Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 19.10.2005, Az.: 6 A 141/04
2-jährige Ausbildung; Ausbildung; Berufsausbildung; Berufsausübungsbeschränkung; Berufsfachschule; Berufsfreiheit; Berufsverbot; Besitzstandsschutz; Erlaubnisfiktion; Ermessen; Kompensation; Kosmetik; langjährige Berufserfahrung; Medizinische Fußpflege; Podologe; Podologenausbildung; Podologin
Bibliographie
- Gericht
- VG Osnabrück
- Datum
- 19.10.2005
- Aktenzeichen
- 6 A 141/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 50878
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- Art 3 Abs 1 GG
- Art 12 Abs 1 GG
- § 1 Abs 1 PodAPrV
- § 4 PodG
- § 10 Abs 1 Nr 3 PodG
- § 10 Abs 3 PodG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Zu den Anforderungen an eine gleichwertige Ausbildung gemäß § 10 Abs. 3 PodG (keine Gleichwertigkeit der zweijährigen Berufsfachschule Kosmetik).
Tatbestand:
Die Klägerin beantragte im Oktober 2003 die Erteilung der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Podologin“. Zur Begründung verwies sie darauf, dass sie nach erfolgreichem Besuch der zweijährigen Berufsfachschule Kosmetik mit den Fächern Anatomie, Physiologie, Dermatologie, Gymnastik, Massagen, Apparatekunde, Warenkunde, Rohstoffkunde etc. die Berechtigung erworben habe, die Berufsbezeichnungen „Staatlich geprüfte Kosmetikerin“ und „Staatlich geprüfte Fußpflegerin“ zu führen. Es handele sich insoweit um eine gleichwertige Ausbildung im Sinne des § 10 Abs. 3 PodG. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sie zusätzlich die zweijährige Fachoberschule - Sozialwesen - einschließlich eines 12-wöchigen Krankenpflegepraktikums und eines 23-wöchigen Praktikums in einem Kindergarten absolviert habe. Damit habe sie alle in der Podologenausbildung geforderten Fächer mit der vorgeschriebenen Stundenzahl durchlaufen. Ferner habe sie ein einjähriges Praktikum in einer Fußpflegepraxis (wöchentlich 2 Tage à 8 Stunden) absolviert.
Durch Bescheid vom 13.07.2004 lehnte die Bezirksregierung Weser-Ems den Antrag mit folgender Begründung ab, dass die Ausbildungen und Tätigkeiten der Klägerin nicht als gleichwertig anzusehen seien, da wesentliche in der Podologenausbildung geforderte Teile fehlten.
Die Klägerin legte dagegen Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie u. a. geltend machte: Die Behörde habe sich nicht inhaltlich mit den von ihr nachgewiesenen Ausbildungen auseinandergesetzt. Dies deute auf eine ermessensfehlerhafte Entscheidung hin. Durch ihre längere Tätigkeit in einer medizinischen Fußpflegepraxis habe sie die einschlägigen podologischen Behandlungsmaßnahmen erlernt. Bei ihr liege Gleichwertigkeit im Sinne des § 10 Abs. 3 PodG vor. Mit dieser Vorschrift solle dem Vertrauensschutz von Personen mit entsprechender Qualifikation Rechnung getragen werden. Auf Grund ihrer Ausbildung und Berufstätigkeit genieße auch sie einen derartigen Besitzstandsschutz. Unter diesen Umständen verstoße der Ablehnungsbescheid gegen Art. 12 GG.
Durch Bescheid vom 08.09.2004 wies die Bezirksregierung Weser-Ems den Widerspruch mit folgender Begründung zurück:
Die Klägerin habe nicht die in § 4 PodG vorgesehene mindestens zweijährige Ausbildung zur „Medizinischen Fußpflegerin“ absolviert. Ein Anspruch auf die Erteilung der begehrten Berufsbezeichnung ergebe sich auch nicht aus § 10 Abs. 3 PodG. Eine Gleichwertigkeit im Sinne dieser Vorschrift bestehe nur, wenn die in der PodAPrV aufgeführten Unterrichtsgegenstände Inhalt der mindestens 2-jährigen Ausbildung auf dem Gebiet der medizinischen Fußpflege gewesen seien. Dies sei bei den Ausbildungen der Klägerin nicht der Fall (wird ausgeführt).
Eine längere Tätigkeit und Erfahrung im Berufsfeld „Medizinische Fußpflege“ sei im Rahmen des § 10 Abs. 3 PodG ohne Belang, da diese Bestimmung an eine andere (gleichwertige) Ausbildung anknüpfe. Eine Kompensation durch langjährige Berufserfahrung sehe § 10 Abs. 3 PodG nicht vor.
Ein Eingriff in die Berufsfreiheit liege nicht vor, da sich die Untersagung der Berufsbezeichnung „Medizinische Fußpflegerin“ nicht auf die Berufstätigkeit als solche beziehe. Der Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung, den die Beschränkung der Berufsbezeichnung darstelle, sei verfassungsrechtlich durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt. Zweck des PodG sei es, die Qualität der Ausbildung in der medizinischen Fußpflege und die deutliche Kennzeichnung der Behandelnden mit entsprechender Qualifikation insbesondere im Interesse derjenigen Patienten sicherzustellen, bei denen auf Grund gesundheitlicher Beeinträchtigungen podologische Behandlungen mit erheblichen Risiken verbunden sein könnten.
Die Klägerin hat dagegen am 07.10.2004 Klage erhoben, zu deren Begründung sie ergänzend vorträgt:
In den Bereichen Berufs-, Gesetzes- und Staatskunde , Sprache und Schrifttum, Chemie und Physik, Anatomie und Physiologie bestehe vollständige Gleichwertigkeit der von ihr absolvierten Ausbildungen mit der vorgeschriebenen Podologenausbildung.
Hinsichtlich Allgemeine und Spezielle Krankheitslehre (= Gesundheitslehre, Gesundheitspflege, Dermatologie, Photologie und Orthopädie), Hygiene, Mikrobiologie, Erste Hilfe, Verbandstechnik, Prävention, Rehabilitation, Ernährungslehre, Ernährungspraxis, Soziallehre, Sozialpflege, Psychologie, Pädagogik, Soziologie, Arzneimittellehre sowie Material- und Warenkunde bestehe ebenfalls Gleichwertigkeit.
Sie habe ihre Ausbildungsgänge nicht nach Unterrichtsstunden, sondern nach Wochen absolviert. Bei entsprechender Umrechnung ergebe sich, dass die vorgeschriebenen Stundenzahlen erreicht, zum Teil überschritten seien. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Podologenausbildung etwa wegen Krankheit oder Schwangerschaft bis zu 14 Wochen unterbrochen werde könne, ohne dass die versäumten Stunden nachgeholt werden müssten.
Die theoretischen Grundlagen der podologischen Behandlung habe sie in der Berufsfachschule Kosmetik und Fußpflege erworben. Entsprechendes gelte für fußpflegerische Maßnahmen, podologische Behandlungen und Hilfsmittel sowie physikalische Therapie. Ferner verfüge sie über eine umfangreiche praktische Ausbildung.
In ihrem Falle wirke sich die ablehnende Entscheidung der Bezirksregierung Weser-Ems faktisch als Berufsverbot aus, da sie sich ohne entsprechende Berufsbezeichnung am Markt nicht behaupten könne.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 13.07.2004 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 10.09.2004 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Podologin“ zu erteilen.
Der Beklagte beantragt aus den Gründen der angefochtenen Bescheide,
die Klage abzuweisen.
Ergänzend macht er geltend:
Gleichwertigkeit im Sinne des § 10 Abs. 3 PodG liege vor, wenn die in der Anlage 1 PodAPrV genannten Unterrichtsbestandteile Inhalt der mindestens zweijährigen (anderen) Ausbildung gewesen seien. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall. Auch die Rahmenrichtlinien für den berufsbezogenen Lernbereich der Berufsfachschule -Kosmetik- ließen keinen anderen Schluss zu.
Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Berufsbezeichnung nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 bzw. Abs. 2 PodG. In Niedersachsen habe seinerzeit die Möglichkeit bestanden, sich auf Antrag nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung für den Beruf des medizinischen Fußpflegers nach den Bestimmungen über die Ausbildung und Prüfung an Berufsfachschulen als Medizinischer Fußpfleger staatlich anerkennen zu lassen (Nds. MBl. 1983, 266; 1982, 2195). Nur wer staatlich als „Medizinischer Fußpfleger“ anerkannt worden sei, habe darauf vertrauen können, auch künftig diese Bezeichnung führen zu dürfen. Die Erlaubnisfiktion gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 PodG trage diesem Umstand Rechnung.
Die Klägerin habe nicht auf den Schutz ihrer beruflichen Tätigkeit im bisherigen Umfang vertrauen dürfen, da sie nicht die Qualifikation besitze, die der Gesetzgeber für die Zukunft aus Gründen des Rechtsgüterschutzes eingeführt habe. Die Bezeichnung „Med. Fußpflegerin“ und „Podologin“ sei nach dem PodG Personen vorbehalten, die nach einer entsprechenden Ausbildung ihre Kenntnisse und Fähigkeiten in einer Prüfung nachgewiesen hätten. Diese Berufsausübungsbeschränkung sei zulässig, da sie im Interesse der Patienten, bei denen podologische Behandlungen mit erheblichen gesundheitlichen Risiken verbunden sein könnten, die Kenntlichmachung der Behandler mit entsprechender Qualifikation gewährleiste.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Zur weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird gemäß § 117 Abs. 5 VwGO zunächst auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide Bezug genommen, die sich das Gericht in vollem Umfang zu eigen macht.
Zusätzlich ist auszuführen: Die Beurteilung der Gleichwertigkeit der von der Klägerin absolvierten Berufsfachschulausbildung im Fach Kosmetik im Sinne § 10 Abs. 3 PodG mit der staatlichen Ausbildung für den Beruf als Medizinische Fußpflegerin bzw. Podologin nach der einschlägigen Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Podologinnen und Podologen vom 18.12.2001 (BGBl. I 2002, S. 12) hängt maßgeblich davon ab, inwieweit beide Ausbildungen grundsätzlich geeignet sind, eine gleichwertige berufliche Qualifikation zu vermitteln. Der Gesetzgeber hat dabei auf den (vorliegenden) Ausbildungsstand im Sinne eines abstrakten Vergleichs abgestellt und nicht etwa eine darüber hinausgehende individuelle Überprüfung oder eine - wie auch immer geartete - Nachqualifizierung unterhalb der für eine staatliche Ausbildung geltenden Ausbildungsanforderungen vorgesehen. Die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes bemisst sich demzufolge nach objektiven Kriterien. Maßgeblich ist dabei der konkrete Ausbildungsgang des jeweiligen Antragstellers. Es kommt weder auf dessen individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten noch auf durch langjährige Tätigkeit erworbene Berufserfahrung an. Diese lassen sich in der Regel nur durch eine individuelle Prüfung feststellen, die der Gesetzgeber für die Fälle des § 10 Abs. 3 PodG nicht vorgesehen hat. Es wird nicht auf den Kenntnis-, sondern auf den Ausbildungsstand abgestellt. Beide Ausbildungsgänge sind in eine wertende Relation zu einander zu setzen. Dabei ist auf die Ausbildungsinhalte sowie Art und Weise ihrer Vermittlung, ferner auf die für die Wirksamkeit der Ausbildung aussagekräftige Ausbildungsdauer und schließlich auf die Prüfungsanforderungen abzustellen. Das Ergebnis dieser Gegenüberstellung und die Frage, ob Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes gegeben ist, unterliegen der uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Überprüfung, da es sich insoweit um einen unbestimmten Gesetzesbegriff handelt, bei dessen Anwendung der Verwaltungsbehörde kein – gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer - Beurteilungsspielraum im Sinne einer Entscheidungspräferenz eingeräumt ist (vgl. BVerwG, U. v. 18.02.1993 – 3 C 64/90 – BVerwGE 92, 88; U. v. 29.08.1996 – 3 C 19/95 – BVerwGE 102, 44).
Unter Zugrundelegung der Rahmenrichtlinien für den berufsbezogenen Lernbereich der Berufsfachschule-Kosmetik einerseits und der Stundentafel gemäß Anl. 1 zu § 1 Abs. 1 PodAPrV andererseits stellt sich die Gegenüberstellung beider Ausbildungen im vorliegenden Falle wie folgt dar:
Podologenausbildung
Berufsfachschule - Kosmetik
Berufs-, Gesetzes- u. Staatskunde
40
Sprache und Schrifttum
20
Fachbezogene Physik und Chemie
60
Physik/Apparatekunde
120
Chemie/Rohstoffkunde
120
Anatomie
60
Anatomie/Physiologie
160
Physiologie
60
Allgemeine Krankheitslehre
30
Spezielle Krankheitslehre
250
Dermatologie
160
Hygiene und Mikrobiologie
80
Erste Hilfe und Verbandstechnik
30
Prävention und Rehabilitation
30
Psychologie/Pädagogik/Soziologie
60
Arzneimittellehre, Material- und Warenkunde
120
Warenkunde/Verkaufskunde
80
Betriebliches Rechnungswesen
80
Theorie der Kosmetik
200
Kosmetische Grundausbildung
200
Körperbehandlungen und Massagen
200
Handpflege
80
Theoretische Grundlagen der podologischen Behandlung
150
Fußpflege
120
Fußpflegerische Maßnahmen
150
Podologische Behandlungsmaßnahmen
400
Physikalische Therapie im Rahmen der podologischen Behandlung
100
Podologische Materialien und Hilfsmittel
200
Apparative Kosmetik
120
Gymnastik
40
Dekorative Kosmetik
80
zur freien Verfügung
100
2.000
1.760
Eine vergleichende Betrachtung der Stundentafeln beider Ausbildungsgänge ergibt, dass im medizinisch-naturwissenschaftlichen Bereich mit 600 Unterrichtstunden (Podologenausbildung) bzw. 560 Unterrichtstunden (Berufsfachschule Kosmetik) noch tendenzielle Gleichwertigkeit angenommen werden kann. Dies gilt mit der Einschränkung, dass bezüglich der jeweils einschlägigen, hinsichtlich ihres Zuschnitts im übrigen nicht vollständig deckungsgleichen Fächer unterschiedliche Gewichtungen bestehen. Demgegenüber finden sich im Fächerkanon der Berufsfachschule Kosmetik eine Reihe von Fächern, die keinen oder nur einen geringen Bezug zu den Inhalten der Podologenausbildung haben, welche ihrerseits keinen kosmetischen Ansatz verfolgt. Dies gilt für die Fächer Theorie der Kosmetik, Kosmetische Grundausbildung, Körperbehandlungen und Massagen, Handpflege, Apparative Kosmetik und Dekorative Kosmetik mit insgesamt 880 Stunden. Vor allem macht eine Gegenüberstellung der jeweiligen speziell fußpflegerischen Ausbildungsinhalte die fehlende Gleichwertigkeit beider Ausbildungen deutlich. Während darauf bei der Ausbildung zum Podologen oder zur Podologin insgesamt 1000 Stunden entfallen, beschränkt sich die Berufsfachschule Kosmetik diesbezüglich auf 120 Stunden.
Schließlich umfasst die Podologenausbildung zusätzlich ein praktische Ausbildung im Umfang von 1.000 Stunden. Dies entspricht bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden ca. 26 Wochen. Die Ausbildung erstreckt sich gemäß Anl. 2 zu § 1 Abs. 1 PodG (Abschnitt B) auf die Bereiche Fußpflegerische Maßnahmen, Podologische Behandlungsmaßnahmen, Physikalische Therapie im Rahmen der podologischen Behandlung sowie Podologische Materialien und Hilfsmittel und ist in Krankenhäusern oder anderen geeigneten Einrichtungen durchzuführen. Mindestens 280 Stunden sind in einem unter ärztlicher Leitung stehenden Praktikum in internistischen, dermatologischen oder orthopädischen Kliniken oder entsprechenden Ambulanzen abzuleisten. Dabei sollen die Schülerinnen und Schüler mit den im Unterricht vermittelten Krankheitsbildern bekannt gemacht und die Verbindung zu den in der podologischen Behandlung zu berücksichtigenden Aspekten hergestellt werden. - Dem steht bei der Berufsfachschule Kosmetik ein im zweiten Schuljahr in einer geeigneten Kosmetikinstitution abzuleistendes Praktikum im Umfang von 16 Zeitstunden je Woche gegenüber. Bei maximal 40 Unterrichtswochen im Schuljahr ergeben sich insgesamt 640 Zeitstunden. Ein derartiges Praktikum ist danach allein im Hinblick auf seinen zeitlichen Umfang der nach dem PodG geforderten praktischen Ausbildung offensichtlich nicht gleichwertig im Sinne des § 10 Abs. 3 PodG. Zusätzlich fehlt es an einer entsprechenden fachlichen Ausrichtung, da die medizinische Fußpflege nur einen untergeordneten Teilbereich der praktischen Ausbildung ausmacht. Zwar hat die Klägerin nach eigenem Vortrag ihr einjähriges Praktikum in einer Fußpflegepraxis absolviert. Sofern sie damit geltend machen will, in diesem Rahmen ausschließlich fußpflegerisch tätig gewesen zu sein, würde ihr Praktikum nicht den einschlägigen Rahmenrichtlinien entsprochen haben, da nicht kosmetische Behandlungen im Vordergrund gestanden hätten. Jedenfalls verbliebe es an der Ungleichwertigkeit aus den dargelegten Gründen. Daran ändert auch eine Einbeziehung der von der Klägerin im Rahmen der Fachoberschule Sozialwesen absolvierten Praktika nichts, da es insoweit an einer Ausrichtung auf Inhalte der medizinischen Fußpflege fehlt.
Schließlich liegt gegenüber dem Ausbildungsgang der Klägerin eine gegen Art. 3 GG verstoßende Ungleichbehandlung auch nicht im Hinblick auf die Regelung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 PodG vor. Danach gilt eine nach dem RdErl. des Nds. Sozialministers vom 10.11.1982 (Nds. MBl. S. 2195) abgeleistete und gemäß RdErl. vom 21.02.1983 (Nds. MBl. S. 266) staatliche anerkannte Ausbildung an Berufsfachschulen - Medizinische Fußpflege - als Erlaubnis im Sinne des § 1 Abs. 1 PodG. Dies bedeutet keine sachlich ungerechtfertigte Privilegierung des darunter fallenden Personenkreises, da die frühere Ausbildung hinsichtlich Umfang und Inhalt den nunmehr nach dem PodG geltenden Anforderungen durchaus nahe kommt, während die von der Klägerin an der Berufsfachschule - Kosmetik - abgeleistete Ausbildung auch hinter dieser vom Gesetzgeber der Podologenausbildung übergangsrechtlich gleichgestellten Ausbildung hinsichtlich der spezifisch podologischen Ausbildungsinhalte - wie dargelegt - weit zurückbleibt.
Was schließlich den von der Klägerin beanspruchten Vertrauens- bzw. Besitzstandsschutz angeht, wird auf die bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung zur Vereinbarkeit des § 12 PsychThG mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 GG. Nach dieser übergangsrechtlichen Vorschrift hatten etwa Diplom-Psychologen, die in der Vergangenheit den Beruf des Psychotherapeuten unter dieser Bezeichnung im Rahmen des sog. Kostenerstattungsverfahrens ausgeübt hatten, einen Anspruch auf Erteilung der Approbation als Psychologischer Therapeut nur unter bestimmten fachlichen Voraussetzungen und durften ihre berufliche Tätigkeit nicht unter der Bezeichnung „Psychotherapeut“ oder „Psychotherapeutin“ fortführen, wenn sie diese Anforderungen nicht erfüllten (§ 12 Abs. 3 PsychThG). Diplom-Pädagogen war eine weitere Ausübung psychotherapeutischer Tätigkeit unter den Berufsbezeichnung „Psychotherapeut“ oder „Psychotherapeutin“ schlechthin versagt.
Dazu hat die 2. Kammer des Ersten Senats des BVerfG (Beschl. v. 16.03.2000 – 1 BvR 1453/99 – NJW 2000,1779) u. a. ausgeführt:
Der Gesetzgeber ist zwar verpflichtet, eine angemessene Übergangsregelung für diejenigen vorzusehen, welche eine künftig unzulässige Tätigkeit in der Vergangenheit in erlaubter Weise ausgeübt haben (Zit.). So liegt es hier aber nicht. Der Gesetzgeber hat vielmehr im Rahmen der Neuordnung durch das Psychotherapeutengesetz das bisherige Berufsfeld der psychotherapeutischen Heilpraktiker nicht geschlossen. Sie dürfen in ihrer Berufstätigkeit fortfahren, allerdings die Berufsbezeichnung „Psychotherapeut“ bzw. „Psychologischer Psychotherapeut“ nicht mehr führen. Das ist aus Gründen des Patientenschutzes gerechtfertigt (Zit.); andernfalls wäre nicht erkennbar, welche Therapeuten einen einschlägigen akademischen Abschluss aufweisen und welche nicht.
Soweit die Neuregelung dadurch faktische Auswirkungen auf die im Berufsfeld verbleibenden psychotherapeutisch tätigen Heilpraktiker haben wird, weil sie als minder qualifiziert angesehen werden, wird der Schutzbereich von Art. 12 I GG nicht berührt. Dieses Grundrecht bietet grundsätzlich keinen Schutz gegen neue Konkurrenz für einen Beruf, der selbst unangetastet bleibt; es gibt kein subjektives Recht auf Erhaltung des Geschäftsumfangs und die Sicherung weiterer Erwerbsmöglichkeiten (Zit.).
Diesen Ausführungen darf entnommen werden, dass auch die hier in Rede stehende Übergangsvorschrift des § 10 Abs. 3 PodG mit der durch Art. 12 GG geschützten Berufsausübungsfreiheit vereinbar ist.