abs. 1 i.V.m. § 16 Abs. 4 und § 34 EStG begünstigt zu besteuern, eine rechtsbegründende Anordnung. Ziel der Begünstigungsnormen ist es dabei, die sich durch die zusammengeballte Realisierung der stillen Reserven in einem Veranlagungszeitraum und die Anwendung des progressiven Steuersatzes ergebenden wirtschaftlichen Härten abzumildern. Vor diesem Hintergrund vollzieht § 16 Abs. 1 EStG eine Trennung zwischen laufendem (nicht begünstigten) Gewinn im Sinne des § 15 EStG und (begünstigtem) Veräußerungsgewinn gemäß §§ 16, 34 EStG. Die sich an die Zuordnung zum laufenden Gewinn bzw. Veräußerungsgewinn anschließenden unterschiedlichen Rechtsfolgen legen es nach Auffassung des erkennenden Senats nahe, die Abgrenzung des begünstigten Veräußerungsgewinns vom nicht begünstigten laufenden Gewinn bereits auf Tatbestandsebene vorzunehmen (zustimmend: Wacker in: Schmidt a.a.O. § 16 Rz. 4; Patt in: Herrmann/Heuer/Raupach a.a.O. § 16 Anm. 293ff, 298; Seer in Kirchhof/Seer, EStG, 21. Aufl. 2022, Rz 123; Sobanski, FR 2017, 384, 386; a.A.: Lindbergh in: Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, 160. EL 12/2021 § 34 Rn. 28); zumal nach der Rechtsprechung des Großen Senats ein "unlösbarer Zusammenhang" (Beschluss vom 13. Juli 1993, GrS 2/93, BStBl II 1993, 897 [BFH 19.07.1993 - GrS - 2/92]) bzw. ein "einheitliches Grundkonzept" (Beschluss vom 18. Oktober 1999, GrS 2/98, BStBl II 2000, 123 [BFH 18.10.1999 - GrS - 2/98]) zwischen den Vorschriften der §§ 16, 34 EStG vorliegt sowie mit Rücksicht auf die gemeinsame Entstehungsgeschichte (§ 58 EStG 1925; §§ 16, 34 EStG 1934) ein tatbestandlicher Gleichklang besteht. Dieses bedingt eine einheitliche Gewinndefinition.

2. Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze stellt der Gewinn aus der Veräußerung des verbleibenden Mitunternehmeranteils durch den Kläger an seinen Sohn keinen Veräußerungsgewinns im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, sondern laufenden Gewinn dar. Denn aufgrund der zuvor erfolgten Übertragung des Grundstücks in N zum Buchwert nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG wurde nicht der gesamte Gesellschaftsanteil des Klägers veräußert.

a) Bei dem mit Vertrag vom 4. April 2014 ohne Aufdeckung von stillen Reserven unentgeltlich auf den Sohn übertragenen Grundstückteils handelt es sich um eine wesentliche Betriebsgrundlage im Sonderbetriebsvermögens des Klägers.

Zu den wesentlichen Grundlagen eines Betriebes gehören neben den funktional wesentlichen Wirtschaftsgütern auch solche Wirtschaftsgüter, die funktional gesehen für den Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteils zwar nicht wesentlich, in denen aber erhebliche stille Reserven gebunden sind (sog. funktional-quantitative Betrachtungsweise; BFH, Urteile vom 17. Dezember 2014 IV R 57/11, BFHE 248, 66, BStBl II 2015, 536; vom 9. Dezember 2014 IV R 36/13, a.a.O.; vom 8. Mai 2015 IV R 26/12, BFHE 249, 536, BStBl II 2015, 797 [BFH 28.05.2015 - IV R 26/12]). Ein Betriebsgrundstück ist - funktional betrachtet - nur dann keine wesentliche Betriebsgrundlage, wenn es für den Betrieb keine oder nur geringe Bedeutung hat. Wesentlich ist das Grundstück für den Betrieb schon dann, wenn der Betrieb ohne ein Grundstück dieser Art nicht fortgeführt werden kann. Dabei ist unerheblich, ob das Grundstück auch von anderen Unternehmen genutzt, ob ein vergleichbares Grundstück gemietet oder gekauft oder ob die betriebliche Tätigkeit auch auf einem anderen Grundstück fortgeführt werden kann (BFH, Urteil vom 14. Juli 1993 X R 74-75/90, BFHE 172, 200, BStBl II 1994, 15; vom 10. November 2005 IV R 7/05, BFHE 211, 311 [BFH 10.11.2005 - IV R 29/04], BStBl II 2006, 176).

Auf dem Grundstück in N, welches sich mit einem Anteil von 50 % im Miteigentum und mit gleichem Anteil im Sonderbetriebsvermögen des Klägers befunden hat, wurde seit 1982 die zahnärztliche Gemeinschaftspraxis des Klägers und seiner Ehefrau betrieben. Der Grundstücksanteil war daher für die Miteigentumsanteile des Klägers funktional wesentlich. Die Möglichkeit der Verlagerung der Praxisräume ist dabei unbeachtlich.

Darüber hinaus war der Grundstücksanteil auch quantitativ wesentliche Grundlage des Sonderbetriebsvermögens des Klägers, da in ihm erhebliche stille Reserven gebunden waren. Ausweislich des Übertragungsvertrages vom 4. April 2014 hatte das Objekt im Zeitpunkt der Übertragung auf den Sohn mindestens einen (Verkehrs-)Wert von 185.000 €, der Buchwert des Praxisgebäudes belief sich zum 31. Dezember 2013 hingegen auf nur 39.082 € (je 19.541 € im Sonderbetriebsvermögen der Eheleute A.). Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich lediglich ein Teil des Grundstücks (Praxisräume, hälftiger Garagen- und Gartenanteil) im Sonderbetriebsvermögen befand, waren in dem streitbefangenen Grundstücksanteil augenscheinlich erhebliche stille Reserven gebunden.

b) Die Übertragung des Grundstücksanteils wurde aufgrund des Übergangs vom Sonderbetriebsvermögen des Klägers in das Sonderbetriebsvermögen des Sohnes zwingend nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG ohne Aufdeckung der stillen Reserven zu Buchwerten vorgenommen. Damit erfolgte keine den Sinn und Zweck des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG folgende zusammengeballte Realisierung von stillen Reserven in einem einheitlichen Vorgang.

c) Die Veräußerung des (verbleibenden) Mitunternehmeranteils zum 1. Oktober 2015 mit Vertrag vom 15. September 2015 und die zuvor erfolgte unentgeltliche Übertragung des Grundstücksanteils vom Kläger auf den Sohn beruhten auf einem einheitlichen Gesamtplan.

Bereits im Gründungsvertrag der zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis vom 17. August 2013 zwischen den Eheleuten A und ihrem Sohn waren sowohl der Erwerb des Mitunternehmeranteils des Klägers durch den Sohn als auch die Übernahme der Wohnungs- und Praxisräume durch diesen angelegt.

Vor dem Hintergrund dieser klaren Vereinbarung und unter Berücksichtigung der übrigen Regelungen im Gründungsvertrag, welche zweifelsfrei auf die Vorbereitung einer Generationsnachfolge hinweisen (gleichberechtigte Gesellschafterstellung ohne Beteiligung am Gesellschaftsvermögen, § 17 Abs. 1 GV; Verzicht auf eine Nutzungsentschädigung, § 17 Abs. 2 GV), vermag der Einwand der Eheleute, man habe mit dieser Formulierung den Sohn (lediglich) zur Aufgabe seines bisherigen Wohn- und Tätigkeitsstandorts bewegen wollen, einen konkreten Plan hinsichtlich der Praxisübernahme durch den Sohn jedoch nicht verfolgt und sich vielmehr die Option offen gelassen, die Praxis an fremde Dritte zu veräußern, nicht zu überzeugen. Zwar handelt es sich bei den die Übertragung des Grundstücks und des Mitunternehmeranteils betreffenden Vereinbarungen im Gründungsvertrag nicht um einen verbindlichen Vorvertrag. Gleichwohl ist unter Berücksichtigung der familiären Verhältnisse, der gleichberechtigten Aufnahme des Sohnes in die Gemeinschaftspraxis ohne Erwerb von Gesellschaftsvermögen, der zukunftsweisenden Aufgabe der vorherigen beruflichen Tätigkeit und des Wohnorts durch den Sohn von einer verbindlichen Absichtserklärung im Sinne einer gesamtplanerischen Gestaltung der generationsübergreifenden Betriebsübergabe auszugehen.

Zudem sieht der erkennende Senat keine Anhaltspunkte für den Vortrag der Kläger, die Betriebsübernahme durch den Sohn - oder einen fremden Dritten - sollte erst mit Eintritt des 65. Lebensjahres der Eheleute erfolgen. Wäre bei Abschluss des Gründungsvertrags eine Übernahme der Zahnarztpraxis durch den Sohn (erst) mit der jeweiligen Vollendung des 65. Lebensjahres durch die Eltern angedacht gewesen, so wäre zu erwarten gewesen, dass zumindest der Erwerb des Mitunternehmeranteils des Klägers zeitlich konkret fixiert worden wäre. Denn die Präambel sah die Übernahme des Mitunternehmeranteils des Klägers durch den Sohn bereits vor. Eine Übernahme des Gesellschaftsanteils der Mutter wurde im Vertrag hingegen nicht festgehalten, obgleich diese nur unwesentlich (2 Jahre) jünger als ihr Ehemann ist.

Die Übertragung weiterer Grundstücke durch die Eheleute an den Sohn und seine Schwester im April 2014 steht der Annahme eines Gesamtplans im Hinblick auf die unentgeltliche Übertragung des Betriebsgrundstücks und die entgeltliche Veräußerung des Mitunternehmeranteils durch den Sohn ebenfalls nicht entgegen. Gerade weil der Sohn ausweislich des Gründungsvertrags in die GbR aufgenommen werden und den Mitunternehmeranteil des Vaters übernehmen sollte, wurde ihm das besagte Praxisgrundstück übertragen. Hätte ein entsprechender Gesamtplan zu diesem Zeitpunkt nicht bestanden, so wäre anzunehmen, dass er anstelle des Praxisgrundstücks im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ein anderes Grundstück hätte übertragen bekommen, um dieses im Falle einer Veräußerung der Praxis an einen fremden Dritten weiterhin mitübertragen zu können.

Der Umstand, dass der Kläger lediglich zu 50 % Miteigentümer des an den Sohn übertragenen Grundstücks gewesen ist, steht der Annahme eines einheitlichen Willensentschlusses nicht entgegen, da der Miteigentumsanteil ein selbstständiges Wirtschaftsgut darstellt, über das der Kläger frei verfügen konnte.

d) Die einzelnen Teilakte der (Mit-)Unternehmensübertragung stehen vorliegend auch in einem engen zeitlichen Zusammenhang.

Der Zeitrahmen für die Annahme einer Gesamtplanung orientiert sich nach herrschender Meinung an dem zeitlichen Abstand zwischen Beginn und Abschluss einer begünstigten Betriebsaufgabe (BFH, Beschluss vom 22. November 2013 III B 35/12, BFH/NV 2014, 531; Urteil vom 30. August 2012 IV R 44/10, BFH/NV 2013, 376; Patt in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Stand: Nov. 2018, § 16 EStG Anm. 298). Dabei sieht die Rechtsprechung einen engen zeitlichen Zusammenhang bei einem Zeitraum von 17 Monaten als gegeben an (BFH, Urteile vom 22. November 2013 III B 35/12, BFH/NV 2014, 531 [BFH 22.11.2013 - III B 35/12] mit Hinweis auf BFH, Urteil vom 19. Dezember 2000 VIII R 10/99, BFHE 194, 135, BStBl II 2001, 282 [BFH 12.12.2000 - VIII R 10/99]; vom 30. August 2012 IV R 44/10, BFH/NV 2013, 376 [BFH 30.08.2012 - IV R 44/10]). Auch ein Abwicklungszeitraum von 25 Monaten schließt einen einheitlichen Vorgang nicht grundsätzlich aus (BFH, Urteil vom 12. April 1998 I R 105/85, BFHE 157, 93 [BFH 12.04.1989 - I R 105/85], BStBl II 1998, 653 [BFH 29.07.1997 - VIII R 57/94]). Maßgebend für die Beurteilung sind vielmehr die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls, sodass sich der Abwicklungszeitraum auch über drei Veranlagungszeiträume erstrecken kann (Patt in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Stand: Nov. 2018, a.a.O. § 16 EStG Anm. 298).

Im Streitfall ist der Zeitraum von 18 Monaten, welcher zwischen der unentgeltlichen Übertragung des Grundstücks Anfang April 2014 und der Veräußerung des verbleibenden Mitunternehmeranteils zum 1. Oktober 2015 besteht, als enger zeitlicher Zusammenhang zu beurteilen. Denn die Unternehmensnachfolge bedarf im Bereich der zahnärztlichen Tätigkeit, die - worauf die Kläger zu Recht hinweisen - auf einem besonderen Vertrauensverhältnis zu den Patienten beruht, eines angemessenen zeitlichen Vorlaufs. Dabei umklammert der im Gründungsvertrag dokumentierte einheitliche Willensentschluss die einzelnen Teilakte der Übertragung des Gesellschaftsanteils. Demgegenüber stellt die von den Eheleuten mutmaßlich bereits im Sommer 2013 getroffene Entscheidung, ihren Kindern im Wege der vorweggenommenen Erbfolge Grundstücke zum Alleineigentum zu übertragen, keinen Teilakt der Übertragung des Mitunternehmeranteils durch den Kläger dar, da hierdurch ein verbindliches Schenkungsversprechen nicht begründen wurde.

e) Das übertragene Grundstück stellt auch keinen Teilbetrieb des Klägers dar.

Wirtschaftsgüter sind nach der Rechtsprechung nicht schon deshalb als Betrieb oder Teilbetrieb zu beurteilen, weil sie Sonderbetriebsvermögen sind. Vielmehr müssen sie ein mit gewisser Selbstständigkeit ausgestatteter, organisatorisch geschlossener Teil eines Gesamtbetriebs sein, den der Gesellschafter neben seiner Beteiligung an der Personengesellschaft betreibt, und der für sich alleine lebensfähig ist (BFH, Urteil vom 27. Oktober 1994 I R 107/93, BFHE 176, 529 [BFH 27.10.1994 - I R 107/93], BStBl II 195, 403, unter II.5.a der Gründe, m.w.N.). Bei einem fremdvermieteten Grundstück ist die Annahme eines Teilbetriebs schlechthin nicht ausgeschlossen, wenn die Vermietungstätigkeit im Rahmen des Gesamtbetriebs ein gewisses Eigenleben führt. Voraussetzung ist jedoch, dass die Grundstücksverwaltung auch außerhalb des Betriebs gewerblichen Charakter hat (BFH, Urteil vom 21. Januar 2005 IV R 14/03, BFHE 209, 95, BStBl II 2005, 395 [BFH 20.01.2005 - IV R 14/03] m.w.N.). Nur wenn die Grundstücksverwaltung so beschaffen ist, dass sie für sich gesehen die Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs erfüllt, ist sie "Betrieb". Und nur, wenn dies auf einen gesonderten Verwaltungskomplex im Rahmen des Gesamtbetriebs zutrifft, liegt ein Teilbetrieb vor (BFH, Urteil vom 13. Oktober 1972 I R 213/69, BFHE 107, 418, BStBl II 1973, 209 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Die Vermietung der Praxisräume an die Klägerin bedarf keiner einem Gewerbebetrieb vergleichbaren Verwaltung.

3. Bei der Überführung des Grundstücks aus dem Sonderbetriebsvermögen des Klägers in das Sonderbetriebsvermögen des Sohnes unter Fortführung der Buchwerte (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG) im April 2014 und der (entgeltlichen) Übertragung des verbleibenden Mitunternehmeranteils vom Vater auf den Sohn zum 1. Oktober 2015 handelt es sich mithin um unselbstständige Teilakte eines Gesamtplans, da zwischen den einzelnen Teilakten ein zeitlicher Zusammenhang gegeben ist und auch sachlich eine Verknüpfung dergestalt besteht, dass die jeweiligen Stufen der Gestaltung nach einem einheitlichen Konzept gestaltet und beherrscht wurden und schließlich zum beabsichtigten Erfolg des Übergangs des Mitunternehmeranteils vom Kläger auf den Sohn geführt haben.

Ein (begünstigter) Veräußerungsvorgang im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist vorliegend bereits auf Tatbestandsebene zu verneinen, da bei Veräußerung des Mitunternehmeranteils nicht der gesamte Mitunternehmeranteil unter Aufdeckung aller stillen Reserven übertragen wurde, sondern das Grundstück zuvor als wesentliche (Sonder-)Betriebsgrundlage unter Buchwertfortführung auf den Sohn übergegangen ist. Der Gewinn aus der Veräußerung des verbleibenden Mitunteranteils ist vielmehr als laufender Gewinn festzustellen (Seer in: Kirchhof/Seer, EStG, 21. Aufl. 2022, § 16 Rz. 127). Die Anwendung des Freibetrags nach § 16 Abs. 4 EStG bzw. der Tarifbegünstigung nach § 34 EStG scheidet damit aus.

III. Selbst wenn man die Ausführungen des BFH in den Urteilen vom 2. August 2012 (IV R 41/11, a.a.O.), 9. Dezember 2014 (IV R 36/13, a.a.O.) und vom 10. September 2020 (IV R 14/18, a.a.O.) dahin verstehen will, dass im Rahmen des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG der Tatbestand der Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils ausschließlich zeitpunktbezogen zu betrachten ist mit der Folge, dass mit Vertrag vom 15. September 2015 der verbliebene Mitunternehmeranteil des Klägers insgesamt veräußert wurde und eine Veräußerung im Sinne des § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG vorlag, würde diese Annahme im Streitfall - entgegen der Auffassung der Kläger - nicht automatisch die Feststellung eines nach §§ 16 Abs. 4, 34 EStG begünstigten Veräußerungsgewinns nach sich ziehen. Denn eine Steuerbegünstigung mit zeitpunktbezogenen Voraussetzungen ist auch nach der neueren Rechtsprechung des BFH spätestens bei der Feststellung des Vorliegens der sachlichen Voraussetzungen für ihre Inanspruchnahme dahin zu untersuchen, ob der Zweck der Steuerbegünstigung erreicht wird, wenn sie für diesen Vorgang gewährt würde (vgl. Wendt, FR 2015, 712, Anmerkung zu BFH, Urteil vom 9. Dezember 2014 IV R 36/13). Dies gilt nach Überzeugung des erkennenden Senats sowohl für die Tarifbegünstigung nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG als auch im Anwendungsbereich des § 16 Abs. 4 EStG.

1. Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG unterliegen in dem zu versteuernden Einkommen enthaltene außerordentliche Einkünfte der Tarifbegünstigung nach den Sätzen 2 bis 4. Als außerordentliche Einkünfte kommen nach § 34 Abs. 2 Halbsatz 1 EStG nur die enumerativ in § 34 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 EStG aufgeführten Einkünfte in Betracht, so u.a. nach Nr. 1 der Vorschrift Veräußerungsgewinne im Sinne des § 16 EStG. Durch die Verwendung der Worte "kommen nur in Betracht" hat der Gesetzgeber dabei zum Ausdruck gebracht, dass bei Vorliegen der unter den Nrn. 1 bis 5 aufgezählten Tatbestände die Gewährung der Tatbestandsbegünstigung zwar naheliegt, aber nicht zwingend ist (BFH, Urteil vom 9. Dezember 2014 IV R 36/13 a.a.O.).

a) Ein Veräußerungsgewinn im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG unterliegt danach der Tarifbegünstigung nur, wenn er auch "außerordentlich" ist. Dies setzt bei allen Tatbeständen des § 34 Abs. 2 EStG eine atypische Zusammenballung von Einkünften voraus (vgl. BFH, Urteil vom 17. Dezember 2014 IV R 57/11 a.a.O. mit weiteren Hinweisen aus der Rechtsprechung). Das Erfordernis der Zusammenballung folgt aus dem Zweck der §§ 16, 34 EStG die zusammengeballte Realisierung der während vieler Jahre entstandenen stillen Reserven nicht dem progressiven Einkommensteuertarif zu unterwerfen (BFH, Urteile vom 5. Februar 2014 X R 22/12, BFHE 244, 49 [BFH 05.02.2014 - X R 22/12], BStBl II 2014, 188 [BFH 07.11.2013 - X K 13/12] und vom 30. August 2012 IV R 44/10, BFH/NV 2013, 376 [BFH 30.08.2012 - IV R 44/10]). Die Tarifbegünstigung gemäß § 34 EStG setzt demnach voraus, dass alle stillen Reserven, die in den wesentlichen Grundlagen einer betrieblichen Sachgesamtheit angesammelt wurden, in einem einheitlichen Vorgang aufgelöst werden (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 18. Oktober 1999 GrS 2/98, BFHE 189, 565 [BFH 12.08.1999 - VII R 112/98], BStBl II 2000, 123 m.w.N.; BFH, Urteile vom 30. August 2012 IV R 44/10, BFH/NV 2013, 376 [BFH 30.08.2012 - IV R 44/10] und vom 23 Oktober 2013 X R 3/12, BFHE 243, 287, BStBl II 2014, 58 [BFH 23.10.2013 - X R 3/12]).

b) Von diesem Normverständnis ist der BFH auch in seiner neueren Rechtsprechung (Urteile vom 17. Dezember 2011 IV R 57/11 und vom 9. Dezember 2014 IV R 36/13, jeweils a.a.O.) nicht abgerückt und hat die Annahme eines tarifbegünstigten Veräußerungsgewinns im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG abgelehnt, wenn in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils wesentliche Grundlagen des (Sonder-)Betriebsvermögens vorab ohne Aufdeckung sämtlicher stillen Reserven aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden sind. Umfasst der "Veräußerungsplan" mehrere Teilakte, so gebiete es der Zweck der Tarifbegünstigung, sämtliche Teilakte miteinander zu verklammern und als einen einheitlichen Vorgang im Hinblick auf die atypische Zusammenballung von Einkünften zu betrachten. Der BFH hat in diesem Zusammenhang die Grundsätze seiner "Gesamtplan-Rechtsprechung" ausdrücklich fortgeführt und im Wege der teleologischen Auslegung aus dem Sinn und Zweck des § 34 EStG abgeleitet (BFH, Urteil vom 17. Dezember 2014 IV R 57/11, BFHE 248, 66, BStBl II 2015, 536). Zweck der Tarifbegünstigung sei es weiterhin, die zusammengeballte Realisierung der während vieler Jahre entstandenen stillen Reserven nicht dem progressiven Einkommensteuertarif zu unterwerfen. Werde einem Mitunternehmeranteil vorab durch Ausgliederung ein Teil der stillen Reserven entzogen, so entstehe bei Veräußerung oder Aufgabe ein Gewinn nur in Höhe der verbleibenden stillen Reserven. Die Gewährung der Tarifbegünstigung für den erzielten Gewinn aus der Anteilsveräußerung würde dann aber bedeuten, dass sie trotz nur teilweiser Aufdeckung der stillen Reserven in Anspruch genommen werden könnte. Ein solches Ergebnis steht nach Ansicht des BFH jedoch im Widerspruch zum Zweck der Tarifbegünstigung, die Progressionswirkung durch die geballte Aufdeckung der stillen Reserven zu vermeiden (BFH, Urteil vom 17. Dezember 2014 IV R 57/11, a.a.O.). Der Zweck dieses gesetzlichen Härteausgleichs spiegelt sich dabei auch im Begriff der "außerordentlichen Einkünfte" im Sinne des § 34 EStG wieder. Außerordentliche Einkünfte liegen nicht vor, wenn durch mehrere Teilakte des einheitlich zu betrachtenden Vorgangs nicht alle stillen Reserven aufgedeckt werden (BFH, Urteil vom 30. August 2012 IV R 44/10, BFH/NV 2013, 376 m.w.N.)

c) Bei Anwendung dieser Grundsätze, denen der erkennende Senat folgt, unterliegt der Gewinn aus der im Anschluss an die unentgeltliche Übertragung des Grundstückteils erfolgte und hier allein streitige Veräußerung des verbleibenden Mitunternehmeranteils nicht der Tarifbegünstigung gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 EStG.

Zwar hat der Kläger durch die Veräußerung des verkleinerten, gesamten Mitunternehmeranteils einen Veräußerungsgewinn im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erzielt; gleichwohl handelt es sich nicht um einen begünstigten Veräußerungsgewinn, der zur Inanspruchnahme der Tarifbegünstigung berechtigt. Denn der Veräußerungsgewinn ist nicht außerordentlich im Sinne des § 34 Abs. 2 Halbsatz 1 i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Denn der Kläger hatte, wie unter II. 2. ausgeführt, im Rahmen eines Gesamtplans vor der Veräußerung einen Teil des ursprünglichen Mitunternehmeranteils unentgeltlich und ohne Aufdeckung der darin enthaltenen stillen Reserven gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG auf seinen Sohn übertragen und damit der Gewinnrealisierung entzogen.

2. Die sachlichen Voraussetzungen für die Feststellung eines zur Inanspruchnahme des Freibetrags nach § 16 Abs. 4 EStG qualifizierenden Veräußerungsgewinns liegen nach Auffassung des erkennenden Senats ebenfalls nicht vor. Den für die Tarifbegünstigung nach § 34 EStG geltenden Grundsätzen ist der Ratio nach auch für die Steuerbegünstigung nach § 16 Abs. 4 EStG zu folgen.

a) Nach § 16 Abs. 4 Satz 1 EStG wird ein Gewinn aus der Veräußerung eines gesamten Mitunternehmeranteils im Sinne von Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Vorschrift auf Antrag nur zur Einkommensteuer herangezogen, soweit er 45.000 € übersteigt und der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist. Der Freibetrag ist dem Steuerpflichtigen nur einmal zu gewähren (§ 16 Abs. 4 Satz 2 EStG). Er ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136.000 € übersteigt (§ 16 Abs. 4 Satz 3 EStG).

b) Anders als § 34 Abs. 2 EStG enthält die Vorschrift keine dem Tatbestandsmerkmal der "außerordentlichen Einkünfte" entsprechende Tatbestandsvoraussetzung, sondern beschränkt sich im Wesentlichen auf die Anordnung personenbezogener Merkmale. Vereinzelte Stimmen in der Literatur schlussfolgern hieraus, dass bei Vorliegen eines Veräußerungsgewinns im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG der Freibetrag gemäß § 16 Abs. 4 EStG grundsätzlich gewährt werden könne, soweit die persönlichen Voraussetzungen vorliegen würden (vgl. Förster/Förster, FR 2016, 596, 597; Werthebach, DStR 2020, 6, 9). Eine auf den Grundsätzen der "Gesamtplan-Rechtsprechung" des BFH beruhende Verklammerung mehrerer, auf einem "Veräußerungsplan" beruhender Teilakte komme im Anwendungsbereich des § 16 Abs. 4 EStG nicht in Betracht. Denn anders als bei § 34 Abs. 2 EStG bestehe der Zweck des Freibetrags nicht darin, einen Ausgleich für die außergewöhnliche Zusammenballung von Einkünften zu schaffen, sondern beabsichtige die Gewährung einer rein altersbezogenen Entlastung. Die Steuerbegünstigungen der §§ 16 Abs. 4 und § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG unterlägen eigenständigen Anwendungsbereichen (Förster/Förster, FR 2016, 596, 597).

c) Der erkennende Senat vermag sich dieser Auffassung nicht anzuschließen. Vielmehr erachtet er es als geboten, auch die Steuerbegünstigung nach § 16 Abs. 4 EStG vor dem Hintergrund ihres Zwecks teleologisch auszulegen und im Zusammenspiel der Regelungen des § 16 Abs. 1, 2, Abs. 4 und des § 34 EStG als Härteausgleich für die zusammengeballte Gewinnrealisierung im Rahmen einer Betriebsveräußerung/-aufgabe zu verstehen (BFH, Urteil vom 9. September 1993 IV R 30/92, BFHE 172, 344, BStBl II 1994, 105).

aa) Bereits der Große Senat des BFH hat in seiner Entscheidung vom 19. Juli 1993 (GrS 2/92, a.a.O) auf den "unlösbaren Zusammenhang" des § 16 Abs. 1, 2 EStG mit den Regelungen des § 16 Abs. 4 und des § 34 Abs. 1 Nr. 2 EStG hingewiesen. Wie die Tarifbegünstigung nach § 34 Abs. 2 EStG dient daher auch § 16 Abs. 4 EStG dem Härteausgleich für die punktuelle Besteuerung stiller Reserven (BFH, Beschlüsse vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, a.a.O. und vom 18. Oktober 1999 GrS 2/98, BFHE 189, 465, BStBl II 2000, 123 betr. eines "einheitlichen Grundkonzept", zustimmend: BFH-Urteil vom 9. September 1993 IV R 30/92, BFHE 172, 344, BStBl II 1994, 105, BMF, Schreiben vom 20. November 2019, BStBl I 2019, 1291 Rn. 16; Seer in: Kirchhof/Seer, EStG, 21. Aufl. 2022, § 16 Rz. 273; Wacker in: Schmidt, EStG, 41. Aufl. 2022, § 16 Rz. 577; a.A. Werthebach, DStR 2020, 6, 9; Förster/Förster, FR 2016, 596, 597). Diesem "unlösbaren Zusammenhang" ist der BFH auch nicht in seinen Entscheidungen vom 9. Dezember 2014 (IV R 36/13, a.a.O.) und vom 17. Dezember 2014 (IV R 57/11, a.a.O.) entgegengetreten. Hätte der BFH diesen "unlösbaren Zusammenhang" der Steuerbegünstigungsvorschriften der §§ 16, 34 EStG tatsächlich aufbrechen wollen, wäre zu erwarten gewesen, dass er zu dieser Problematik weiter ausführt und die Änderung seiner bisher gefestigten Rechtsprechung ausdrücklich klarstellt.

Auch der Gleichklang der Tatbestandsvoraussetzungen des § 16 Abs. 4 EStG und des § 34 Abs. 3 EStG - Vollendung des 55. Lebensjahrs oder dauernde Berufsunfähigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinne - streitet nach Auffassung des Senats für eine einheitliche Auslegung beider Vorschriften. Wie Sobanski zutreffend ausführt, erscheint es kaum überzeugend, mehraktige Vorgänge in den Anwendungsbereich der einen Regelung fallen zu lassen, während sie für den Anwendungsbereich der gleichlautenden Norm ausgeschlossen wären (Sobanski, FR 2017, 384).

bb) Der Zweck der Steuerbegünstigung des § 16 Abs. 4 EStG besteht nach Überzeugung des Senats darin, bei geringen Veräußerungsgewinnen auftretende Härten durch die Gewährung völliger Steuerbefreiung zu beseitigen (BFH, Urteil vom 8. Mai 1991 I R 33/90, BFHE 165, 191, BStBl II 1992, 437; vom 18. Juni 1998 IV R 9/98, BFHE 186, 368, BStBl II 1998, 623; Seer in: Kirchhof/Seer, EStG, 21. Aufl. 2022, § 16 Rz. 273;).

Die Steuerbegünstigung enthält in ihrem Anwendungsbereich dabei sowohl sachliche als auch persönliche Komponenten. So knüpft sie im Rahmen einer persönlichen Steuerbefreiung an das Alter bzw. die Berufsunfähigkeit der natürlichen Person als Unternehmer/Mitunternehmer an und ist dabei darauf gerichtet der finanziellen Absicherung des Steuerpflichtigen zu dienen und soziale Härten auszugleichen (BFH, Urteil vom 26. März 2015 IV R 3/12, BFHE 249, 233, BStBl II 2016, 553 unter Hinweis auf BFH, Urteil vom 28. November 2007 X R 24/07, BFH/NV 2008, 556). Zweck der Regelung als sachliche Steuerbefreiung ist es, aus sozialen Gründen Gewinne aus der Veräußerung kleinerer Betriebe - einmalig - steuerlich zu entlasten (Wacker in: Schmidt EStG, 34. Aufl. 2015, § 16 Rz. 577; BR-Drs. 303/83, S. 25, Beschluss des Großen Senats vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897). Beiden Komponenten liegt offenkundig die Vorstellung zugrunde, dass durch die Veräußerung oder Aufgabe des Gewerbebetriebs/Mitunternehmeranteils diese existenzsichernde Einheit wegfällt (vgl. Sobanski, FR 2017, 384). Die Steuerbegünstigung des § 16 Abs. 4 EStG soll es dem Steuerpflichtigen bei einem aus Altersgründen oder wegen Berufsunfähigkeit veräußerten oder aufgegebenen Betrieb/Mitunternehmeranteil daher ermöglichen, den erzielten Veräußerungsgewinn möglichst ungeschmälert in seine Altersvorsorge einfließen zu lassen (vgl. Schallmoser in: Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, 160. EL Dezember 2021, § 16 Rz. 667).

Ausweislich der erst nachträglich eingeführten Höchstbetragsgrenzen hatte der Gesetzgeber hierbei vorrangig den Schutz kleinerer Gewinne im Auge (vgl. Seer in: Kirchhof/Seer, EStG, 21. Aufl. 2022, § 16 Rz. 277). Der Freibetrag entfällt entsprechend vollständig, wenn der Veräußerungsgewinn die Freibetragsgrenze von insgesamt 181.000 € erreicht (§ 16 Abs. 4 Satz 1, 3 EStG). Diesem Zweck liefe es jedoch zuwider, wenn der Steuerpflichtige vorab Betriebsvermögen ohne Aufdeckung der stillen Reserven zu Buchwerten in ein anderes Betriebsvermögen überführt und möglicherweise erst dadurch im Rahmen einer anschließenden Anteilsveräußerung die Höchstgrenze des § 16 Abs. 4 EStG unterschreitet und in den Genuss eines höheren oder gar des vollen Freibetrags gelangt. Die Beschränkung auf eine einmalige Inanspruchnahme des Freibetrags nach § 16 Abs. 4 EStG spricht ebenfalls für die Notwendigkeit des Vorliegens einer finalen Besteuerungssituation, in welcher sämtliche stille Reserven der Besteuerung unterworfen werden.

cc) Darüber hinaus beschränkt der BFH den "Gesamtplan" als Kriterium zur teleologischen Auslegung von begünstigenden Steuernormen in seinen Entscheidungen nicht auf bestimmte Steuerbegünstigungen, sondern stellt klar, dass die Gesamtplanbetrachtung bewirken könne, dass die zeitpunktbezogene Voraussetzung einer Steuervergünstigung durch eine zeitraumbezogene Betrachtung zu ersetzen sei, wenn der Zweck der Steuervergünstigung dies erfordere. Wie Wendt in seinen Anmerkungen zum Urteil des BFH vom 9. Dezember 2014 (IV R 96/13, FR 2015, 710) zutreffend ausführt, handelt es sich bei dem Topos "Gesamtplan" um ein Kriterium zur teleologischen Auslegung von begünstigenden Steuernormen. Während der BFH eine solche auslegende Betrachtung für die Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG für nicht erforderlich hält, sieht er im Anwendungsbereich der Tarifbegünstigung des § 34 EStG für das Merkmal der zusammengeballten Realisierung von stillen Reserven eine zeitraumbezogene Betrachtung für geboten an. Denn wurden bei der Veräußerung nur deshalb alle stillen Reserven aufgedeckt, weil der Veräußerer in engem zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang stille Reserven aus der anschließend veräußerten Sachgesamtheit herausverlagert hat, kann die Tarifbegünstigung den Zweck, eine geballte Realisierung aller stillen Reserven zu "prämieren", nicht erreichen und ist deshalb zu versagen (vgl. Wendt, Anmerkung zum Urteil des BFH vom 19. Dezember 2014, FR 2015, 710).

Eine identische Fragestellung wirft auch die Anwendung der Steuerbegünstigung des § 16 Abs. 4 EStG auf. Wie bereits ausgeführt, verfolgt die Regelung den Zweck, kleinere Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe des Gewerbebetriebs/Mitunternehmeranteils nicht der Einkommensteuer zu unterwerfen, um dem Steuerpflichtigen so zu ermöglichen, nach dem Wegfall der existenzsichernden Einheit den erlangten Gewinn ungeschmälert für seine Altersvorsorge zu verwenden. Die Anwendung der Vergünstigung wäre deshalb nicht gerechtfertigt, wenn vorab Teile des Betriebsvermögens ohne Aufdeckung von stillen Reserven aus dem Betriebsvermögen ausscheiden würden. Vor diesem Hintergrund erscheint es auch im Rahmen der Begünstigung nach § 16 Abs. 4 EStG erforderlich, eine zeitraumbezogene Betrachtung vorzunehmen und mehraktige Vorgänge zu verklammern.

Die Vorschriften der §§ 16 Abs. 4 und 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG setzen daher gleichgerichtet voraus, Übertragungsvorgängen, die auf einem einheitlichen Entschluss basieren und in einem zeitlich und sachlichen Zusammenhang stehen, in ihrer Gesamtheit zu betrachten und die Steuerbegünstigung zu versagen, wenn im Rahmen wirtschaftlicher und funktionaler Betrachtung der Vergünstigungszweck nicht erreicht würde, weil eine Auflösung der existenzsichernden Einheit unter Aufdeckung der stillen Reserven nicht erfolgt ist (zustimmend: Wacker in: Schmidt EStG, 41. Aufl. 2022, § 16 Rz. 4, Seer in: Kirchhof/Seer, EStG, 21. Aufl. 2022, § 16 Rz. 123, Sobanski, FR 2017, 384; a.A. Werthebach, DStR 2020, 6; Förster/Förster, FR 2016, 596.)

d) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist ein Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG für den streitigen Veräußerungsgewinn vorliegend nicht festzustellen. Die entgeltliche Veräußerung des Mitunternehmeranteils durch den Kläger an seinen Sohn berechtigt nicht zur Inanspruchnahme des Freibetrags, da vor der Veräußerung ein Teil des ursprünglichen Mitunternehmeranteils ohne Aufdeckung der darin anteilig enthaltenen stillen Reserven zu Buchwerten auf seinen Sohn übertragen wurde.

Wie bei der Anwendung der Steuerbegünstigung nach § 34 EStG ist auch für die Gewährung des Freibetrags nach § 16 Abs. 4 EStG der mit der Steuerbegünstigung verfolgte Sinn und Zweck der Vorschrift zu beachten und die grundsätzlich bei einer Veräußerung vorzunehmende zeitpunktbezogene Betrachtung auf eine zeitraumbezogene Betrachtung auszugehen. Damit sind die im Streitfall vorliegenden Teilakte der vorab erfolgten Ausgliederung des Grundstücks als wesentliche Grundlage des Sonderbetriebsvermögens und der Veräußerung des Mitunternehmeranteils durch den Kläger im Rahmen der Gesamtplanbetrachtung zu verklammern. Da durch die vorherige Ausgliederung des Grundstücks zu Buchwerten nicht die gesamten stillen Reserven des Mitunternehmeranteils aufgedeckt und der Versteuerung unterworfen wurden und folglich der Zweck der Vergünstigungsnorm des § 16 Abs. 4 EStG als Härteausgleich für die zusammengeballte Gewinnrealisierung nicht erreicht werden kann, kommt eine Anwendung der Steuerbegünstigung nach § 16 Abs. 4 EStG nicht in Betracht.

Die Klage war nach alledem vollumfänglich abzuweisen.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

V. Das Gericht hat die Revision zugelassen, da für die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des BFH erforderlich erscheint (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Im Rahmen einer Revisionsentscheidung bestünde für den BFH die Möglichkeit, zum Verhältnis der Regelungen in den §§ 16 Abs. 1, Abs. 4, 34 EStG sowie zur Anwendbarkeit der Gesamtplan-Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Steuerbegünstigungen klarstellend auszuführen.