Amtsgericht Oldenburg (Oldenburg)
Urt. v. 19.12.2005, Az.: E7 C 7289/05 (X)
Verpflichtung zur Offenlegung einer Preiskalkulation bei einer Gaspreiserhöhung
Bibliographie
- Gericht
- AG Oldenburg (Oldenburg)
- Datum
- 19.12.2005
- Aktenzeichen
- E7 C 7289/05 (X)
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 39683
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGOLDBG:2005:1219.E7C7289.05X.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- AG Oldenburg (Oldenburg) - 19.12.2005 - AZ: E7 C 7289/05 (X)
- LG Oldenburg - 29.11.2007 - AZ: 9 S 59/06
- BGH - 14.07.2010 - AZ: VIII ZR 6/08
Rechtsgrundlagen
- § 315 Abs. 3 BGB
- § 19 GWB
Verfahrensgegenstand
Feststellung
In dem Rechtsstreit
...
hat das Amtsgericht Oldenburg Abt. X
im schriftlichen Verfahren
nach dem Sachstand vom 06.12.2005
am 19. Dezember 2005
durch
den Richter am Amtsgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand und Entscheidungsgründe
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 495 a ZPO abgesehen.
Mit seinem Antrag wendet sich der Kläger gegen die Gaspreiserhöhung zum 01.09.2004 hinsichtlich des Gastarifes S 1, soweit diese Erhöhung eine Erhöhung von über 4 % auf ca. 13 % ist. Dieser Feststellungsantrag ist nach § 256 ZPO ausnahmsweise noch als zulässig zu erachten. Denn eigentlich könnte hier der Kläger, der aufgrund der Rechnung aus dem Jahre 2005 von dieser Gaspreiserhöhung letztendlich betroffen ist, eine entsprechende Leistungsklage anstrengen auf Rückforderung des zu errechnenden Betrages. Andererseits begehrt der Kläger aber auch, dass festgestellt werde, dass der sich weiter fortwirkende Gaspreiserhöhungstarif überprüft wird. Somit ist also auch ein Feststellungsinteresse zu bejahen und deswegen die Feststellungsklage als zulässig zu erachten.
Die Feststellungsklage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger meint, dass die Beklagte nach § 315 Abs. 3 BGB verpflichtet sei zur Offenlegung ihrer Preiskalkulation, da er erst nämlich dann in die Lage versetzt werde, nachprüfen zu können, ob es sich um eine angemessene Gaspreiserhöhung handelt oder nicht. Diese Verpflichtung zur Offenlegung der Preiskalkulation kann jedoch im Hinblick auf die Beklagte nicht bejaht werden. In § 315 Abs. 3 BGB kann nach Auffassung des Gerichts weder hinein- noch herausgelesen werden, dass die Beklagte in bezug auf die Gaspreiserhöhung verpflichtet ist, ihre Gaspreiskalkulation in allen Einzelheiten mit allen Lieferungsverträgen Rückstellungen und ähnlichem bis ins letzte Detail offen zu legen. Dies mag zwar für den Strompreis gelten, hier gibt es jedoch ein entsprechende gesetzliche Grundlage, wie dies die Beklagte dargelegt hat. Für den Gaspreis ist dies gesetzlich nicht normiert und deswegen kann aus einem Rückschluss daraus nur gefolgert werden, dass dies grundsätzlich von der Beklagten nicht gefordert werden kann. Wenn der Bundesgerichtshof entschieden hat, dass unter Umständen eine Offenlegung einer Preiskalkulation desjenigen zu erfolgen hat, dem das Bestimmungsrecht nach § 315 BGB obliegt, so bedeutet das nicht, dass dies in jedem Falle gilt. Es müssen nämlich noch weitere Anhaltspunkte dafür vorliegen, die zumindest berechtigte Veranlassung für den Kläger geben könnten, dass hier eine unangemessene Gaspreiserhöhung vorgenommen worden ist. Eine solche Unangemessenheit des Gaspreises, der, da es sich bei der Beklagten um ein Wirtschaftsunternehmen handelt, ein Markpreis ist, ergibt sich aus einem Vergleich mit den Gaspreisen anderer Gaslieferanten. Dabei ist im Rahmen des §315 BGB ein objektiver Maßstab anzulegen, es ist also der Preis an der Marktüblichkeit zu orientieren. Ist der geforderte Preis marküblich und liegt also im Rahmen des marküblichen, dann kann von einer Unangemessenheit schon deshalb keine Rede sein und deswegen fehlt es auch dann an jeglichen Anhaltspunkten für eine Offenlegung einer Preiskalkulation. Die Beklagte hat hierzu vorgetragen und Belege dafür vorgelegt, die auch im einzelnen nicht in Abrede gestellt worden sind seitens des Klägers, dass die Beklagte eine der günstigsten Anbieter von Gas ist, nämlich nach dem Gaspreisspiegel der WIBERA von 626 Gasversorgern in ganz Deutschland die Beklagte den 25. Platz einnehme und damit zu den preisgünstigsten Anbietern gehöre. Bei den 67 Unternehmen in Niedersachsen, Bremen und Berlin liegt die Beklagte auf Platz 9 und nach der Stiftung Warentest sogar auf Platz 1. Damit kann die Aussage gemacht werden, dass die Preise der Beklagten günstiger sind als der Durchschnitt der anderen Anbieter und schon daraus ergibt sich, dass eine Unbilligkeit und unangemessene Erhöhung nicht gegeben ist.
Wenn der Kläger meint, er könne überhaupt nicht die Angemessenheit überprüfen, da die Beklagte für diesen Raum faktisch ein Monopol besitze und er im übrigen auch die anderen Gasanbieter nicht überprüfen könne bezüglich der Angemessenheit ihrer Preise, müsse es ihm ermöglicht werden, durch eine Offenlegung der Preiskalkulation den Preis zu überprüfen. Ein derartigen Anspruch hat der Kläger nicht. Im Rahmen des §315 ist Angemessenheit und Billigkeit zu prüfen, d.h. insbesondere ob ein Rechtsmißbrauch vorliegt. Ein solcher Rechtsmißbrauch liegt namentlich dann vor, wenn es zwischen den einzelnen Gasversorgern zu Preisabsprachen kommt, also alle sich ohne ausreichenden Grund auf eine Gaspreiserhöhung einigen. In einem solche Falle liegt ein Rechtsmißbrauch im Rahmen des § 315 BGB vor und damit auch eine Uangemessenheit und Unbilligkeit der Erhöhung. Eine derartige Absprache oder ein derartiges Zusammenwirken der Gasversorger ist von dem Kläger jedoch nicht mit Untermauerung entsprechender Tatsachen behauptet worden. Eine solche Preisabsprache (Kartell) ist rechtsmißbräuchlich unbillig und verstößt gegen § 19 GWB und unterliegt der Kontrolle des Bundeskartellamtes. Denn ein solche Preisabsprache ist rechtsmißbräuchlich und verstößt gegen das Gesetz gegen die Wettbewerbsbeschränkungen und ist in vollem Umfange von der Kartellbehörde zu überprüfen. Hier hat gerade die Kartellbehörde, wie die Beklagte vorträgt, eine solchen Verstoß nicht erkennen können. Auf die Frage, ob § 19 GWB neben § 315 BGB anzuwenden ist oder nicht, kommt es nicht an, denn in beiden Bestimmungen wohnt inne, dass Rechtsmißbrauch unrechtmäßig ist und der Überprüfung durch die Gerichte obliegt. Schließlich ist ein Verstoß nach §19 gleichzeitig immer ein Verstoß gegen die rechtmäßige Ausübung des Bestimmungsrechts nach §315. Ein solcher Verstoß ist jedoch nicht dargelegt, so dass auch insoweit Ansatzpunkte für eine Unangemessenheit und Unbilligkeit der Gaspreiserhöhung durch die Beklagte nicht erkennbar sind.
Aufgrunddessen war die Klage in vollem Umfange abzuweisen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 713 ZPO.