Arbeitsgericht Braunschweig
Beschl. v. 22.06.2005, Az.: 3 BV 34/05

Bibliographie

Gericht
ArbG Braunschweig
Datum
22.06.2005
Aktenzeichen
3 BV 34/05
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 43781
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:ARBGBS:2005:0622.3BV34.05.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
ArbG Braunschweig - 22.06.2006 - AZ: 3 BV 34/05
LAG Niedersachsen - 09.08.2006 - AZ: 15 TaBV 53/05
BAG - 23.01.2008 - AZ: 1 ABR 74/06

Tenor:

  1. Die Anträge werden zurückgewiesen.

Gründe

1

I.

Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 2) zu zahlreichen beabsichtigten Einstellungen und vorgenommenen vorläufigen Einstellungen im Bereich der Rotationsendverarbeitung.

2

In der Rotationsendverarbeitung der Beteiligten zu 1) wurden seit einigen Jahren im Rahmen befristeter Tagesarbeitsverhältnisse sogenannte Abrufer eingesetzt. Der Haustarifvertrag im Hause der Beteiligten zu 1), den diese mit der zuständigen Gewerkschaft ver.di am 29.7.2002 mit einer Laufzeit vom 1.1.2003 bis 31.12.2004 abgeschlossen hatte, enthielt im wesentlichen eine Öffnungsklausel zur Absenkung der Vergütung der Abrufkräfte durch eine Betriebsvereinbarung. Von dieser Öffnungsklausel machten die Betriebsparteien am 30.7.2002 Gebrauch. Initiativen zur Verlängerung des bei der Beteiligten zu 1) geltenden Firmentarifvertrages über den 31.12.2004 hinaus blieben erfolglos.

3

Nunmehr galten ab 1.1.2005 für die Abrufer wieder die allgemeinen tarifvertraglichen Regelungen. Ende Februar 2005 beschloß die Geschäftsführung der Beteiligten zu 1), ab dem 7. März 2005 auf den Einsatz von Abrufern in der Rotationsendverarbeitung vollständig zu verzichten und ab diesem Zeitpunkt ausschließlich mit dem Unternehmen ... zusammenzuarbeiten. Die Beteiligte zu 1) beabsichtigte so, die Personalkosten in diesem Bereich möglichst gering zu halten, um im harten Wettbewerb für Druckaufträge konkurrenzfähig zu bleiben.

4

Die Beteiligte zu 1) informierte den Beteiligten zu 2) mit Hausmitteilung vom 25. Februar 2005 über ihre Entscheidung und hörte ihn über den ab dem 7. März 2005 beabsichtigten Einsatz von 47 Leiharbeitnehmern des Unternehmens ... in der Rotationsendverarbeitung unter rechtzeitiger Übersendung der Erlaubnis zur Arbeitsvermittlung der Firma ... an. Sie teilte dem Beteiligten zu 2) mit, daß die Firma ..., Mitglied des Arbeitgeberverbandes Mittelständischer Personaldienstleister e.V. ist und demnach dem Tarifvertrag Christlicher Gewerkschaften, Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (PSA) unterliegt und die Mitarbeiter der ... dementsprechend nach diesem Tarifwerk vergütet werden. Die Beteiligte zu 1) teilte ferner dem Beteiligten zu 2) mit, daß die Arbeitsverhältnisse der Stammbelegschaft der Beteiligten zu 1) von dieser Entscheidung nicht berührt werden.

5

Der Beteiligte zu 2) verweigerte mit Hausmitteilung vom 4. März 2005 seines Zustimmung zu der beabsichtigten Einstellung der Leiharbeitnehmer der

6

Der Hausmitteilung vom 25. Februar 2005 sind die Namen der vorgesehenen Leiharbeitnehmer beigefügt. Außerdem teilte die Beteiligte zu 1) Einsatzdauer und Einsatztage hinsichtlich der Grund- und Spitzenbesetzung mit. So führte sie zu der Grundbesetzung und dem Einsatz in Nachtschichten zum Beispiel aus: Sonntag, Montag, Mittwoch jeweils vier Leiharbeitskräfte für Ladestraße und Post/Beilagenanleger, Arbeitsanfang: ab ca. 23:00 Uhr; Arbeitsende: ca. 2:00 Uhr bzw. 3:00 Uhr. Hinsichtlich der Spitzenbesetzung heißt es beispielsweise: In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch bis zu zwanzig Leiharbeitskräfte und 40 Leiharbeitskräfte für Beilagen. Und weiter: Die Einsatzdauer ist abhängig von der Auftragslage. Darüber hinaus können je nach Auftragsbestand sporadisch von Montag bis Freitag am Tage bis zu zehn weitere Leiharbeitskräfte zu unterschiedlichen Anfangs- und Endzeiten zur Verstärkung eingesetzt werden.

7

Der weiteren Hausmitteilung über die beabsichtigte Einstellung weiterer 36 Leiharbeitnehmer vom 11. März 2005 und den Hausmitteilungen über die beabsichtigte Einstellung weiterer 11 Damen und Herren vom 15. März 2005, weiterer 17 Leiharbeitnehmer vom 15. März 2005 und weiteren 6 Damen und Herren vom 22. März 2005 waren lediglich die Namen der vorgesehenen Leiharbeitnehmer beigefügt und im übrigen Bezug genommen auf die erste Hausmitteilung vom 25. Februar 2005 und die dort genannten Gründe und Voraussetzungen. Auch die Hausmitteilung vom 24. März 2005 über den beabsichtigten Einsatz weiterer 5 Leiharbeitnehmer, die Mitteilung vom 4. April 2005 über den beabsichtigten Einsatz weiterer 8 Leiharbeitnehmer, ferner die Hausmitteilung vom 18. April 2005 über den beabsichtigten Einsatz von 5 Leiharbeitnehmern sowie die Mitteilung vom 4. und 6. Mai 2005 über einen weiteren Einsatz von insgesamt 9 Leiharbeitnehmern enthielten lediglich als Anlage die Namen der vorgesehenen Leiharbeitnehmer und als Einsatzbestimmungen die Rotationsendverarbeitung ab dem Einsatzzeitpunkt "ab dem heutigen Tage" und dem Bezug auf die Hausmitteilung vom 25. Februar 2005

8

Der Beteiligte zu 2) rügte ausführlich mit Hausmitteilungen vom 4. und 15., 23. und 24., 30. März 2005, vom 4., 20. April 2005 und vom 12. Mai 2005 unter Bezugnahme auf die gesetzlichen Vorschriften jeweils eine nicht hinreichende individualisierte Anhörung, die Mißachtung betrieblicher Beteilinunasrechte, die Nichtigkeit des Tarifvertragswerkes, dem die Arbeitsverhältnisse der ... unterliegen, die Benachteiligung der bis zum 6. März 2005 eingesetzten Abrufkräfte sowie die Benachteiligung der Ende Januar 2005 gekündigten Mitarbeiter der Beteiligten zu 1). Schließlich rügte der Beteiligte zu 2) die fehlende Stellenausschreibung und bestritt die Dringlichkeit der Maßnahme, da die Rotation durch den Einsatz der bisherigen Abrufer aufrechterhalten könne.

9

Der Beteiligte zu 2) bestritt gleichzeitig, daß die vorgenommenen vorläufigen Einstellungen vom 12., 15., 18., 22., 24. März 2005 und ab dem 4., 21. April 2005 sowie ab 4. und 6. Mai 2005 aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist.

10

Der Beteiligte zu 2) hatte die Beteiligte zu 1) unter dem 8. und 28. September 2004 aufgefordert, sämtliche neu zu besetzenden Stellen auszuschreiben. Dies hat die Beteiligte zu 1) hinsichtlich der nach ihrem Wunsch in der Rotationsendverarbeitung mit Leiharbeitnehmern zu besetzenden Steilen nicht getan.

11

Die Beteiligte zu 1) behauptet, die vorläufig vorgenommenen Einstellungen der Damen und Herren der Leiharbeitsfirma ... ab 12., 15., 18., 22., 24. März 2005 und ab dem 4., 21. April 2005 sowie ab 4. und 6. Mai 2005 sei dringend erforderlich, da es in Anbetracht der wirtschaftlichen Gründe und der allgemein bekannten schwierigen wirtschaftlichen Lage der Zeitungsbranche in Deutschland insgesamt nicht zuzumuten sei, die durch die Anwendung der regulären Tarifverträge entstehenden Mehrkosten bis zum rechtskräftigen Abschluß des Zustimmungsersetzungsverfahrens zu tragen.

12

Die Beteiligte zu 1) beantragt,

  1. 1.

    die vom Beteiligten zu 2) mit Hausmitteilung vom 4. März 2005 verweigerte Zustimmung zur Einstellung der Damen und Herren

    ...

    sowie die vom Beteiligten zu 2) mit Hausmitteilung vom 15.3.2005 verweigerte Zustimmung zur beabsichtigten Einstellung der Damen und Herren

    ...

    zu ersetzen;

  2. 2.

    festzustellen, daß die am 12. März 2005 vorgenommene vorläufige Einstellung der vorstehend unter Ziffer 1) 2. Absatz genannten Damen und Herren aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war;

  3. 3.

    die vom Beteiligten zu 2) mit Hausmitteilung vom 23. März 2005 verweigerte Zustimmung zur Einstellung der Damen und Herren ... zu ersetzen;

  4. 4.

    die vom Beteiligten zu 2) mit Hausmitteilung vom 24. März 2005 verweigerte Zustimmung zur Einstellung der Damen und Herren ... zu ersetzen;

  5. 5.

    die vom Beteiligten zu 2) mit Hausmitteilung vom 24. März 2005 verweigerte Zustimmung zur Einstellung der Damen und Herren ... zu ersetzen;

  6. 6.

    festzustellen, daß die am 15. März 2005 vorgenommene vorläufige Einstellung der vorstehend unter Ziffer 3) genannten Damen und Herren, die am 18. März 2005 vorgenommene vorläufige Einstellung der unter Ziffer 4) genannten Damen und Herren sowie die am 22. März 2005 vorgenommene vorläufige Einstellung der unter Ziffer 5) genannten Damen und Herren aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war;

  7. 7.

    die vom Beteiligten zu 2) mit Hausmitteilung vom 30. März 2005 verweigerte Zustimmung zur Einstellung der Damen und Herren ... zu ersetzen;

  8. 8.

    festzustellen, daß die am 24. März 2005 vorgenommene vorläufige Einstellung der vorstehend genannten Damen und Herren aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war;

  9. 9.

    die vom Beteiligten zu 2) mit Hausmitteilung vom 4. April 2005 verweigerte Zustimmung zur Einstellung der Damen und Herren ... zu ersetzen;

  10. 10.

    festzustellen, daß die am 4. April 2005 vorgenommene vorläufige Einstellung der unter Ziffer 9) genannten Damen und Herren dringend erforderlich war;

  11. 11.

    die vom Beteiligten zu 2) mit Hausmitteilung vom 20. April 2005 verweigerte Zustimmung zur Einstellung der Damen und Herren ... zu ersetzen;

  12. 12.

    festzustellen, daß die am 21. April 2005 vorgenommen vorläufige Einstellung der unter Ziffer 11) genannten Damen und Herren aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war;

  13. 13.

    die vom Beteiligten zu 2) mit Hausmitteilung vom 12. Mai 2005 verweigerte Zustimmung zur Einstellung der Damen und Herren ..., zu ersetzen;

  14. 14.

    festzustellen, daß die am 4. Mai 2005 und 6. Mai 2005 vorgenommen vorläufige Einstellung der unter Ziffer 13) genannten Damen und Herren aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war;

13

Der Beteiligte zu 2) beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

14

Der Beteiligte zu 2) behauptet, bis zur Klärung der Frage, ob der Beteiligte zu 2) seine Zustimmung zur beabsichtigten Einstellung der Leiharbeitnehmer zurecht verweigert hat, könne in der Rotationsendverarbeitung wie seit Jahren mit bereits bei der Beteiligten zu 1) beschäftigtem Stammpersonal und den Abrufkräften weiter gearbeitet werden.

15

Die Beteiligten haben im Termin zur Anhörung der Beteiligten vom 25. Mai 2005 darum gebeten, den Termin zur Verkündung einer Entscheidung nicht sofort auf das Sitzungsende zu legen, sondern Raum für den zwischenzeitlichen Versuch einer gütlichen Beilegung des Rechtsstreits zu lassen. Den Termin zur Verkündung einer Entscheidung hat das Gericht infolgedessen wunschgemäß erst anberaumt auf den 22. Juni 2005.

16

In der Zwischenzeit hat die Beteiligte zu 1) mit Schriftsätzen vom 30. Mai 2005, 1. Juni 2005, 9. Juni 2005, 17. Juni 2005 weitere Anträge auf Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 2) zu weiteren beabsichtigten Einstellungen von Damen und Herren der Firma ... in der Rotationsendverarbeitung gestellt und gleichzeitig die Feststellung begehrt, daß deren vorgenommene vorläufige Einstellung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war. Letztlich hat die Beteiligte zu 1) unter dem 16. Juni 2005 die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beantragt. Hierbei hat sie darauf hingewiesen, daß dem Beteiligten zu 2) entgegen dessen Ausführungen in diesem Verfahren weitere Informationen hinsichtlich des Einsatzes der Leiharbeitnehmer zuteil worden sind, da er die Personaleinsatzpläne für alle Nachtschichten übermittelt bekommen hat, aus denen sich der konkrete Einsatz der Leiharbeitnehmer der Firma ... ergibt. Sie hat eine Stellungnahme des Beteiligten zu 2) zu diesem Vorbringen für geboten erachtet und zudem eine Entscheidung über die weiteren Anträge vom 30. Mai 2005, 1., 9. und 17. Juni 2005 begehrt.

17

II.

Die zulässigen Anträge sind als unbegründet zurückzuweisen.

18

1)

Die vom Beteiligten zu 2) mit Hausmitteilungen vom 4. und 15., 23. und 24., vom 30. März 2005, vom 4., 20. April 2005, vom 12. Mai 2005 verweigerte Zustimmung zu den Einstellungen der dort im einzelnen benannten Herren und Damen ist nicht zu ersetzen, denn der Betriebsrat konnte die Zustimmung zu diesen Einstellungen gem. §§ 99 II BetrVG verweigern.

19

a)

Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat bereits nicht ausreichend unterrichtet, als er die Zustimmung des Betriebsrates zu den geplanten Maßnahmen einholte (§ 99 I 1 BetrVG).

20

Die Zustimmung des Betriebsrates zu einer personellen Einzelmaßnahme kann durch das Arbeitsgericht nur ersetzt werden, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat zuvor gem. § 99 I BetrVG ausreichend unterrichtet hat. Die ausreichende Unterrichtung ist Voraussetzung dafür, daß die Wochenfrist des § 99 III BetrVG zu laufen beginnt. Nur bei ordnungsgemäßer Unterrichtung kann der Betriebsrat zu der geplanten personellen Maßnahme abschließend Stellung nehmen und Gründe, aus denen er die Zustimmung verweigern will, innerhalb der dann laufenden Wochenfrist nennen. Die dem Betriebsrat mit der Unterrichtung mitgeteilten Umstände und seine Zustimmungsverweigerungsgründe bestimmen den Streitstoff im Zustimmungsersetzungsverfahren ( BAG, 15.9.1987, 1 ABR 29/86 ).

21

Der Betriebsrat ist hier bereits nicht ausreichend informiert worden. Der Hausmitteilung vom 25. Februar 2005 sind die Namen der vorgesehenen Leiharbeitnehmer beigefügt. Außerdem teilte die Beteiligte zu 1) Einsatzdauer und Einsatztage hinsichtlich der Grund- und Spitzenbesetzung im grobem Umriß mit. Den weiteren Hausmitteilungen über die beabsichtigte Einstellung weiterer 36 Leiharbeitnehmer vom 11. März 2005 und den Hausmitteilungen über die beabsichtigte Einstellung weiterer 11 Damen und Herren vom 15. März 2005, weiterer 17 Leiharbeitnehmer vom 18. März 2005 und weitere 6 Damen und Herren vom 22. März 2005 waren lediglich die Namen der vorgesehenen Leiharbeitnehmer beigefügt und im übrigen nahm die Beteiligte zu 2) Bezug auf die erste Hausmitteilung vom 25. Februar 2005 und die dort genannten Gründe und Voraussetzungen. Auch die Hausmitteilung vom 24. März 2005 über den beabsichtigten Einsatz weiterer 5 Leiharbeitnehmer, die Mitteilung vom 4. April 2005 über den beabsichtigten Einsatz weiterer 8 Leiharbeitnehmer, ferner die Hausmitteilung vom 18. April 2005 über den beabsichtigten Einsatz von 5 Leiharbeitnehmern sowie die Mitteilung vom 4. und 6. Mai 2005 über einen weiteren Einsatz von insgesamt 9 Leiharbeitnehmern enthielten lediglich als Anlage die Namen der vorgesehenen Leiharbeitnehmer und als Einsatzbestimmungen die Rotationsendverarbeitung ab dem Einsatzzeitpunkt "ab dem heutigen Tage" und dem Bezug auf die Hausmitteilung vom 25. Februar 2005.

22

Somit waren dem Beteiligten zu 2) weder die genauen Personalien der Damen und Herren bekannt, weder das Geburtsdatum, noch Anschrift, noch der Beruf oder zumindest die Qualifikation dieser beabsichtigen Einstellungen teilte die Beteiligte zu 1) ihm mit. Hinsichtlich der Auswirkungen auf die Stammbelegschaft begnügte sich die Beteiligte zu 1) mit dem Hinweis, die Arbeitsverhältnisse dieser Stammbelegschaft würden von dieser Entscheidung nicht berührt.

23

Die Frage, ob dem Beteiligten zu 2) darüber hinaus durch Übermittlung der Personaleinsatzpläne der Nachschichten der Leiharbeitnehmer deren konkreter Einsatzort und Einsatzzeitpunkt bekannt war, läßt die Kammer offen. Denn dieses Vorbringen der Beteiligte zu 1) nach Schluß der mündlichen Verhandlung hat grundsätzlich unberücksichtigt zu bleiben (Greger, in: Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 132 Rz. 4). Andererseits ist dieser Umstand aufgrund des entsprechenden unstreitigen Vertrages beider Beteiligten in dem auch vor dieser Kammer anhängigen Beschlußverfahren zu dem Az. 3 BV 54/05 gerichtsbekannt.

24

Selbst wenn die Beteiligte zu 1) dem Beteiligten zu 2) diese Personaleinsatzpläne bekannt gemacht hat, ist die bisherige Information über den beabsichtigten Einsatz der Leiharbeitnehmer nicht ausreichend. Insbesondere fehlen Angaben zu den Personalien und zu den Auswirkungen der Maßnahme auf die Stammbelegschaft.

25

Der Beteiligte zu 1) vertritt zwar die Auffassung, aus der Natur der Arbeitnehmerüberlassung ergeben sich tatsächliche Einschränkungen der Unterrichtungspflicht bei der Übernahme des Leiharbeitnehmers gegenüber der Unterrichtungspflicht bei der Einstellung eines Stammarbeitnehmers nach § 99 BetrVG. So sei der Beteiligte zu 1) nicht verpflichtet, den Beteiligten zu 2) über die persönlichen Daten der von ihr eingesetzten Leiharbeitnehmer zu unterrichten, da ihr diese gar nicht bekannt sind. Ausreichend sei die Mitteilung des konkreten Einsatzes sowie das der Tätigkeit zugrundeliegende Tarifwerk und eine Ablichtung der Erlaubnis der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung der Bundesanstalt für Arbeit.

26

Aber dieser Auffassung schließt sich die Kammer nicht an. Der Betriebsrat ist vielmehr durch den Arbeitgeber umfassend und rechtzeitig zu informieren, auch bei dem geplanten Einsatz von Leiharbeitnehmern. Der Betriebsrat soll durch diese Information in die Lage versetzt werden, zu prüfen, ob Gründe für eine Verweigerung seiner Zustimmung nach § 99 II BetrVG vorliegen. Daher erstreckt sich die Informationspflicht des Arbeitgebers grundsätzlich auch auf die genauen Personalien, den Zeitpunkt der Maßnahmen und alle persönlichen Tatsachen über den einzustellenden Bewerber sowie alle Umstände über die fachliche und persönliche Eignung für den vorgesehenen Arbeitsplatz. Nur mit Kenntnis über die in Aussicht genommene Einstellung der einzelnen Leiharbeitnehmer und deren Personalien kann der Betriebsrat beispielsweise überprüfen, ob die Vorgaben der anwendbaren Tarifverträge eingehalten werden oder ob durch die Einstellung des in Aussicht genommenen Leiharbeitnehmers die Besorgnis besteht, daß der Betriebsfrieden durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigungen gestört wird. Es sind also die Anzahl, die Qualifikation, die vorgesehenen Arbeitsplätze und Auswirkungen der Einstellung auf die Stammbelegschaft sind mitzuteilen ( LAG Köln, 12.6.1987, 4 TaBV 10/87 ). Über die persönlichen Daten einschließlich Vor- und Zunamen, Geburtsdatum, Anschrift und Beruf ist der Betriebsrat auf jeden Fall zu informieren ( ArbG Verden, 1.8.1989, 1 ABR 22/93 ). Auch die Auswirkungen auf die Stammbelegschaft sind immer darzutun ( BAG, 18.10.1988, 1 ABR 33/87 ). Die Beteiligte zu 1) kann nicht mit dem Einwand gehört werden, sie habe keine weiteren Kenntnisse über die beabsichtigten Einstellungen der Leiharbeitnehmer und deren Personalien. Die konkrete Einsatzplanung nehme zudem die Firma ... vor. Denn die Personalien der Leiharbeitnehmer kann die Beteiligte zu 1) problemlos bei der Firma ... in Erfahrung bringen; dieses Personalserviceunternehmen kennt die bei ihm angestellten Arbeitnehmer. Die Auswirkungen auf die eigene Stammbelegschaft müssen der Beteiligten zu 1) selbst bekannt sein. Der bloß pauschale Hinweis, es gebe keinerlei Auswirkungen, genügt nicht den Anforderungen einer ordnungsgemäßen und umfassenden Information des Beteiligten zu 2). Es ist vielmehr zumindest darauf einzugehen, ob Kündigungen oder sonstige Nachteile zu erwarten sind.

27

b)

Der Betriebsrat hat im übrigen zu Recht die Zustimmung zu der geplanten Einstellung verweigert. Innerhalb der Wochenfrist hat er sich jeweils ausführlich und unter Hinweis auf die entsprechende gesetzliche Norm auf die Zustimmungsverweigerungsgründe berufen.

28

Die tatsächlichen Voraussetzungen, die eine Zustimmungsverweigerung nach diesen Bestimmungen rechtfertigen, liegen zumindest in Bezug auf § 99 II Nr. 5 BetrVG vor. Da dieser Zustimmungsverweigerungsgrund bereits zu bejahen ist, läßt die Kammer im folgenden sodann offen, ob noch weitere Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegen.

29

Nach § 99 II Nr. 5 BetrVG kann der Betriebsrat die Zustimmung verweigern, wenn eine nach § 93 BetrVG erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist. Das Zustimmungsverweigerungsrecht besteht auch dann, wenn der Arbeitgeber vereinbarte Ausschreibungsgrundsätze verletzt hat (Fitting u.a., BetrVG, 22. Aufl., § 99 Rz. 206). § 99 II Nr. 5 BetrVG setzt voraus, daß eine nach § 93 BetrVG erforderliche Ausschreibung unterblieben ist. Sofern eine Ausschreibung nicht erforderlich war, kann der Betriebsrat eine Verweigerung seiner Zustimmung nicht auf § 99 II Nr. 5 BetrVG stützen. § 93 BetrVG schreibt die Ausschreibung von Arbeitsplätzen nicht generell vor. Eine Verpflichtung hierzu besteht vielmehr grundsätzlich nur, wenn der Betriebsrat die Ausschreibung verlangt hat. Dies gilt gleichermaßen, wenn die Ausschreibung von Arbeitsplätzen zwischen den Betriebsparteien vereinbart ist. Somit kann der Betriebsrat die Zustimmungsverweigerung nur auf das Unterbleiben einer Ausschreibung stützen, wenn er die Ausschreibung vor dem Antrag des Arbeitgebers auf Zustimmung zur Einstellung eines Arbeitnehmers auf einen bestimmten Arbeitsplatz verlangt hat. Ein späteres Ausschreibungsverlangen genügt nicht ( BAG, 1.12.2004, 1 ABR 54/03 ).

30

Vorliegend ist trotz des Verlangens des Beteiligten zu 2) die Stellenausschreibung unterblieben. Der Beteiligte zu 2) hatte mit Hausmitteilung vom 8. und 28. September 2005 die Beteiligte zu 1) aufgefordert, sämtliche neu zu besetzenden Stellen auszuschreiben. Diesem Begehren ist die Beteiligte zu 1) hinsichtlich der nach ihrem Wunsch in der Rotationsendverarbeitung mit Leiharbeitnehmern zu besetzenden Stellen nicht nachgekommen.

31

Die Rüge der unterbliebenen Stellenausschreibung ist auch nicht unzulässig. Zwar beabsichtigt die Beteiligte zu 1) aufgrund ihrer unternehmerischen Entscheidung, in der Rotationsendverarbeitung keine Abrufer mehr einzusetzen. Somit sollen die Mitarbeiter in der Rotationsendverarbeitung nicht in einem unmittelbaren Rechtsverhältnis zu der Beteiligten zu 1) stehen. Aber dennoch kann die fehlende innerbetriebliche Stellenausschreibung berechtigterweise vom Beteiligten zu 2) gerügt werden. Für die innerbetriebliche Ausschreibung von Arbeitsplätzen nach § 93 BetrVG kommt es auf deren künftiges Rechtsverhältnis mit dem Arbeitgeber nicht an (Fitting u.a., BetrVG, 22. Aufl., § 99 Rz. 203). So hat eine Ausschreibung selbst dann zu erfolgen, wenn der Arbeitgeber beschlossen hat, die Beschäftigung als freies Mitarbeiterverhältnis zu gestalten ( BAG, 27.7.1993, 1 ABR 7/93 ). Denn für die Ausschreibungspflicht nach § 93 BetrVG ist entscheidend, ob die vorgesehene Beschäftigung eine nach § 99 BetrVG Zustimmungspflichtige Einstellung ist. Maßgeblich ist hierbei nicht die Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitgeber selbst, sondern der betriebsverfassungsrechtlich hiervon abweichende Begriff der Einstellung, d.h. die Frage, ob der zu Beschäftigende in den Betrieb eingegliedert werden soll, um mit den schon beschäftigten Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebes durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen (Kraft, in: Fabricius u.a., BetrVG, 7. Aufl., § 93 Rz. 4). Demzufolge ist bei der beabsichtigten Beschäftigung von Leiharbeitnehmern zuvor eine Ausschreibung vom Arbeitgeber nach § 93 BetrVG vorzunehmen. Die Leiharbeitnehmer werden in die Rotationsendverarbeitung eingegliedert und verwirklichen mit den dort schon beschäftigten Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Unternehmens. Im Regelfall erfolgen auch die arbeitgeberseitigen Weisungen vom Entleiherbetrieb aus. So sieht auch § 14 III AÜG ausdrücklich vor der Übernahme eines Leiharbeitnehmers zur Arbeitsleistung die Beteiligung des Betriebsrates des Entleiherbetriebs nach § 99 BetrVG vor und bejaht infolgedessen ausdrücklich und ausnahmslos bei der Übernahme eines Leiharbeitnehmers das Vorliegen einer Einstellung im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn.

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2)

Es ist nicht festzustellen, daß die am 12., 15., 18., 22., 24. März 2005, daß die ab dem 4., ab 21. April 2005, ab 4. und 6. Mai 2005 vorläufige vorgenommenen Einstellungen der im einzelnen benannten Damen und Herren in der Rotationsendverarbeitung dringend erforderlich war.

33

Die vorläufige Durchführung der Maßnahmen muß aus sachlichen Gründe dringend erforderlich sein, d.h. unaufschiebbar sein. Dies ist der Fall, wenn ohne die sofortige Durchführung der Maßnahme spürbare Nachteile für den Betrieb eintreten oder ihm spürbare Vorteile entgehen, wenn die Maßnahme im Interesse des Betriebes also keinen Aufschub duldet (Kraft, in: Fabricius u.a., BetrVG, 7. Aufl., § 100 Rz. 9). Bei der Einstellung ist entscheidend, ob das längere Freibleiben des Arbeitsplatzes mit dem ordnungsgemäßen, geregelten Ablauf des Betriebes vereinbar ist; es muß aber eine betriebliche Notwendigkeit für die Gewinnung gerade des zur Einstellung beabsichtigten Arbeitnehmers bestehen (Kraft, in: Fabricius u.a., BetrVG, 7. Aufl., § 100 Rz. 12). Die Dringlichkeit muß auf vom Arbeitgeber nicht rechtzeitig voraussehbaren Umständen beruhen, der Arbeitgeber darf sich nicht selbst bewußt in Zugzwang setzen. Die Maßnahme muß wirklich notwendig sein und es darf kein zumutbarer Weg zur Verfügung stehen (Fitting u.a., BetrVG, 22. Aufl., § 100 Rz. 4).

34

Die Beteiligte zu 1) hat nicht schlüssig dargelegt, daß die vorläufige Einstellung der Leiharbeitnehmer aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war. Sie hat lediglich ausgeführt, der sofortige Einsatz der Leiharbeitnehmer sei erforderlich, um die Produktion im Bereich der Rotationsendverarbeitung aufrecht zu erhalten. Sie hat aber nicht substantiiert, warum eine betriebliche Notwendigkeit gerade zur Einstellung der Leiharbeitnehmer besteht. Der pauschale Hinweis auf höhere Personalkosten und großen wirtschaftlichen Druck bei Einsatz des bereits bei der Beteiligten zu 1) tätigen Stammpersonals oder auch bei Einsatz von Abrufkräften bis zur einer Klärung der Frage der Zustimmungsersetzung reicht zur Konkretisierung der dringenden Erforderlichkeit nicht.

35

Zudem beruht die von der Beteiligten zu 1) pauschal behauptete Dringlichkeit nicht auf Umständen, die sie gerade nicht vorhersehen konnte. Denn sie wußte von dem Ende der Laufzeit des Firmentarifvertrages zum 31.12.2004, der durch seine Öffnungsklausel die untertarifliche Bezahlung der Abrufarbeitskräfte zuließ. Infolgedessen wußte sie, daß ab 1.1.2005 eine neue Regelung dieses Beschäftigungsverhältnisses in der Rotationsendverarbeitung mit dem Tarifvertragspartner und dem Betriebspartner, dem Beteiligten zu 2), gefunden werden bzw. zu diesem Zeitpunkt günstigstenfalls schon vorliegen mußte.

36

3)

Die Verhandlung war nicht wiederzueröffnen.

37

Der Antrag der Beteiligten zu 1) vom 16. Juni 2005 auf Wiedereröffnung der Verhandlung ist nur als Anregung zu behandeln. Einer ausdrücklichen Verbescheidung bedurfte es nicht (vgl.: Greger, in: Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 156 Rz. 2).

38

Eine Pflicht zur Wiedereröffnung bestand gem. § 156 II ZPO nicht. Eine solche Pflicht zur Wiedereröffnung besteht, wenn das Gericht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs oder einen sonstigen erheblichen Verfahrensfehler feststellt (nr. 1), wenn sich die Gerichtsbesetzung zwischen letzter mündlicher Verhandlung und Beratungsschluß verändert (Nr. 3) oder wenn nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund im Sinn der §§ 579, 580 ZPO bilden. Ein Verfahrensfehler ist ebensowenig ersichtlich wie ein Wechsel der Gerichtsbesetzung. Schließlich liegt auch kein Grund für eine Nichtigkeitsklage nach § 579 ZPO oder eine Restitutionsklage entsprechend § 580 ZPO vor.

39

Im übrigen kommt eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung allerdings nur dann in Betracht, wenn der bisherige Sachvortrag der Parteien noch aufklärungsbedürftig geblieben ist. Sie ist nicht erforderlich und auch nicht zulässig, wenn lediglich neue Angriffs- oder Verteidigungsmittel nachgereicht werden oder neues Vorbringen zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden soll (Germelmann, in: Germelmann u.a., ArbGG, 5. Aufl., § 46 Rz. 29). Soweit die Beteiligte zu 1) nunmehr mit dem Antrag auf Wiedereröffnung behauptet hat, dem Beteiligten zu 2) seien die Personaleinsatzpläne für alle Nachtschichten übermittelt worden, handelt es sich um neuen Tatsachenvortrag zur weiteren Begründung des Antrags vom 21. März 2005 und somit lediglich um ein neues Angriffsmittel. Dieses rechtfertigt die Wiedereröffnung gerade nicht.

40

Soweit die Beteiligte zu 1) mit Schriftsätzen vom 30. Mai 2005, 1. Juni 2005, 9. Juni 2005, 17. Juni 2005 neue Sachanträge stellt, nämlich weitere Anträge auf Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 2) zu weiteren beabsichtigten Einstellungen von Damen und Herren der Firma ... in der Rotationsendverarbeitung geltend und gleichzeitig die Feststellung begehrt, daß deren vorgenommene vorläufige Einstellungen aus sachlichen Gründen dringend erforderlich waren, sind diese ebenfalls unzulässig. Auch sie waren spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung zu stellen (Greger, a.a.o., § 296a Rz. 2a). Insoweit wird der Beteiligten zu 1) anheimgestellt, diese als neue Anträge in einem neuen Verfahren einzureichen.

41

Gegen eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung spricht außerdem der besondere Beschleunigungsgrundsatz, der das arbeitsgerichtliche Verfahren beherrscht (Germelmann, a.a.o., § 46 Rz. 29). So hat das Gericht nach Schluß der mündlichen Verhandlung vom 25.5.2005 nur auf Bitte der Beteiligten davon abgesehen, die Entscheidung sofort zu verkünden und den Verkündungstermin erst vier Wochen später anzuberaumen.

42

Dieser Bitte folgte das Gericht nur im Hinblick darauf, weitere Vergleichsgespräche der Beteiligten durch die sofortige Verkündung der Entscheidung nicht zu blockieren, nicht aber, um infolge neuer Sachanträge und neuen Tatsachenvorbringens erneut in die mündliche Verhandlung einzusteigen.