Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 14.04.1977, Az.: 10 U 118/76

Schadensersatzansprüche aus Verkehrsunfall; Wegeunfall; Forderungsübergang auf Sozialversicherungsträger; Erfordernis der kongruenten Schadensdeckung; Unfallrente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit; Anspruch auf Ersatz des Erwerbsschadens; Lohnfortzahlung durch Arbeitgeber und Vorteilsausgleichung; Übergang des Ersatzanspruchs auf Arbeitgeber; Quotenvorrecht des Sozialversicherungsträgers; Erstattung von Verpflegungsaufwendungen des Krankenhauses

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
14.04.1977
Aktenzeichen
10 U 118/76
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1977, 11919
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1977:0414.10U118.76.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 02.04.1976 - AZ: 13 O 111/75

Verfahrensgegenstand

Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Ein Übergang von Schadensersatzansprüchen eines Unfallopfers auf den Sozialversicherungsträger findet nur insoweit statt, als dessen Leistungen nach dem Grundsatz der kongruenten Schadensdeckung demselben Zweck dienten wie der von dem Unfallverursacher zu leistende Schadensersatz.

  2. 2.

    Die Pflicht des Schädigers, den Erwerbsschaden des Verletzten zu ersetzen, und die Pflicht des zuständigen Sozialversicherungsträgers, wegen der unfallbedingten Verminderung der Erwerbsfähigkeit eine Rente zu zahlen, gleichen sich im Sinne einer kongruenten Schadensdeckung.

  3. 3.

    Die Übernahme aller während des Krankenhausaufenthaltes des Verletzten angefallenen Verpflegungskosten durch den Sozialversicherungsträger dient jedenfalls dann dem teilweisen Ersatz des entstandenen Erwerbsschadens, wenn der Verletzte als Folge des Unfalls auch einen Verdienstausfall erlitten hat.

  4. 4.

    Der Anspruch des Geschädigten auf Ersatz seines Verdienstausfalls entfällt nicht deshalb, weil ihm von seinem Arbeitgeber während seiner Arbeitsunfähigkeit das Gehalt bzw. der Lohn weitergezahlt wurde. Die Lohn- bzw. Gehaltsfortzahlung an einen unfallbedingt arbeitsunfähigen Arbeitnehmer stellt keine Vorteilsausgleichung dar, die dem Schädiger zugute kommen darf.
    Der Anspruch des Geschädigten auf Ersatz seines Erwerbsschadens wird von der Lohn- bzw. Gehaltsfortzahlung nur insoweit berührt, als er kraft Gesetzes oder Tarifvertrages oder durch eine Abtretung des Arbeitnehmers auf den Arbeitgeber übergeht und dann diesem gegen den Schädiger zusteht.
    In diesem Falle wirkt sich aber das Quotenvorrecht des Sozialversicherungsträgers dahingehend aus, dass er bevorrechtigt zu befriedigen ist und der Arbeitgeber den Anspruch auf Ersatz des Erwerbsschadens gegen den Schädiger nur in dem um die Leistungen des Sozialversicherungsträgers gekürzten Umfang behält.

In dem Rechtsstreit
hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 31. März 1977
unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ...,
des Richters am Oberlandesgericht ... und
des Richters am Landgericht ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 2. April 1976 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird auf ihre Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Urteilsausspruch zu Ziffer 1. dahin berichtigt wird, daß die Hauptforderung, zu deren Zahlung die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt worden sind, nicht 463,83 DM, sondern richtig 461,83 DM beträgt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beschwerde dieses Urteils beträgt für die Beklagten 836,83 DM.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist die Sozialversicherungsträgerin ihres Mitgliedes Industriekaufmann ... Dieser war Halter des Pkw der Marke VW. mit dem amtlichen Kennzeichen .... Die Beklagte zu 2) war Halterin des bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversicherten Pkw der Marke VW. mit dem amtlichen Kennzeichen ... Am 5. März 1973 gegen 12.20 Uhr kam es zwischen den Fahrzeugen ... und der Beklagten zu 2) in ... im Landkreis ... zu folgendem Verkehrsunfall:

2

... befuhr mit seinem Pkw die ca. 8 m breite, durch Verkehrszeichen als vorfahrtberechtigt gekennzeichnete ... Straße in Richtung Bundesstraße ... - In die ... Straße mündet in der Fahrtrichtung ... gesehen von rechts der als nicht vorfahrtberechtigt gekennzeichnete ... weg ein. Im Einmündungsbereich verbreitert sich dieser zu einem Platz, dessen entlang der ... Straße verlaufende Sichtlinie ca. 30 m lang ist. Vor der Einmündung des ... weges in die ... Straße steht eine aus der Sicht ... gesehene vom rechten Straßenrand etwa 2,50 m entfernte, parallel zur ... Straße verlaufende Mauer, die etwa 4 m vor Einmündung des ... weges endet. Diese Mauer behindert sowohl den Einblick von der ... Straße nach rechts in den ... weg als auch die Sicht von dessen Einmündung nach links in die ... Straße. - ... fuhr mit seinem Pkw nicht schneller als 50 km/h, wie die Beklagten in der Berufungsinstanz zugestanden haben. Als er sich der Einmündung des ... weges unmittelbar genähert hatte, war die Beklagte zu 2) im Begriff, mit ihrem Pkw nach links in die ... Straße einzubiegen. Dabei kam es fast auf der Mitte der ... Straße, nämlich etwa 3 m von der Sichtlinie des ... weges entfernt zu einem Zusammenstoß der Fahrzeuge, den ... auch durch den Versuch, nach rechts auszuweichen, nicht verhindern konnte. Beide Fahrzeuge erlitten Totalschaden. ... und die Beklagte zu 2) wurden erheblich verletzt, ... verlor insbesondere ein Auge.

3

Als Folge des Unfalls war ... u.a. in der Zeit vom 20. August 1973 bis zum 7. September 1973 arbeitsunfähig krank und mußte in der Zeit vom 20. August 1973 bis zum 29. August 1973 stationär behandelt werden. Während der Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit wurde ihm von seinem Arbeitgeber sein voller Lohn bzw. sein volles Gehalt weitergezahlt. Für die stationäre Behandlung ... wendete die Klägerin zunächst 1.011,50 DM Krankenhauspflegekosten auf. Auf diesen Betrag erstattete ihr die Beklagte zu 1) 941,50 DM, so daß 70 DM verblieben. Außerdem beglich die Klägerin nachberechnete Krankenhauspflegekosten für ... in Höhe von 238,50 DM, die ihr von den Beklagten nicht erstattet wurden. Schließlich gewährte sie ... u.a. für die Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit eine Unfallrente wegen einer um 25 % verminderten Erwerbsfähigkeit in Höhe von 153,33 DM, die ihr die Beklagten ebenfalls nicht zurückerstatteten. Die ihr nicht erstatteten Beträge von insgesamt 461,83 DM, deren Zahlung die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 8. Oktober 1974 abgelehnt hat, und die Feststellung, daß die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet seien, ihr allen weiteren unfallbedingten Personenschaden ... zu ersetzen soweit sie zur Abdeckung dieses Schadens gleichartige Leistungen erbringt, macht die Klägerin mit der Klage geltend.

4

Die Klägerin hat behauptet, ... sei nicht schneller als 50 km/h gefahren und habe durch seinen Versuch, dem Fahrzeug der Beklagten zu 2) nach rechts auszuweichen, richtig reagiert. Ihrer Ansicht nach sei der Unfall deshalb allein durch eine grobe Vorfahrtverletzung der Beklagten zu 2) verschuldet worden und für ... unabwendbar gewesen. Außerdem könnten die Beklagten deshalb keine Einwendungen mehr zum Haftungsgrund erheben, weil sie durch die ungekürzte Bezahlung der von ihr, der Klägerin, früher wegen des Unfalls ... erhobenen Forderungen ihre volle Schadensersatzpflicht anerkannt hätten. In Höhe ihrer noch nicht ausgeglichenen Leistungen von insgesamt 461,83 DM sei der Schadensersatzanspruch ... gegen die Beklagten auf sie, die Klägerin, als dessen Sozialversicherungsträgerin im vollen Umfang übergegangen. Diesem Übergang stehe insbesondere nicht entgegen, daß der Arbeitgeber dessen Lohn bzw. Gehalt auch während der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit weitergezahlt hat.

5

Die Klägerin hat beantragt,

  1. 1.

    die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 461,83 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10. Oktober 1974 zu zahlen;

  2. 2.

    festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr allen weiteren Personenschaden ihres Versicherten ... aus Anlaß seines Unfalls vom 5. März 1973 in ... insoweit zu ersetzen, als sie zur Abdeckung dieses Schadens gleichartige Leistungen erbringt.

6

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen,

7

hilfsweise,

ihnen Vollstreckungsnachlaß gegen Sicherheitsleistung zu gewähren, die auch durch eine Bankbürgschaft erbracht werden kann.

8

Sie haben behauptet, ... sei mindestens 70 km/h gefahren und hätte den Unfall durch ein situationsgerechtes Ausweichen nach links verhindern können. Ihn treffe deshalb ein Mitverschulden von 25 %. Mit ihren früher ohne einen Abzug von 25 % erbrachten Schadensersatzleistungen, durch die sie jedoch kein Anerkenntnis ihrer vollen Haftpflicht abgegeben hätten, hätten sie der Klägerin deshalb bereits mehr erstattet, als diese zu beanspruchen habe. Die Klägerin könnte deshalb die dem Grunde nach berechtigten Forderungen von 70 DM und 238,50 DM nicht mehr verlangen. Die Unfallrente von 153,33 DM brauchten sie der Klägerin nicht zu erstatten, weil ... wegen der Lohn- bzw. Gehaltsfortzahlung keinen Verdienstausfall erlitten habe und deshalb auch kein Anspruch ... auf Ersatz seines Erwerbsschadens auf die Klägerin hätte übergehen können. Ein Forderungsübergang auf die Klägerin würde für sie, die Beklagten, im übrigen bedeuten, daß sie neben der Inanspruchnahme durch die Klägerin auch eine solche durch den Arbeitgeber ... befürchten müßten.

9

Das Landgericht hat durch das am 2. April 1976 verkündete Urteil dem Klagantrag zu 2. stattgegeben und über den Klagantrag zu 1. hinaus die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt an die Klägerin statt 461,83 DM 463,83 DM nebst den beantragten Zinsen zu zahlen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Unfall sei von der Beklagten zu 2) allein verschuldet worden und für ... unabwendbar gewesen. Bei den geltend gemachten Beträgen handele es sich um unfallbedingte Schadensersatzansprüche ..., die auf die Klägerin übergegangen seien, ohne daß die Beklagten wegen dieser Beträge eine weitere Inanspruchnahme durch den Arbeitgeber ... zu befürchten brauchten. Der Feststellungsantrag sei gerechtfertigt, weil die Schadensentwicklung bei ... noch nicht abzusehen sei.

10

Gegen dieses nicht vor dem 25. Mai 1976 zugestellte Urteil, auf dessen Inhalt zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird, haben die Beklagten am 18. Juni 1976 Berufung eingelegt und diese am 23. August 1976 begründet.

11

Die Beklagten vertiefen und wiederholen ihr erstinstanzliches Vorbringen bis auf die Behauptung, ... sei schneller als 50 km/h gefahren, und beantragen,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen, soweit sie zur Zahlung verurteilt worden sind und soweit festgestellt worden ist, daß sie als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin mehr als 75 % allen weiteren Personenschadens ihres Versicherten ... zu ersetzen, soweit die Klägerin zur Abdeckung dieses Schadens gleichartige Leistungen erbringt;

12

hilfsweise regen sie an,

die Revision zuzulassen.

13

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen;

14

hilfsweise,

ihr Vollstreckungsnachlaß gegen Sicherheitsleistung mit der Maßgabe zu gewähren, daß die Sicherheit auch in Form einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder einer öffentlichen Sparkasse geleistet werden kann.

15

Sie wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigen das angefochtene Urteil. Ergänzend behaupten sie, in der mündlichen Verhandlung vom 27. August 1975 hätten sich die Parteien damit einverstanden erklärt, daß die Entscheidung des Vorprozesses des ... gegen die Beklagten - 13 O 205/74 des Landgerichts Hannover - in dem von der vollen Haftung der Beklagten ausgegangen worden ist, präjudiziell für den zu entscheidenden Rechtsstreit sein sollte.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

17

Dem Senat lagen die Akten 4 Ds 87/73 des Amtsgerichts Lehrte zur Information vor.

Entscheidungsgründe

18

Die an sich statthafte und form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten konnte keinen Erfolg haben, weil das Landgericht der Klage zu Recht stattgegeben hat.

19

Die Beklagten sind als Gesamtschuldner gemäß §§ 823 BGB, 7 StVG, 3 Nr. 1 und 2 PflVersG und 1542 Abs. 1 RVO verpflichtet, der Klägerin alle mit der Klage geltend gemachten Versicherungsleistungen für ihr Mitglied ... zu erstatten, denn der streitige Verkehrsunfall ist von der Beklagten zu 2) allein verschuldet und von ... nicht in anrechenbarer Weise mitverursacht worden.

20

Die Beklagte zu 2) hat sich einer groben Vorfahrtverletzung schuldig gemacht und ist ... deshalb nach §§ 823 BGB und 7 StVG zum Schadensersatz verpflichtet. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 StVO mußte sich die Beklagte zu 2) wegen der Sichtbehinderung durch die entlang der ... Straße verlaufende Mauer vorsichtig in die Einmündung hineintasten und durfte erst dann nach links in die ... Straße abbiegen, als sie übersehen konnte, daß sie den vorfahrtberechtigten Verkehr weder behinderte noch gefährdete. In dieser Weise hat sich die Beklagte zu 2) jedoch nicht verhalten. Hätte sie sich nämlich in die Einmündung des ... weges in die ... Straße vorsichtig hineingetastet, so hätte sie den sich für sie von links mit einer Geschwindigkeit von allenfalls 50 km/h nähernden Pkw ... so rechtzeitig erkennen müssen, daß sie mit ihrem Pkw noch vor der Sichtlinie des ... weges oder wegen der Sichtbehinderung allenfalls geringfügig hinter dieser zum Stehen kommen konnte. Der Zusammenstoß hat sich jedoch nicht in Höhe der Sichtlinie des ... weges sondern ca. 3 m von dieser entfernt fast auf der Mitte der Fahrbahn der ... Straße ereignet. Diese Unfallstelle zeigt eindeutig, daß die Beklagte zu 2) nach links abgebogen ist, ohne die erforderliche Übersicht über den Verkehr auf der vorfahrtberechtigten ... Straße zu haben. Sie hat deshalb grob fahrlässig das Vorfahrtrecht des ... verletzt.

21

Im Gegensatz zu der Beklagten zu 2) trifft ... kein Verschulden an dem Unfall. Er ist, wie die Beklagten in zweiter Instanz zugestanden haben, nicht schneller als 50 km/h gefahren. Andere Tatsachen, die für ein Mitverschulden ... sprechen könnten, werden von den Beklagten nicht dargetan.

22

Eine Mithaftung ... kommt auch nicht nach §§ 7 und 17 Abs. 1 StVG in Betracht. Es kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob ... bei dem Versuch, dem Pkw der Beklagten zu 2) nach rechts auszuweichen, und als Benutzer einer Vorfahrtstraße bei einer Geschwindigkeit von nicht mehr als 50 km/h trotz der Sichtbehinderung durch die Mauer jede nach den Umständen gebotene Sorgfalt beobachtet hat (§ 7 Abs. 2 Satz 2 StVG).

23

Denn der Unfall ist so überwiegend durch das grobe Verschulden der Beklagten zu 2) verursacht worden, daß der von dem Fahrzeug ... ausgegangenen. Betriebsgefahr bei der nach § 17 StVG vorzunehmenden Abwägung kein wesentlicher Verursachungsanteil zukommt.

24

Die Beklagte zu 2) muß deshalb für den gesamten Schaden ... einstehen. Neben ihr haftet die Beklagte zu 1) nach § 3 Nr. 1 PflVersG. Beide haften nach § 3 Nr. 2 PflVersG als Gesamtschuldner.

25

Da nach dem Unfallgeschehen feststeht, daß die Beklagten verpflichtet sind, ... allen Unfallschaden zu erstatten, brauchte weder geprüft zu werden, ob die Beklagten durch ihr vorprozessuales Verhalten ihre volle Schadensersatzpflicht anerkannt, noch ob die Parteien vereinbart haben, daß die Entscheidung des Vorprozesses zwischen ... und den Beklagten über den Haftungsgrund für sie verbindlich sein sollte.

26

Der Anspruch ... gegen die Beklagten auf Ersatz seines Unfallschadens ist in Höhe der Unfallrente von 153,33 DM, der restlichen Kosten seiner stationären Behandlung von 70 DM und der nachberechneten Krankenhauspflegekosten von 238,50 DM gemäß § 1542 Abs. 1 Satz 1 RVO auf die Klägerin übergegangen. Die Beklagten sind deshalb verpflichtet, an diese insgesamt 461,83 DM zu zahlen.

27

Bei dem Verkehrsunfall ... handelte es sich unstreitig um einen sog. Wegeunfall nach § 550 RVO. Die Klägerin als Sozialversicherungsträgerin ihres Mitgliedes ... war deshalb nach der Reichsversicherungsordnung verpflichtet, diesem eine Unfallrente wegen einer um 25 % verminderten Erwerbsfähigkeit zu zahlen und alle Kosten für seine stationäre Behandlung zu übernehmen. Soweit diese Leistungen der Klägerin nach dem Grundsatz der kongruenten Schadensdeckung demselben Zweck dienten wie der von den Beklagten an ... zu leistende Schadensersatz, sind die Schadensersatzansprüche ... gegen die Beklagten nach § 1542 Abs. 1 Satz 1 RVO auf die Klägerin übergegangen (BGH VersR 1965, 786 (787) [BGH 18.05.1965 - VI ZR 262/63], BGH VersR 1974, 162).

28

In diesem Sinne ist zunächst ein Schadensersatzanspruch ... gegen die Beklagten in Höhe der Rentenleistung der Klägerin von 153,33 DM auf diese übergegangen. Während seiner unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit in der Zeit vom 20. August 1973 bis zum 7. September 1973 hatte ... gegen die Beklagten Anspruch auf Ersatz seines Verdienstausfalls. Dieser Anspruch entfiel nicht deshalb, weil ihm von seinem Arbeitgeber das Gehalt bzw. der Lohn weitergezahlt wurde. Die Lohn- bzw. Gehaltsfortzahlung an einen unfallbedingt arbeitsunfähigen Arbeitnehmer stellt keine Vorteilsausgleichung dar, die dem Schädiger zugute kommen darf (BGH VersR 1965, 786). Der Anspruch des Geschädigten gegen den Schädiger auf Ersatz seines Erwerbsschadens wird von der Lohn- bzw. Gehaltsfortzahlung nur insoweit berührt, als er kraft Gesetzes oder Tarifvertrages oder durch eine Abtretung des Arbeitnehmers auf den Arbeitgeber übergeht und dann diesem gegen den Schädiger zusteht. Die Beklagten bleiben deshalb trotz der Lohn- bzw. Gehaltsfortzahlung an ... dem Anspruch auf Ersatz dessen Erwerbsschadens ausgesetzt. Demselben Zweck wie dieser von den Beklagten zu leistende Ersatz des Erwerbsschadens diente die von der Klägerin gewährte Unfallrente. Denn die Rente wurde nicht zur Befriedigung erhöhter Bedürfnisse ... als Folge seines Unfalls gezahlt, sondern zum Ausgleich einer um 25 % geminderten Erwerbsfähigkeit. Dieser Feststellung steht nicht entgegen, daß die Rente nicht nach dem konkreten Schaden ... bemessen worden ist. Für eine Unfallrente ist es typisch, daß sie abstrakt nach Bruchteilen der vollen Erwerbsfähigkeit im Vergleich damit errechnet wird, inwieweit der Verletzte mit den ihm verbleibenden Kräften auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch in zumutbarer Weise in Wettbewerb treten kann (BGH VersR 1970, 899 m.w.N., Dersch u.a. RVO, Gesamtkommentar, § 581 Anm. 4). Damit steht fest, daß die Pflicht der Beklagten, den Erwerbsschaden ... zu ersetzen, und die Pflicht der Klägerin, ... wegen einer unfallbedingten Verminderung seiner Erwerbsfähigkeit eine Rente zu zahlen, sich im Sinne einer kongruenten Schadensdeckung gleichen.

29

In Höhe von 153,33 DM ist deshalb der Schadensersatzanspruch Reiches auf die Klägerin übergegangen.

30

Der vorstehenden Rechtsansicht des Senats steht nicht die von den Beklagten für ihre gegenteilige Ansicht angeführte Entscheidung des Bundesgerichtshofs in VersR 1967, 1068 f entgegen. Dieser Entscheidung lag ein Fall zugrunde, in dem ein Arbeitnehmer zwar eine Unfallrente wegen 20 %iger Minderung der Erwerbsfähigkeit erhielt, aber trotz seiner unfallbedingten Erwerbsbehinderung zu dem Lohn von seinem Arbeitgeber weiterbeschäftigt wurde, den er vor dem Unfall erhalten hatte. Wegen dieser besonderen Verhältnisse hat sich der Bundesgerichtshof zu Recht auf den Standpunkt gestellt, daß dieser Arbeitnehmer, der seinen vollen Lohn wieder erarbeiten konnte, keinen unfallbedingten Erwerbsschaden mehr hatte. Im Gegensatz zu diesem Arbeitnehmer konnte ... in dem hier in Betracht kommenden Zeitraum seinen Lohn bzw. sein Gehalt nicht durch eigene Arbeit verdienen. Bei ihm war deshalb ein tatsächlicher Erwerbsschaden vorhanden.

31

Auch in Höhe ihrer weiteren Leistung von 70 DM ist ein Schadensersatzanspruch ... gegen die Beklagten gemäß § 1542 Abs. 1 Satz 1 RVO auf die Klägerin übergegangen. Mit diesem Betrage hat die Klägerin Aufwendungen des Krankenhauses für die Verpflegung ... bezahlt. Diese Verpflegungskosten hätte ... zwar ohne den Unfall selbst aufbringen müssen. Ohne den Unfall hätte er diese Kosten aber aus seinem Arbeitseinkommen bestritten. Da er jedoch als Folge des Unfalls Verdienstausfall erlitten und deshalb einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten erworben hatte, diente die Übernahme aller Verpflegungskosten für ... während seines Krankenhausaufenthaltes durch die Klägerin in Höhe von 70 DM dem teilweisen Ersatz des ... entstandenen Erwerbsschadens. Der Senat schließt sich damit der von den Beklagten nicht angegriffenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in VersR 1965, 786 (787) [BGH 18.05.1965 - VI ZR 262/63], NJW 1971, 240 f und VersR 1974, 919 (920) an.

32

Trotz dieses Übergangs der gegen die Beklagten gerichteten Ansprüche ... auf Ersatz seines Erwerbsschadens in Höhe von 153,33 DM und 70 DM auf die Klägerin brauchen die Beklagten nicht zu befürchten, wegen dieser Beträge auch von dem Arbeitgeber ... zum Ausgleich des fortgezahlten Lohns bzw. Gehaltes in Anspruch genommen zu werden. Sollte der Anspruch ... auf Ersatz seines Erwerbsschadens auf seinen Arbeitgeber bereits übergegangen sein, so kann dahingestellt bleiben, ob dieser Übergang auf dem Lohnfortzahlungsgesetz, einem Tarifvertrag oder einer Abtretung ... an seinen Arbeitgeber beruhte, denn in jedem Falle würde sich das Quotenvorrecht der Klägerin als Sozialversicherungsträgerin dahin auswirken, daß sie bevorrechtigt zu befriedigen ist und der Arbeitgeber ... den Anspruch auf Ersatz des Erwerbs Schadens gegen die Beklagten nur in dem um die Leistungen der Klägerin gekürzten Umfang behält (BGH VersR 1965, 786 (787) [BGH 18.05.1965 - VI ZR 262/63], NJW 1971, 240 und VersR 1974, 919 (920)).

33

Schließlich ist auch ein Schadensersatzanspruch ... gegen die Beklagten in Höhe von 238,50 DM gemäß § 1542 Abs. 1 Satz 1 RVO auf die Klägerin übergegangen. Mit diesem Betrage hat die Klägerin nachberechnete Krankenhauspflegekosten für ... beglichen. Ihre Leistung deckt sich insoweit kongruent mit dem Betrage, den die Beklagten an ... als Schadensersatz zu leisten hatten. Diese Ansicht wird auch von den Beklagten geteilt.

34

Den Gesamtbetrag von 461,83 DM müssen die Beklagten gemäß §§ 284 und 288 BGB seit dem 10. Oktober 1974 mit 4 % verzinsen, denn mit Schreiben vom 8. Oktober 1974 hat es die Beklagte zu 1) im Sinne einer Selbstmahnung abgelehnt, die Klagforderung an die Klägerin zu zahlen.

35

Schließlich ist auch der gemäß § 256 ZPO zulässige Feststellungsantrag in dem mit der Berufung angefochtenen Umfange begründet, denn die Beklagten können sich auf eine Mithaftung ... für seinen Unfallschaden nicht berufen. Auch ist die Entwicklung des ... entstandenen Schadens insbesondere deshalb noch nicht abzusehen, weil der Verlust eines Auges in der Regel Nachbehandlungen in einem nicht vorhersehbaren Ausmaße erforderlich macht.

36

Die Berufung der Beklagten war deshalb zurückzuweisen. Der Ausspruch des angefochtenen Urteils zu Ziffer 1. mußte jedoch gemäß § 319 Abs. 1 ZPO wegen einer offenbaren Unrichtigkeit berichtigt werden. Entgegen dem Antrag der Klägerin und den Ausführungen des Landgerichts in seinen Entscheidungsgründen lautet der Hauptbetrag, zu dessen Zahlung die Beklagten verurteilt worden sind, nämlich irrtümlich auf 463,83 DM und nicht richtigerweise auf 461,83 DM. Diese offenbare Unrichtigkeit war von Amts wegen zu berichtigen. Das Berufungsgericht war zu dieser Berichtigung befugt (Baumbach-Lauterbach ZPO (35. Aufl.) § 319 Anm. 3 A m.w.N.).

37

Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlaß, da die Voraussetzungen des § 546 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht gegeben sind.

38

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 7 ZPO und die Entscheidung über die Beschwer aus § 546 Abs. 2 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Die Beschwerde dieses Urteils beträgt für die Beklagten 836,83 DM.