Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 30.04.2004, Az.: 2 A 114/03

Baugebühren (Ermäßigung für "gleiche" Anlagen); Werbeanlage (Fremdwerbung); Werbeanlage (Gleichartigkeit)

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
30.04.2004
Aktenzeichen
2 A 114/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 50621
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Gebührenermäßigung für mehrere "gleichartige" bauliche Anlagen, für die gleichzeitig ein Bauantrag gestellt wird, kommt auch Werbeanlagen für wechselnde Fremdwerbung zugute.

Tatbestand:

1

Mit Bauantrag vom 15.02.2001 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung für die Anbringung einer Wandtafel und die Errichtung zweier freistehender Pfostentafeln für den wechselnden Plakatanschlag mit einer Ansichtsfläche von jeweils 3,66 m x 2,60 m auf dem Grundstück G. Straße 93 in H.. Nach den eingereichten Bauantragsunterlagen handelt es sich bei der wandhängenden Werbetafel um eine in einen Aluminiumrahmen eingefasste Konstruktion aus Dachlattenrahmen und Sperrholzplatten, die mit Dübeln und Schrauben im Wandmauerwerk befestigt wird. Die beiden freistehenden Pfostenwerbetafeln bestehen jeweils aus Sperrholzplatten, die ebenfalls in einen Aluminiumrahmen eingefasst und auf einen stabilen Kantholzrahmen montiert werden; diese Konstruktion wird sodann an zwei 4,60 m langen Metallpfosten aus U-Stahl-Profilen befestigt, die einen Meter tief in ein Betonfundament in die Erde eingelassen werden.

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Mit Bescheid vom 28.02.2001 erteilte die Beklagte der Klägerin die beantragte Baugenehmigung. Gleichzeitig setzte sie hierfür Baugebühren in Höhe von insgesamt 540 DM gegen die Klägerin fest, wobei sie für jede der drei genehmigten Werbetafeln eine Gebühr von 180 DM (Ansichtsfläche von jeweils  - aufgerundet -  10 m² x 18 DM) in Ansatz brachte.

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Gegen diese Gebührenfestsetzung legte die Klägerin  - ohne Begründung -  Widerspruch ein, den die Bezirksregierung I. mit Bescheid vom 08.07.2003, zugestellt am 15.07.2003, zurückwies. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Gebühren für die drei genehmigten Werbetafeln  - unter Berücksichtigung einer Ansichtsfläche von jeweils (aufgerundet) 10 m² -  zutreffend mit insgesamt 540 DM berechnet worden seien. Eine Gebührenermäßigung in dem Sinne, dass für die zweite und dritte Werbeanlage lediglich ein Viertel der regulären Gebühr zu zahlen sei, komme hier nicht in Betracht, weil es sich bei Anlagen für wechselnde Werbung nicht um „gleiche“ Werbeanlagen im Sinne der einschlägigen gebührenrechtlichen Bestimmung handele.

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Die Klägerin hat daraufhin am 14.08.2003 Klage erhoben. Sie macht geltend, dass die festgesetzten Baugebühren überhöht seien, weil zu Unrecht für jede der genehmigten Werbetafeln eine Gebühr von 180 DM angesetzt worden sei. Mit ihrem Antrag vom 15.02.2001 habe sie gleichzeitig die Genehmigung für drei Werbeanlagen auf demselben Baugrundstück beantragt; da es sich insoweit auch um gleiche Werbeanlagen gehandelt habe, seien die Gebühren für die zweite und dritte Anlage auf jeweils ein Viertel zu ermäßigen. Die Auffassung der Beklagten, bei den hier genehmigten Anlagen für wechselnde Werbung handele es sich nicht um „gleiche“ Werbeanlagen im gebührenrechtlichen Sinne, sei unzutreffend, weil insoweit allein auf den bauordnungsrechtlichen Begriff der Werbeanlage, der eine derartige Differenzierung nicht hergebe, abzustellen sei. Darüber hinaus sei der mit den Baugebühren abzugeltende Verwaltungsaufwand nicht allein deshalb anders bzw. höher, weil mit der Werbeanlage für unterschiedliche Produkte oder Dienstleistungen geworben werden solle.

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Die Klägerin beantragt sinngemäß,

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den Bescheid der Beklagten vom 28.02.2001 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung I. vom 08.07.2003 aufzuheben, soweit dort Baugebühren von mehr als 270,- DM festgesetzt worden sind.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie ist der Auffassung, dass es sich bei einer wandhängenden Werbetafel einerseits und einer freistehenden Pfostenwerbetafel andererseits von vornherein nicht um „gleiche“ Werbeanlagen im gebührenrechtlichen Sinne handele. Im Übrigen verweist sie auf die Gründe des angefochtenen Widerspruchsbescheides.

Entscheidungsgründe

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Die Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist zulässig und zum Teil auch begründet.

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Nach § 1 Abs. 1 Sätze 1 u. 2 der Baugebührenordnung (BauGO) in der hier von der Beklagten zugrunde gelegten Fassung vom 13.01.1998 sind für Amtshandlungen der Bauaufsicht Kosten (Gebühren und Auslagen) zu erheben, wobei sich die Höhe der Gebühren (u.a.) aus dem als Anlage 1 beigefügten Gebührenverzeichnis ergibt. Nach dessen Ziff. 1.2.2 beträgt die Gebühr für die Genehmigung einer Werbeanlage mit einer Ansichtsfläche von mehr als 5 m² bis 10 m²  18 DM/m². Damit ergäbe sich hier  - was die Klägerin vom Rechenvorgang her auch nicht bestreitet -  für die drei am 28.02.2001 genehmigten Werbetafeln, die jeweils eine (gemäß Anm. a) zu Ziff. 1.2 des Gebührenverzeichnisses auf 10 m² aufzurundende) Ansichtsfläche von 9,516 m² aufweisen, zunächst eine Gesamtgebühr von (3 x 180 DM =) 540 DM.

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Die Klägerin kann jedoch  - wenn auch nicht in dem von ihr beanspruchten Umfang -  verlangen, dass diese Gebühr der Höhe nach reduziert wird. Gemäß Anm. b) zu Ziff. 1.2 des Gebührenverzeichnisses ermäßigen sich für gleiche Werbeanlagen auf demselben Baugrundstück die Gebühren für die zweite und jede weitere Werbeanlage auf ein Viertel, wenn die Bauanträge gleichzeitig zur Prüfung vorgelegt werden. Diese Voraussetzungen sind hier zunächst (unstreitig) insoweit erfüllt, als die von der Klägerin geplanten Werbetafeln auf demselben Baugrundstück errichtet werden sollen (bzw. inzwischen errichtet worden sind) und die entsprechenden Bauanträge gleichzeitig gestellt worden sind. Sie liegen darüber hinaus auch insoweit vor, als es sich bei den beiden genehmigten Pfostenwerbetafeln um „gleiche“ Werbeanlagen im Sinne der genannten Anmerkung handelt, so dass die Klägerin hinsichtlich einer der hierfür angesetzten Gebühren einen Anspruch auf Ermäßigung auf ein Viertel (= 45 DM) hat. Dass diese beiden Werbetafeln von ihrer Konstruktion bzw. Bauausführung (einschließlich der verwendeten Baumaterialien) und ihrer Wirkungsweise her identisch sind, ergibt sich ohne weiteres aus der dem Bauantrag der Klägerin beigefügten Baubeschreibung und bedarf daher keiner vertiefenden Ausführungen. Diese Anlagen sind  - anders als (vornehmlich) die Widerspruchsbehörde meint -  auch nicht allein deshalb „verschieden“, weil sie der wechselnden (Fremd-)Werbung dienen sollen. Mangels näherer Umschreibung des Begriffs im Gebührenverzeichnis zur Baugebührenordnung selbst ist insoweit auf den Begriff der „Werbeanlage“ abzustellen, wie er im Bau(ordnungs)recht ganz allgemein verwendet wird. Danach sind Werbeanlagen alle örtlich gebundenen Einrichtungen  - u.a. Schilder sowie für Zettel- und Bogenanschläge oder Lichtwerbung bestimmte Säulen, Tafeln und Flächen -, die der Ankündigung oder Anpreisung oder als Hinweis auf Gewerbe oder Beruf dienen (§ 49 Abs. 1 NBauO); diese Kriterien treffen auf die hier in Rede stehenden Pfostenwerbetafeln unzweifelhaft zu. Vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen (und deshalb auch nicht unter den Begriff der „baulichen Anlage“ bzw. „Werbeanlage“ fallend) sind dagegen Werbemittel als solche, die auf entsprechenden Säulen, Tafeln oder Flächen angebracht sind (§ 49 Abs. 6 NBauO). Angesichts dessen lässt sich jedenfalls aus dem vom Gesetzgeber normierten Begriff der „Werbeanlage“ die von der Widerspruchsbehörde vorgenommene Differenzierung, Werbeanlagen für Wechselwerbung seien keine „gleichen“ Werbeanlagen im Sinne des Baugebührenrechts  - die im Übrigen in dem in der Bauakte befindlichen Protokollauszug aus dem Jahre 1997 („Allgemeine Hinweise zur Anwendung der Baugebührenordnung“) nicht einmal ansatzweise begründet bzw. erläutert worden ist -  nicht herleiten. Eine derartige  - einschränkende -  Auslegung rechtfertigt sich auch nicht aus allgemeinen kostenrechtlichen Erwägungen, etwa dem Grundsatz, dass die Gebühren in den Gebührenordnungen (u.a.) nach dem Maß des Verwaltungsaufwandes oder nach dem Wert des Gegenstandes der Amtshandlung zu bemessen sind (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 NVwKostG). Denn in Fällen der vorliegenden Art, in denen  - was Grundvoraussetzung für eine entsprechende Gebührenermäßigung ist -  gleichzeitig mehrere von ihrer Bauausführung und Wirkungsweise her „gleichartige“ Werbeanlagen auf demselben Baugrundstück zur Genehmigung gestellt werden, ist nicht erkennbar und auch von der Beklagten bzw. der Widerspruchsbehörde nicht näher dargelegt worden, dass der Umfang der bauaufsichtlichen Prüfung und der damit verbundene Verwaltungsaufwand hinsichtlich der parallel beantragten Anlagen genauso hoch ist wie hinsichtlich der „ersten“ Anlage; dies gilt sowohl für die Frage, ob die Anlagen an dem konkreten Standort bauplanungsrechtlich zulässig sind, als auch für bauordnungsrechtliche Gesichtspunkte wie etwa die allgemeinen Anforderungen an bauliche Anlagen (§ 1 NBauO) und Bauprodukte (§§ 24 ff. NBauO) oder die weitergehenden Zulässigkeitsvoraussetzungen für Werbeanlagen gemäß § 49 Abs. 2-5 NBauO. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der diesbezügliche Prüfungs- und Bearbeitungsaufwand letztlich „nur einmal“ anfällt, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt kein Grund besteht, Anlagen für Wechselwerbung die Gebührenermäßigung nach Anm. b) zu Ziff. 1.2 des Gebührenverzeichnisses nicht zugute kommen zu lassen; angesichts dessen war eine der im vorliegenden Verfahren angesetzten Gebühren auf ein Viertel zu ermäßigen.

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Demgegenüber hat die Klägerin auf eine weitergehende Gebührenermäßigung keinen Anspruch. Denn im Verhältnis zu den beiden (soeben abgehandelten) freistehenden Pfostenwerbetafeln handelt es sich  - wie sich ebenfalls hinreichend deutlich aus den insoweit eingereichten Baubeschreibungen ergibt -  bei der gleichzeitig beantragten und genehmigten Wandwerbetafel von ihrer Bauausführung bzw. Konstruktion her um eine andersartige Werbeanlage; insoweit hat auch die Klägerin selbst keine Gesichtspunkte vorgetragen, die eine andere Einschätzung rechtfertigen könnten. Die bauaufsichtliche Prüfung verschiedener Werbeanlagen mit konstruktionsbedingten Unterschieden erfordert jedoch grundsätzlich (etwa in bauordnungsrechtlicher Hinsicht) einen andersartigen bzw. weitergehenden Verwaltungsaufwand als bei Anlagen gleicher Bauart, so dass die Wandtafel einerseits und die beiden Pfostentafeln andererseits hier nicht als „gleiche“ Werbeanlagen im Sinne des einschlägigen Gebührentatbestands angesehen werden können. Demgemäß kommt eine Gebührenermäßigung insoweit nicht in Betracht mit der Folge, dass die Klage in diesem Umfang abzuweisen war.