Arbeitsgericht Osnabrück
Urt. v. 29.04.2004, Az.: 2 Ca 735/03

Wirksamkeit einer Befristungsregelung; Einordnung der Vereinbarung einer Lebensaltersbegrenzung als auflösende Bedingung oder als eine Befristung; Notwendigkeit der Darlegung eines sachlichen Grundes für die Befristung; Zulässigkeit einer Altersbegrenzung für Flugpersonal von Fluggesellschaften

Bibliographie

Gericht
ArbG Osnabrück
Datum
29.04.2004
Aktenzeichen
2 Ca 735/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 33137
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:ARBGOSN:2004:0429.2CA735.03.0A

Verfahrensgegenstand

Feststellung

Die 2. Kammer des Arbeitsgerichts Osnabrück hat
auf die mündliche Verhandlung vom 29.04.2004
durch
den Direktor des Arbeitsgerichts ... als Vorsitzenden und
die ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der am 31.08.1988/03.10.1988 vereinbarten Befristung nicht zum 31.12.2004 endet, sondern über den 31.12.2004 hinaus unverändert bis zum 31.12.2007 fortbesteht.

  2. 2.

    Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger über den 31.12.2004 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen bis zum 31.12.2007 weiterzubeschäftigen.

  3. 3.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  4. 4.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 1/4 und der Beklagte zu 3/4.

  5. 5.

    Der Streitwert wird auf 56.666,67 EUR festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger ist bei dem Beklagten auf Grund Dienstvertrages vom 13.09.1979 beschäftigt. Seit dem 01.04.1988 ist er Chefarzt der chirurgischen Abteilung. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Dienstvertrag vom 31.08./03.10.1988 (Bl. 5 bis 21 d. Akte).

2

In § 14 Abs. 4 ist geregelt, dass das Vertrags Verhältnis, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit Ablauf des Monats endet, in dem der Kläger das 62. Lebensjahr vollendet. Das ist der 31. Dezember 2004.

3

Der Kläger hält die zwischen den Parteien vereinbarte Befristung für unwirksam.

4

Mit seiner am 19. Dezember 2003 bei Gericht eingegangenen Klage vom 17. Dezember 2003 begehrt er die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis über den 31.12.2004 unverändert und unbefristet, hilfsweise bis zum 31.12.2007, fortbesteht; weiterhin seine Weiterbeschäftigung über die 31.12.2002 hinaus.

5

Der Kläger trägt vor:

6

Die vereinbarte Befristung verstoße gegen § 14 Abs. 1 TzBfG. Der Beklagte habe auch keinen sachlichen Grund gehabt, das Arbeitsverhältnis auf die Vollendung des 62. Lebensjahres des Klägers zu befristen.

7

Der Kläger beantragt,

  1. 1.

    festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der am 31.08.1988/03.10.1988 vereinbarten Befristung nicht zum 31.12.2004 endet, sondern über den 31.12.2004 hinaus unverändert und unbefristet - hilfsweise bis zum 31.12.2007-fortbesteht,

  2. 2.

    den Beklagten zu verurteilen, den Kläger über den 31.12.2004 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen unbefristet - hilfsweise bis zum 31.12.2007 - weiterzubeschäftigen.

8

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

9

Er trägt vor:

10

Die vorgenommene Befristung sei wirksam. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages habe der Kläger selbst darauf Wert gelegt, dass das Arbeitsverhältnis mit Vollendung des 62. Lebensjahres ende. Der Ergänzungsvertrag vom 01. Mai 1999 (Bl. 78 f. d. Akte) sei gerade unter Berücksichtigung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Vollendung des 62. Lebensjahres des Klägers abgeschlossen worden. Dies sei Grundlage des Änderungsvertrages gewesen.

11

Darüber hinaus könne der Kläger nicht die Rechtsgrundlage zu Grunde legen, die mit dem TzBfG geschaffen worden sei, sondern den Rechtszustand bei Abschluss des Arbeitsvertrages im Jahr 1988.

12

Darüber hinaus habe im Zeitpunkt des Abschlusses des Ergänzungsvertrages vom 21.04.1999 das Bedürfnis bestanden, strukturelle Veränderungen vorzunehmen, die die Flexibilität der sich erheblich im Wandel befindlichen Abteilung erhöht. Die Vereinbarung eines zeitlich befristeten Arbeitsverhältnisses trage diesem strukturellen Zwang Rechnung und rechtfertige die Vereinbarung der Befristung.

13

Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den gesamten Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und die auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug verwiesen.

Entscheidungsgründe

14

Der Klage war zum Teil stattzugeben.

15

Die zwischen den Parteien im Vertrag vom Jahr 1988 vereinbarte Befristung ist rechtsunwirksam. Gemäß § 41 SGB VI gilt die Vereinbarung dem Kläger gegenüber als auf die Vollendung des 65. Lebensjahres abgeschlossen. Die weiter gehende Klage war abzuweisen.

16

Nach der Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts stellt die Vereinbarung einer Lebensaltersbegrenzung keine auflösende Bedingung dar, sondern eine Befristung. Eine derartige Befristung bedarf des Vorliegens eines sachlichen Grundes.

17

Einen derartigen sachlichen Grund hat der Beklagte nicht dargelegt.

18

Wenn der Beklagte ausführt, die Vereinbarung beruhe auf dem eigenen Wunsch des Klägers, so kommt dieser Wunsch in dem Arbeitsvertrag nicht zum Ausdruck. Im Jahr des Abschlusses des Arbeitsvertrages, also im Jahr 1988, ist kaum davon auszugehen, dass der Kläger schon eine bestimmte Lebensplanung für die Zeit ab Ende 2004 gehabt hat.

19

Aus dem Ergänzungsvertrag aus dem Jahr 1999 lässt sich ebenfalls nicht entnehmen, dass der Kläger selbst eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2004 wünschte. Darüber hinaus liegt dieser Vertrag außerhalb der 3-Jahres-Frist des § 41 SGB VI.

20

Zwar kann ein sachlicher Grund für eine derartige Befristung durchaus gegeben sein, wenn eine bestimmte Tätigkeit mit zunehmendem Alter eine Gefährdung Dritter befürchten lässt. So hat das Bundesarbeitsgericht im Hinblick auf das Flugpersonal von Fluggesellschaften eine derartige Altersbegrenzung anerkannt.

21

Bei Chirurgen kann hiervon jedoch nicht ausgegangen werden, sodass ein sachlicher Grund i.S.v. § 14 TzBfG nicht vorliegt.

22

Unter Berücksichtigung des § 41 SGB VI endet demgemäß das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Vollendung des 65. Lebensjahres des Klägers.

23

Die weiter gehende Klage war abzuweisen.

24

Der Beklagte ist verpflichtet, den Kläger über den 31.12.2004 hinaus bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auf Grund des Vertrages weiterzubeschäftigen.

25

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert wird auf 56.666,67 EUR festgesetzt.

Die Streitwertfestsetzung ist gemäß § 12 Abs. 7 ArbGG i.V.m. § 3 ZPO vorgenommen worden.