Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 04.08.1994, Az.: 4 B 4269/94

Gewährung von Beihilfe für die Beschaffung der Erstausstattung für ein Baby

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
04.08.1994
Aktenzeichen
4 B 4269/94
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1994, 23755
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGBRAUN:1994:0804.4B4269.94.0A

Verfahrensgegenstand

Antrag nach § 123 VwGO

In der Verwaltungsrechtssache
hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Braunschweig
am 04. August 1994
beschlossen:

Tenor:

Die Antragsgegnerin wird im Wege einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin über die bereits gewährte Pauschale von 280,- DM hinaus eine einmalige Beihilfe zum Kauf einer Baby-Erstlingsausstattung in Höhe von 105,- DM zu gewähren. Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt 11/12 und die Antragsgegnerin 1/12 der Verfahrenskosten; Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz bezüglich einer (weiteren) Beihilfe zum Kauf einer Baby-Erstausstattung, die sie für ihr Kind, das nach ärztlicher Berechnung am 22. August 1994 zur Welt kommen soll, benötigt.

2

Am 27. Mai 1994 beantragte die Anträgstellerin unter anderem die Gewährung einer Beihilfe für eine Baby-Grundausstattung und die Anschaffung eines Kinderwagens mit Matratze. Sie führte in ihrem schriftlichen Antrag die ihrer Ansicht nach benötigten Gegenstände im einzelnen auf.

3

Mit Bescheid vom 31. Mai 1994 gewährte die Antragsgegnerin der Antragstellerin eine Pauschale für die Erstlingsausstattung in Höhe von 280,- DM und eine einmalige Beihilfe zur Beschaffung eines Kinderwagens mit Matratze in Höhe von 200,- DM. Hiergegen legte die Antragstellerin am 15. Juni 1994 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie ausführte, die Pauschale in Höhe von 280,- DM für die Erstlingsausstattung decke den erforderlichen Bedarf nicht ab und für den bewilligten Betrag von 200,- DM könne man in Braunschweig einen Kinderwagen mit Matratze nicht erhalten. Über diesen Widerspruch ist noch nicht entschieden worden.

4

Am 21. Juli 1994 hat die Antragstellerin den Erlaß einer einstweiligen Anordnung beantragt. Sie weist darauf hin, daß wegen des in naher Zukunft liegenden Geburtstermins ein weiteres Aufschieben der Bedarfsdeckung nicht zumutbar sei. Im einzelnen macht sie folgenden Bedarf geltend:

zwei Kapuzenbadetücher48,- DM
zehn Mullwaschlappen15,- DM
fünf Windelhöschen35,- DM
30 Mullwindeln120,-DM
zehn Lätzchen20,- DM
acht Flügelhemden25,60 DM
acht Jäckchen52,80 DM
acht Höschen24,- DM
neun Strampelanzüge207,- DM
vier Schlafanzüge116,- DM
12 Nabelbinden18,- DM
zwei Gummiunterlagen12,- DM
acht Bettbezüge58,80 DM
zwei Schlafsäcke104,- DM
eine Decke18,90 DM
ein Nestchen40,- DM
zwei Ausfahrgarniturenohne Preisangabe
zwei Häubchenohne Preisangabe
75 Vlieswindelnohne Preisangabe
fünf bis sechs Bindeslips
oder Gummehöschenohne Preisangabe
sechs Moltontücherohne Preisangabe
zwei Pullisohne Preisangabe
zwei Paar Wollschuheohne Preisangabe
ein Strickschlüpferohne Preisangabe
insgesamt915,10 DM
5

Für die Anschaffung eines gebrauchten Kinderwagens hält die Antragstellerin einen Gesamtbetrag von wenigstens 400,- DM für erforderlich.

6

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, daß die bewilligte Pauschale von 280,- DM für die Anschaffung einer Erstlingsausstattung (d.h. Säuglingsbekleidung sowie Windeln, Flaschen, Sauger etc.) ausreichend sei. Neben dieser Pauschale seien weitere Erstausstattungsgegenstände bewilligt worden. Auch der Betrag von 200,- DM für die Anschaffung eines gebrauchten Kinderwagens mit Matratze sei ausreichend. Zum Nachweis legte die Antragsgegnerin Ablichtungen des Anzeigenteils der "Neuen Braunschweiger" vom 14.07., 21.07. und 24.07.1994 bei; darin seien gebrauchte Kinderwagen zu Preisen von 50,- DM, 100,- DM und 200,- DM (in der Regel inkl. Zubehör) inseriert. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung sei mithin zurückzuweisen.

7

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorganges der Antragsgegnerin verwiesen. Die genannten Unterlägen waren Gegenstand der Beratung.

8

Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung hat nur im tenorierten Umfange Erfolg.

9

Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, daß ihr gegenüber der Antragsgegnerin ein weiterer Anspruch auf Gewährung von Sozialhilfe zum Kauf eines Teils der für das erwartete Kind notwendigen Ausstattung bereits jetzt zusteht und ihr im Umfang der Antragsstattgabe auch nicht zugemutet werden kann, die Anschaffung dieser Gegenstände weiter hinauszuschieben.

10

Die Antragstellerin hat allerdings keinen Anspruch auf die Gewährung einer weiteren Beihilfe zur Beschaffung eines gebrauchten Kinderwagens einschließlich Matratze in Höhe von 200,- DM glaubhaft gemacht. Nach eigener Kenntnis der Kammer und aufgrund der von der Antragsgegnerin vorgelegten Kopien aus der Zeitung "Neue Braunschweiger" sind auf dem Markt gebrauchte Kinderwagen inkl. Matratze für die gewährte Beihilfe in Höhe von 200,- DM erhältlich, so daß der Bedarf der Antragstellerin durch die bewilligte Beihilfe gedeckt ist.

11

Soweit die Antragstellerin über die gewährte Pauschale von 280,- DM für die Baby-Erstausstattung hinaus weitere Geldmittel begehrt, ist die Kammer der Auffassung, daß diese nur in Höhe von 105,- DM beansprucht werden können. Unter Zugrundelegung der eigenen Erfahrung der Kammermitglieder und der Bekleidungsliste für Säuglinge und Kleinkinder der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen (veröffentlicht in: info also 1987, S. 8 und 9) sowie unter Berücksichtigung der Jahreszeit werden folgende Gegenstände und Kosten für glaubhaft gemacht angesehen:

Zwei Badetücher a' 15,- DM (z.B. C & A):30,- DM
vier Waschlappen a' 2,- DM (z.B. Wohlworth):8,- DM
vier Windelhöschen a' 4,- DM (z.B. "):16,- DM
30 Mullwindeln a' 2,50 DM (z.B. Wohlworth):75,- DM
sechs Flügelhemdchen a' 4,- DM (z.B. "):24,- DM
sechs Jäckchen a' 5,- DM (z.B. C & A):30,- DM
sechs Höschen a' 2,60 DM (z.B. C & A):16,- DM
vier Strampelanzüge a' 10,- DM (z.B. Quelle):40,- DM
12 Nabelbinden a' 1,50 DM:18,- DM
zwei Gummiunterlagen a' 6,- DM:12,- DM
drei Bettbezüge a' 15,- DM (z.B. C & A):45,- DM
zwei Schlafsäcke a' 20,- DM (z.B. "):40,- DM
zwei Baumwollhäubchen a' 6,- DM (z.B. C & A):12,- DM
zwei Moltontücher a' 4,50 DM (Z.B. C & A)9,- DM
100 Vlies- oder Flockenwindeln (z.B. Schlecker):10,- DM
insgesamt385,- DM.
12

Hiervon ist der der Antragstellerin von der Antragsgegnerin bereits als Pauschale gewährte Betrag in Höhe von 280,- DM abzusetzen, so daß ein Restbetrag in Höhe von 105,- DM verbleibt.

13

Soweit die Kammer ihrer Entscheidung andere Preise als von der Antragstellerin angegeben zugrunde gelegt hat, sind diese den angegebenen Quellen entnommen. Hinsichtlich der Abweichungen in der Anzahl der bewilligten Gegenstände hat sich die Kammer weitgehend an der genannten Aufstellung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und an einem Beschluß des VG Hannover vom 08.12.1988 - 3 VG D 187/88 ZfFw 1989, 157, ausgerichtet, die im wesentlichen auch mit den Erfahrungen der Kammermitglieder übereinstimmen.

14

Die geringere Anzahl an einzelnen Gegenständen als in der Aufstellung der Verbraucher zentrale ergibt sich daraus, daß weitere Wäschestücke wegen ihres geringen Anschaffungspreises bei erforderlich werdenden Bedarf aus dem künftigen Regelsatz des Säuglings bezahlt werden können. Hinsichtlich der nicht berücksichtigten Gegenstände hält die Kammer einen Anordnungsanspruch nicht für glaubhaft gemacht. Nach den eigenen Erfahrungen der Kammermitglieder und aufgrund der Jahreszeit sind Schlafanzüge in den ersten 12 Wochen eines Säuglings nicht erforderlich. Bezüglich der weiteren beantragten Decke ist nicht ersichtlich, wofür diese benötigt (wird neben den bereits bewilligten Decken für das Kinderbett und den Kinderwagen). Es ist auch nicht ersichtlich, inwieweit ein Bedarf bestehen könnte, der durch die Anschaffung eines Nestchen zu decken wäre. Nach der bereits zitierten Bekleidungsliste und den Erfahrungen der Kammermitglieder ist die Anschaffung einer Ausfährgarnitur erst ab der 13. Woche erforderlich. Das gleiche gilt für die Anschaffung von Handschuhen. Die weiterhin beantragten Bindeslips oder Gummihöschen decken keinen Bedarf ab, der nicht bereits durch die bewilligten Windelhöschen gedeckt wäre. Ein Bedarf an Pullovern oder Sweatshirts besteht jedenfalls noch nicht in den ersten drei Monaten. Angesichts der Jahreszeit ist ein Bedarf an Wollschuhen und Strickschlüpfern ebenfalls nicht glaubhaft gemacht. Bezüglich der beantragten Lätzchen ist festzustellen, daß diese für gestillte Kinder bzw. mit der Flasche gefütterte Kinder noch nicht erforderlich sind, sondern erst erforderlich werden, wenn das Kind mit dem Löffel gefüttert wird, was bekanntlich erst im sechsten Monat beginnt.

15

Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung von § 155 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO. Die Antragstellerin unterliegt bei einem Gesamtgegenstandswert in Höhe von 1.321,10 DM gegenüber dem bewilligten Betrag von 105,- DM in Höhe von etwa 11/12 gegenüber der Antragsgegnerin.

Ungelenk
Wagner
Köhler