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Anlage 1 AVNot - Kriterienkatalog zur Anerkennung notarspezifischer Fortbildungskurse

Bibliographie

Titel
Angelegenheiten der Notarinnen und Notare (AVNot)
Amtliche Abkürzung
AVNot
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
32370000000008

Die Bundesnotarkammer hat in Abstimmung mit den Landesjustizverwaltungen im Bereich des Anwaltsnotariats auf der Grundlage der Rechtsprechung folgenden Kriterienkatalog entwickelt, bei dessen Einhaltung die Justizbehörden eine Fortbildungsveranstaltung in der Regel gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 BNotO berücksichtigen werden. Damit soll für die beruflichen Organisationen eine bessere Planbarkeit, für die Landesjustizverwaltungen eine einheitliche Verwaltungspraxis und für die Teilnehmer eine erhöhte Rechtssicherheit erreicht werden.

I.
Formelle Kriterien einer notarspezifischen Ausrichtung

1.
Ausschreibung an einen notarspezifischen Teilnehmerkreis

Die Art der Ausschreibung und Bewerbung des Fortbildungskurses muss deutlich machen, dass sich die Veranstaltung gezielt an den Kreis der Notare bzw. künftigen Notarbewerber richtet. Dies wird in der Regel dadurch gewährleistet, dass die berufliche Organisation als Veranstalter notarspezifischer Fortbildungsveranstaltungen in Erscheinung tritt und darauf hinweist, dass die Veranstaltung als notarspezifische Fortbildung im Sinne von § 6 Abs. 3 Satz 2 BNotO konzipiert ist.

Eine Veranstaltung wird in der Regel nicht als notarspezifisch anerkannt werden, wenn in der Ausschreibung ausdrücklich auch weitere Berufsgruppen wie Rechtsanwälte als angehende Fachanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Verwaltungsjuristen beworben werden.

2.
Tagungsleitung/Referenten

  • Die sachliche Durchführung der Veranstaltung soll grundsätzlich ausschließlich in der Verantwortung von Notaren, Notaren a.D. und Notarassessoren liegen. Zur sachlichen Durchführung gehören:

    • die Planung und inhaltliche Konzeption der Veranstaltung,

    • die Gestaltung der Ausschreibung,

    • die fachliche Leitung und Mitwirkung als Referent,

    • die Erstellung der Arbeitsunterlagen und

    • die Erstellung und Korrektur der Testataufgaben.

  • Bei zwei oder mehr Vortragenden sollen Notare, Notare a.D. oder Notarassessoren mindestens die Hälfte der Referenten stellen oder es soll einer der Referenten aus dem vorgenannten Kreis zugleich die verantwortliche fachliche Tagungsteilung innehaben. Hierzu gehören:

    • die maßgebliche inhaltliche Konzeption der Veranstaltung,

    • die Skriptkoordination und -prüfung,

    • die fachliche Moderation der Veranstaltung sowie

    • die Erstellung der Testataufgaben.

  • Berufsfremde Referenten sollen nur beteiligt werden, wenn sie einen unmittelbaren berufspraktischen Bezug zu dem notariellen Veranstaltungsthema sowie eine herausgehobene berufliche Stellung haben. In Betracht kommen, neben Geschäftsführern der Notarkammern und juristischen Mitarbeitern des Deutschen Notarinstituts (DNotI) insbesondere Richter, Universitäts- und Fachhochschulprofessoren, je nach Inhalt des Fortbildungskurses auch in der Materie besonders kundige Personen (wie z.B. Rechtsanwälte, Steuerberater, Bankjuristen, Fachbeamte, Bürovorsteher und Rechtspfleger).

II.
Notarspezifische Ausrichtung der Fortbildungskurse

1.
Grundsatz

Fortbildungskurse erfüllen die Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 2 BNotO, wenn es sich um Veranstaltungen handelt, in denen die erforderlichen Rechtskenntnisse den Teilnehmern unter Beachtung der besonderen Anforderungen und Gegebenheiten des Notarberufs nahe gebracht werden. Eine notarspezifische Ausrichtung fehlt bei Veranstaltungen, die auch zur Vorbereitung auf einen anderen juristischen Beruf bestimmt sind, selbst wenn sie Sachgebiete zum Gegenstand haben, die einen Bezug zum Notarberuf aufweisen (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH vom 14.7.1997 - NotZ 31/96, DNotZ 1997, 902).

2.
Inhaltlich notarspezifische Ausrichtung

Von einer inhaltlich notarspezifischen Ausrichtung wird in der Regel ausgegangen, wenn

  • die formellen Kriterien gemäß Abschnitt I. erfüllt sind und
  • keine weiteren Umstände bekannt sind, die Anlass geben, an der notarspezifischen Ausrichtung zu zweifeln. Anhaltspunkte, die Rückschlüsse auf die inhaltliche Ausrichtung geben, sind insbesondere der Titel der Veranstaltung und inhaltliche Hinweise/Gliederungen in den Veranstaltungsprospekten. Eine Einsicht in die Tagungsunterlagen oder gar ein exemplarischer Besuch der Veranstaltung ist zur Feststellung der Anerkennungsfähigkeit dann in der Regel nicht veranlasst.
  • Die Anerkennung von Veranstaltungen außerhalb der typisch notariellen Kernbereiche (z.B. Steuerrecht) steht nichts entgegen, wenn sie notarspezifisch im Sinne der Nrn. 1 und 2 ausgerichtet sind. Die notarspezifische Ausrichtung muss in den Themenschwerpunkten zum Ausdruck kommen.

III.
Sonderfragen von Fortbildungskursen mit steuerrechtlichen Inhalten

Ziel eines steuerrechtlichen Fortbildungskurses ist es, Notaren die Kenntnisse zu vermitteln, die für eine pflichtgemäße Amtsausübung erforderlich sind, die spezifisch ausgerichtet an der notariellen Amtsausübung eine optimale Erfüllung der Beratungs- und Belehrungsfunktion durch den Notar ermöglichen und die darüber hinaus für eine qualifizierte Zusammenarbeit mit steuerberatenden Berufen bzw. für einen qualifizierten Verweis an steuerberatende Berufe erforderlich sind.

1.
Unmittelbar notarspezifische Steuerthemen

Notarspezifisch sind demnach zunächst alle steuerrechtlichen Inhalte, die unmittelbar Amtspflichten des Notars betreffen und damit auch haftungsrelevant sind. Hierzu zählen insbesondere:

  • die Anzeigepflichten bei Grunderwerbsteuer, Erbschaftsteuer und Kapitalgesellschaften,
  • die notarrelevanten Steuerarten der Grunderwerb-, Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie Spekulationssteuer und
  • Hinweispflichten bei gesamtschuldnerischem Steueranspruch.

2.
Interdependenzen zwischen Zivil- und Steuerrecht/Vertragsgestaltung und Belehrung

Notarspezifisch sind des Weiteren die steuerrechtlichen Bezüge zu besonders notarrelevanten Rechtsgebieten, bei denen es für eine bedarfsgerechte Beratung bei der Vertragsgestaltung und Belehrung bei der Beurkundung erforderlich ist, steuerliche Zusammenhänge und Auswirkungen zivilrechtlicher Maßnahmen erkennen und beurteilen zu können. Diese Interdependenzen zwischen Zivil- und Steuerrecht werden beisp. bei folgenden Themen berücksichtigt:

  • Steuerrechtliche Aspekte bei Begründung und Veräußerung von Wohnungs- und Teileigentum/des Altbaukaufvertrages oder des Bauträgervertrages,
  • Steuerrechtliche Behandlung von Einzelkaufmann und Personengesellschaften,
  • Einkommensteuerrechtliche Behandlung von Grundstücksverkauf/Grundbesitz,
  • Einkommensteuerrechtliche Behandlung von Nießbrauch/Wohnrecht/Reallasten und
  • Umsatzsteuer in Übergabe- oder Einbringungsverträgen/Kaufverträgen.

3.
Kombinationsveranstaltungen

Nach der Rechtsprechung des BGH stellt die ausschließliche Vermittlung allgemeiner steuerrechtlicher Grundlagen noch keine notarspezifische Ausrichtung dar. So richten sich beisp. allgemeine Veranstaltungen auf den Gebieten des allgemeinen und besonderen Steuerrechts, des finanzgerichtlichen Verfahrens, der steuerlichen Gewinnermittlung sowie der Buchführung und Bilanzierung allgemein an steuerlich interessierte Juristen, insbesondere an angehende Fachanwälte für Steuerrecht (so BGH vom 14.7.1997 - NotZ 31/96, DNotZ 1997, 902).

Da aber gerade bei der notariellen Ausbildung zumindest eine einleitende Vermittlung steuerrechtlicher Grundlagenkenntnisse sinnvoll und erforderlich erscheint, können solche Veranstaltungen jedenfalls dann berücksichtigt werden, wenn sie mit vorstehend unter den Punkten III 1. und 2. aufgeführten Inhalten kombiniert werden und die notarspezifische Ausrichtung in den Themenschwerpunkten zum Ausdruck kommt.