Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 10.06.2021, Az.: L 16 KR 1/22
Öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch der gesetzlichen Krankenkasse gegen ein Krankenhaus auf Rückzahlung geleisteter Krankenhausvergütung für die Abrechnung des OPS-Kodes 8-550 (geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung); Beweislast des Krankenhauses für das Vorliegen der Voraussetzungen des Kodes
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 10.06.2021
- Aktenzeichen
- L 16 KR 1/22
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2021, 72038
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Lüneburg - 02.12.2021 - AZ: S 9 KR 511/18
Rechtsgrundlagen
- § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V
- § 7 Satz 1 KHEntgG
Amtlicher Leitsatz
Zur Klage einer gesetzlichen Krankenkasse gegen ein Krankenhaus auf Rückzahlung geleisteter Krankenhausvergütung für die Abrechnung des OPS-Kodes 8-550 (geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung). Das SGB V sieht bei Streit über die Krankenhausvergütung vorprozessual kein Verwaltungsverfahren mit Amtsermittlung durch die Krankenkasse vor. Der Krankenkasse steht ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu, wenn das Krankenhaus nicht nachweist, dass es die Voraussetzungen des OPS 8-550 Dokumentation wöchentlicher Teambesprechungen unter Beteiligung aller Berufsgruppen BSG, Urteil vom 19. Dezember 2017 B 1 KR 19/17 R) erfüllt hatte. Das Krankenhaus trägt die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des Kodes erfüllt sind. Die Einleitung eines Prüfverfahrens durch den Medizinischen Dienst (MD) nach § 275 Abs 1c SGB V war jedenfalls für die noch streitigen Behandlungsfälle aus den Jahren 2014 und 2015 nicht notwendig, da § 275 Abs 1c SGB V in der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung auf sachlich-rechnerische Prüfungen keine Anwendung fand. Der Anspruch der Krankenkasse ist auch nicht verwirkt, Vertrauensschutzgesichtspunkte standen dem Erstattungsanspruch der Krankenkasse nicht entgegen.
In dem Rechtsstreit
A.
- Klägerin und Berufungsklägerin -
gegen
B.
- Beklagter und Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigte:
C.
hat der 16. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen ohne mündliche Verhandlung am 16. Mai 2023 in Celle durch die Vorsitzende Richterin am Landessozialgericht D., die Richterin am Landessozialgericht E. und die Richterin am Landessozialgericht Dr F. sowie die ehrenamtliche Richterin G. und den ehrenamtlichen Richter H.
für Recht erkannt:
Tenor:
Das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 2. Dezember 2021 wird aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.951,86 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Klägerin und die Beklagte tragen die Kosten des Rechtsstreits jeweils zur Hälfte.
Der Streitwert wird auf 18.482,00 Euro festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Rückzahlung von gezahlter Krankenhausvergütung.
Es geht noch um die Abrechnung des OPS 8-550.-(Geriatrische frührehabilitierte Komplexbehandlung) in fünf Fällen in den Jahren 2014 und 2015.
Die Klägerin ist eine gesetzliche Krankenkasse, die Beklagte ist Trägerin eines zugelassenen Krankenhauses, das ua über eine geriatrische Abteilung verfügt.
Im Auftrag der AOK Niedersachsen erstellte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) Niedersachsen unter Auswertung vorgelegter Unterlagen und eines Ortstermins am 30. Juni 2015 eine gutachterliche Stellungnahme zu der Struktur- und Prozessqualität zur Erbringung der geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlung (OPS 8-550.-). Er stellte fest, dass die Strukturvoraussetzungen zur Durchführung des OPS 8-550.- unter Zugrundelegen der Version 2015 im Wesentlichen erfüllt würden (Seite 13 der Stellungnahme). Die geriatrische Einheit im Sinne des OPS werde vorgehalten. Die Behandlung erfolge durch ein geriatrisches Team unter Leitung eines Geriaters. Die geforderte ärztliche und pflegerische geriatrische Qualifikation habe nachvollzogen werden können. Es bestehe aktuell keine gesicherte ärztliche Vertreterlösung. Eine Kodierung und Abrechnung des OPS 8-550 sei somit in Abwesenheit des Chefarztes derzeit nicht möglich. Wegen der Einzelheiten der gutachterlichen Stellungnahme wird auf Bl 64 bis 70 der Gerichtsakten verwiesen.
In den Jahren 2014 bis 2016 wurden in der geriatrischen Abteilung des Krankenhauses verschiedene Versicherte der Klägerin behandelt. Dazu gehören ua die Versicherten I. (stationäre Behandlung vom 28. Dezember 2015 bis 13. Januar 2016), J. (stationäre Behandlung vom 9. bis 28. November 2014), K. (stationäre Behandlung vom 24. September bis 21. Oktober 2015), L. (stationäre Behandlung vom 27. August bis 16. September 2014) und M. (stationäre Behandlung vom 19. April bis 9. Mai 2015). In die Kodierung für die in diesen Fällen abgerechnete DRG floss ua der OPS 8-550.- (Geriatrische frührehabilitierte Komplexbehandlung) ein.
Die Klägerin zahlte jeweils die in Rechnung gestellten Vergütungen. Eine Überprüfung der Ab-rechnungsfälle durch den MDK erfolgte nicht.
Am 7. November 2018 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht (SG) Lüneburg erhoben und Erstattungsansprüche in Höhe von zunächst 28.175,00 Euro geltend gemacht wegen stationärer Behandlungsfälle aus den Jahren 2013 bis 2016. Der Klage hat sie eine Liste mit den einzelnen Behandlungsfällen beigefügt und erläutert, dass es sich bei einem Teil der Fälle um solche handele, bei denen gemäß dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 2017 (B 1 KR 19/17 R) die Abrechnung des OPS 8-550 nicht zulässig gewesen sei.
Mit Beschlüssen vom 30. April 2019 und 7. September 2020 hat das SG die Verfahren zu denjenigen Abrechnungsfällen abgetrennt, die andere Sachverhalte betrafen als die Abrechnung des OPS 8-550 (ua OPS 8-98b, und 8-981 - BSG-Urteile B 1 KR 38/17 R und B 1 KR 39/17 R; Aufwandspauschale), so dass im erstinstanzlichen Verfahren noch ein Betrag von 18.482,00 Euro streitig war.
Die Klägerin hat vorgetragen, ihr stehe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu. In den streitigen Behandlungsfällen habe die Beklagte den OPS 8-550 nicht abrechnen dürfen, da sie die Mindestmerkmale für die Angabe und Abrechnung dieses OPS 8-550 nicht erfüllt habe. Das BSG habe in seinem Urteil vom 19. Dezember 2017 (B 1 KR 19/17 R) die Mindestmerkmale ausgelegt. Insbesondere habe es die Anforderungen an die wochenbezogene Dokumentation konkretisiert. Nach der Rechtsprechung des BSG müssten Vertreter aller Berufsgruppen dokumentiert bei der wöchentlichen Teambesprechung anwesend sein. Diese vom OPS 8-550 an die wochenbezogene Dokumentation gestellten Anforderungen erfülle die Beklagte in den vorliegenden Behandlungsfällen nicht. Der Anspruch der Klägerin sei weder verjährt noch verwirkt. Durch die Kenntnis der fälschlicherweise vorgenommenen Zahlung, welche im Lichte der Rechtsprechung entstanden sei, könne ihr ein treuwidriges Verhalten im Sinne der Verwirkung nicht vorgehalten werden, wenn sie die geltende Verjährungsfrist ausschöpfe, um fehlerhaft geleistete Zahlungen zu korrigieren und zurückzufordern.
Das von der Beklagten vorgelegte Strukturgutachten sei nicht bindend. Die Voraussetzung der wöchentlichen Teambesprechung unter Beteiligung aller Berufsgruppen sei weder erwähnt noch geprüft worden. Eine solche Prüfung könne sie selbst auch nicht durchführen, denn die Übersendung der Teamprotokolle würde üblicherweise von den Krankenhäusern verweigert. Die Qualitätsberichte seien die einzige Möglichkeit für die Krankenkasse zu prüfen, ob die strukturellen Mindestvoraussetzungen für die Abrechnung einer geriatrischen Komplexbehandlung vorlägen. Dem Referenzbericht der Beklagten für 2014 lasse sich entnehmen, dass ausweislich des Qualitätsberichts der Beklagten hinsichtlich der Personalausstattung des jeweiligen Jahres in der Geriatrie kein Psychologe vorhanden gewesen sei. In den Jahren 2015 und 2016 sei ein Psychologe zu einem Anteil von 0,5 vorhanden gewesen und dies auch vorwiegend im Bereich der Diabetiker. Dies lasse den Schluss zu, dass aufgrund des Personalschlüssels nicht immer ein Psychologe an den wöchentlichen Teamsitzungen habe teilnehmen können. Augenscheinlich sei auch das Feld der Psychologen in den Teamprotokollen frei und nicht ausgefüllt. Es werde bestritten (unter Vorlage eines MDK Gutachtens im Fall N. vom 22. Juli 2015), dass der Psychologe bei allen wöchentlichen Teamsitzungen teilgenommen habe.
Es gehe nicht um die Frage, ob die Behandlung erforderlich oder notwendig gewesen sei. Es stünden hier nichtmedizinische Fragen im Vordergrund, weshalb ein MDK-Gutachten nicht einzuholen sei. Selbst wenn hier ein Gutachten eingeholt worden wäre, so wären die strukturellen Merkmale des OPS 8-550 nicht geprüft worden. Es handele sich deshalb eben nicht um eine Prüfung nach § 275 Abs 1 SGB V aF Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), sondern um eine sachlich-rechnerische Richtigkeitsprüfung. Hier sei die Frage streitgegenständlich, ob die Beklagte die von ihr kodierte Prozedur OPS 8-550 überhaupt erbracht habe. Dafür sei die Beklagte beweispflichtig. Da diese die ordnungsgemäße Dokumentation nachweisen müsse, seien die Teamprotokolle auch von ihr vorzulegen. Da diese Unterlagen bei der Beklagten vorhanden sein müssten, seien diese im Klageverfahren vorzulegen. Die Beklagte habe die Prozedur nur dann erbracht, wenn sie die dafür vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt habe. Diese bestünden in der Anwesenheit aller Berufsgruppen und der Dokumentation der behandelnden Berufsgruppen. Der OPS 8-550 2014/2015 setze wöchentliche Teambesprechungen "unter Beteiligung aller Berufsgruppen" voraus. Die Beteiligung aller Berufsgruppen sei auch nach der rückwirkenden DIMDI-Klarstellung (rückwirkend zum 1. Januar 2013) notwendig. Das DIMDI habe am 3. Dezember 2018 und damit vor dem Inkrafttreten der fragwürdigen Ermächtigungsgrundlage am 1. Januar 2019 den OPS 8-550 angepasst und für die Kodes unter 8-550 zB klargestellt, dass nicht der Verlauf der Teambesprechungen, sondern die Ergebnisse der Behandlung und die weiteren Behandlungsziele zu dokumentieren seien. Die konkrete OPS sei schon deshalb rechtswidrig, weil es dafür keine Rechtsgrundlage gebe. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass sie nach der DIMDI-Klarstellung gemäß § 301 Abs 2 Satz 4 SGB V die Voraussetzungen des OPS erfülle.
Die Übersendung der Patientenakte sei weder erforderlich noch notwendig. Verwiesen werde auf das Urteil des SG Koblenz vom 3. Dezember 2020 (S 1 KR 1171/19). Die Struktur und die Dokumentation sei jederzeit durch das Gericht überprüfbar, indem die Beklagte nur die wöchentlichen Teamsitzungsprotokolle vorlegen müsse. Diese Unterlagen müsste sie vorhalten, damit eine Kodierung überhaupt erfolgen könne.
Es sei mitnichten unstreitig, dass alle Berufsgruppen bei der Beklagten vorgehalten würden, also hier die strukturellen Merkmale für die Kodierung des OPS 8-550 gegeben seien. Wie dem vorgelegten Strukturgutachten entnommen werden könne, sei bei der Beklagten weder ein Logopäde noch eine Vertretung für die 30-Stunden-Stelle des Psychologen vorgehalten worden. Damit könne die Beklagte bereits nicht die Teilnahme aller Berufsgruppen an den wöchentlichen Teamsitzungen gewährleisten. Offensichtlich sei der Beklagten die Vorlage der Teamprotokolle nicht möglich. Somit verletzte sie die Dokumentationspflicht des OPS 8-550, weshalb sie die Prozedur nicht hätte kodieren dürfen. Durch die gerichtliche Verfügung des Landessozialgerichts (LSG) Brandenburg vom 11. November 2021 fühle sich die Klägerin in ihrer Auffassung bestätigt.
Aufgrund der kurzfristigen Gesetzesänderung im November 2018 sei sie gezwungen gewesen, schnellstmöglich ihre Ansprüche aus dem Jahr 2017 geltend zu machen.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2019 einen Vordruck "Erklärung zu dem OPS - Komplexkode 8-550" vorgelegt und die Beklagte um Rücksendung der ausgefüllten Checkliste gebeten. Mit Schriftsätzen vom 21. Dezember 2020, 4. März 2021 und 3. Mai 2021 hat sie die Beklagte nochmals darum gebeten, die Teamprotokolle vorzulegen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Rechtsprechung des BSG vom 19. Dezember 2017 zu der Dokumentation der Teambesprechung für den OPS 8-550 im vorliegenden Fall keine Anwendung finde. Für die Anwendung der Rechtsprechung, die hier für die abgeschlossenen Zeiträume greifen solle, würden die gleichen Voraussetzungen gelten wie für ein Gesetz. Ein Gesetz, das die sachlich-rechnerische Richtigkeitsprüfung eingeführt hätte, unterliege nämlich grundsätzlich dem Rückwirkungsverbot bezüglich abgeschlossener Sachverhalte, jedenfalls aber - bei der sogenannten unechten Rückwirkung - bezüglich nicht abgeschlossener Sachverhalte der konkreten Vertrauensschutzprüfung. Hinsichtlich der Kodierung des geriatrischen Komplexkodes liege für die streitgegenständlichen Zeiträume ein positives Strukturgutachten vor. Daraus ergebe sich, dass ihr Krankenhaus die strukturellen Voraussetzungen für die Abrechnung des geriatrischen Komplexkodes erfülle. Auf das Strukturgutachten werde verwiesen. Sie teile auch nicht die Ansicht der Klägerin, dass die Überprüfung der tatsächlichen Durchführung einer Teambesprechung unter Beteiligung aller Berufsgruppen nicht durch den MDK zu überprüfen wäre. Das Gegenteil sei der Fall. Der MDK prüfe im Rahmen seiner Strukturgutachten nur dahingehend, dass die personellen Voraussetzungen für die Abrechnung des geriatrischen Komplexkodes vorgehalten werden könnten. Dies sei der Fall. Ob eine Teambesprechung unter ausreichender Beteiligung der Berufsgruppen erfolgt sei, müsse anhand eines MDK-Gutachtens im Einzelfall überprüft werden.
Für die Prüfung von Krankenhausabrechnungen habe die Regelung des § 275 Abs 1c SGB V aF gegolten. Danach sei die Prüfung spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei einer Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen. Eine solche Einleitung des Prüfverfahrens und Anzeige durch den MDK sei in den streitgegenständlichen Behandlungsfällen nicht erfolgt. Dementsprechend sei eine Begrenzung der gerichtlichen Amtsermittlungspflicht nach § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) geboten, soweit das Prüfverfahren verspätet eingeleitet worden sei. Sie verweise auf die Entscheidung des SG München vom 22. November 2017 (S 39 KR 249/16), nach der es für entsprechende Fälle Grenzen der Amtsermittlung und Beweisverwertungsverbote hinsichtlich der Behandlungsunterlagen des Krankenhauses gebe. Die Kammer sei daher von weiteren Ermittlungen des medizinischen Sachverhalts ausgeschlossen. Sie verweise darüber hinaus auf die Entscheidung des SG Aachen vom 7. Juli 2020 (S 14 KR 560/19), in der ebenfalls die Klägerin versucht habe, das Fehlen von Strukturmerkmalen ohne Prüfung des MDK ins Blaue hinein in Abrede zu stellen. Das SG habe in der vorgenannten Entscheidung klargestellt, dass die fehlende Einzelfallprüfung nicht im gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden könne.
Die Beklagte hat das Strukturgutachten des MDK vom 30. Juni 2015 vorgelegt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 2. Dezember 2021 abgewiesen. Die zulässige Klage sei nicht begründet. Die Voraussetzungen für den von der Klägerin geltend gemachten Erstattungsanspruch sehe das Gericht nicht als erwiesen an. Die Last der Beweislosigkeit treffe hier die Klägerin, die sich gegenüber der Beklagten auf einen Erstattungsanspruch wegen zu Unrecht geleisteter Zahlungen berufe. Nach den Grundsätzen der Verteilung der objektiven Beweislast trage die Krankenkasse nach erfolgter, vorbehaltloser Bezahlung berechneter Krankenhausvergütung grundsätzlich das Risiko der Nichterweislichkeit der Tatsachen, aus denen sich das behauptete Nichtbestehen eines Rechtsgrundes der erbrachten Leistungen ableite. Dieser Grundsatz erfahre nach der Rechtsprechung des BSG aber Durchbrechungen. Das BSG vertrete die Auffassung, dass es grundsätzlich in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses falle, die Richtigkeit der Krankenhausabrechnung zu beweisen. Denn das Krankenhaus verfüge umfassend über alle erforderlichen Informationen, um die Rechtmäßigkeit seiner Vergütungsforderung gegen die Krankenkasse zu beurteilen.
Ein die Beweisregeln modifizierender Sachverhalt liege hier jedoch nicht vor. Insbesondere lägen keine überzeugenden Indizien vor, die es von vornherein unwahrscheinlich machten, dass in dem Krankenhaus der Beklagten Leistungen nach dem OPS 8-550 erbracht werden könnten. Insofern könne die Klägerin sich nicht auf die erleichterten Darlegungsregeln berufen. Sie könne sich von dem Risiko der Nichterweislichkeit des behaupteten Erstattungsanspruchs nicht entlasten, zumal sie unter Verletzung der sie treffenden Prüfungsobliegenheiten unmittelbar Klage erhoben habe. Auch wenn das SGB V bei Streit über Krankenhausvergütung vorprozessual kein Verwaltungsverfahren mit Amtsermittlung vorsehe, fänden sich sowohl im SGB V als auch ua im Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) diverse Vorschriften, die die Krankenkassen zur Prüfung der Krankenhausabrechnungen verpflichteten und Grundlage für die Vereinbarung von Verfahrensvorschriften für die Prüfung seien (zB § 17c KHG). Ohne entsprechende Ermittlungen könne die Krankenkasse ihrer Prüfpflicht nicht nachkommen. Geeignete Ermittlungen zur Überprüfung der hier streitigen Abrechnungen habe die Klägerin im Vorfeld des Rechtsstreits nicht unternommen. Schon nach allgemeinem Prozessrecht könne für die Sozialgerichte ein reduzierter Untersuchungsauftrag gelten, wenn ein Versicherungsträger von der ihm obliegenden Sachverhaltsaufklärung abgesehen habe. Die Prüfung durch den MDK (jetzt MD) sei eine gesonderte Form der den Behörden nach § 20 Abs 1 S 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) verpflichtend aufgegebenen Sachverhaltsaufklärung schon im Verwaltungsverfahren. Verstießen Versicherungsträger gegen diesen Auftrag, könne allein dies schon zur Begrenzung der gerichtlichen Amtsermittlung führen (unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 16. Mai 2012 - B 3 KR 14/11 R Rn 25).
Die Beklagte habe es abgelehnt, die von der Klägerin angeforderten Teamprotokolle zu übersenden, so dass das Gericht seiner Entscheidung den Sachverhalt zugrunde legen müsse, der sich aus den vorliegenden Akten ergebe. Danach sei weder erwiesen noch widerlegt, dass in den hier streitigen Fällen alle Voraussetzungen des OPS 8-550 erfüllt würden.
Hinsichtlich der Abrechnungsfälle aus dem Jahr 2016 könne die Beklagte sich bei ihrer Weigerung, die Teamprotokolle zu übersenden, unmittelbar auf § 275 Abs. 1c SGB V (aF) berufen, denn die Klägerin habe nicht innerhalb der Sechs-Wochen-Frist eine Abrechnungsprüfung eingeleitet. Eine Prüfung unter Einbeziehung des MDK wäre zur Aufklärung des hier streitigen Sachverhalts notwendig gewesen, denn nur der MDK hätte gem § 276 SGB V Einsicht in die Teamprotokolle nehmen können, die Bestandteil der Patientenakte seien. Die Teamprotokolle gäben nicht nur Auskunft über die Teilnehmer der Team-Sitzungen, sondern auch über den Gesundheitszustand des Patienten sowie die in dem individuellen Behandlungsfall zu treffenden Maßnahmen. Leite die Krankenkasse die Prüfung nicht spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung ein und zeige der MDK die Einleitung der Prüfung dem Krankenhaus nicht oder nicht rechtzeitig nach § 275 Abs 1c S 2 SGB V an, bewirke dies ein sich auch auf das Gerichtsverfahren erstreckendes Beweisverwertungsverbot (unter Hinweis auf BSG Urteil vom 16. Mai 2012 - B 3 KR 14/11 R Rn 30; Urteil vom 13. November 2012 - B 1 KR 14/12 R Rn 28).
Auch bei der sog sachlich-rechnerische Prüfung, bei der nach der Rechtsprechung des BSG bis 2015 die Fristen des § 275 Abs 1c SGB V keine Anwendung finden sollten, handele es sich um eine von den Krankenkassen durchzuführende Prüfung und keine, die erstmals in einem gerichtlichen Verfahren erfolgen könne. Zuzustimmen sei der Klägerin darin, dass die vorbehaltlose Zahlung der hier streitigen Rechnungen einen Erstattungsanspruch nicht ausschließe. Krankenkassen hätte innerhalb der Verjährungsfrist grundsätzlich Anspruch auf Erstattung vorbehaltlos, aber zu Unrecht, gezahlter Vergütungen. Das Rechtsinstitut der Verwirkung passe als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen (hier noch vierjährigen) Verjährungsfrist grundsätzlich nicht. Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gewinne jedoch dann Bedeutung, wenn grundlegende zwischen den Beteiligten übliche verfahrensrechtliche Grundsätze nicht eingehalten würden, auf denen ebenfalls ein Vertrauensschutz gründen könne. Dies ergebe sich aus § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V iVm dem in § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verankerten Grundsatz von Treu und Glauben. Im Verhältnis zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern seien Leistungen im Grundsatz so zu fordern und zu gewähren, wie es der materiellen Rechtslage nach der Auslegung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung des BSG entspreche. Krankenkassen könnten daher die im Widerspruch zur materiellen Rechtslage gezahlten Vergütungen zurückfordern und die Krankenhausträger könnten sich dem, soweit die Ansprüche nicht verjährt seien, im Grundsatz auch nicht widersetzen.
Der Grundsatz strikter Maßgeblichkeit der materiellen Rechtslage könne, so das BSG, aber ausnahmsweise durch Grundsätze des Vertrauensschutzes modifiziert werden. Die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit entbinde die Krankenkasse nicht von einer Sachverhaltsaufklärung im Vorfeld eines gerichtlichen Verfahrens. Die Entscheidung des BSG, auf die die Klägerin ihre Zweifel an der korrekten Abrechnung des OPS 8-550 stütze, datiere vom 19. Dezember 2017. Weder habe es die Klägerin vorgetragen, noch sei es den vorliegenden Verwaltungsakten zu entnehmen, dass die Klägerin bis zur Klageerhebung am 7. November 2018 Versuche unternommen habe, die Abrechnungsfälle einer Prüfung zu unterziehen. Allein anhand des Qualitätsberichts habe die Richtigkeit der streitigen Abrechnungen nicht überprüft werden können. Dies gelte umso mehr, als das im Jahr 2015 vom MDK erstellte Gutachten die Vermutungen der Klägerin hinsichtlich der fehlenden strukturellen Voraussetzungen für die Erbringung des OPS 8-550 nicht stützen könne. Im Ergebnis habe der MDK festgestellt, dass die Strukturvoraussetzungen zur Durchführung des OPS 8-550 auch unter Zugrundelegung der Version 2015 im Wesentlichen auch weiterhin erfüllt würden. Ob im Einzelfall die Voraussetzungen tatsächlich vorgelegen hätten, das dem Grunde nach vorhandene Personal also den Anforderungen des OPS entsprechend eingesetzt und die Behandlung ausreichend dokumentiert worden sei, lasse sich nur bei einer Überprüfung im Einzelfall feststellen. Die Notwendigkeit, den MDK zu einer Prüfung hinzuzuziehen, ergebe sich somit nicht nur, wenn medizinischer Sachverstand für die Klärung einer Frage erforderlich sei. Sie bestehe auch dann, wenn Unterlagen benötigt würden, die das Krankenhaus nach § 276 SGB V nur an den MDK herausgeben dürfe, auch wenn diese vom Inhalt her für einen medizinischen Laien verständlich wären.
Die Unvollständigkeit der übermittelten Datensätze sei von Seiten der Klägerin nicht beanstandet worden. Auch habe sie weder vorgetragen, noch sei es den vorliegenden Unterlagen zu entnehmen, dass sie von der Beklagten einen Kurzbericht zur Erläuterung der übermittelten Daten angefordert habe. Die Vertreterin der Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass die Krankenhäuser Anforderungen auf Übersendung der Teamprotokolle regelmäßig zurückgewiesen hätten. Bei den Teamprotokollen handele es sich jedoch weder um Daten nach § 301 SGB V noch um einen Kurzbericht. Die Teamprotokolle seien Teil der Krankenakte, in die auf der zweiten oder dritten Stufe der Sachverhaltserhebung im Rahmen eines Prüfverfahrens im vorgerichtlichen Verfahren nur der MD Einsicht nehmen dürfe. Dies übersehe auch das LSG Brandenburg in seiner Verfügung vom 11. November, in dem es nur darauf abstelle, ob für die Auswertung medizinischer Sachverstand notwendig sei. Etwas Anderes möge gelten, wenn das Einverständnis eines Patienten zur Einsichtnahme in die Patientenakte vorliege. Dies sei hier nicht der Fall.
Die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens, um Einsicht in die Teamprotokolle zu erhalten, bedeute eine Umgehung des gesetzlich geregelten Prüfverfahrens. Wenn die Beklagte sich unter diesen Umständen weigere, die Protokolle vorzulegen, so könne dies nicht zu ihren Lasten gehen.
Das Gericht halte in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG einen Verzicht auf eine Einzelfallprüfung allenfalls dann für zulässig, wenn aufgrund von Vorgutachten oder anderer Erkenntnisquellen feststehe, dass ein Krankenhaus zB bestimmte Merkmale eines OPS generell nicht erfüllen könne, es also an strukturellen Merkmalen fehle, die sich auf jeden Einzelfall auswirkten und die Erfüllung der Voraussetzungen für die Abrechenbarkeit des OPS ausschließen würden. Das Gegenteil sei vorliegend der Fall, denn diese Aussage lasse die gutachterliche Stellungnahme des MDK nicht zu. Ein solches strukturelles Defizit ergebe sich nach Auffassung der Klägerin aus dem Qualitätsbericht, dem eine Personalausstattung zu entnehmen sei, die eine den Kriterien des OPS entsprechende Leistungserbringung im Haus der Beklagten ausschließen solle. Diesen Rückschluss lasse der Qualitätsbericht jedoch schon deshalb nicht zu, weil der OPS nicht vorschreibe, dass es sich bei sämtlichen Mitgliedern des geriatrischen Teams um Beschäftigte des Krankenhauses handeln müsse. In einem geriatrischen Team hätten auch bereits vor der Entscheidung des BSG vom 19. Dezember 2017 Personen aus den Professionen vertreten sein müssen, die in der Lage gewesen seien, die notwendigen Assessments durchzuführen und die vier möglichen Therapiebereiche abzudecken. Das Vorhandensein eines solchen Teams habe die Klägerin in der Vergangenheit offenbar nicht in Zweifel gezogen. Das Vorhandensein eines solchen Teams lasse sich zudem der Stellungnahme des MDK aus dem Jahr 2015 entnehmen. Dort werde ausdrücklich festgestellt, dass die Beklagte die Strukturvoraussetzungen des OPS in der Version des Jahres 2015 im Wesentlichen erfülle. Zwar werde darauf hingewiesen, dass mangels gesicherter ärztlicher Vertretung eine Kodierung des OPS nicht möglich sei. Ob eine solche Abwesenheit des ärztlichen Leiters in den hier streitigen Fällen vorgelegen habe, könne jedoch nicht ohne Weiteres unterstellt werden. Bei der Überprüfung der Teamprotokolle handele es sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht um eine sog Strukturprüfung, sondern um eine Einzelfallprüfung. Streitig sei nicht, ob die Beklagte generell in der Lage sei, eine Leistung entsprechend dem OPS 8-550 zu erbringen, sondern ob im konkreten Behandlungsfall alle notwendigen Teammitglieder an der wöchentlichen Teamsitzung teilgenommen hätten. Die aktuelle Fassung des OPS, die sich inhaltlich von den Vorfassungen nicht wesentlich unterscheide, verdeutliche nunmehr diesen Unterschied. Zu den Strukturmerkmalen gehörten das Vorhandensein des multiprofessionellen Teams, des geschulten Pflegepersonals sowie bestimmter Therapiebereiche. Die Teambesprechung und deren Dokumentation finde sich unter den Mindestmerkmalen. Nach der Entscheidung des BSG vom 19. Dezember 2017 (B 1 KR 19/17 R) seien konkret wochenbezogen jeweils Behandlungsergebnisse und eigenständige Behandlungsziele je Therapiebereich aufgrund der wöchentlich stattfindenden gemeinsamen Teambesprechung einschließlich der personenbezogenen Benennung aller teilnehmenden Berufsgruppen nach ihren Vertretern und der fachärztlichen Behandlungsleitung zu dokumentieren. Die Behandlungsziele sollten das Ergebnis der gemeinsamen Beratung von Vertretern aller Berufsgruppen unter dokumentiert fachärztlicher Behandlungsleitung sein. Es komme danach zwar auch darauf an, dass Vertreter aller Berufsgruppen an der Teambesprechung teilnähmen. Eine Teambesprechung und deren ordnungsgemäße Dokumentation allein reiche nicht aus, um die Anforderungen des OPS zu erfüllen. Es bedürfe auch der Besprechung bestimmter Inhalte, die sich an den individuellen Bedürfnissen der Patienten orientierten. Ohne Kenntnis der individuellen Krankengeschichte der Patienten lasse sich nicht beurteilen, ob die Protokolle inhaltlich den vom BSG gestellten Anforderungen an die Dokumentation erfüllten. Es sei zu bezweifeln, dass der Klägerin eine entsprechende Beurteilung ohne Patientenakte und MDK möglich sei.
Die Klägerin habe mehrfach betont, dass die Beklagte lediglich die Teamprotokolle vorlegen müsse, um hinreichend zu belegen, dass sie eine geriatrische Komplexbehandlung im Sinne des OPS 8-550 erbracht habe. Mit einer solchen auf die Teamprotokolle beschränkten Prüfung könne die Klägerin allerdings ihren gesetzlichen Auftrag nicht erfüllen, die Abrechnungen der Beklagten einer ordnungsgemäßen Prüfung zu unterziehen. Das Abhalten von Teamsitzungen unter Anwesenheit des geriatrischen Teams und eine korrekte Protokollierung bildeten nur eines der Mindestmerkmale, die für die Abrechenbarkeit des Komplexkodes 8-550 notwendig seien. Das Fehlen dieses Mindestmerkmals schließe zwar die Abrechenbarkeit aus, das Vorhandensein dieses Mindestmerkmals lasse aber nicht den Schluss zu, dass die sonstigen Voraussetzungen des OPS erfüllt seien.
Gegen das am 29. Dezember 2021 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 3. Januar 2022 Berufung zum LSG Niedersachsen-Bremen erhoben. Das SG verkenne, dass es streitig sei, ob für sachlich-rechnerische Richtigkeitsprüfungen nach § 275 Abs 1 c SGBV ab dem 1. Januar 2016 immer ein MD-Prüfverfahren einzuleiten sei. Ferner sei streitig, ob die PrüfvV anzuwenden sei. Das BSG habe zudem für die Zeit bis zum 31. Dezember 2015 verneint, dass für eine sachlich-rechnerische Prüfung ein MD-Prüfverfahren eingeleitet werden müsse. Die sachlich-rechnerische Richtigkeitsprüfung sei von der Anwendbarkeit der PrüfvV 2014 ausgeschlossen (unter Hinweis auf Verweis auf BSG, Urteil vom 10. November 2021 - B 1 KR 43/20). Die Prüfung der Strukturmerkmale und die Dokumentation stelle eine sachlich-rechnerische Prüfung dar (unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 20. Januar 2021 - B 1 KR 31/20 R). Selbst wenn ein MDK-Gutachten damit die patientenbezogenen Merkmale des OPS 8-550 bestätigt hätte, wäre eine ordnungsgemäße Prüfung durch die Krankenkasse möglich. Die nachträgliche Prüfung wäre nicht verwirkt. Die Prüfvereinbarung gelte nicht, da es sich nicht um die medizinische Notwendigkeit handele, sondern um die Frage der ordnungsgemäßen Dokumentation. Die Beklagte habe weder die Strukturmerkmale noch die Dokumentation des von ihr abgerechneten OPS 8-550 dargelegt. Ein Strukturmerkmal des OPS 8-550 sei die Teilnahme aller Berufsgruppen an den wöchentlichen Teamsitzungen. Diese Teilnahme müsse dokumentiert sein. Es gehe auch nicht um die inhaltliche Richtigkeit der Dokumentation, sondern ob überhaupt eine ordnungsgemäße Dokumentation erfolgt sei. Datenschutzrechtliche Bedenken bestünden nicht. Bei allen Kodierprüfungen seien Patientenakten an die Krankenkasse oder die Gerichte zu übersenden. Vorliegend werde auch nicht die Patientenakte gefordert, sondern lediglich die Übersendung der Teamprotokolle, da damit die ordnungsgemäße Dokumentation überprüft werden könne. Die Teamprotokolle müssten auch vorliegen, da ansonsten die Beklagte die Dokumentationspflicht des OPS 8-550 nicht erfülle. Da sich die Klägerin auf einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch berufe, trage sie grundsätzlich das Risiko der Nichterweislichkeit der Tatsachen. Vor dem Hintergrund, dass allein die Beklagte über Informationen verfüge, die die Prüfung der Frage, ob in den streitigen Behandlungsfällen eine "wöchentliche Teambesprechung unter Beteiligung aller Berufsgruppen einschließlich der fachärztlichen Behandlungsleitung mit wochenbezogener Dokumentation bisheriger Behandlungsergebnisse und weiterer Behandlungsziele" ermöglichten und diese Voraussetzungen auch bereits zum Zeitpunkt der Vergütungsabrechnungen vorgelegen haben müssten, erscheine es in diesem Fall sachgerecht, dass die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast dahingehend trage, dass das vorgenannte Mindestmerkmal zum Zeitpunkt der Behandlung vorgelegen habe. Offensichtlich sei es der Beklagten nicht möglich, die Teamsitzungsprotokolle vorzulegen. Damit verstoße sie gegen die Leistungs- und Dokumentationspflicht des OPS 8-550. Die Beklagte hätte die Prozedur weder kodieren noch abrechnen dürfen. Eine ordnungsgemäße Dokumentation könne die Klägerin nur mit Vorlage der Teamsitzungsprotokolle prüfen. Würden diese vom Krankenhaus nicht vorgelegt, könne eine Prüfung nicht stattfinden. Zweifel an dem Vorliegen der Strukturmerkmale führten auch zu Zweifeln an der Erfüllung der Dokumentationsvoraussetzungen. Bis heute habe die Beklagte die wöchentlichen Teamsitzungsprotokolle nicht vorgelegt und vereitele damit die Prüfung der ordnungsgemäßen Dokumentation. Selbst wenn ein MDK-Gutachten die patientenbezogenen Merkmale des OPS 8-550 bestätigt hätte, wäre eine nachträgliche Prüfung möglich (unter Hinweis auf BSG B 1 KR 31/20 R). Eine nachträgliche Prüfung der Dokumentation sei nicht verwirkt. Die Klägerin verweist auf die Rechtsansicht des LSG-Berlin-Brandenburg.
Mit Schriftsatz vom 17. April 2023 hat die Klägerin die Klage betreffend die Behandlungsfälle aus dem Jahr 2016 sowie die anteiligen Zinsen zurückgenommen und weiterhin vertreten, es habe sich bei der richtigen Kodierung des OPS 8-550 in den Fällen aus den Jahren 2014 und 2015 um eine sachlich-rechnerische Prüfung gehandelt, die PrüfvV sei nicht anwendbar, die Beklagte hätte die wöchentlichen Teamsitzungsprotokolle vorzulegen, damit die ordnungsgemäße Dokumentation der anwesenden Berufsgruppen geprüft werden könne.
Die Klägerin hat die noch streitigen Behandlungsfälle der Jahre 2014 und 2015 im Einzelnen aufgelistet.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 2. Dezember 2021 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 9.951,86 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Klägerin habe anlasslos Klage erhoben aufgrund der Behauptung, die Beklagte habe die Mindestmerkmale des OPS in jedem Einzelfall nicht nachgehalten, ohne geeignete Ermittlungen zur Überprüfung der streitgegenständlichen Abrechnung im Vorfeld des Rechtsstreits zu unternehmen. Die Klägerin habe ins Blaue hinein unterstellt, dass die Beklagte Mindestmerkmale nicht nachhalten könne und habe erstmals im gerichtlichen Verfahren Einsichtnahme in die Teamprotokolle für jeden Einzelfall gefordert.
Das SG habe zutreffend ausgeführt, dass die Weigerung, die Teamprotokolle zu übersenden, unmittelbar aus § 275 Abs 1 c SGB V aF resultiere, da die Klägerin nicht innerhalb der Sechs-Wochenfrist den MDK beauftragt habe. Eine Datenerhebung durch den MDK wäre in jedem Einzelfall erforderlich gewesen, denn nur der MDK hätte gemäß § 276 SGB V das Recht zur Einsichtnahme in die Teamprotokolle nehmen können, die Bestandteil der Patientenakte seien.
Der Senat hat mit Verfügung vom 12. Januar 2022 die Patientenakten von der Beklagten angefordert, die nicht übersandt worden sind. Insoweit hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass es unter Berücksichtigung der zutreffenden Ausführungen des SG Lüneburg darauf nicht ankomme, da diese einem Beweisverwertungsverbot unterfielen.
Die Verwaltungsakte der Beklagten hat vorgelegen und ist Gegenstand des Verfahrens gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Sachvortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte ergänzend Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 17. April 2023, 18. April 2023 und 2. Mai 2023 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte über den Rechtsstreit gemäß § 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten schriftsätzlich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.
Die gemäß §§ 143 f SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist auch begründet. Der Senat vermag sich der Entscheidung des SG im Ergebnis nicht anzuschließen.
I. Die Klage ist als echte Leistungsklage im hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis nach § 54 Abs 5 SGG zulässig (st Rechtsprechung des BSG, vglBSGE 90, 1f = SozR-3-2500 § 112Nr 3; BSE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2.). Vorliegend mag eine vorgerichtliche Korrespondenz oder ein Bemühen um eine Aufklärung und Prüfung des Sachverhaltes nicht stattgefunden haben, das SGB V sieht jedoch bei Streit über Krankenhausvergütung vorprozessual kein Verwaltungsverfahren mit Amtsermittlung vor (BSG, Urteil vom 19. Dezember 2017 - B 1 KR 19/17 R, BSGE 125, 91-104, SozR 4-1500 § 120 Nr 3 Rn 19). Auch die Verpflichtung zur Einleitung eines Prüfverfahrens besteht nicht (vgl BSG, Urteil vom 2. Juni 2022 - B 1 KR 19/21 Rn 26). Die Klägerin hat ihre Klage auch nicht anlasslos erhoben - wie die Beklagte meint-, sondern nach Kenntnis und in Hinblick auf das Urteil des BSG vom 19. Dezember 2017 - B 1 KR 19/17 R, mit dem das BSG das Erfordernis der wochenbezogenen Dokumentation der Beteiligung aller Berufsgruppen für die Abrechenbarkeit des OPS 8-550 postuliert hat (siehe insbesondere BSG, aaO, Rn 35).
II. Die Klage ist auch, soweit sie nicht mit Schriftsatz vom 17. April 2023 zurückgenommen worden ist, begründet. Der klagenden Krankenkasse steht ein Rückzahlungsanspruch gegen die Beklagte für die für ihre Versicherten zu viel gezahlte Vergütung aus dem öffentlich-rechtlichem Erstattungsanspruch zu. Zahlungen ohne Rechtsgrund begründen einen Erstattungsanspruch des Zahlenden gegen den Zahlungsempfänger nach dem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch (st Rechtspr des BSG, zB Urteil vom 16. Juni 2020 - B 1 KR 15/19 R Rn 10 mwN).
1. Die Klägerin zahlte die Vergütung für den OPS 8-550 in den noch streitigen Behandlungsfällen ohne Rechtsgrund, denn der Beklagten stand ein Vergütungsanspruch nach Maßgabe der abgerechneten Fallpauschale jeweils nicht zu. Die Beklagte durfte den OPS 8-550 nicht verschlüsseln, denn die Voraussetzungen für die Abrechnung des OPS 8-550 sind in den streitigen Fällen nicht nachgewiesen.
Anspruchsgrundlage für die Vergütung ist § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG und § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG sowie § 17b KHG und der vorliegend für die Behandlungs- und Abrechnungsfälle in den Jahren 2014 und 2015 maßgeblichen Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2014/2015 (Fallpauschalenvereinbarung 2014, 2015 - FPV- 2014, 2015 ) sowie der am 1. November 1992 in Kraft getretene Vertrag zu den Bereichen des § 112 Abs 2 Nr 1, 2, 4 und 5 SGB V zwischen der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft und den Landesverbänden der Krankenkassen (Niedersächsischer Sicherstellungsvertrag).
Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, Rn 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, Rn 15; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, Rn 13; alle mwN).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt und zwischen den Beteiligten nicht streitig.
Die Höhe des dem Krankenhaus zustehenden Vergütungsanspruches bemisst sich gemäß § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V nach Maßgabe des KHG und des KHEntgG. Nach § 7 Satz 1 KHEntgG werden die allgemeinen Krankenhausleistungen gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit verschiedenen, in den Nrn 1 bis 8 abschließend aufgezählten Entgelten abgerechnet. Hier geht es um die Abrechnung von Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 7 Satz 1 Nr 1 iVm § 9 KHEntgG). Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 Satz 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als Vertragsparteien auf Bundesebene mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit hiervon zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge (Nr 1), einen Katalog ergänzender Zusatzentgelte (Nr 2) sowie die Abrechnungsbestimmungen für die Fallpauschalen und die sonstigen Entgelte (Nr 3).
Der Fallpauschalenkatalog ist nach Fallgruppen (DRG = Diagnosis Related Groups) geordnet. Für die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalles zu einer DRG wird in einem ersten Schritt die durchgeführte Behandlung nach ihrem Gegenstand und ihren prägenden Merkmalen mit einem Kode gemäß dem vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen "Operationen- und Prozedurenschlüssel nach § 301 SGB V" (OPS-301) verschlüsselt (§ 301 Abs 2 S 2 SGB V). Zur sachgerechten Durchführung der Verschlüsselung ("Kodierung") haben die Vertragspartner auf Bundesebene "Kodierrichtlinien" beschlossen. In einem zweiten Schritt wird der in den Computer eingegebene Kode einer bestimmten DRG zugeordnet, anhand der dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung errechnet wird. Diesem als "Groupierung" bezeichneten Prozess der DRG-Zuordnung liegt ein festgelegter Groupierungsalgorithmus zugrunde; in diesem vorgegebenen, vom Krankenhaus nicht zu beeinflussenden Algorithmus wird entsprechend dem vom Krankenhaus eingegebenen Kode nach dem OPS-301 eine bestimmte DRG angesteuert (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 Rn 16).
a. Die Voraussetzungen des OPS 8-550 sind in den streitigen Fällen nicht nachgewiesen.
Das Krankenhaus darf Operationen und Prozeduren nur kodieren, wenn sie generell kodierfähig und damit abrechnungsrelevant sind und wenn es diese mit eigenen personellen Mitteln oder durch ihm zuzurechnende Drittleistungen tatsächlich erbracht hat (BSG, Urteil vom 26. April 2022 - B 1 KR 15/21 R Rn 15 mwN). Ein Vergütungsanspruch besteht nur, wenn das Krankenhaus für die erbrachte Leistung auch hinreichend leistungsfähig ist (BSG, aaO, Rn 24).
Die Beklagte durfte den OPS 8-550. jedoch nicht kodieren, weil nicht nachgewiesen ist, dass die Vergütungsvoraussetzungen in den noch streitigen fünf Behandlungsfällen vorgelegen haben und dass die Beklagte das Erforderliche über die Behandlung der Versicherten hinreichend dokumentiert hat. Der OPS Kode unterscheidet zwischen strukturellen und patientenindividuellen Mindestmerkmalen.
Das DIMDI (jetzt BfArM) ist berechtigt, Mindestmerkmale für die Strukturqualität für die OPS-Kodierungen vorzugeben. Während der GBA die grundsätzlichen Qualitätsanforderungen an medizinische Behandlungen zu Lasten der Krankenversicherung festlegt, bestimmt das DIMDI, welche Voraussetzungen für die Verschlüsselung einer bestimmten Prozedur (Kode) und einen bestimmten Vergütungsanspruch vorliegen müssen. Das DIMDI kann daher strukturelle Abrechnungsvoraussetzungen für die jeweilige Prozedur festlegen (vgl BSG, Urteil vom 18. Juli 2013 - B 3 KR 25/12 R Rn20) (hier: die Mindestmerkmale des OPS 8-550.).
Soweit der OPS strukturelle Voraussetzungen definiert, regelt er Vergütungsvoraussetzungen, über die sich die Vertragspartner auf Bundesebene verständigt haben. Diese Voraussetzungen beschreiben vorgefundene medizinische Erfordernisse und bilden zugleich die sich daraus ergebenden erforderlichen Ressourcen ab, um eine vergütungsrechtliche Gleichbehandlung der Krankenhäuser zu gewährleisten (BSG, Urteil vom 16. August 2021 - B 1 KR 18/20 R Rn 23 -TAVI; Urteil vom 19. Juni 2018 - B 1 KR 39/17 R Rn 13). Zudem gilt das allgemeine Qualitätsgebot (BSG, Urteil vom 16. August 2021 - B 1 KR 18/20 R Rn 23). Eine Versorgung unter Verstoß gegen das Qualitätsgebot nach § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V ist eine ungeeignete Versorgung, für die keine Vergütung beansprucht werden kann (BSG, aaO, Rn 15)
In den maßgeblichen Versionen lautete der OPS 8-550:
Geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung
Hinw.:
- Mindestmerkmale:
- Behandlung durch ein geriatrisches Team unter fachärztlicher Behandlungsleitung (Zusatzweiterbildung oder Schwerpunktbezeichnung im Bereich Klinische Geriatrie erforderlich). Die fachärztliche Behandlungsleitung muss überwiegend in der zugehörigen geriatrischen Einheit tätig sein
- Standardisiertes geriatrisches Assessment zu Beginn der Behandlung in mindestens 4 Bereichen (Mobilität, Selbsthilfefähigkeit, Kognition, Emotion) und vor der Entlassung in mindestens 2 Bereichen (Selbständigkeit, Mobilität). Lässt der Zustand des Patienten die Erhebung einzelner Assessmentbestandteile nicht zu, ist dies zu dokumentieren. Wenn der Zustand des Patienten es erlaubt, ist die Erhebung nachzuholen
- Soziales Assessment zum bisherigen Status in mindestens 5 Bereichen (soziales Umfeld, Wohnumfeld, häusliche/außerhäusliche Aktivitäten, Pflege-/Hilfsmittelbedarf, rechtliche Verfügungen). Lässt der Zustand des Patienten die Erhebung einzelner Assessmentbestandteile nicht zu, ist dies zu dokumentieren. Sofern möglich sind die fehlenden Bestandteile fremdanamnestisch zu erheben bzw. ist die Erhebung nachzuholen, wenn der Zustand des Patienten es erlaubt
- Wöchentliche Teambesprechung unter Beteiligung aller Berufsgruppen einschließlich der fachärztlichen Behandlungsleitung mit wochenbezogener Dokumentation bisheriger Behandlungsergebnisse und weiterer Behandlungsziele
- Aktivierend-therapeutische Pflege durch besonders geschultes Pflegepersonal. Mindestens eine Pflegefachkraft des geriatrischen Teams muss eine strukturierte curriculare geriatriespezifische Zusatzqualifikation im Umfang von mindestens 180 Stunden sowie eine mindestens 6-monatige Erfahrung in einer geriatrischen Einrichtung nachweisen
- Teamintegrierter Einsatz von mindestens 2 der folgenden 4 Therapiebereiche: Physiotherapie/Physikalische Therapie, Ergotherapie, Logopädie/fazioorale Therapie, Psychologie/Neuropsychologie
Eine gleichzeitige (dauernde oder intermittierende) akutmedizinische Diagnostik bzw. Behandlung ist gesondert zu kodieren
Die generell-allgemeinen Strukturvoraussetzungen unterliegen im Wesentlichen keinen Bedenken - wie der MDK in dem von der Beklagten vorgelegten Strukturgutachten vom 30. Juni 2015, S 13 ausgeführt hat.
Allerdings gehört in dem Kode OPS 8-550. bei den konkret patientenbezogenen strukturellen Mindestmerkmalen bereits die wochenbezogene Dokumentation wöchentlicher Teambesprechungen unter Beteiligung aller Berufsgruppen nach dem Wortlaut der OPS-Ziffer neben der Komplexbehandlung selbst zum Inhalt der Leistung (BSG, Urteil vom 19. Dezember 2017 - B 1 KR 19/17 R Rn 35).
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 19. Dezember 2017 - B 1 KR 19/17 R - Rn 35) sind konkret wochenbezogen jeweils Behandlungsergebnisse und eigenständige Behandlungsziele je Therapiebereich aufgrund der wöchentlich stattfindenden gemeinsamen Teambesprechung einschließlich der personenbezogenen Benennung aller teilnehmenden Berufsgruppen nach ihren Vertretern und der fachärztlichen Behandlungsleitung zu dokumentieren. Dies erfordert nach allgemeinem Sprachgebrauch eine planvolle, geordnete zielgerichtete Zusammenfassung. Es geht um die konzentrierte Darstellung eines strukturierten Dialogs (der wöchentlichen Teambesprechung) nach fachärztlicher Behandlungsleitung, teilnehmenden Berufsgruppen, Ausgangspunkt (bisherige Behandlungsergebnisse) und Ergebnisse der Besprechung (weitere Behandlungsziele). Inhalte haben alle Berufsgruppen (ärztliche Behandlung, die vier benannten Therapiebereiche, Pflege, Sozialdienst), nicht nur die bisher tätig gewordenen Therapiebereiche beizusteuern. Die Therapiebereiche, die in der vergangenen Woche seit der letzten Teambesprechung den jeweiligen Versicherten behandelt haben, haben erreichte und damit zugleich ggfs (noch) nicht erreichte, aber schon angestrebte konkrete Behandlungsergebnisse mitzuteilen. Das schließt mit ein, dass die bislang nicht tätig gewordenen Berufsgruppen ihrerseits ihren Sachverstand mit einbringen, Vorschläge für ihren Bereich unterbreiten und sich an der Festlegung der Behandlungsziele für die jeweils nächste Woche diskursiv beteiligen. Die Behandlungsziele sind angesichts des im Wortlaut mehrfach hervorgehobenen Teamgedankens das Ergebnis der gemeinsamen Beratung von Vertretern aller Berufsgruppen unter dokumentiert fachärztlicher Behandlungsleitung. Denn der OPS 8-550 unterscheidet sich von den anderen Prozeduren mit Dokumentationspflicht dadurch, dass er als einziger vierstelliger OPS-Kode ausdrücklich die Beteiligung aller Berufsgruppen anordnet. Die Team-Abstimmung muss aus der Dokumentationspflicht als qualifizierter konkreter Handlungsanleitung klar ersichtlich hervorgehen. Allgemeine Formulierungen, die Bezeichnung bloßer Globalziele (zB Steigerung der Selbstständigkeit, Mobilität) genügen nicht (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 19. Dezember2017 - B 1 KR 19/17 R Rn 35).
Diese an die wochenbezogene Dokumentation gestellten Anforderungen sind von der Beklagten zu keiner Zeit nachgewiesen worden.
Die zwischenzeitlich erfolgte Klarstellung des DIMDI (in der Corrigenda 2019 zum OPS 8-550.1 rückwirkend zum 1. Januar 2013 und damit vorliegend maßgeblich), führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Gemäß § 301 Abs 2 Satz 4 SGB V und § 295 Abs 1 Satz 6 SGB V ist das DIMDI berechtigt, bei Auslegungsfragen zu ICD-10-GM und OPS Klarstellungen und Änderungen mit Wirkung auch für die Vergangenheit vorzunehmen, soweit diese nicht zu erweiterten Anforderungen an die Verschlüsselung erbrachter Leistungen führen. Diesen Anforderungen genügt die Klarstellung. Gemäß den vorgenannten Rechtsgrundlagen hat das DIMDI zu OPS 8-550.1 festgestellt:
Hin.: Mindestmerkmale:
-......
Die wöchentliche Teambesprechung erfolgt unter Beteiligung aller Berufsgruppen einschließlich der fachärztlichen Behandlungsleitung. Die für diesen Kode erforderliche wochenbezogene Dokumentation ist erfüllt, wenn sie die Ergebnisse der bisherigen Behandlung und die weiteren Behandlungsziele umfasst. Hierfür sind die Beiträge der patientenbezogenen beteiligten Berufsgruppen ausreichend.
Über die in diesem Kode genannten Berufsgruppen hinaus ist eine Beteiligung weiterer Berufsgruppen, insbesondere des Sozialdienstes, nicht erforderlich. Weitere Nachweise zur Durchführung der Teambesprechung sind nicht erforderlich. Diese Klarstellung ist rückwirkend gültig ab dem 1. Januar 2013 und ist auch für die jeweils aktuelle Version des OPS gültig.
Zwar führt die Klarstellung zu Erleichterungen bei den Dokumentationspflichten betreffend den Inhalt der Teambesprechungen. Anders als das BSG den OPS ausgelegt hat, müssen Inhalte nicht (mehr) alle Berufsgruppen beisteuern, sondern es genügen die Beiträge der patientenbezogen beteiligten Berufsgruppen. Außerdem gibt das DIMDI an, dass eine Beteiligung von im Kode nicht genannten Berufsgruppen (Sozialdienst) nicht erforderlich ist. Auch diese Klarstellung erfolgte als Resonanz auf das Urteil des BSG, das eine Teilnahme auch des Sozialdienstes und der Pflege forderte.
Im ersten Satz der Klarstellung wird dagegen nach wie vor eine "Beteiligung aller Berufsgruppen einschließlich der fachärztlichen Behandlungsleitung" vorausgesetzt. An dem Erfordernis der Anwesenheit aller Therapiebereiche ändert die Corrigenda des DIMDI damit nichts (so auch SG Hildesheim, Urteil vom 25. August 2020 - S 20 KR 446/17; SG Dortmund, Urteil vom 24. Juli 2020 - S 74 KR 1768/17; SG München, Urteil vom 14. November 2019 - S 15 KR 733/18; vgl auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22. Januar 2021 - L 16 KR 401/20 NZB; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. Januar 2022 - L 10 KR 511/20).
Da die Vergütungsregelungen streng nach ihrem Wortlaut und den dazu vereinbarten Anwendungsregeln zu handhaben sind (siehe BSG, Urteil vom 18. Juli 2013 - B 3 KR 7/12 R, SozR 4-2500 § 109 Nr 30, juris Rn 132 - 133; BSG, Urteil vom 24. Januar 2023 - B 1 KR 6/22 R Rn 12; BSG, Urteil vom 22. Juni 2022- B 1 KR 31/21 Rn 12), besteht für eine abweichende Auslegung kein Raum. Diese Auslegungs- und Anwendungsprinzipien gelten in vergleichbarer Weise auch für die vom DIMDI erteilten "Hinweise" zur Auslegung und Anwendung einzelner OPS-Kodes (ausdrücklich BSG, Urteil vom 18. Juli 2013 - B 3 KR 25/12 R Rn15).
Dabei bestehen jedoch ohnehin keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Vertragsparteien eine obligatorische Beteiligung aller vier Therapiebereiche sowie der fachärztlichen Behandlungsleitung nicht gewollt haben könnten. Der OPS 8-550 unterscheidet sich von den anderen Prozeduren mit Dokumentationspflicht dadurch, dass er als einziger vierstelliger OPS-Kode ausdrücklich die Beteiligung aller Berufsgruppen anordnet (BSG, Urteil vom 19. Dezember 2017 - B 1 KR 19/17 R Rn 35). Zudem wäre zu erwarten gewesen, dass das DIMDI in Kenntnis der Problematik und bei der ohnehin erfolgten Reaktion auf die Entscheidung des BSG auch diese Formulierung geändert hätte, wenn es von dem Erfordernis der Anwesenheit aller Berufsgruppen hätte Abstand nehmen wollen. Stattdessen erfolgte diesbezüglich eine Änderung erst im OPS 2020, in dem es nunmehr sogar explizit heißt "Die wöchentliche Teambesprechung erfolgt unter Beteiligung der fachärztlichen Behandlungsleitung und jeweils mindestens eines Vertreters der Pflege sowie der Therapiebereiche Physiotherapie/Physikalische Therapie, Ergotherapie, Logopädie/fazioorale Therapie und Psychologie". Für eine anderweitige Auslegung bleibt vor diesem Hintergrund - sowohl vor als auch nach der Klarstellung des DIMDI - kein Raum. Dahinstehen kann daher, inwiefern die in § 301 Abs 2 Satz 4 SGB V enthaltende Ermächtigung zum rückwirkenden Erlass von Klarstellungen und Ergänzungen zu den OPS-Kodes verfassungsgemäß ist (Urteil des erkennenden Senats vom 20. Juli 2021 - L 16 KR 414/20;unter Hinweis auf SG München, Vorlagebeschluss vom 25. Juni 2020 - S 12 KR 1865/18; Bockholt, juris PR-SozR 21/2020 Anm1). Strukturmerkmal des OPS 8-550 für die Abrechnung für den einzelnen Behandlungsfall ist die Teilnahme aller Berufsgruppen an den wöchentlichen Teamsitzungen, die - als Teil der Leistung - dokumentiert sein muss.
Dass die vom BSG an die wochenbezogene Dokumentation gestellten Anforderungen von der Beklagten erfüllt sind, ist aber weder nachgewiesen und noch erkennbar. Im Verhältnis zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern sind Leistungen im Grundsatz aber so zu fordern und zu gewähren, wie es der materiellen Rechtslage nach der Auslegung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung des BSG entspricht (BSG, Urteil vom 16. Juli 2020 - B 1 KR 15/19 R Rn 17).
b. Die Beklagte trägt für die Erfüllung der streitigen Merkmale des OPS 8.550 die Beweislast.
Grundsätzlich trägt derjenige die Beweislast der für ihn anspruchsbegründenden Tatsachen.
aa. Das wäre hier grundsätzlich die Klägerin, die sich auf einen Erstattungsanspruch wegen zu Unrecht geleisteter Zahlungen beruft. Nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast, geht die Nichterweislichkeit der anpruchsbegründenden Tatsachen zu Lasten des Beteiligten, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleitet.
bb. Allerdings vertritt das BSG die Auffassung, dass es grundsätzlich in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fällt, die Richtigkeit der Krankenhausabrechnung zu beweisen. Denn das Krankenhaus verfügt umfassend über alle erforderlichen Informationen, um die Rechtmäßigkeit seiner Vergütungsforderung gegen die Krankenkasse zu beurteilen, während die Krankenkasse nur eingeschränkt Informationen hierüber erhält. Das Gesetz zielt darauf ab, bestehende Ungleichgewichte aufgrund des Informationsgefälles zwischen Krankenhaus und Krankenkasse auszugleichen durch Informationsgebote (zB §§ 301, 276 Abs 2 SGB V) und die Ablehnung einer Vermutung für die Richtigkeit der Krankenhausabrechnung. Das BSG sieht die ordnungsgemäße Information der Krankenkasse über die vom Krankenhaus abgerechnete Versorgung nach Maßgabe der Mitwirkungsobliegenheiten insbesondere aus § 301 SGB V sowie ggf ergänzenden landesvertraglichen Bestimmungen als verfahrensrechtliches Gegenstück an zur Verantwortung der Krankenkassen für die beschleunigte Prüfung und Bezahlung der Krankenhausrechnungen. Eine ordnungsgemäße Information der Krankenkasse ist unverzichtbare Grundlage und Bestandteil einer ordnungsgemäßen Abrechnung. Dazu gehören neben den Voraussetzungen nach § 39 auch die zur Kodierung von Diagnosen und Prozeduren notwendigen Voraussetzungen (BSG, Urteile vom 22. Juni 2022 - B 1 KR 27/21 R Rn 17; B 1 KR 19/21 Rn 36). Lässt sich nach Ausschöpfen der gebotenen Aufklärung nicht feststellen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der abgerechneten Fallpauschale erfüllt gewesen sind, trägt daher in der Regel das Krankenhaus die objektive Beweislast für das Vorliegen dieser tatbestandlichen Voraussetzungen (BSG, Urteil vom 18. Mai 2021 - B 1 KR 32/20 R -, juris, Rn 35; vgl BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 - B 1 KR 27/13 R Rn 18 mwN; BSG, Urteile vom 22. Juni 2022 - B 1 KR 27/21 R Rn 17; B 1 KR 19/21 Rn 36).
Die Beklagte trägt mithin das Risiko der Nichterweislichkeit der korrekten Abrechnung des OPS 8-550 (vgl Urteil des erkennenden Senates vom 20. Juli 2021 - L 16 KR 414/20 S 15).
cc. Dass die klagende Krankenkasse in den streitigen Fällen kein Prüfverfahren durchgeführt hat, führt nicht zu einer Beweiserleichterung für die Beklagte (vgl dazu BSG, Urteil vom 22. Juni 2022 - B 1 KR 19/21 R Rn 37 ff). Das BSG hat zwar entschieden, dass mit dem Verzicht auf das Prüfverfahren nach der PrüfvV die gesetzlich vorgesehene Sachaufklärung unterlaufen wird, die unter einem sanktionierten Beschleunigungsgebot steht. Der Zweck des § 275 Abs 1 c SGB V würde verfehlt, eine bestimmte Form der Beweiserhebung endgültig auszuschließen, wenn die maßgebliche Frist abgelaufen ist. Das Krankenhaus soll nicht unter dem Druck der Beweislast letztlich doch gezwungen sein, Behandlungsunterlagen zu offenbaren, deren Anforderung dem Gericht verwehrt ist (vgl dazu BSG, Urteil vom 22. Juni 2022 - B 1 KR 19/21 R Rn 38 f). Aufgrund der Beweiserleichterung zugunsten des Krankenhauses ergäben sich für die Krankenkasse gesteigerte Darlegungsanforderungen. Sie müsse im Vergütungsstreit ihre Einwände gegen den Vergütungsanspruch des Krankenhauses auch ohne Notwendigkeit der Datenerhebung beim Krankenhaus schlüssig vortragen. Nur wenn sich aus dem Vortrag der Krankenkasse Tatsachen ergäben, die für sich genommen dem Vergütungsanspruch entgegenstehen könnten, bestehe Anlass zu weiteren Ermittlungen (BSG, aaO, Rn 39).
Diese Erwägungen gelten jedoch nur für Fälle ab 2016, in denen die Krankenkasse von einem an sich nunmehr nach § 275 Abs 1c SGB V in der ab 2016 geltenden Fassung vorgesehenen Prüfverfahren auch für sachlich-rechnerische Prüfungen abgesehen hat (dazu unter II 2.).
Die Klägerin hat zudem ihre Einwände gegen den Vergütungsanspruch des Krankenhauses ohne Notwendigkeit der Datenerhebung beim Krankenhaus auch schlüssig vorgetragen. Insbesondere hat sie nicht nur auf die fehlende Vorlage der Team-Protokolle hingewiesen, sondern auch darauf, dass Zweifel an der Erfüllung der Strukturmerkmale auch deshalb bestehen, weil nicht alle Berufsgruppen beschäftigt sind, die der OPS 8-550 fordert, wie zB Psychologen und Logopäden und eventuell vorhandenen Verträge mit Kooperationspartnern nicht ersichtlich seien. Ausweislich des Qualitätsberichtes 2014 habe sich kein Psychologe im Krankenhaus befunden, in den Jahren 2015 und 2016 sei nur ein Psychologe zu einem Anteil von 0,5 vorhandengewesen und dies vorwiegend im Bereich der Diabetiker. Dies lasse den Schluss zu, dass nicht immer ein Psychologe an den wöchentlichen Teamsitzungen teilnehmen konnte. Zudem ergibt sich auch aus dem von der Beklagten vorgelegten Gutachten des MDK von 2015, dass die Strukturvoraussetzungen des OPS (nur) im Wesentlichen erfüllt werden und dass keine gesicherte ärztliche Vertreterlösung bestanden habe. Die Klägerin hat daher das Fehlen von Merkmalen des OPS nicht ins Blaue hinein in Abrede gestellt. Angesichts der von ihr vorgebrachten schlüssigen Umstände bestehen keine Gründe für eine Beweiserleichterung.
dd. Anlass zu weiteren Ermittlungen bestand nicht (vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. Juni 2022 - B 1 KR 19/21 R Rn 39, Rn 32). Bereits das SG hat darauf Bezug genommen, dass die Beklagte es abgelehnt habe, die von der Klägerin angeforderten Teamprotokolle zu übersenden. Die Beklagte hat auch in der Berufungserwiderung darauf hingewiesen, dass sie die Anforderung und Übersendung der Teamprotokolle abgelehnt hat und -auch in Kenntnis der Rechtsprechung des BSG- weiterhin die Auffassung vertreten, dass das vom MDK im Jahre 2015 erstellte Gutachten zur Einhaltung der strukturellen Voraussetzungen für die Erbringung des OPS 8-550 das Vorliegen der Voraussetzungen bestätige und das Vorliegen der Voraussetzungen im Einzelfall nur im Rahmen eines MDK-Prüfverfahrens beurteilt werden könne. Auch auf die Anforderung der Patientenakten vom 12. Januar 2022 durch den Senat sind diese nicht übersandt worden. Die amtliche Sachaufklärungspflicht findet ihre Grenzen in der Mitwirkungslast der Beteiligten. Dies gilt umso mehr - wenn wie hier - beide Beteiligte eine besondere professionelle Kompetenz aufweisen (BSG, Urteil vom 6. März 2012 - B 1 KR 14/11 R Rn 17).
2. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte schließlich darauf, dass die Klägerin eine Einzelfallprüfung der Abrechnung durch den MDK hätte einleiten müssen. Der Geltendmachung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs für die jetzt nur noch streitigen Fälle der Jahre 2014 und 2015 steht die Vorschrift des § 275 Abs 1 c SGB V nicht entgegen, sie findet auf die hier vorliegende sachlich-rechnerische Prüfung keine Anwendung.
Das SG hat darauf hingewiesen, dass eine Prüfung der streitigen Behandlungsfälle durch den MDK nicht binnen sechs Wochen stattgefunden hat und daraus den Schluss gezogen, dass eine Nachholung inzwischen ebenso ausgeschlossen sei wie eine Beweiserhebung durch das Gericht (vgl dazu BSG, Urteil vom 16. Mai 2012 - B 3 KR 14/11 R -, BSGE 111, 58-71, SozR 4-2500 § 109 Nr 24; BSG, BSG, Urteil vom 22. Juni 2022 - B 1 KR 27/21 R Rn 12 mwN). Allerdings findet auf die sachlich-rechnerische Prüfung einer Krankenhausabrechnung aus den Jahren 2014 und 2015 § 275 Abs 1 c SGB V keine Anwendung (vgl Urteil des erkennenden Senates vom 14. Oktober 2022 - L 16 KR 204/20).
Nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V in der bis 31. Dezember 2019 geltenden Fassung (seit 1. Januar 2020: § 275c SGB V) sind die Krankenkassen in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung, eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen.
Gemäß § 275 Abs 1c Satz 1 SGB V in der bis Ende 2015 geltenden Fassung ist bei Krankenhausbehandlung nach § 39 eine Prüfung nach Absatz 1 Nr 1 zeitnah durchzuführen. Die Prüfung nach Satz 1 ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den Medizinischen Dienst dem Krankenhaus anzuzeigen (Satz 2).
Nach der Rechtsprechung des BSG fanden § 275 Abs 1c SGB V in der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung und die Ausschlussfristen der Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) in Bezug auf die sachlich-rechnerische Prüfung bis Ende 2015 aber keine Anwendung (vgl zB BSG vom 23. Mai 2017 - B 1 KR 24/16 R; vgl BSG,Urteil vom 19. Dezember 2017 - B 1 KR 19/17 R Rn 17 ff; BSG, Urteil vom 19. Juni 2018 - B 1 KR 39/17 R Rn 31; BSG, Urteil vom 10. November 2021 - B 1 KR 36/20 R Rn 14), sondern galten nur für Auffälligkeitsprüfungen betreffend die Wirtschaftlichkeit der Krankenhausbehandlung. § 275 Abs 1 c SGB V steht daher der Geltendmachung einer Erstattung des zu Unrecht gezahlten Betrages nicht entgegen. Die Regelung findet keine Anwendung, weil es sich um die sachlich-rechnerische Prüfung der Richtigkeit der Krankenhausabrechnung handelt, die einem eigenen Prüfregime unterliegt und nicht von § § 275 Abs 1 c SGB V erfasst ist (BSG, Urteil vom 20. Januar 2021 - B 1 KR 31/20 R). Danach waren die Krankenkassen jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung mit Blick auf bestehende Leistungsverweigerungsrechte oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (BSG, Urteil vom 10. November 2021 - B 1 KR 36/20 R Rn 14; Urteil vom 19. Juni 2018 - B 1 KR 39/17 R Rn 31; Urteil vom 25. Oktober 2016 - B 1 KR 22/16, BSGE 122, 87 = SozR 4-2500 § 301 Nr 7; BSG, Urteil vom 19. April 2016 - B 1 KR 33/15 R = BSGE 121, 101 = SozR 4-2500 § 109 Nr 57 Rn 21; BSG, Urteil vom 18. Juli 2013 - B 3 KR 25/12 R Rn15; BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 - B 1 KR 26/13 R Rn 16, SozR 4-2500 § 301 Nr 3; Urteil vom 14. Oktober 2014 - B 1 KR 27/13 R Rn, BSGE 116, 165 = SozR 4-2500 § 301 Nr 4).
Das Gesetz unterscheidet nach der Gesamtrechtssystematik die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit von den Prüfungen bei Auffälligkeit. Die Auffälligkeiten, die zu Abrechnungsprüfungen verpflichten, ergeben sich aus der Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder dem Krankheitsverlauf. Sie folgen letztlich daraus, dass das Krankenhaus die Versicherten nicht wirtschaftlich im Sinne von § 12 Abs 1 SGB V behandelt und deswegen die Abrechnung nicht ordnungsgemäß ist. Das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung <GKV-WSG> änderte die Grundkonzeption der Auffälligkeitsprüfungen der Wirtschaftlichkeit nicht (BSG, Urteil vom 23. Mai 2017 - B 1 KR 24/16 R - Rn 13 u 14). Das Gesetz überantwortet den Krankenkassen die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung, wenn Krankenhäuser GKV-Versicherte pflichtgemäß (vgl § 39, § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V) behandeln. Das Überprüfungsrecht der Krankenkassen auf sachlich-rechnerische Richtigkeit besteht unabhängig von den engeren Anforderungen einer Auffälligkeitsprüfung (§ 275 SGB V). Es unterliegt einem eigenen Prüfregime. Es dient dazu, die Einhaltung der Abrechnungs- und Informationspflichten der Krankenhäuser zu überwachen. Es beruht auf § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V iVm den allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen der Rechnungslegung in Einklang mit der historischen Gesetzesentwicklung (BSG, aaO Rn 16).
3. Die Beklagte kann dem Rückzahlungsanspruch auch nicht die Verjährung der Erstattungsforderung entgegenhalten. Der Anspruch einer Krankenkasse gegen einen Krankenhausträger auf Erstattung einer zu Unrecht gezahlten Vergütung unterlag hier noch einer vierjährigen Verjährung. Die Klägerin hat die Leistungsklage am 7. November 2018 erhoben, sodass die ab 1. Januar 2019 bis 19. Oktober 2020 geltende Übergangsregelung zur Neuregelung der Verjährungsfrist für die Ansprüche von Krankenhäusern und Krankenkassen nach § 325 SGB V in der Fassung vom 11. Dezember 2018 keine Anwendung findet. Gemäß § 325 SGB V aF ist die Geltendmachung von Ansprüchen der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen ausgeschlossen, soweit diese vor dem 1. Januar 2017 entstanden sind und bis zum 9. November 2018 nicht gerichtlich geltend gemacht wurden. Bei Klageerhebung am 7. November 2018 ist die Ausschlussfrist noch gewahrt.
4. Der Senat folgt nicht der Ansicht des SG, dass dem Erstattungsanspruch der Klägerin der Einwand unzulässiger Rechtsausübung (§ 69 Abs 1 Satz 3 SGB V iVm dem in § 242 verankerten Grundsatz von Treu und Glauben) entgegensteht (vgl BSG, Urteil vom 20. Januar 2021 - B 1 KR 31/20 R Rn 32 ff). Zwar hat das BSG ausgeführt, dass der Grundsatz der strikten Maßgeblichkeit der materiellen Rechtslage durch Grundsätze des Vertrauensschutzes modifiziert werden kann (BSG, Urteil vom 16. Juli 2020 - B 1 KR 15/19 R Rn17). Diese Erwägungen betrafen jedoch einen besonderen Ausnahmefall. Der Erstattungsanspruch der Klägerin ist hier nicht verwirkt. Das Rechtsinstitut der Verwirkung passt als ergänzende Regelung innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist grundsätzlich nicht. Es findet nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung.
An solchen die Verwirkung auslösenden Umständen fehlt es vorliegend. Allein der Zeitablauf stellt - entgegen der Annahme des SG - ein solches Verwirkungsverhalten noch nicht dar. Denn die Verwirkung unterscheidet sich von der Verjährung dadurch, dass der bloße Zeitablauf nicht genügt, um die Ausübung des Rechts als unzulässig anzusehen (BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 - B 1 KR 27/13 R).
Zwischen den Beteiligten gab es keine Vereinbarung, die die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs ausschloss. Aus dem Umstand, dass die Klägerin vor Kenntnis der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 19. Dezember 2017 die Rechnungen ohne Erklärung eines Vorbehaltes zahlte, ergibt sich nichts Anderes. Nach § 13 Abs 6 Satz 1 Niedersächsischer Krankenhaus-Sicherstellungsvertrag hat die Krankenkasse die Rechnung unverzüglich, spätestens innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungsdatum zu bezahlen. Nach Satz 5 können Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art auch nach Bezahlung der Rechnung geltend gemacht und Differenzbeträge verrechnet werden.
Die vorbehaltlose Zahlung nach Rechnungsstellung stellt eine besondere, enge Ausnahmekonstellation ebenso wenig dar wie der bloße Zeitablauf. Nichtstun, also Unterlassen, kann ein schutzwürdiges Vertrauen in Ausnahmefällen allenfalls dann begründen und zur Verwirkung des Rechts führen, wenn der Schuldner dieses als bewusst und planmäßig erachten darf. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Die Klägerin leistete nicht in Kenntnis ihrer Nichtschuld (vglBSG Urteil vom 21. April 2015 - B 1 KR 7/15 R). Hiervon kann bei unterlassener Prüfung innerhalb der kurzen vierjährigen Verjährungsfrist nicht ausgegangen werden (BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 - B 1 KR 27/13 R Rn 37). Selbst wenn der MDK die Kodierung des OPS 8-550.1 in einem Gutachten ausdrücklich bestätigt hätte und die Krankenkasse in der Folge sowohl den Rechnungsbetrag als auch die Aufwandspauschale bezahlt hätte, wäre daraus nach der jüngsten Rechtsprechung des BSG kein die Verwirkung begründendes Umstandsmoment herzuleiten (BSG, Urteil vom 20. Januar 2021- B 1 KR 31/20 R Rn 35 f). Hiermit gibt die Krankenkasse lediglich zu erkennen, dass sie im Zeitpunkt der Zahlung vom Bestehen der Vergütungsforderung ausgegangen ist. Ein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend, dass der Fall damit "endgültig abgeschlossen" ist und die Krankenkasse von der Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs auch für den Fall absehen werde, dass sich ihre auf das MDK-Gutachten gestützte Annahme aufgrund neuer Erkenntnisse nachträglich als unrichtig herausstellt, wird dadurch nicht begründet. Diese Rechtsprechung trägt dem Informationsgefälle zwischen dem rundum informierten Krankenhaus und der nur spärlich informierten Krankenkasse Rechnung. Eine Vermutung für die Richtigkeit der Krankenhausabrechnung ist dem Gesetz fremd (vglBSG, Urteil vom 19. Dezember 2017 - B 1 KR 19/17 R Rn 17).
5. Die Klägerin hat Anspruch auf Prozesszinsen auf den Erstattungsbetrag ab Rechtshängigkeit (7. November 2018). Für die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Krankenhäusern gelten die Zinsvorschriften des BGB entsprechend, soweit nicht in den Verträgen nach § 112 SGB V etwas Anderes geregelt ist. Danach folgt der Zinsanspruch aus § 13 Abs 7 Niedersächsischer Krankenhaus-Sicherstellungsvertrag analog (vgl BSG vom 21. April 2015 - B 1 KR 7/15 R Rn 21).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm §§ 154, 155 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Klägerin hat ihre Klage mit Schriftsatz vom 23. April 2023 in Höhe von 8.530,14 Euro zurückgenommen.
Die Festsetzung des Streitwerts im Berufungsverfahren folgt aus § 197a SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 u 3, § 47 Abs 1 Satz1, Abs 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Eine teilweise Klagerücknahme lässt den Streitwert unberührt.
Ein Grund, die Revision gemäß § 160 Abs 2 SGG zuzulassen, ist nicht ersichtlich, da die Entscheidung der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgt.