Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 08.12.1994, Az.: 2 U 154/94
Unterlassungsanspruch wegen irreführender Preiswerbung bei Elektroartikeln; Gegenüberstellung unter falscher Betragsangabe der Preisempfehlung des Herstellers; Grundsatz von Preisklarheit und Preiswahrheit; Zulässige Verallgemeinerung des Unterlassungsanspruchs über die konkrete Verletzungshandlung hinaus; Bestimmung des Charakteristischen eines Verletzungstatbestandes; Berücksichtigungsfähigkeit einer Teilunterwerfung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 08.12.1994
- Aktenzeichen
- 2 U 154/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1994, 17640
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGBS:1994:1208.2U154.94.0A
Rechtsgrundlagen
- § 3 UWG
- § 13 Abs. 2 UWG
- § 13 Abs. 4 UWG
Fundstelle
- WRP 1995, 145-147 (Kurzinformation) "Irreführende Preiswerbung eines Media Marktes"
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Eine Werbung zu Elektroartikeln, bei der dem eigenen Preis des Werbenden eine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers unter Angabe eines überhöhten Betrages gegenübergestellt wird, ist irreführend im Sinne des § 3 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb).
- 2.
Die Verallgemeinerung eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs über die konkrete Verletzungshandlung hinaus ist zulässig, soweit darin das Charakteristische des festgestellten konkreten Verletzungstatbestandes zum Ausdruck kommt.
In dem Rechtsstreit
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig
auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 1994
durch
den Vizepräsidenten des Oberlandesgericht ...
den Richter am Oberlandesgericht ...
die Richterin am Oberlandesgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts ... vom 27.06.1994 - Geschäfts-Nr. 21 O 22/94 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsrechtszuges zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer wird auf DM 50.000,00 festgesetzt.
Tatbestand
Die Beklagte veröffentlichte am 05.08.1993 in der ... eine Bewerbung mit Text, in der es u.a. hieß:
"... KT 1633 glass-line Kühlschrank ... unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers DM 799,- ... DM 627,- ...".
In seiner Marktpreisübersicht vom Juli 1993 gab der Hersteller jedoch eine unverbindliche Preisempfehlung von DM 729,00.
Auf die Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung vom 10.08.1993 (Bl. 9-11 d. BA) gab Rechtsanwalt ... aus ... für die Beklagte unter dem 16.08.1993 die eingeschränkte Verpflichtungserklärung ab, "es zukünftig zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für Tiefkühltruhen der Firma ... mit einer UVP zu werben, die die tatsächlich geforderte überschreitet und für jeden Fall der zukünftigen schuldhaften Zuwiderhandlung eine in das billige Ermessen der Unterlassungsgläubigerin gestellte, ggfs. vom zuständigen Gericht zu überprüfende Vertragsstrafe zu zahlen" (Bl. 13 d. BA).
Da dem Kläger diese Erklärung nicht ausreichte, verfolgte er seine Rechte zunächst im Verfahren der einstweiligen Verfügung weiter. Im Verlauf dieses Verfahrens stellte die Beklagte klar, daß sich die Erklärung nicht auf Kühltruhen, sondern auf Kühlschränke der Firma ... beziehen solle. Da der Verfügungskläger die vom Landgericht im Urteilsverfahren erlassene einstweilige Verfügung nicht vollzogen hatte, unterlag er insoweit im Berufungsverfahren. Danach forderte er die Beklagte am 19.01.1994 erneut - erfolglos - zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er habe einen Anspruch auf Abgabe einer uneingeschränkten Unterlassungserklärung, denn Verletzungshandlung sei die dem eigenen Preis gegenübergestellte, aber überhöht angegebene unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers für einen Kühlschrank gewesen, d.h., der wesentliche Kern der Verletzungshandlung liege in der falschen Betragsangabe der Preisempfehlung.
Der Kläger hat beantragt,
- 1.
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in Zeitungsanzeigen oder in sonstigen Mitteilungen, welche für einen größeren Personenkreis bestimmt sind, bei einer Werbung die dem eigenen Preis gegenübergestellte unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers falsch, nämlich überhöht, anzugeben;
- 2.
für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das vorstehende Unterlassungsgebot der Beklagten ein Ordnungsgeld bis zu DM 500.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihrem jeweiligen Geschäftsführer, anzudrohen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, dem Kläger stehe kein über die abgegebene Unterlassungserklärung hinausgehender Unterlassungsanspruch zu, denn es dürfe nur die konkrete Verletzungshandlung verboten werden. Sie hat dazu behauptet, ihr umfangreiches Warenprogramm unterstehe - was unstreitig ist - verschiedenen Abteilungsleitern, die auch für die entsprechende Werbung zuständig seien; der Sektor Kühlschränke unterstehe dem Zeugen ... Zum Zeitpunkt der Werbung habe ihr lediglich die Liste der festgestellten Marktpreise der Firma ... vom Februar 1993 vorgelegen, aus der sich - unstreitig - für das beworbene Gerät eine UVP des Herstellers in Höhe von DM 799,00 ergeben habe. Die neueste Liste der Firma ... vom Juli 1993 sei ihr nicht übersandt worden. Der zuständige Abteilungsleiter ... habe sich darüber hinaus vorher noch bei dem zuständigen Außendienstmitarbeiter der Firma ... über die UVP erkundigt, wobei ihm - falsch - mitgeteilt worden sei, daß diese bei DM 799,00 liege.
Die Beklagte hat ferner die Ansicht vertreten, daß die Klage schon deshalb teilweise abzuweisen sei, weil das Unterlassungsbegehren sich auch auf Kühlschränke der Firma ... erstrecke, obwohl hinsichtlich dieses Warensegmentes eine Unterlassungserklärung vorliege und die Wiederholungsgefahr damit ausgeräumt sei.
Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, daß der verallgemeinert gefaßte Unterlassungsantrag zulässig sei, da dadurch der konkrete Verletzungsfall, der "Kern" der wettbewerbswidrigen Handlung, besser gekennzeichnet werde. Charakteristisch für den Verstoß sei nicht die unzutreffende Werbung für eine bestimmtes Modell, sondern die unzutreffende Preisangabe an sich. Die Wiederholungsgefahr sei auch nicht durch die Organisation des Betriebes der Beklagten in verschiedene Verantwortungsbereiche für andere Abteilungen ausgeräumt, denn die Beklagte werbe mit Gegenüberstellung der unverbindlichen Preisempfehlung in gleicher Weise für eine Vielzahl verschiedener Markenartikel ihres Sortiments. Selbst wenn dem Angestellten der Beklagten, Herrn ... die aktuelle Preisliste nicht vorgelegen habe und er von dem Außendienstmitarbeiter der Herstellerfirma eine falsche Auskunft erhalten habe, entlaste dieses die Beklagte nicht, da der Anspruch aus § 3 UWG kein Verschulden voraussetze.
Gegen dieses ihr am 12.07.1994 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 12.08.1994 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 12.09.1994 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Sie meint, der Unterlassungsanspruch könne sich nur auf die konkrete Verletzungshandlung beziehen. Aus den Entscheidungen des Bundesgerichtshofes GRUR 1992, 320 - R.S.A/Cape -, GRUR 1992, 858 - Clementinen -, GRUR 1984, 503 - Adidas-Sportartikel -, NJW 1992, 3037 - Sozietät mit beschränkter Haftung -, GRUR 1954, 70 - Rohrbogen - und GRUR 1954, 331 - Altpa-Alpah - sei zu entnehmen, daß auch im vorliegenden Fall eine Verallgemeinerung auf sämtliche Sortimentsartikel unzulässig sei. Im übrigen beziehe sich die sogenannte "Kerntheorie" allein auf den Schutzumfang eines bereits bestehenden Unterlassungstitels und dessen Auslegung im Vollstreckungsverfahren; diese dürfe nicht dahingehend interpretiert werden, daß Verallgemeinerungen des Unterlassungsbegehrens generell zulässig seien.
Die Beklagte meint weiter, das Charakteristische des vorliegenden Falles sei entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht die unzutreffende Preisangabe an sich, sondern das Zusammentreffen folgender besonderer Aspekte:
- a)
Eine Unterlassungserklärung für Kühlschränke der Firma ... liege vor.
- b)
Ihr Mitarbeiter, der für die fehlerhafte Angabe verantwortlich sei, sei lediglich für diesen Warensektor zuständig, ihn treffe keine Verantwortlichkeit für andere Warensegmente.
- c)
Ihrem verantwortlichen Mitarbeiter seien von der Firma ... auf Nachfrage die nicht mehr gültigen UVP bestätigt worden.
- d)
Sie habe die neue UVP-Liste von der Firma ... nicht erhalten gehabt.
Dazu behauptet die Beklagte, der Außendienstmitarbeiter der Firma ... den ... Mitarbeiter ... etwa eine Woche vor der Werbung nach der unverbindlichen Preisempfehlung gefragt habe, sei eine Person, die zu allen die Herstellerfirma und deren Produkte betreffenden Informationen unmittelbaren Zugang habe und der die von der Firma ... ausgesprochenen UVP regelmäßig bereits etwa vier Wochen vor deren Gültigkeitsbeginn vorliege.
Die Beklagte, die im übrigen ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft, meint weiter, daß das Landgericht auch ohne überzeugende Begründung die Anwendung der Grundsätze über unvermeidbare Ausreißer verneint habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts ... vom 27.06.1994 - 21 O 22/94 - abzuändern und die Klage abzuweisen;
hilfsweise:
gemäß § 546 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und meint, daß sich die Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht lediglich auf die genau identische Verletzungsform beschränke. Der Kläger bestreitet das Vorbringen der Beklagten dazu, daß Herr ... von der Firma ... ein falscher UVP genannt worden sei. Sie hält den diesbezüglichen Sachvortrag für widersprüchlich und unsubstantiiert.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Der Kläger kann die Beklagte - ohne daß es auf deren Verschulden ankommt - auf Unterlassung in Anspruch nehmen, weil die Beklagte falsch und damit irreführend i.S.d. § 3 UWG geworben hat, indem sie in ihrer Anzeige in der ... Zeitung vom 05.08.1993 einen ... KT 1633 glass-line Kühlschrank zum Preise von DM 627,00 beworben und dabei auf eine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers in Höhe von DM 799,00 hingewiesen hat, obwohl die Preisempfehlung tatsächlich lediglich DM 729,00 betrug.
Der Kläger ist nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG in der jetzt gültigen Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 25.07.1994 (BGBl 1994, Teil I, Seite 1738) klagebefugt, soweit es den auf § 3 UWG gestützten Unterlassungsanspruch betrifft. Es ist gerichtsbekannt, daß der Kläger eine erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden als Mitglieder hat, unter denen auch solche sind, die Kühlschränke auf dem hiesigen Markt verkaufen. Die vorliegende Verletzungshandlung ist auch "geeignet", den Wettbewerb auf diesem Markt "wesentlich" zu beeinträchtigen. Nach den eigenen Erläuterungen der Beklagten im Termin vom 24.11.1994 stellt die Preiswerbung bei Elektroartikeln das entscheidende Verkaufskriterium dar und soll die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers einen marktgerechten Orientierungspunkt darstellen. Da die Werbung mit der Gegenüberstellung einer unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers und dem Verkaufspreis des Werbenden nicht nur bei der Beklagten sehr verbreitet ist und im besonderen Maße geeignet ist, potentielle Kunden in ihrer Kaufentscheidung zu beeinflussen, ist bei einer Werbung mit falschen Preisangaben auch das Interesse der Allgemeinheit ernsthaft betroffen (Grundsatz von Preisklarheit und Preiswahrheit).
Die landgerichtliche Entscheidung ist nicht zu beanstanden, soweit das ausgesprochene Gebot dahin gefaßt ist, daß es die Beklagte zu unterlassen habe, "im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in Zeitungsanzeigen oder in sonstigen Mitteilungen, welche für einen größeren Personenkreis bestimmt sind, bei einer Werbung die dem eigenen Preis gegenübergestellte unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers falsch, nämlich überhöht, anzugeben." Der Urteilstenor ist nicht zu weitgehend. Zwar ist Gegenstand der Verurteilung bei wettbewerblichen Unterlassungsanträgen die konkrete Verletzungsform, jedoch ist unter dem Gesichtspunkt ausreichender Schutzgewährung eine gewisse Verallgemeinerung zulässig, soweit darin das Charakteristische des festgestellten konkreten Verletzungstatbestandes zum Ausdruck kommt (BGH GRUR 1982, 681, 683 - Skistiefel -; GRUR 1989, 609, 611 - Fotoapparate -; GRUR 1992, 858, 860 [BGH 25.06.1992 - I ZR 136/90] - Clementinen -).
Das Charakteristische des vorliegenden Wettbewerbsverstoßes besteht darin, daß eine Preisempfehlung des Herstellers falsch ermittelt worden ist und so eine falsche Preisangabe in der Werbung dem eigenen Preis gegenübergestellt worden ist, mit der Folge, daß der Preis der Beklagten orientiert an der Preisempfehlung des Herstellers niedriger erscheint, als das objektiv der Fall ist. Das konkret beworbene Produkt - hier ein Kühlschrank - spielt dabei keine wesentliche Rolle. Das Fehlerrisiko tritt unabhängig davon auf, welche Ware beworben wird und ist in der Art der Werbung mit dem Hinweis auf empfohlene Herstellerpreise und deren Ermittlung begründet. Dementsprechend verläßt sich der Verbraucher auch bei jeder Werbung, die wie die vorliegende gestaltet ist, auf die Richtigkeit der genannten empfohlenen Herstellerpreise, und zwar unabhängig von dem beworbenen Produkt. Im Hinblick darauf kann es auch nicht darauf ankommen, ob der Grund für die falsche Angabe der unverbindlichen Preisempfehlung darin lag, daß der Beklagten die neue UVP-Liste von der Firma ... nicht übersandt worden sein soll und daß dem verantwortlichen Mitarbeiter der Beklagten von dem Außendienstmitarbeiter der Firma ... auf Nachfrage die nicht mehr gültigen UVP bestätigt worden sein sollen. Dabei handelt es sich nicht um für den Verbraucher erkennbare Besonderheiten der konkreten Art der Werbung, sondern um interne Vorgänge bei der Ermittlung des Preises. Wenn derartige Umstände die Charakteristik der beanstandeten Werbung prägten, würden in unzulässiger Weise für den Umfang des Unterlassungsanspruches Verschuldensgesichtspunkte eingeführt. Ohne Bedeutung ist daher auch, daß der Mitarbeiter der Beklagten ... in dessen Verantwortungsbereich der Wettbewerbsverstoß fallt, nur für ein begrenztes Warensortiment der Beklagten verantwortlich ist. Da der Unterlassungsanspruch nach § 13 Abs. 4 UWG sich nicht gegen den konkret verantwortlichen Angestellten oder Beauftragten, sondern gegen den Inhaber des Betriebes richtet, kann der Unterlassungsanspruch nicht wegen der internen Organisationsstruktur des Betriebes und das einem bestimmten Angestellten zugewiesene Warensortiment beschränkt werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes GRUR 1987, 371, 373 - Kabinettwein -, wo darauf abgestellt wird, ob aus der Sicht des Außenstehenden die konkrete Verletzungshandlung für die betreffende Filiale Charakteristisches aufweist.
Auch aus den weiteren höchstrichterlichen Entscheidungen, auf die sich die Beklagte beruft, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Sie betreffen sämtlich anders gelagerte Sachverhalte.
In der Entscheidung GRUR 1992, 858, 860 [BGH 25.06.1992 - I ZR 136/90] - Clementinen - hat der BGH ausgeführt, daß ein Werbeverbot hinsichtlich sämtlicher Lebensmittel eines werbenden Unternehmens nicht ohne weiteres gerechtfertigt sei, sondern das Verbot auf die Warengruppe Obst und Gemüse zu beschränken sei, wenn beworbene Clementinen nicht vorrätig seien. Zur Begründung hat er ausgeführt, daß Clementinen lediglich einen kleinen Teil des beworbenen Gesamtangebotes darstellten und deshalb aus dem Nichtvorhandensein der Clementinen nicht die Vermutung abgeleitet werden könne, daß der Werbende hinsichtlich sämtlicher anderen Waren in allen Warenbereichen und Abteilungen ihres Unternehmens mangelhaft disponiere und insoweit wettbewerbswidrig werben werde. Die vorgenommene Differenzierung nach Warengruppen beruht darauf, daß die Frage der Vorrätigkeit beworbener Waren, der Anforderungen an die Disposition und die Fehlerquellen bei der Warendisposition bei den verschiedenen Warengruppen unterschiedlich zu beurteilen ist. Dementsprechend hat der BGH das Unterlassungsgebot auch nicht auf Clementinen beschränkt, sondern auf die gesamte Warengruppe Obst und Gemüse, innerhalb derer vergleichbare Kriterien bei der Disposition zugrundezulegen sind. Übertragen auch den vorliegenden Fall bedeutet dieses, daß das Unterlassungsgebot auf solche Waren zu beschränken ist, für die mit einem empfohlenen Herstellerpreis geworben wird. Für eine weitere Differenzierung ist nichts ersichtlich, insbesondere nicht dafür, inwieweit sich die Ermittlung von empfohlenen Herstellerpreisen und die Werbung damit bezogen auf unterschiedliche Produkte oder Warengruppen unterscheiden soll.
In der Entscheidung GRUR 1992, 320, 321 - R.S.A/Cape - hat der BGH es abgelehnt, ein auf die Werbung mit Tafeltrauben gestütztes Unterlassungsgebot auch auf andere Obstsorten eines Kaufhausunternehmens auszudehnen, weil es an Anhaltspunkten dafür fehlte, daß auch andere Obstsorten in entsprechender Weise angeboten würden. Im Gegensatz dazu ist vorliegend unstreitig, daß die Beklagte auch andere Waren mit einer Preisgegenüberstellung zu dem empfohlenen Herstellerpreis bewirbt. In der vorliegenden Zeitungsanzeige war das bereits in Bezug auf einen Espressoautomaten, einen Geschirrspüler, ein Haarentfernungsgerät und einen Waschvollautomaten der Fall.
In der Entscheidung NJW 1992, 3037, 3038 - Sozietät mit beschränkter Gesellschafterhaftung - hat der BGH es abgelehnt, ein Unterlassungsgebot, das auf irreführende Angaben einer Anwaltssozietät auf Briefbögen gestützt war, auch auf die Verwendung in sonstiger Weise (z.B. Visitenkarten, Kanzleischildern u.ä.) auszudehnen. Auch hier vermißte der BGH Anhaltspunkte für eine anderweitige Verwendung der irreführenden Angaben, die im Gegensatz dazu vorliegend gerade gegeben sind.
In der Entscheidung GRUR 1984, 593, 594 - Sportartikel - stand einer Erstreckung des Gebotes auf die Werbung für Sportartikel schlechthin entgegen, daß für die umstrittene Angebotsform die Nennung des zugkräftigen Namens ... charakteristisch war. Selbst wenn es sich bei dem Namen ... um einen bekannten Namen handelt, ist dieser Fall mit dem hier zu entscheidenden nicht vergleichbar, weil das Produkt den Verletzungstatbestand gerade nicht mit prägt, allenfalls nur insoweit, als es für dieses Produkt einen empfohlenen Herstellerpreis gibt.
Auch die Entscheidungen GRUR 1954, 70, 72 - ... - und GRUR 1954, 331, 333 - ... - betreffen nicht vergleichbare Sachverhalte. Die zuerst genannte Entscheidung betrifft einen Anspruch aus § 16 Abs. 1 UWG auf Unterlassung der Benutzung des Gattungsbegriffes ... in einem Firmennamen. Insoweit hat der BGH mit Rücksicht auf die angegriffene Verletzungsform den Anspruch dahin eingeschränkt, daß es die Beklagte lediglich zu unterlassen habe, unter Verwendung dieses Wortes eine mit dem Firmenschlagwort ... verwechslungsfähige Firmenbezeichnung zu bilden. Die zweite Entscheidung betrifft den Anspruch auf Unterlassung wegen Führung eines verwechslungsfähigen Firmenbestandteiles, der sich naturgemäß nur gegen die konkret benutzte Firma richten darf.
Zu Recht hat das Landgericht auch verneint, daß es sich um eine einzelne Fehlleistung (Ausreißer) gehandelt habe. Die insoweit von der Beklagten zitierten Entscheidungen des BGH GRUR 1989, 609, 610 - Fotoapparate -; GRUR 1987, 52, 53 f. - Tomatenmark - und GRUR 1987, 371, 372 f. - Kabinettwein - betreffen sämtlich die Fallgestaltung einer möglichen Irreführung bei vorzeitiger Erschöpfung des Vorrats gesondert beworbener Waren und des Einflusses von Dispositionsmängeln auf die Anwendbarkeit des § 3 UWG. Dabei geht es nicht um die Entschuldigung einer irreführenden Werbung im Einzelfall, sondern um die Frage, ob überhaupt eine Irreführung des Verbrauchers vorliegt. Dabei wird darauf abgestellt, ob der Verkehr die konkrete Werbung als Behauptung unbedingter Lieferfähigkeit auffaßt oder ob die Möglichkeit vereinzelter Fehldispositionen in Rechnung gestellt wird. Das wird vom BGH für einen einzelnen unter 23 in der Zeitungswerbung aufgeführten und dort nicht besonders herausgestellten Artikel wie Tomatenmarkbüchsen in Zweifel gezogen. Im Gegensatz zu der in der Werbung nicht herausgestellten Frage der Lieferfähigkeit erwartet der Verkehr bei der vorliegenden Werbung jedoch, daß der dem eigenen Verkaufspreis gegenübergestellte unverbindliche Herstellerpreis zutreffend angegeben ist und stellt nicht vom vornherein vereinzelte Fehlleistungen bei der Preisangabe in Rechnung. Wie die Beklagte im Termin vom 24.11.1994 selbst ausgeführt hat, ist bei Elektroartikeln die Preiswerbung das entscheidende Verkaufskriterium und soll der unverbindliche Herstellerpreis als Orientierungspunkt dienen. Der Käufer verläßt sich bei seiner Beurteilung des Werbeangebotes gerade auf diese Preisangaben, zumal er erwarten kann, daß durch sorgfältige Erkundigungen des Werbenden fehlerhafte Angaben ausgeschlossen werden können. Anders als die Disposition eines Warenvorrates, die häufig durch verschiedene schwer abzuschätzende Umstände beeinflußt wird und jede Form der Werbung (abhängig vom Grad der Herausstellung des Produktes) mehr oder weniger betrifft, liegt das Risiko der irreführenden Werbung vorliegend gerade in der konkreten Form der Werbung mit der Preisgegenüberstellung zum empfohlenen Herstellerpreis begründet. Der Werbende müßte zur Vermeidung des Risikos der Irreführung des Verbrauchers durch falsche Preisangaben nicht jede Werbung schlechthin unterlassen, sondern lediglich die besonders werbewirksame, das Produkt besonders herausstellende Preisgegenüberstellung.
Zu Unrecht meint die Beklagte auch, daß das Landgericht bei der Fassung des Tenors wegen der eingeschränkten Unterwerfung in Bezug auf Kühlschränke der Firma ... die Klage hätte teilweise abweisen müssen. Unabhängig von der Frage, ob der Tenor, wenn Kühlschränke der Firma ... ausgenommen worden wären, den Eindruck erweckt hätte, daß die Beklagte insoweit mit falschen Herstellerpreisen werben darf, kann eine Teilunterwerfung nur dann berücksichtigt werden, wenn sie sich auf eine selbständige Teilhandlung bezieht, die Gegenstand eines gesonderten Anspruches sein könnte (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 6. Aufl., Kap. 41 Rdnr. 65). Wenn zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr eine Unterlassungsverpflichtung mit dem Inhalt des Tenors erforderlich war, dann war die abgegebene Erklärung ungeeignet, diese Wirkung zu zeitigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 711, 713 ZPO.
Der Streitwert war auf DM 50.000,00 festzusetzen. Insoweit war zunächst das Interesse des Klägers als einem gemeinnützigen Verein an der Unterbindung des verfolgten Verstoßes zu berücksichtigen, wobei hinter dem Kläger konkrete wirtschaftliche Interessen einzelner oder mehrerer Mitglieder stehen. Weiter war zu berücksichtigen, daß es sich bei der Beklagten um ein umsatzstarkes Unternehmen handelt, das mit dieser Form der Werbung erhebliche Umsätze erzielt. Streitwertmindernd war jedoch auch zu berücksichtigen, daß die Streitsache nach Art und Umfang letztlich einfach gelagert war. Da die Beklagte in vollem Umfang unterlegen ist, war der Wert der Beschwer gemäß § 546 Abs. 2 ZPO entsprechend festzusetzen.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes abweicht und auf dieser Abweichung beruht.
Streitwertbeschluss:
Der Wert der Beschwer wird auf DM 50.000,00 festgesetzt.