Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 04.10.1989, Az.: 3 U 298/88
Zu einem Schadensersatzanspruch aus Culpa in contrahendo; Verletzung von Beratungspflichten und Aufklärungspflichten durch eine Bank anlässlich einer Umschuldung; Schadensersatz in Form der Rückgängigmachung der jeweiligen Vereinbarungen; Verschulden bei Vertragsschluss
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 04.10.1989
- Aktenzeichen
- 3 U 298/88
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1989, 13801
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1989:1004.3U298.88.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Verden - AZ: 8 O 146/87
Fundstellen
- NJW-RR 1990, 878-881 (Volltext mit amtl. LS)
- VuR 1990, 15-16 (Volltext mit amtl. LS)
- ZBB 1990, 167
Verfahrensgegenstand
Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einer vollstreckbaren Urkunde
In dem Rechtsstreitverfahren
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 27. September 1989
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...,
den Richter am Oberlandesgericht ... und
den Richter am Landgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Kläger und unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten wird das am 7. September 1988 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Verden teilweise geändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Urkunde des Notars ..., vom 28. Mai 1984 - UR-Nr. ... - wird für unzulässig erklärt.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten, die durch die Säumnis der Kläger im erstinstanzlichen Verhandlungstermin vom 9. Dezember 1987 entstanden sind. Diese Kosten tragen die Kläger als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 14.000,00 DM abzuwenden, sofern die Kläger nicht ihrerseits Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Den Klägern bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000,00 DM abzuwenden, sofern die Beklagte nicht ihrerseits Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Beide Parteien dürfen als Sicherheit die unbedingte, unwiderrufliche und unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Volksbank beibringen.
Wert der Beschwer: 124.675,61 DM.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berechtigung der beklagten Bausparkasse, aus der notariellen Schuldurkunde des Notars ... in ... vom 28. Mai 1984 (UR-Nr. ...) die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Die Schuldurkunde lautet auf 140.900,00 DM, die Beklagte beziffert die ihr zustehende Forderung per 30.06.1987 auf noch 124.675,61 DM. Nach Auffassung der Kläger hat sich die Beklagte wegen Beratungsverschuldens bei der Umfinanzierung von Altschulden eines Familieneigenheims schadensersatzpflichtig gemacht und ist deshalb gehindert, aus der Urkunde, die aus Anlaß der Umschuldung errichtet wurde und die eine Vollstreckungsunterwerfung enthält, zu vollstrecken. Wegen des genauen Inhalts der Schuldurkunde wird auf die Kopie Bl. 40 bis 43 GA verwiesen.
Die Errichtung der Urkunde stand am Ende einer mehrjährigen vertraglichen Beziehung der Parteien, die bis in das Jahr 1976 zurückreicht. In jenem Jahr schlossen die Kläger zwei Bausparverträge bei der Beklagten, den Vertrag Nr. ... (im folgenden S 1 genannt) über 15.000,00 DM und den Vertrag Nr. ... (im folgenden S 2 genannt) über 30.000,00 DM. Der Vertrag S 1 wurde 1979 auf 50.000,00 DM erhöht, der Vertrag S 2 im selben Jahr auf 17.000,00 DM reduziert. Wie sich aus einem Schreiben der Beklagten vom 04.09.1979 ergibt (Bl. 17 und 110 GA), waren die Kläger zu dieser Zeit in finanziellen Schwierigkeiten, so daß die Beklagte die Zahlungen zugunsten des Vertrages S 1 in Höhe von 150,00 DM monatlich stornierte; auf den Vertrag S 2 flossen weiterhin lediglich 52,00 DM vermögenswirksame Leistungen.
Im Jahre 1980 erwarben die Kläger ein Hausgrundstück in ... von einer Frau ... zum Preise von 120.000,00 DM. Die Hälfte des Kaufpreises war sofort an die Verkäuferin zu zahlen. Die Finanzierung erfolgte insoweit über die Sparkasse .... Dort nahmen die Kläger am 29.09.1980 zwei Darlehen über 54.000,00 DM (Bl. 138 f GA) und 6.000,00 DM (Bl. 136 f GA) - jeweils Auszahlung 99 %, Zinssatz 8,25 % - auf. Ferner schlossen sie dort am selben Tage einen dritten Darlehensvertrag über 30.000,00 DM (Bl. 134 f GA) - Auszahlung 98 %, Zinssatz 11,25 %, der den Kauf von Möbeln und eines Pkw finanzierte. Die monatliche Abtragsrate für alle drei Kredite betrug 793,75 DM. Die zweite Hälfte des Kaufpreises wurde von den Klägern direkt an die Verkäuferin in monatlichen Raten von 400,00 DM gezahlt. Außerdem hatten die Kläger seinerzeit noch Verbindlichkeiten bei der ... Bank in Höhe von ursprünglich ca. 20.000,00 DM mit monatlich 200,00 DM zu bedienen. Ihre monatliche Belastung betrug seinerzeit also insgesamt 1.393,75 DM.
Demgegenüber stellte sich das Einkommen der Kläger wie folgt dar: Der Kläger erzielte bei der Standortverwaltung ... im Juni 1981 einen Nettolohn von 2.014,31 DM (Bl. 142 GA) und im Oktober 1981 von 1.805,61 DM (Bl. 143 GA), und zwar jeweils inklusive Kindergeld, Sozialzuschlag, Sonn- und Feiertagszuschlägen sowie vermögenswirksamen Leistungen. Ferner hatte der Kläger Nebeneinkünfte von 200,00 DM pro Monat, ebenso die Klägerin. Beide Kläger verfügten daher zusammen über weniger als 2.500,00 DM netto pro Monat. Sie hatten seinerzeit ein 1980 geborenes Kind zu versorgen; zwei weitere Kinder wurden im September 1982 und im November 1983 geboren.
Mitte 1981 kam es zu Verhandlungen zwischen den Klägern und dem Bezirksleiter ... der Beklagten mit dem Ziel einer Umschuldung. Von wem die Gespräche ausgingen, ist streitig. Das aufgrund der Beratung von ... entwickelte - den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildende - Umschuldungskonzept, für das es allerdings keinen schriftlichen Finanzierungsplan gab, sah wie folgt aus:
Mit Antrag vom 15.06.1981 (Bl. 18 GA) beantragten die Kläger die Erhöhung der Bausparsumme ihres Vertrages S 1 von 50.000,00 DM auf 210.000,00 DM. Um die für die spätere endgültige Zuteilungsreife dieses Vertrages erforderliche Mindestansparsumme von 40 %, also von 84.000,00 DM, sofort zu erreichen, war ein Betrag von 81.020,00 DM erforderlich, denn das von den Klägern angesparte Guthaben für den Vertrag S 1 betrug lediglich 2.980,00 DM. Die erforderlichen 81.020,00 DM wurden durch einen sogenannten Auffüllungskredit von der ... Bank ... vorfinanziert (vgl. Überweisung Bl. 180 GA), wofür dieser die Ansprüche aus dem Vertrag S 1 zur Sicherheit abgetreten wurden (Bl. 181, 183 GA). Einzelheiten über die Konditionen dieses Auffüllungskredites sind nicht bekannt.
Ferner wurde der Vertrag S 1 auf Vermittlung der Beklagten in seiner vollen Höhe von 210.000,00 DM durch die ... und ... zwischenfinanziert. Laut Bewilligungsschreiben vom 14.10.1981 (Bl. 24 GA) gelangten nach Abzug eines Disagios von 9,5 % (19.950,00 DM) 190.050,00 DM zur Auszahlung. Der Jahreszins betrug 8,5 % fest für 2 Jahre. Die monatliche Zinslast für diesen (zunächst tilgungsfreien) Kredit belief sich auf 1.487,50 DM.
Da von vornherein klar war, daß die Kläger diesen Betrag nicht aufbringen konnten, war mit der Beklagten bereits durch Vertrag vom 31.8./07.09.1981 ein Tilgungsstreckungs- und Zinsstundungsdarlehen vereinbart worden (vgl. Bl. 21 GA). Die Kläger hatten dadurch für die Zwischenfinanzierung des Vertrages S 1 zunächst im ersten Jahr lediglich 803,25 DM zu zahlen; danach sollte sich dieser Betrag um jährlich 4 % erhöhen. Der Zinssatz für das so allmählich auflaufende Zinsstundungsdarlehen war vertraglich mit 13,75 % festgelegt. Vereinbart war auch bereits, daß der Zins- und Tilgungsbetrag für das spätere, die Zwischenfinanzierung ablösende Bauspardarlehen monatlich 1.285,20 DM betragen würde.
Um später die während der Laufzeit des Tilgungsstreckungs- und Zinsstundungsdarlehens aufgelaufenen Beträge ablösen zu können, war schon am 24.08.1981 ein weiterer Bausparvertrag S 3 über 70.000,00 DM abgeschlossen worden. Da die Kläger aber den dafür erforderlichen monatlichen Sparbeitrag von 280,00 DM von vornherein gar nicht zahlen konnten, war die Beklagte damit einverstanden, daß die Kläger monatlich nur 80,00 DM bei jährlich 10%iger Steigerung entrichteten. Insgesamt sparten die Kläger auf den Vertrag S 3 1.500,00 DM an, die später zum Ausgleich von Rückständen verrechnet wurden.
Die 190.050,00 DM aus der Zwischenkreditierung des Vertrages S 1 überwies die Beklagte auf ein Konto der Kläger bei der ... Bank ... mit einem Treuhandauftrag vom 08.10.1981 (Bl. 126 GA). Die ... Bank bestätigte die Ausführung dieses Auftrages wenig später mit Schreiben vom 30.10.1981 (Bl. 184 GA). Danach sind auftragsgemäß die alten Darlehen der Kläger bei der Sparkasse ... mit 89.450,00 DM abgelöst worden; ferner wurden der Verkäuferin des von den Klägern 1980 erworbenen Hauses 57.200,00 DM gezahlt. Der Restbetrag in Höhe von 43.400,00 DM verblieb der ... Bank; er reichte zum Ausgleich des von dort vorfinanzierten Auffüllungskredites von 81.020,00 DM allerdings nicht aus.
Um den verbleibenden Restbetrag von 81.020,00 DM ./. 43.400,00 DM = 37.620,00 DM jedenfalls größtenteils abzulösen, wurde ein Bausparvertrag der Mutter des Klägers verwendet. Deren Vertrag mit der Nummer ... wurde bereits am 16.06.1981 von 10.000,00 DM auf 60.000,00 DM erhöht und durch einen Auffüllungskredit der ... Bank von 21.800,00 DM auf eine 40%ige Mindestansparsumme gebracht. Die Zwischenfinanzierung dieses Vertrages, die allein von der Mutter des Klägers bedient werden sollte, übernahm durch Vermittlung der Beklagten wiederum die ... und ... bank. Unter Einbehalt eines Disagios von 5.700,00 DM flossen 21.800,00 DM an die ... Bank zur Ablösung des dort zuvor von der Mutter des Klägers aufgenommenen Auffüllungskredites und 32.500,00 DM an die Mutter des Klägers direkt. Diese stellte dem Kläger sodann auf dessen Konto bei der ... Bank 30.000,00 DM als vorweggenommene Erbschaft zur Verfügung, so daß sich die oben mit ursprünglich 37.620,00 DM errechnete Finanzierungslücke auf 7.620,00 DM reduzierte.
Offen war bei der ... Bank aber auch noch das weitere ursprüngliche Darlehen über ca. 20.000,00 DM. Zu seiner Absicherung hatten die Kläger bereits früher ihre Ansprüche aus dem Bausparvertrag S 2 abgetreten (Bl. 97/98 GA). Dieser Vertrag, dessen Bausparsumme zwischenzeitlich irgendwann auf 22.000,00 DM erhöht worden war (vgl. Bl. 302 GA) und auf den nach wie vor monatlich 52,00 DM vermögenswirksame Leistungen flossen (vgl. ebenfalls Bl. 302 GA), wurde 1985 aufgelöst; das vorhandene Bausparguthaben von ca. 6.000,- bis 7.000,00 DM floß der ... Bank zu.
Im übrigen soll es von den insoweit als Bürgen haftenden Eltern des Klägers abgelöst worden sein (vgl. Bl. 294 GA).
Um die immer noch in Höhe von 7.620,00 DM verbliebene Lücke aus der Zwischenfinanzierung des Vertrages S 1 zu schließen, kam es am 20.10.1981 zum Abschluß eines weiteren Bausparvertrags (S 4) über 20.000,00 DM. Dessen Mindestansparsumme von 8.000,00 DM wurde von den Klägern wenig später eingezahlt, und zwar per Oberweisung von einem bei der ... Bank unterhaltenen Konto (vgl. Überweisungsträger Bl. 186 GA). Unbekannt ist, ob diese 8.000,00 DM den Klägern seitens der ... Bank kreditiert worden sind; die Beklagte jedenfalls hat bestritten, daß insoweit ein Auffüllungskredit gewährt worden sei, denn die in einem solchen Falle übliche Abtretung der Rechte aus dem Bausparvertrag S 4 sei von der ... Bank nicht verlangt worden (Bl. 173 GA). Auch der neue Vertrag S 4 wurde durch Vermittlung der Beklagten von der ... und ... bank voll zwischenfinanziert. Nach Abzug eines Disagios von 3,75 % (750,00 DM) gelangten 19.250,00 DM zur Auszahlung auf das Darlehenskonto der Kläger bei der ... Bank, und zwar nach dem übereinstimmenden Vorbringen beider Parteien zum weiteren Ausgleich für den ursprünglichen Auffüllungskredit über 81.020,00 DM. Der Zinssatz - fest für ein Jahr - betrug 8,5 %, die monatliche Zinsrate lag bei 141,67 DM (vgl. Antrag Bl. 114 bis 116 GA; die Kreditzusage Bl. 26 GA, den Überweisungsträger Bl. 185 GA). Da das Darlehen mit einer Ausfallbürgschaft der Beklagten gesichert war, lehnte diese den gleichzeitigen Abschluß eines Tilgungsstreckungs- und Zinsstundungsdarlehens ab.
Am 11.01.1982 wurde schließlich noch ein weiterer Bausparvertrag S 5 über 35.000,00 DM abgeschlossen. Anlaß und Zweck dieses Vertrages sind allerdings streitig. Die Kläger haben behauptet, daß es dabei um die Beschaffung zusätzlicher Geldmittel gegangen sei, ohne die das Finanzierungsmodell der Beklagten undurchführbar gewesen wäre. Nach Angaben der Beklagten sollte mit dem weiteren Bausparvertrag S 5 ein anderweitiges Privatdarlehen der Eltern des Klägers abgelöst werden. Unstreitig ist jedoch, daß auch der Vertrag S 5 voll zwischenfinanziert wurde (vgl. Bl. 29 GA). Der Zinssatz betrug 8,5 % fest für 2 Jahre bei einem Disagio von 5 %, so daß 33.250,00 DM ausgezahlt wurden. Dieser Betrag ging auf ein Konto der Kläger bei der ... bank .... Diese hatte den Kredit, der zur Aufbringung des Mindestsparbetrages in Höhe von 14.000,00 DM erforderlich war, zur Verfügung gestellt und außerdem eine Kontoüberziehung der Kläger bei der Sparkasse ... von ca. 10. bis 15.000,00 DM ausgeglichen. Die monatliche Zinsrate für den zwischenfinanzierten Kredit betrug 247,92 DM (Bl. 29 GA). Sie wurde jedoch durch einen am 22.11.1982 abgeschlossenen Tilgungsstreckungs- und Zinsstundungsdarlehensvertrag auf zunächst zu erbringende 133,90 DM gesenkt. Das so auflaufende Darlehen sollte mit 10,5 % verzinst werden (vgl. den Vertrag Bl. 30 GA).
Streitig ist, welche Beträge die Kläger auf die verschiedenen Kredite bzw. Bausparverträge in der Folgezeit gezahlt haben. Jedenfalls aber kamen sie ihren Zahlungsverpflichtungen insgesamt nur unvollständig nach. Am 28.05.1984 unterzeichneten sie schließlich auf Drängen der Beklagten (vgl. deren Schreiben vom 06.02.1984 - Bl. 35 GA) die hier streitbefangene notarielle Schuldurkunde nebst Vollstreckungsunterwerfung, aus der die Beklagte nach wie vor die Zwangsvollstreckung betreiben will. Mittlerweile war auch das Haus der Kläger in die Zwangsversteigerung geraten, in deren Zuge der Verkehrswert des Hauses auf 100.000,00 DM festgesetzt wurde. Im August 1985 erfolgte jedoch ein freihändiger Verkauf des Hauses zur Abwendung der Zwangsvollstreckung mit einem Erlös von lediglich 70.000,00 DM. Durch diese 70.000,00 DM verringerten sich die Verbindlichkeiten der Kläger bei der Beklagten entsprechend, und zwar nach dem Vortrag der Letzteren auf 124.675,61 DM per 30.06.1987. Über diese Forderung hinaus bestehen zu Lasten der Kläger keine Forderungen mehr seitens der ... und ... bank. Deren Forderungen sind von der Beklagten abgelöst und in dem vorstehend genannten Betrag enthalten.
Die Kläger wehren sich gegen die verbliebene Restforderung und die Vollstreckung derselben aus der Urkunde vom 28.05.1984. Sie haben klagweise geltend gemacht, daß die Beklagte sie durch ihren Bezirksleiter ... unter Vernachlässigung der einschlägigen Aufklärungs- und Beratungspflichten zum Abschluß einer Vielzahl bausparvertraglicher Vereinbarungen verleitet habe, die das Scheitern der Finanzierung von vornherein erkennbar vorprogrammiert hätten. Durch diese mangelhafte Beratung sei ihnen unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß ein Schadensersatzanspruch erwachsen, der die angebliche Forderung der Beklagten übersteige. Insoweit haben die Kläger dargelegt, daß sich ihre monatliche Belastung bei der Sparkasse ... - wenn die dortigen ursprünglichen Darlehen nicht abgelöst worden wären - von 651,53 DM im Jahre 1980 über 887,53 DM im Jahre 1982 auf 725,03 DM im Jahre 1987 entwickelt hätte (Bl. 205 GA). Auf dieser Basis hätten sie ihr Hausgrundstück finanzieren und behalten können.
Die Kläger haben - nachdem gegen sie zunächst am 09.12.1987 ein klagabweisendes Versäumnisurteil ergangen war (Bl. 198 GA) - beantragt,
unter Aufhebung des Versäumnisurteils die Zwangsvollstreckung aus der Schuldurkunde Nr. ... des Notars ..., vom 28.05.1984 im Gesamtbetrag von 140.900,00 DM für unzulässig zu erklären.
Die Beklagte hat beantragt,
das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
Sie hat geltend gemacht, daß die Beratung der Kläger durch den Bezirksleiter ... vollständig und richtig gewesen sei. ... habe die Kläger z. B. auch über die Wirkungsweise von Tilgungsstreckungs- und Zinsstundungsdarlehen in Kenntnis gesetzt (Bl. 93 GA). Ohnehin, so hat die Beklagte weiter geltend gemacht, seien schon die jeweiligen Vertragstexte, wenn sie nur aufmerksam gelesen würden, ausreichend gewesen, um die Kläger über die Wirkungsweise der genannten Darlehen zu informieren. Im übrigen sei eine Finanzierung über Bausparverträge mit fremdfinanzierter Mindestansparsumme, Zwischenkrediten sowie Tilgungsstreckungs- und Zinsstundungsdarlehen völlig üblich und seriös. Falsche Versprechungen seien dabei von ihrem Bezirksleiter ... nicht gemacht worden. Daß eine Senkung der monatlichen Belastung letzten Endes zu einer längeren Tilgungsdauer habe führen müssen, sei den Klägern ohnehin klar gewesen.
Die Beklagte ist ferner den Schadensdarlegungen der Kläger entgegengetreten.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 07.09.1988 (Bl. 239 f GA) das Versäumnisurteil aufgehoben und die Zwangsvollstreckung aus der streitgegenständlichen Urkunde insoweit für unzulässig erklärt, als diese auf Zahlung von mehr als 85.596,38 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01.09.1985 gerichtet ist. Von diesem Betrag hat das Landgericht 65.886,50 DM als zur sofortigen Zahlung fällig erachtet und für den Rest monatliche Raten in Höhe von 803,25 DM ab September 1988 festgesetzt. Dem Grunde nach hat das Landgericht die Klage aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß für begründet erachtet. Die Beklagte sei zu einer umfassenden und vollständigen Beratung der Kläger verpflichtet gewesen, insbesondere habe sie keine Finanzierung empfehlen dürfen, deren laufende Belastungen für die Kläger aufgrund ihrer Einkommensverhältnisse nicht tragbar sein konnten. Außerdem hätten der Beklagten verschiedene Hinweispflichten oblegen, so etwa über die Möglichkeit steigender Zinsen nach Ablauf der Zinsbindungsfristen für der Zwischenkredite, über eine eventuell verzögerte Zuteilung von Bausparverträgen sowie über die Funktion von Tilgungsstreckungs- und Zinsstundungsdarlehen und die spätere Belastung aus diesen. Schließlich erfordere eine Finanzierung wie hier auch die Erstellung eines längerfristigen schriftlichen Finanzierunsplanes. Alle diese Pflichten habe die Beklagte verletzt, so daß den Klägern ein Schadensersatzanspruch zustehe, der auf die Rückgängigmachung der abgeschlossenen Verträge gerichtet sei. Die wechselseitig erbrachten Leistungen seien also zurückzugewähren. Jedoch sei von dieser Rückgewährpflicht die hier streitbefangene Schuldurkunde auszunehmen. Aus Gründen der Prozeßökonomie sowie nach Treu und Glauben sei es geboten, die Zwangsvollstreckung aus dieser Schuldurkunde nur insoweit für unzulässig zu erklären, als die in der Urkunde genannte Summe die berechtigten Rückgewähransprüche der Beklagten (das sind die vom Landgericht ausgeurteilten 85.596,38 DM) übersteige.
Das am 07.09.1988 verkündete Urteil ist den erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Parteien am 19.09.1988 zugestellt worden (Bl. 277 a und Bl. 277 b GA). Die Berufungsschrift der Beklagten vom 17.10.1988 ist am selben Tage beim Oberlandesgericht eingegangen (Bl. 287 GA). Am 16.12.1988 erfolgte - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 17.12.1988 (Bl. 329 GA) - die Berufungsbegründung (Bl. 331 GA). Die erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Kläger haben mit Schriftsatz vom 13.10.1988, bei Gericht eingegangen am 19.10.1988 (Bl. 289 GA), Prozeßkostenhilfe für die Durchführung einer eigenen Berufung beantragt. Mit Beschluß vom 20.02.1989 (Bl. 362 GA) - zugestellt am 27.02.1989 (Bl. 364 GA) - ist den Klägern Prozeßkostenhilfe bewilligt worden sowohl für die eigene Berufung als auch für die Verteidigung gegen die Berufung der Beklagten. Die Berufung der Kläger ist sodann verbunden mit einem Wiedereinsetzungsgesuch am 13.03.1989 (Bl. 365 GA) bei Gericht eingegangen. Dem Wiedereinsetzungsgesuch hat der Senat mit Beschluß vom 14.03.1989 (Bl. 368 GA) entsprochen. Die Frist zur Berufungsbegründung und zur Berufungserwiderung wurde zugunsten der Kläger bis zum 13.04.1989 verlängert (Bl. 371 GA). Am selben Tage ist dann die Berufungsbegründung nebst Berufungserwiderung bei Gericht eingegangen (Bl. 375 GA).
Mit ihren beiderseitigen Berufungen verfolgen die Parteien ihre erstinstanzlichen Anträge, soweit diesen nicht entsprochen worden ist, weiter.
Die Kläger verteidigen das landgerichtliche Urteil, soweit es ihnen günstig ist, und bekräftigen insbesondere ihre Auffassung, daß ihnen die Beklagte ohne eine ausreichende Beratung ein verfehltes Umfinanzierungsmodell verpaßt habe. Der wesentliche Fehler des vom Bezirksleiter ... entwickelten Konzepts liege darin, daß der Zwischenkredit über 210.000,00 DM wegen des Disagiobedingten Auszahlungsverlustes von vornherein nicht habe ausreichen können, um auch den Ausfüllungskredit bei der ... Bank mit abzulösen. Folglich hätten weitere Bausparverträge abgeschlossen und zwischenfinanziert werden müssen, was einen regelrechten "Schneeball-Effekt" mit immer neuen Gebühren und Zinsen ausgelöst habe. Auch der Vertrag S 5 habe in diesem Zusammenhang - notgedrungen - abgeschlossen werden müssen.
Die Kläger vertreten ferner die Ansicht, daß ihnen im Wege des Schadensersatzes die Schuldurkunde in vollem Umfang zurückgewährt werden müsse, so daß ihrem Antrag, die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde vollständig für unzulässig zu erklären, uneingeschränkt zu entsprechen sei. Unabhängig davon greifen die Kläger aber auch die landgerichtliche Berechnung ihrer Restschuld an; richtigerweise ergebe sich heute keinerlei Restschuld mehr.
Die Kläger beantragen (Bl. 357, 375 GA),
- 1.
die gegnerische Berufung zurückzuweisen,
- 2.
das angefochtene Urteil teilweise zu ändern und die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Urkunde des Notars ... aus ... vom 28.05.1984 (UR-Nr. ...) insgesamt für unzulässig zu erklären,
- 3.
hilfsweise als Sicherheit im Rahmen des § 711 ZPO die selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder Sparkasse zuzulassen.
Die Beklagte beantragt (Bl. 331, 407 GA),
- 1.
die gegnerische Berufung zurückzuweisen,
- 2.
unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage vollständig abzuweisen,
- 3.
hilfsweise für den Fall der Gewährung von Vollstreckungsnachlaß zu gestatten, daß Sicherheit in Form der Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Volksbank geleistet wird.
Sie bestreitet jedes Beratungsverschulden und vertritt die Ansicht, daß das von ihrem Bezirksleiter ... entwickelte Finanzierungskonzept, insbesondere die durch die Tilgungsstreckungs- und Zinsstundungsdarlehen bewirkte Reduzierung der monatlichen Belastungen der Kläger, angesichts der ihr, der Beklagten, bekannten finanziellen Situation der Kläger genau richtig gewesen sei und die Kläger auch über die damit verbundenen Einzelheiten, speziell die Verlängerung des Abzahlungszeitraums, eingehend aufgeklärt worden seien. Ohne diese Umschuldungsmaßnahmen wäre das Haus der Kläger schon damals in die Zwangsvollstreckung geraten, was die Kläger gerade hätten vermeiden wollen.
Im übrigen bestreitet die Beklagte die Kausalität sonstiger denkbarer Pflichtverletzungen und rügt, daß es im übrigen an substantiiertem Vortrag der Kläger zu ihrer damaligen finanziellen Situation sowie zu den Gründen ihres späteren finanziellen Zusammenbruchs fehle.
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die vor dem Senat gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
Während die Berufung der Beklagten unbegründet ist, muß auf die Berufung der Kläger das landgerichtliche Urteil teilweise geändert und die Zwangsvollstreckung aus der streitbefangenen notariellen Urkunde vom 28.05.1984 in vollem Umfang für unzulässig erklärt werden. Die Beklagte - handelnd durch ihren Bezirksleiter ... - hat die Kläger anläßlich der von Mitte bis Ende 1981 durchgeführten Umschuldung falsch beraten und sich dadurch nach den Grundsätzen über das Verschulden bei Vertragsschluß schadensersatzpflichtig gemacht. Folge dieser Schadensersatzpflicht ist die Rückgängigmachung aller im Zusammenhang mit der Umschuldung geschlossenen Vereinbarungen und erbrachten Leistungen; dazu gehört auch die Rückgabe der streitbefangenen Schuldurkunde. Folglich ist die Beklagte gehindert, aus dieser Urkunde weiterhin zu vollstrecken.
A.
I.
Führt eine Bausparkasse eine Finanzierungsberatung durch, so hat sie den Kunden vollständig und richtig zu beraten (OLG Düsseldorf WM 86, 253). Sie darf keine Tatsachen verschweigen, über die der Kunde nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise Aufklärung erwarten kann. Über Umstände, die zur Vereitelung des vom Kunden mit der Finanzierung angestrebten Zweckes geeignet und deshalb für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sein könnten, hat sie von sich aus aufzuklären (Senatsurteil vom 07.01.1987 - 3 U 53/86). Darüber hinaus muß die Bausparkasse den Finanzierungsbedarf des Kunden gewissenhaft prüfen und Finanzierungslücken in ihrem Konzept vermeiden. Ebenso wichtig ist es aber auch, daß sie dem Kunden nur zu einer solchen Finanzierung rät, die dieser unter Berücksichtigung seiner Einkommensverhältnisse sowohl kurzfristig als auch langfristig bedienen kann (Senatsurteil a.a.O.). Ist das nicht gewährleistet, so muß sie von der Finanzierung abraten und diese gegebenenfalls auch ablehnen. Bei der Zwischenfinanzierung von Bausparverträgen hat die Bausparkasse speziell auch die Risiken in ihre Überlegungen einzubeziehen und dem Kunden zu erläutern, die sich aus dem Auslaufen von relativ kurzen Zinsbindungen, aus der nominellen Zinsverbilligung durch ein relativ hohes Disagio und aus der Ungewißheit über den Zuteilungszeitpunkt von Bausparverträgen ergeben können (vgl. Senatsbeschlüsse vom 16.11.1987 - 3 K 108/87 - und vom 07.03.1988 - 3 W 18/88). Erörterungsbedürftig sind ferner auch Wirkungsweise und Kosten von Annuitätenzuschußdarlehen oder von Tilgungsstreckungs- und/oder Zinsstundungsdarlehen (vgl. Senatsbeschluß vom 07.03.1988 - 3 W 18/88). Insgesamt wird die Bausparkasse bei einer komplexen Finanzierung ihrem Kunden regelmäßig nur durch einen - je nach Lage des Falles - mittel - bis langfristigen schriftlich niedergelegten und - zu Beweiszwecken - seinem wesentlichen Inhalt nach zweckmäßigerweise auch schriftlich erläuterten Finanzierungsplan die erforderliche Beratung und Aufklärung über die auf ihn zukommenden Belastungen bieten können.
II.
Den vorstehend beschriebenen Beratungs- und Aufklärungspflichten ist die Beklagte bzw. der für sie als Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 278 BGB handelnde Bezirksleiter ... nicht ausreichend gerecht geworden. Auf der Basis des von ... entwickelten Konzepts hätte die Umfinanzierung der Kläger nicht erfolgen dürfen.
1.
Allerdings läßt sich der in der Berufungsantwort von den Klägern noch einmal hervorgehobene Vorwurf, daß das Finanzierungskonzept der Beklagten von vornherein eine disagiobedingte Finanzierungslücke, die nur durch immer neue Bausparverträge und damit immer neue und höhere Kosten zu schließen gewesen sei, enthalten habe, nicht bestätigen. Richtig ist zwar, daß nach Auszahlung des ersten Zwischenkredits der von der ... Bank den Klägern gewährte Auffüllungskredit über 81.020,00 DM immer noch mit 37.620,00 DM valutierte. Diese Restschuld ist aber - wie die Kläger (erst) mit Schriftsatz vom 08.09.1989 (Bl. 402 GA) mitgeteilt haben - entsprechend einer von Anfang an bestehenden Planung weitgehend durch die Verwertung des der Mutter des Klägers gehörenden Bausparvertrages abgedeckt worden. Denn die Mutter des Klägers sollte diesem 30.000,00 DM zur Verfügung stellen und hat dies im Wege der "vorweggenommenen Erbfolge" - wenn auch mit fremden Mitteln, so doch auf ihre Kosten - auch tatsächlich getan, so daß die Finanzierungslücke, die sich aus der Vorfinanzierung der Zwischenfinanzierung des Vertrages S 1 bei der ... Bank ergab, sich nur noch auf 7.620,00 DM belief. Um diese Lücke dann endgültig zu schließen, genügten aber der Abschluß und die Zwischenfinanzierung des Vertrages S 4. Aus diesem Vertrag flossen 19.250,00 DM an die ... Bank. Das reichte nicht nur zur endgültigen Schließung der ursprünglichen Finanzierungslücke von 37.620,00 DM, sondern deckte darüber hinaus auch noch die Auffüllung des Vertrages S 4 in Höhe von 8.000,00 DM.
Durch das Ineinandergreifen der Verträge S 1 bis S 4 war also die von der Beklagten empfohlene Finanzierung als solche zu 100 % gedeckt; Finanzierungslücken gab es nicht. Der Abschluß des weiteren Bausparvertrages S 5 kann deshalb - entgegen der Behauptung der Kläger - nicht dazu gedient haben, systembedingte Finanzierungslücken des anfänglichen Umfinanzierungskonzepts zu schließen. Er ist folglich für die Frage, ob und mit welchen Kosten dieses Umfinanzierungskonzept anfänglich aufgegangen ist, unberücksichtigt zu lassen; das um so mehr, weil die Schadensersatzklage - wie nachfolgend noch näher dargelegt wird - aus anderem Grunde ohnehin zum Erfolge führt.
2.
Auch wenn der Beklagten aufgrund der vorstehenden Erörterungen eine Finanzierungslücke in ihrem Umschuldungskonzept nicht vorzuwerfen ist, so liegt ein Beratungsverschulden doch darin, daß ihr Konzept im übrigen völlig verfehlt war. Es führte nämlich weder kurzfristig noch langfristig zu einer für die Kläger günstigen und tragbaren monatlichen Belastung.
a)
Zur kurzfristigen Belastungssituation:
Bei Aufnahme der Umschuldungsverhandlungen waren die Kläger monatlich wie folgt belastet:
- | Kaufpreisraten für die Verkäuferin des Hauses | 400,00 DM |
---|---|---|
- | Zins- und Tilgungsleistungen für die drei Darlehen bei der Sparkasse ... | 793,75 DM |
- | Aufwendungen für das durch die Abtretung des Vertrages S 2 gesicherte Altdarlehen bei der ... Bank in Höhe von 20.000,00 DM | 200,00 DM |
1.393,75 DM |
Nach der Umschuldung hatten die Kläger - abgesehen von den hier auszuklammernden Verpflichtungen aufgrund des Bausparvertrages S 5 - folgende monatliche Zahlungen zu leisten:
- | Aufwendungen für das Altdarlehen bei der ... Bank (nach wie vor) | 200,00 DM |
---|---|---|
- | Zwischenfinanzierung des Vertrages S 1 (unter Ausnutzung des eingeräumten Tilgungsstreckungs- und Zinsstundungsdarlehens) | 803,25 DM |
- | Sparleistung für den Vertrag S 3 | 80,00 DM |
- | Zwischenfinanzierung des Vertrages S 4 | 141,67 DM |
1.224,92 DM |
Nominell trat also infolge der Umschuldung eine monatliche Belastungsverminderung von 168,83 DM ein. Aber abgesehen davon, daß diese Entlastung geringfügig war, sie sich für die Folgejahre programmgemäß ohnehin noch reduzieren sollte und sie die äußerst bedrängte finanzielle Lage der Kläger ohnehin nicht nennenswert zu verbessern geeignet war, wurde sie mit Mitteln erkauft, nämlich insbesondere der Schenkung der Mutter des Klägers, die sich - an anderer Stelle eingesetzt - sehr viel vorteilhafter ausgewirkt hätten. Hätte man nämlich die 30.000,00 DM ausschließlich dazu verwendet, die ursprüngliche Verschuldung der Kläger unmittelbar zurückzuführen, so hätte man die Kläger (beispielsweise) einerseits von der Darlehensschuld bei der ... Bank in Höhe von 20.000,00 DM und andererseits um ca. 1/10 der Schulden bei der Sparkasse ... befreien können. Das hätte sich mit einer monatlichen Belastungsverminderung von ca. 280,00 DM niedergeschlagen, nämlich in Höhe von 200,00 DM für das ... Bank-Darlehen und mit 10 % von 793,75 DM = ca. 80,00 DM bei den Zins- und Tilgungsraten für die bei der Sparkasse ... aufgenommenen Darlehen. Danach wäre die monatliche Belastung der Kläger auf 1.113,75 DM (1.393,75 DM ./. 280,00 DM) gesunken, also auf einen Betrag, der noch um 111,17 DM (1.224,92 DM ./. 1.113,75 DM) monatlich unter dem Resultat der von der Beklagten empfohlenen Umschuldung lag. Schon kurzfristig war also das Umschuldungskonzept der Beklagten nicht geeignet, den Klägern dort in optimaler Form zu helfen, wo sie es erkennbar am dringendsten nötig hatten, nämlich bei ihrer monatlichen Kreditbelastung. Diese Belastung muß die Beklagte bzw. der für sie handelnde Bezirksleiter ... auch gekannt haben. Die noch offenen Ansprüche der Grundstücksverkäuferin ... und die Verbindlichkeiten der Kläger bei der Sparkasse ... abzulösen, war der primäre Zweck der von der Beklagten durchgeführten Umschuldungsaktion. Die Beklagte räumt auch selbst ein (Bl. 336 GA), diese Verbindlichkeiten gekannt zu haben; also kann sie auch über deren monatliche Bedienung nicht im Unklaren gewesen sein. Das gilt letztlich auch für das Altdarlehen der Kläger bei der ... Bank in Höhe von 20.000,00 DM mit einer monatlichen Belastung von 200,00 DM. Insoweit bestreitet die Beklagte zwar eine entsprechende Kenntnis (Bl. 336 GA), jedoch kann sie damit kein Gehör finden. Denn sie hat in erster Instanz selbst vorgetragen, daß der Bausparvertrag S 2 "an die ... Bank abgetreten worden war" (Bl. 97 GA) und seine vorangegangene Erhöhung auf 20.000,00 DM "angesichts der Höhe des Kredites bei der ... Bank, zu deren Ablösung der Vertrag bestimmt war, erforderlich" gewesen sei (Bl. 98 GA). Wenn zudem aus dem eigenen Vorbringen der Beklagten - wie im übrigen auch ohnehin gerichtsbekannt ist - auch noch entnommen werden kann (vgl. insbesondere die vorgelegten Urkunden Bl. 181 bis 183 GA), daß die Abtretung von Ansprüchen aus Bausparverträgen regelmäßig - und speziell auch hier von der ... Bank - den Bausparkassen zwecks Bestätigung der Abtretung angezeigt wird, dann muß die Beklagte über das durch die Abtretung des Bausparvertrages S 2 gesicherte Altdarlehen bei der ... Bank informiert gewesen sein. Die gegenteiligen Behauptung der Beklagten sind deshalb nach der Überzeugung des Senats offensichtlich unwahr.
b)
Zur langfristigen Belastungssituation:
Noch weniger sachgerecht war das Konzept der Beklagten, wenn man sich die langfristige Belastungssituation der Kläger vor Augen führt, nämlich die Situation, die sich nach planmäßiger Ablösung der Zwischenfinanzierung durch die endgültige bausparvertragliche Finanzierung ergeben hätte.
aa)
Nach Zuteilung des Bausparvertrages S 1 hätte die monatliche Zins- und Tilgungsrate - ausweislich der von der Beklagten selbst stammenden Angaben in dem Tilgungsstreckungs- und Zinsstundungsvertrag vom 31.8./07.09.1981 (Bl. 21 GA) - bei 1.285,20 DM gelegen. Dieser Betrag hätte langfristig von den Klägern auch tatsächlich gezahlt werden müssen, denn die am 31.8./07.09.1981 vereinbarte Tilgungsstreckung bzw. Zinsstundung hätte sich schon nach Ablauf weniger Jahre erschöpft. Ohnehin sollte sich der zunächst von 1.487,50 DM auf 803,25 DM "heruntergestundete" Zins für die Zwischenfinanzierung des Vertrages S 1 um jährlich 4 % erhöhen, so daß spätestens nach 13 Jahren allemal monatliche Raten von 1.285,20 DM zu zahlen gewesen wären. De facto hätten die Kläger indessen mit Rücksicht darauf, daß der zur Rückzahlung der ständig auflaufenden Tilgungs- und Zinszahlungen abgeschlossene Bausparvertrag S 3 nur über 70.000,00 DM lief und dieser Betrag bereits nach wenigen Jahren ausgeschöpft gewesen wäre - im ersten Jahr lief bereits ein Zinsstundungsbetrag von 9.278,43 DM auf (1.487,50 DM ./. 803,25 DM = 684,25 DM × 12 Monate = 8.211,50 DM × 13,75 %), - von da an entweder den vollen Betrag von 1.285,20 DM zahlen oder anderweitige, letztlich zumindest gleich hohe Kosten für eine Aufstockung des Vertrages S 3 aufbringen müssen.
bb)
Auf den Vertrag S 2, der als Sicherheit für das Altdarlehen bei der ... Bank diente und zuletzt über eine erhöhte Bausparsumme von 22.000,00 DM lief (Bl. 302 GA), hätte nach Erreichen der 40%igen Mindestansparsumme und nach Zuteilung des Bausparvertrages - ausweislich der Bausparbedingungen der Beklagten (Bl. 119 f GA) - ein Zins- und Tilgungsbetrag von 6,00 DM pro 1.000,00 DM Bausparsumme gezahlt werden müssen, also monatlich 132,00 DM.
cc)
Der Vertrag S 3 über 70.000,00 DM hätte nach Erreichen der 40%igen Mindestansparsumme (28.000,00 DM) und nach Zuteilung gekostet: Für Zins und Tilgung monatlich ebenfalls 6,00 DM pro 1.000,00 DM Bausparsumme, also 420,00 DM.
dd)
Für den Vertrag S 4 über 20.000,00 DM wären nach Zuteilung angefallen: 6,00 DM für Zins und Tilgung pro 1.000,00 DM Bausparsumme, also 120,00 DM.
ee)
Nach Zuteilung hätten also gezahlt werden müssen für
Vertrag S 1 | 1.285,20 DM | |
---|---|---|
Vertrag S 2 | 132,00 DM | |
Vertrag S 3 | 420,00 DM | |
Vertrag S 4 | 120,00 DM | |
1.957,20 DM |
Daß dieser Betrag auch unter Berücksichtigung normaler Einkommenssteigerungen von den Klägern selbst langfristig nicht finanzierbar gewesen wäre, liegt angesichts der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Kläger im Jahre 1981 klar auf der Hand und zeigt, daß das von der Beklagten entworfene Umschuldungskonzept sowohl kurzfristig als auch langfristig völlig verfehlt war.
Dies springt noch deutlicher ins Auge, sobald man das voraussehbare Schicksal des Vertrages S 3 noch etwas näher betrachtet. Wenn insoweit oben unter cc) davon ausgegangen wird, daß der Vertrag S 3 nach Zuteilung mit monatlich 420,00 DM bedient werden mußte, so enthält das - zugunsten der Beklagten - bereits eine unrealistische Prämisse, nämlich die Prämisse, daß es insoweit überhaupt in einem absehbaren Zeitraum zu einer Zuteilung des Vertrages und der damit verbundenen generell günstigen bausparvertraglichen Finanzierung der aufgelaufenen Tilgungsstreckungs- und Zinsstundungsbeträge gekommen wäre. Realistischerweise konnte bei Abschluß des Vertrages S 3 mit einer Zuteilung innerhalb der nächsten Jahrzehnte (!) aber gar nicht gerechnet werden. Denn auf den Vertrag S 3 sollten ohnehin nur monatlich 80,00 DM, jährlich um 10 % steigend, gezahlt werden. Um mit diesen minimalen Zahlungen wenigstens die Abschlußgebühr und die 40%ige Mindestansparsumme von 28.000,00 DM zu erreichen und damit überhaupt erst die Voraussetzungen für die Zuteilung dieses Bausparvertrages zu schaffen, hätte es mehr als 20 Jahre bedurft. Wie aber bis dahin das mit immerhin 13,75 % jährlich zu verzinsende und - wie oben bereits dargelegt - schon nach 6 bis 7 Jahren in voller Höhe aufgelaufende Tilgungsstreckungs- und Zinsstundungsdarlehen von 70.000,00 DM hätte bedient werden sollen und auch bedient werden können, ist völlig unerfindlich und zeigt in krasser Weise die Nachlässigkeit auf, mit der seinerzeit die Umschuldung der Kläger bearbeitet worden ist.
Richtigerweise hätte die Beklagte also von einer Umfinanzierung der Kläger und damit dem Abschluß der verschiedenen Bausparverträge nebst deren Zwischenfinanzierungen absehen müssen.
B.
Im Hinblick auf das verfehlte Umschuldungskonzept ist der Beklagten auch ein Verschuldensvorwurf zu machen. Hätte sich ihr Bezirksleiter ... die Mühe gemacht, einen gründlichen Finanzierungsplan zu erstellen, der die kurzfristigen und langfristigen Belastungen der von ihm in Aussicht genommenen Finanzierung gleichermaßen enthielt, dann hätte ihm nicht verborgen bleiben können, daß sein Konzept weder kurzfristig noch langfristig aufgehen konnte.
C.
Aufgrund der ihr zuzurechnenden schuldhaften Pflichtverletzung hat sich die Beklagte schadensersatzpflichtig gemacht und die Kläger demzufolge so zu stellen, wie diese stehen würden, wenn die Beklagte von der Umschuldung abgesehen hätte. In einem solchen Falle wäre es - losgelöst von der höchst problematischen und hier nicht zu entscheidenden Frage, wie die Kläger dann heute vermögensmäßig darstehen würden - jedenfalls nicht zur Errichtung der hier streitbefangenen Schuldurkunde vom 28.05.1984 gekommen. Die Beklagte hat folglich diese Urkunde im Wege des Schadensersatzes zurückzugeben; Folge dieser Rückgabepflicht ist es, daß sie aus der Urkunde auch nicht mehr weiter vollstrecken darf; dies ist auf Antrag der Kläger unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils auszusprechen.
Soweit das Landgericht in der angegriffenen Entscheidung die Auffassung vertreten hat, aus Gründen der Prozeßökonomie und nach Treu und Glauben sei die Schuldurkunde bzw. die darin enthaltene Vollstreckungsunterwerfung in Höhe des Betrages aufrechtzuerhalten, in dem der Beklagten trotz ihrer Schadensersatzpflichtigkeit berechtigte Rückzahlungsansprüche gegen die Kläger zustehen, vermag dem der Senat unter Fortsetzung seiner bisherigen Rechtsprechung nicht zu folgen (vgl. Senatsurteil vom 07.01.1987 - 3 U 53/86). Wie weit eine rechtsgeschäftlich erklärte Zwangsvollstreckungsunterwerfung einen Gläubiger absichern soll, ist keine Frage der Prozeßökonomie und/oder von Treu und Glauben, sondern richtet sich danach, welcher rechtsgeschäftlicher Wille der Erklärung zugrunde liegt. Mißt man diesen hier am Wortlaut der Unterwerfungserklärung, so beschränkt er sich eindeutig nur auf darlehensrechtliche Ansprüche. Da hier indessen der Beklagten aufgrund ihrer Schadensersatzpflichtigkeit keine darlehensrechtlichen Ansprüche zustehen, sie diese jedenfalls rechtlich nicht durchsetzen kann, sondern lediglich Ansprüche aus einem schadensersatzrechtlich determinierten Rückabwicklungsverhältnis hat, erfaßt die Unterwerfungserklärung der Kläger die denkbaren Ansprüche der Beklagten nicht. Diese Einschätzung deckt sich mit der Handhabung vergleichbarer Fälle. So ist beispielsweise weitgehend anerkannt, daß Sicherungserklärungen regelmäßig Ansprüche, die im Zusammenhang mit der Anfechtung von Verträgen stehen, die auf bereicherungsrechtliche Grundsätze gestützt werden oder eine schadensersatzrechtliche Grundlage haben, nicht erfassen (vgl. OLG Hamm ZIP 88, 300; OLG Celle WM 87, 1484; Wolff/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 2. Aufl., § 9, Anm. S 98). Speziell für Unterwerfungserklärungen im Zusammenhang mit dem Abschluß von Darlehensverträgen hat auch der erkennende Senat ausgesprochen, daß diese Unterwerfungserklärungen etwaige Schadensersatzansprüche, speziell Ansprüche wegen der Nichtabnahme eines Darlehens, nicht erfassen können (vgl. OLG Celle v. 21.09.1988 - 3 U 26/88).
Dem sind Fälle der vorliegenden Art. grundsätzlich gleichzustellen, sofern man nicht im Einzelfall ausnahmsweise im Wege der erläuternden oder ergänzenden Vertragsauslegung zu dem Ergebnis gelangen muß, daß abweichend vom Normalfall auch sekundäre Leistungs- bzw. Rückgewähransprüche durch die Zwangsvollstreckungsunterwerfung abgesichert werden sollten.
Dafür fehlt es hier indessen an genügenden Anhaltspunkten.
Insbesondere läßt sich nicht feststellen, daß sich die Kläger redlicherweise darauf hätten einlassen müssen, sich auch wegen - letztlich im einzelnen noch gar nicht absehbarer - nichtvertraglicher Rückgewähransprüche der Beklagten ebenfalls der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen. Wenn die Beklagte derartige Ansprüche gegen die Kläger durchsetzen will, so ist es ihre Aufgabe, diese Ansprüche in einem gesonderten Rechtsstreit geltend zu machen und - soweit begründet - titulieren zu lassen.
D.
Da die Berufung der Beklagten somit erfolglos bleiben muß und auf die Berufung der Kläger die Zwangsvollstreckung aus der hier streitbefangenen Urkunde in vollem Umfange für unzulässig zu erklären ist, hat die Beklagte gemäß § 91 ZPO die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die mit der Kostenentscheidung zu verbindende Regelung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht wegen der Revisibilität der Sache auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Wert der Beschwer: 124.675,61 DM.