Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 16.10.2014, Az.: 5 U 16/14
Ersatzansprüche der Großmutter eines Fußballspielers wegen Unfallschäden am Pkw aus Anlass der Fahrt zu einem Fußballtunier
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 16.10.2014
- Aktenzeichen
- 5 U 16/14
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2014, 26994
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2014:1016.5U16.14.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BGH - 23.07.2015 - AZ: III ZR 346/14
Rechtsgrundlagen
- BGB § 253 Abs. 2
- BGB § 670
Fundstellen
- VB 2015, 1
- VK 2015, 91
- ZStV 2015, 12-15
- r+s 2014, 624-625
Redaktioneller Leitsatz
1. Der Großmutter eines Jugend-Fußballspielers steht wegen Unfallschäden an ihrem Fahrzeug aus Anlass einer Fahrt ihres Enkels und weiterer Mannschaftskameraden zu einem Hallenfußballtunier gegen den Verein auch dann ein Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen aus Anlass eines Verkehrsunfalls zu, wenn sie selbst nicht Mitglied des Vereins ist.
2. Ein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes steht ihr jedoch nicht zu, da ein solcher von § 670 BGB nicht gedeckt ist.
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 11. Dezember 2013 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer/Einzelrichter des Landgerichts Stade unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.811,63 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. November 2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 74% der Klägerin, zu 26% dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der jeweilige Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um Schadensersatz und Schmerzensgeld, nachdem die Klägerin als Führerin ihres Kraftfahrzeuges am 9. Januar 2011 bei winterlichen Verkehrsbedingungen einen Verkehrsunfall erlitten hatte, als sie ihre Enkelin, Mitglied des Beklagten, zu der Teilnahme an einer Kreishallenmeisterschaft brachte.
Die Enkelin der Klägerin spielt als Mitglied des Beklagten Fußball. Sie gehört zum Team des SC H., das an der Hallenkreismeisterschaft in B. 2011 teilnahm. Zu dieser Veranstaltung fuhr die Klägerin ihre Enkeltochter. Mit im Wagen saß die Tochter der Klägerin, Mutter der Enkelin und selbst Angehörige des Vereins. Die Tochter der Klägerin steuerte den Wagen nicht, weil in dem Versicherungsvertrag der Klägerin diese als Alleinfahrerin angegeben ist. Der Schwiegersohn der Klägerin war an dem Tag mit dem Familienwagen anderweit unterwegs.
In ihrer Sport-Schadensmeldung an den A.-Sportversicherer vom 22. Juli 2011 (Bl. 30) führte die Klägerin aus, es sei ihr auf der Strecke nach M. ein Kleinbus entgegengekommen, der zum Teil auf ihrer Seite gefahren sei. Sie habe ihren Wagen automatisch nach rechts gezogen und auf die Bremse getreten. Auf diesem Teil der Straße sei es witterungsbedingt sehr glatt gewesen und das Auto ins Rutschen geraten. Durch den nächsten entgegenkommenden Wagen sei ihr Auto außer Kontrolle geraten, geschleudert und dann im Graben auf der linken Seite gelandet. Dort habe sich das Fahrzeug überschlagen.
Während ihre Enkelin und ihre Tochter nur leicht verletzt wurden, erlitt die Klägerin u. a. ein Schädelhirntrauma, eine Kopfplatzwunde, eine distale Ulnaschaftfraktur rechts, eine distale Unterarmfraktur links, eine Sternumfraktur sowie eine Steißbeinprellung.
Mit Schreiben vom 16. September 2011 (Bl. 5) erklärte der Abteilungsleiter des Beklagten, R. M., der A. gegenüber, Frau T. F.-E. sei als Fahrerin für den Verein tätig gewesen, andere Aufgaben habe sie nicht übernommen.
Die A. wies die Ansprüche mit Schreiben vom 23. September, 7. Oktober 2011 und 5. April 2012 (Bl. 32, 33, 34) zurück, weil die Klägerin als Nicht-Vereinsmitglied keinen Versicherungsschutz genieße; auch die Anforderungen an eine "offiziell eingesetzte" Helferin erfülle sie nicht.
Mit der Behauptung, die Zahnbehandlung, für die die Kosten geltend gemacht werden, und auch die Beschädigung der Brille seien ursächlich auf den Unfall zurückzuführen, hat die Klägerin den Beklagten auf Zahlung der ärztlichen Behandlungskosten, der Erstattung der Kosten für die Brillengläser und Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes in Anspruch genommen.
Sie meint, sie sei "im Auftrag" des Beklagten gefahren. Außerdem hafte der Beklagte, weil er die Klägerin nicht darauf hingewiesen habe, dass Versicherungsschutz für sie als Nicht-Vereinsmitglied nicht bestehe.
Das Vereinshandbuch des Beklagten enthält in Kapitel 11 den Hinweis, dass Nichtmitglieder zu keiner Zeit über den Verein versichert seien. Das gelte auch für Angehörige von Vereinsmitgliedern, die von diesen zu Sportveranstaltungen gefahren würden.
Die Klägerin hat beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.902,41 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld aus dem Schadensereignis vom 9. Januar 2011 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Klage wurde am 16. November 2012 zugestellt.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
Die Klägerin habe den Unfall selbst verschuldet, weil er offensichtlich auf einem Fahrfehler beruhe. Der Beklagte meint, weil die Klägerin nicht Mitglied des Beklagten sei, stünden ihr weder gegen die A. Sportversicherung noch gegen den Beklagten Ansprüche zu; einen Auftrag habe die Klägerin nicht erhalten und ein Geschäft des Beklagten nicht besorgt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Ein Anspruch der Klägerin scheitere daran, dass sie nicht als Beauftragte der Beklagten tätig geworden sei. Auch Aufklärungspflichten habe der Beklagte nicht verletzt. Da für den Verein nicht erkennbar sei, welche Familienmitglieder, Freunde oder andere Dritte die Mitglieder zu den Veranstaltungen führen, sei die Reichweite einer etwaigen Aufklärungspflicht dahin, dass Versicherungsschutz nur die Vereinsmitglieder genießen, nicht anzunehmen. Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil (Bl. 93 ff) Bezug genommen.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie zunächst ihre erstinstanzlichen Anträge in vollem Umfang weiterverfolgt hat. In der Sitzung vom 24. September 2014 (Sitzungsprotokoll Bl. 188 f.) hat sie sodann die Klage teilweise wegen der Erstattungsbeträge (Leistungen der H. M. auf die Kosten der Zahnbehandlung) zurückgenommen und zuletzt beantragt:
1. Unter Abänderung des am 11. Dezember 2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Stade, Az. 2 O 304/12, wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 2.811,63 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. Unter Abänderung des am 11. Dezember 2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Stade, Az. 2 O 302/12, wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld aus dem Schadensereignis vom 9. Januar 2011 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die gegen das Urteil des Landgerichts Stade vom 11. Dezember 2013 eingelegte Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung, ergänzt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung einer schriftlichen Aussage der Zahnärztin Dr. A. H. zu der Frage, ob die zahnärztlichen Aufwendungen gemäß den vorgelegten Rechnungen auf den Verkehrsunfall vom 9. Januar 2011 beruhen. Wegen des Ergebnisses wird auf die schriftliche Aussage der Zeugin vom 28. August 2014 (Bl. 185) Bezug genommen.
Der Senat hat weiter Beweis erhoben zu der Frage, ob die Brille der Klägerin unfallbedingt ersetzt werden musste, durch Vernehmung der Zeugin M. E.-K.. Wegen des Ergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll vom 24. September 2014 (Bl. 188 f) Bezug genommen.
Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze und Anlagen der Parteien Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und hat teilweise Erfolg. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf (volle) Erstattung ihres materiellen Schadens in Höhe von 2.811,63 € zu, § 670 BGB analog. Dagegen hat die Klägerin gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes.
1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erstattungen der ihr entstandenen materiellen Schäden als Aufwendungsersatz gem. § 670 BGB analog.
a) Es kann dahinstehen, ob die Klägerin (ausdrücklich) von dem Beklagten beauftragt war, die Spielerin zu den Hallenkreismeisterschaften zu fahren, denn jedenfalls entsprach die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse (auch) des Beklagten, § 683 BGB. Der Senat folgt nicht der Auffassung des Beklagten bzw. des Sportversicherers, dass die Familienangehörigen der Vereinsmitglieder ausschließlich Interessen des Vereinsmitgliedes wahrnähmen, wenn sie diese zu Sportveranstaltungen, wie hier zur Kreismeisterschaft fahren. Es liegt gerade auch im Interesse des beklagten Vereins, dass seine Mitglieder an Meisterschaften, sonstigen Turnieren oder sportlichen Veranstaltungen teilnehmen. Der Beklagte hatte über die Trainer die Mannschaftsmitglieder der Fußballjuniorinnen des SC H. zu der Teilnahme eingeladen und die Enkelin der Klägerin gehörte zur Mannschaft. Der Sinn und Zweck des Beklagten als Sportverein ist nicht nur, dass die Vereinsmitglieder trainieren, sondern auch, dass sie an Turnieren, Meisterschaften und ähnlichen Veranstaltungen teilnehmen, um sich im sportlichen Wettkampf mit anderen Vereinen zu messen und über den Sport Kontakte zu anderen Vereinen/Vereinsmitgliedern zu pflegen.
b) Erleidet der Beauftragte (oder der berechtigte Geschäftsführer, § 683 S. 1 BGB) bei Ausführung des Auftrages Schäden, sind ihm diese gem. § 670 BGB analog grundsätzlich zu ersetzen (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl., § 670 Rn. 11; Staudinger BGB (2006) Martinek, § 670 Rdnrn. 17 ff. jeweils m. w. N.). Nimmt der Beauftragte ein mit der Ausführung des Auftrages verbundenes Schadensrisiko freiwillig auf sich, wird der entstandene Schaden einem freiwilligen Vermögensopfer gleichgesetzt. Das ist der Fall, wenn mit der Ausführung des Auftrages seiner Natur nach oder aufgrund besonderer Umstände eine beiden Beteiligten erkennbare Gefahr auch für die Beauftragung verbunden ist (tätigkeitsspezifisches Risiko, Palandt/Sprau, aaO.; Staudinger/Martinek aaO., § 670 Rdnr. 25). Dagegen scheidet nach allgemeiner Meinung ein Anspruch aus, wenn sich nicht ein geschäftstypisches, sondern lediglich das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht hat (Staudinger/Martinek, aaO.).
Hier hat sich nach Auffassung des Senates ein auftragsspezifisches Risiko verwirklicht. Ein Ausschluss des Ersatzanspruches, weil der Schaden bei der Teilnahme am allgemeinen Straßenverkehr entstanden ist, kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht, denn das "auftragsspezifische Risiko" lag gerade in der (allgemeinen) Teilnahme am Straßenverkehr. Diese war nicht etwa nebensächlicher Bestandteil des Auftrages, sondern sein alleiniger Inhalt. In diesem Fall kommt es nach Auffassung des Senates nicht in Betracht, einen Ersatzanspruch des Beauftragten abzulehnen, wenn der Schaden bei der Teilnahme am allgemeinen Straßenverkehr eingetreten ist.
c) Der Anspruch der Klägerin ist der Höhe nach nicht um einen Mitverursachungs- oder Mitverschuldensanteil zu reduzieren. Ein (Mit-)Verschulden der Klägerin hat der Beklagte nicht hinreichend dargetan und unter Beweis gestellt. Eine Mithaftung der Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Gefährdungshaftung, § 7 Abs. 1 StVG, scheidet nach Auffassung des Senates im Verhältnis der Klägerin zu dem Beklagten aus, weil die Klägerin dem Beklagten nicht aus § 7 StVG haftet, die Parteien sind nicht beide Verkehrsteilnehmer gewesen.
d) Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 2.811,63 €.
aa) Die Klägerin hatte in erster Instanz Zahlung in Höhe von 2.902,41 € beantragt. Die vorgelegten und streitgegenständlichen Rechnungen belaufen sich auf 3.451,80 (Zahnbehandlung 3.152,80 € zzgl. Brille 299,00 €). Die Klägerin hatte damit ersichtlich (vgl. Schriftsatz vom 22. August 2014, Bl. 177) schon Teile der Erstattungen durch die H. M. Versicherung (530,52 €, Bl. 179 und 109,65 €, Bl. 180) von der Klagforderung abgesetzt. Die Teilrücknahmeerklärung der Klägerin im Termin vom 24. September 2014 ist daher dahin zu verstehen, dass die Klage in Höhe der Erstattungsbeträge zurückgenommen wird, soweit die Leistungen in der Klagforderung noch nicht angerechnet waren.
bb) Der Aufwendungsersatz umfasst die Kosten für die Zahnärztin und den Mund-Kiefer-Gerichtschirurgen gemäß den vorgelegten Rechnungen in Höhe von
109,07 € (Bl. 8) | |
---|---|
888,38 € (Bl. 9 f.) | |
2.054,77 € (Bl. 11) | |
100,58 € (Bl. 13), | |
Zahnbehandlung mithin gesamt | 3.152,80 €, |
abzüglich der Leistungen der privaten Zusatzversicherung in Höhe von | 530,52 € (Bl. 179) |
und | 109,65 € (Bl. 180), |
verbleiben | 2.512,63 €. |
Der Senat ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass bei dem Verkehrsunfall vom 9. Januar 2011 auch die Zähne 1-4 der Klägerin dergestalt geschädigt wurden, dass sie im Zuge der nachfolgenden Zahnbehandlung ersetzt werden mussten. Die Angaben der dazu befragten Zahnärztin Dr. H. (Bl. 185) sind hinreichend, um die Behauptung der Beklagten zu beweisen. Da die letzte zahnärztliche Untersuchung vor dem Unfall am 30. August 2010 und damit nur wenige Monate zuvor stattfand und an diesem Tag ein Zahnröntgenstatus erstellt wurde, bei dem zu erkennen war, dass die später betroffenen Zähne intakt waren, hat der Senat keinen Zweifel daran, dass diese bei dem Unfall so in Mitleidenschaft gezogen wurden, dass die zahnärztliche Versorgung notwendig wurde. Der Beklagte hat auch nach Vorlage der schriftlichen Zeugenaussage keine Einwendungen mehr gegen die Zahnarzt/Kieferchirurgiekosten erhoben.
bb) Der Senat ist weiterhin davon überzeugt, dass bei dem Unfall die Brille der Klägerin dergestalt beschädigt wurde, dass für 299,00 € (Quittung Bl. 14) eine neue Brille angeschafft werden musste. Die dazu befragte Zeugin, die Tochter der Klägerin, hat ihren Vortrag in vollem Umfang bestätigt. Aus ihrer Aussage ergibt sich auch zwangslos, warum zwischen dem Unfall und dem Erwerb der neuen Brille ein vergleichsweise langer Zeitraum liegt: Die Klägerin war durch den Bruch beider Arme und die Versorgung beider Arme mit Gips über längere Zeit daran gehindert, eigene Angelegenheiten zu betreiben. Sie besaß noch eine alte Brille, die sie übergangsweise benutzte, bis sie nach der Abnahme des Gipses und dem Fortschreiten des Heilungsverlaufes soweit wiederhergestellt war, dass sie sich um diese Angelegenheit überhaupt kümmern konnte.
Insgesamt resultiert daraus der zuerkannte Betrag von 2.811,63 €.
2. Der Klägerin steht dagegen kein Anspruch auf Schmerzensgeld zu, § 253 Abs. 2 BGB.
a) Nach Auffassung des Senates gebührt der Klägerin gem. § 670 BGB analog ein Anspruch auf Ersatz ihrer materiellen Schäden als (unfreiwillige) Aufwendungen. Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass der Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes gem. § 670 BGB nicht besteht. Dies gilt auch für die Zeit nach der Schuldrechtsreform - für die vorangegangene Zeit hatte der Bundesgerichtshof (Urteil vom 19. Mai 1969, Az. VII ZR 9/67, zitiert nach juris) einen Anspruch gem. § 670 BGB auf Geldersatz für immateriellen Schaden verneint.
aa) Der Schmerzensgeldanspruch setzt voraus, dass der Schuldner dem Gläubiger zum Schadensersatz verpflichtet ist. Der Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin ist nach Auffassung des Senates mit einem solchen Schadensersatzanspruch nicht gleichzusetzen (Staudinger/Martinek, § 670 Rdnr. 30 m.w.N.; a.A. wohl Palandt/Sprau, aaO., § 670 Rn. 13, m. w. N.).
bb) Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten wegen Verletzung einer etwaigen Hinweispflicht scheidet nach Auffassung des Senates aus.
(1) Nach der persönlichen Anhörung der Klägerin durch den Senat sieht dieser es zwar als erwiesen an, dass die Klägerin ihre Enkelin nicht gefahren hätte, wäre ihr der fehlende Versicherungsschutz bekannt gewesen. Die Klägerin hat nämlich glaubhaft ausgeführt, dass sie und nicht ihre mitfahrende Tochter das Fahrzeug gesteuert hat, weil sie - die Klägerin - mit ihrem Kfz-Versicherer eine Klausel vereinbart hat, dass ausschließlich sie den Wagen fährt. Die Klägerin hat glaubhaft angegeben, bei Kenntnis des fehlenden Versicherungsschutzes hätte man die Fahrten innerhalb der Familie und der übrigen Vereinsmitglieder so umorganisiert, dass der Vater der Enkelin oder ein Familienangehöriger eines anderen Vereinsmitgliedes den "Bringdienst" übernommen hätte.
(2) Dem Beklagten ist eine Pflichtverletzung diesbezüglich jedoch nicht vorzuwerfen. Auf den Umstand, dass der Versicherungsvertrag, den der Beklagte bei der A. Sportversicherung abgeschlossen hat, nur Vereinsmitglieder erfasst, hat der Beklagte in seinem Vereinshandbuch hingewiesen. Der Pflichtenkreis des Vereins würde nach Auffassung des Senates zu sehr erweitert, wollte man von ihm verlangen, vor jeder Teilnahme an einer Meisterschaft, einem Turnier oder einer sonstigen Sportveranstaltung die Teilnehmer darauf hinzuweisen, dass für die Fahrt dorthin nach dem Versicherungsvertrag nur Vereinsmitglieder und "offizielle Helfer" Versicherungsschutz genießen.
Auf die Berufung der Klägerin war das Urteil daher zu ändern und ihr der Ersatz des materiellen Schadens zuzusprechen, der Antrag auf Zahlung eines Schmerzensgeldes dagegen abzuweisen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits waren zu 74 % der Klägerin, zu 26 % dem Beklagten aufzuerlegen.
Bei der Berechnung der Kostenquote war zu berücksichtigten, dass die Verletzungen der Klägerin ein deutlich höheres Schmerzensgeld als 2.500,00 € gerechtfertigt hätten. Insbesondere der Umstand, dass sie durch das Eingipsen beider Arme über einen langen Zeitraum gezwungen war, für jedwede Tätigkeit Hilfe in Anspruch zu nehmen, führte nach Auffassung des Senates zu einem Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 8.000,00 €. Dementsprechend war der Streitwert gem. § 3 ZPO auf den Betrag festzusetzen, den das erkennende Gericht aufgrund der Schilderungen der Klägerin für angemessen erachtet (Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl. § 3 "unbezifferte Klageanträge").
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, §§ 711, 709 Satz 2 ZPO.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der in diesem Fall aufgeworfenen Rechtsfragen und zur Fortbildung des Rechts (insbesondere Aufwendungsersatzanspruch bei "Fahrdiensten" für Vereinsmitglieder von Nicht-Mitgliedern, und zwar bei "auftragsspezifischer" Teilnahme am allgemeinen Straßenverkehr, etwaige Minderung des Anspruches wegen Mitverursachung/Mitverschuldens, Anspruch des "Beauftragten" auf Zahlung von Schmerzensgeld, Hinweispflichten des Vereins auf nicht bestehenden Versicherungsschutz), hat der Senat die Revision zugelassen, § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nrn. 1, 2 ZPO.